Bericht über die Reise des Kaisers der Franzosen durch Vacha

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Cantons-Maire Orth zu Vacha
Illustrator:
Titel: Acta über die Reise seiner Majestät des französischen Kaisers durch das Werradepartement
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber: Hessisches Staatsarchiv Marburg
Auflage:
Entstehungsdatum: 1813
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker:
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Hess. Staatsarch. Marburg, Bestand 77 a Nr. 444
Kurzbeschreibung:
Entstehungsort: Kanton Vacha
Eintrag in der GND: [6]
Bild
Bearbeitungsstand
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht Korrektur gelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du bei den Erklärungen über Bearbeitungsstände.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


Einleitung[Bearbeiten]

Bei dem vorliegenden Schriftstück handelt es sich um einen Bericht aus dem Jahr 1813, in dem der Kantonsbürgermeister M. Orth zu Vacha den Präfekten Baron von Trott des Werradépartements über die Durchreise des Kaisers Napoleon informiert.[1]

Das nach dem Frieden von Tilsit von Napoleon geschaffene Königreich Westphalen] war ein Satellitenstaat der französischen Krone und somit in Verwaltungseinheiten nach französischem Vorbild unterteilt.[2] Per Dekret sowie Verfassung des Königreichs Westphalen wurde das Territorium in Départements unterteilt, diese in Distrikte, diese in Kantone und diese wiederum in Munizipalitäten. König wurde der jüngste Bruder des Kaisers Jérôme Bonaparte.[3] Ein Präfekt und ein Generalsekretär derselben Präfektur verwalteten das jeweilige Département, daneben gab es einen Präfekturrat und einen General-Départementsrat. Jeder Distrikt stand unter der Verwaltung eines Unterpräfekten mit Unterpräfektur- oder Distriktrat. Innerhalb der Distrikte bestand die Verwaltungseinheit der Kantone, deren einzelne Munizipalitäten von einem Bürgermeister und einem Gemeinderat geleitet wurden. Das Werradépartement bestand von 1807 bis 1813/14 mit Präfektursitz in Marburg. Es grenzte südlich an das Département der Fulda und wurde südöstlich wie südlich vom Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, bzw. Sachsen-Meiningen, sowie dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt umrahmt. Eine Zählung aus dem Dezember des Jahres 1811 gibt für die drei Distrikte Marburg, Hersfeld und Eschwege eine Einwohnerzahl von 261.290 an, davon 122.253 Reformierte, 59.981 Lutheraner, 7.818 Katholiken, 4.865 Juden und 81 Mennoniten. Vor Ort stationierte Militärs wurden nicht mit in die Zählung einbezogen.[4]
Die Akte befindet sich in Bestand Nr. 77 des Hessischen Staatsarchivs Marburg, in dem sich die überlieferten Verwaltungsakten der Präfektur befinden.[5] Sie trägt dort die Ordnungsnummer 444.[6]

Die betreffende Ortschaft Vacha war Kantonshauptstadt und Sitz des Friedensgerichts. Unter Umständen basierend auf einem ähnlichen Aktenstück wird auf der Wikipedia-Seite der Stadt Vacha im heutigen Thüringen angegeben, Napoleon habe am 27./28. Oktober des Jahres 1813 die Stadt im Anschluss an die Völkerschlacht bei Leipzig passiert, wofür allerdings derzeit kein Nachweis angegeben ist.
Napoleons Durchreise Vachas am 26. Juli 1813 ist in die Zeit des Waffenstillstands von Pläswitz zu datieren, der zunächst am 4. Juni desselben Jahres für die Dauer von vier Wochen vereinbart und letztlich bis zu seinem Ablauf am 11. August mehrfach verlängert worden war.[7] Obwohl sie in den vorangehenden Frühjahrsfeldzügen weitgehend erfolgreich gewesen war, hatte auch die französische Armee Verluste zu verzeichnen; folglich bedeutete die Waffenruhe für Napoleon einen wichtigen Zeitgewinn zur Reorganisation und erneuten Aufrüstung der Truppen. In dieser Angelegenheit hatte er sich bereits am 12. Juli in Magdeburg, also dem damaligen Département der Elbe, aufgehalten.[8] Nach Sichtung der Truppen des Generals Vandamme folgte von dort die Abreise nach Leipzig am 13. Juli. Am 14. Juli unternahm der Kaiser dort eine Truppensichtung und reiste am Abend nach Dresden ab, wo er am frühen Morgen des folgenden Tages eintraf.[9] Am 28. Juli wiederum wird berichtet, der Kaiser befinde sich seit dem Vortag in Mainz[10], somit liegt nahe, dass er Vacha am 26. Juli auf dem Weg dorthin passierte.
Im Wortlaut der Handschrift sind nicht nur die französischen Verwaltungsstrukturen zu erkennen. Durch die enthaltenen Amtsbezeichnungen und die Verwendung teils eingedeutschter französischer Begriffe werden weitere Dimensionen der Fremdherrschaft greifbar, so z.B. die sprachliche.

Editionsrichtlinien[Bearbeiten]

  • Abkürzungen innerhalb runder Klammern wurden aufgelöst.
  • Klein- und Großschreibung wurden übernommen.
  • Rechtschreibung und Zeichensetzung wurden ebenfalls originalgetreu beibehalten.
  • Sofern die Formatierung bedeutungstragend ist, wurde sie dem Original angepasst.
  • Zeilenumbrüche wurden nur in einigen Fällen wiedergegeben.

Transkription[Bearbeiten]

[1]


Miscellanea


Acta



über die Reise s(eine)r Majestät
des französischen Kaisers
durch das Werradepartement


1813



Ge. Secr.[WS 1] XXXII;

Anfang





Praefectur des Departements der Werra

xxxii.8.

[2]



Königreich Westphalen    Canton Vacha Dist(rict) Hersfeld[WS 2]   Vacha am 26.July

1813
des Morgens um 9 Uhr


Der Cantons-Maire Orth zu Vacha berichtet: daß S(ein)e Majestät der Kaiser von Frankreich soeben die dasige Stadt passiert seyen

Nr. 1247


ad acta d 2/813

Herr Präfect,
Ritter des Ordens der Westphälischen Krone




Jezt in diesem Augenblick sind S(eine) Majestät der Kaiser von Frankreich,die hiesige Stadt und Route auf Paris paßiert. Eine kleine Stunde zuvor sprengten zwei Französische Couriers heran zur fahrenden Post, kündigten die nahe Ankunft dieser hohen Reisenden dem Postmeister im engsten Vertrauen an, und verlangten zu dessen schnellen Fortkommen 40. Pferde

Kaum konnte ich an dem heutigen

hie-
[3]


hiesigen Jahrmakt-Tage veranstalten, daß die zu weit in die Straße gesezten Krämer-Stände mehr zurückgezogen, und der Passage der nötige Raum über den Marktplatz hin verschafft würde. So kamen auch schon französische Chasseurs[WS 3] vom Posthäuschen her zur Stadt herein und gleich dahinter eine sechspännige Chaise, worinnen zwey mit vielen Orden gezierten Personen in Militär-Kleidung wahrgenommen werden, einige Chaisen folgten nach; und der Zug ging so rasch wie möglich durch die Stadt, der ganzen Aufzug und fürnemlich auch die besonderen Bewegungen des eben einziehenden Chavallerie Detachements, welches sofort wieder umkehrte und der ersagten Chaise als Bedeckung folgte, lies keinen Zweifel übrig, dass einer dieser hohen Reisenden S(ei)n(e) Majestät der Kaiser Napoleon seye.
|2
Man sagte sich dasselbe auch alsbald allgemein und der hiesige Herr Platz-Commandant hat ein solches ebenso sofort an des H(errn) Kriegs-Minister Exzellenz[WS 4] per Estaffette berichtet.
Ich ohnverfehle dieses besondere Ereigniß gleichfalls hiermit so geschwind wie möglich unterthänigst zu berichten; und es beharret in submissivem Respect
  Der Cantons-Maire
Orth

[4]

Departement der Werra
No. 4691 Unterpräfectur des Districts Hersfeld

 Hersfeld, am 27ten Julius 1813

     Nr. 1225

Mein Herr Praefect!     ad acta
[...] d(en) 31/713[WS 5] Handzeichen


So eben zeigt mir der Herr Cantons-Mai-
re zu Vacha an, daß gestern, morgens um 9
Uhr, S(ei)n(e) Majestät der Kaiser von Frankreich
durch jene Stadt passiert ist.

Indem ich die Ehre habe, Sie hiervon in
Kenntniß zu setzen, erlaube ich mir die Ver-
sicherung meiner unbegrenzten Hochachtung.

Der Unterpräfect


Scheffer[WS 6]

[5]


Miscellanea


Acta



über die Reise s(eine)r Majestät
des französischen Kaisers
durch das Werradepartement


1813



xxxii

Ende





Praefectur des Departements der Werra

xxxii.8.

Quellen und Literatur[Bearbeiten]

  • Almanach royal de Westphalie pour l'an 1813, Cassel 1810-1813.
  • Berding, H., Das Königreich Westphalen als napoleonischer Modellstaat (1807-1813), Kassel 2003.
  • Streisand, J., Deutschland von 1789 bis 1815: von der Französischen Revolution bis zu den Befreiungskriegen und dem Wiener Kongreß, Berlin 1961.
  • Westpälischer Moniteur/Le Moniteur westphalien, Nr. 200, 207 und 212 des Jahres 1813.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Der Almanach du Royaume de Westphalie pour l'an 1813 MDZ München führt auf S.220/221 die entsprechenden Amtsträger namentlich auf.
  2. Helmut Berding merkt in seinem Beitrag an, Napoleon habe in seinem Wissen um mangelnde legitimatorische Grundlagen für eine Fremdherrschaft und verbleibende Loyalitätsgefühle gegenüber den besiegten Kurfürsten nebst der Gestaltung als Musterstaat auf "moralische Eroberung" gesetzt.
  3. Diese sowie alle nachfolgenden Angaben zu den Verwaltungsebenen Westphalens sind sowohl dem Verfassungstext als auch einem diesbezüglichen Dekret entnommen.
  4. Almanach royal de Westphalie pour l'an 1813, S. 220 MDZ München
  5. [1]
  6. [2]
  7. Streisand, J., Deutschland von 1789 bis 1815: von der Französischen Revolution bis zu den Befreiungskriegen und dem Wiener Kongreß, Berlin 1961, S.227.
  8. Westphälischer Moniteur Nr. 200, Mittwoch den 21. Juli 1813: [3]
  9. Westphälischer Moniteur Nr. 207, Mittwoch den 28. Juli 1813: [4]
  10. Westphälischer Moniteur Nr. 212, Montag den 2. August 1813 [5]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. unsichere Lesung
  2. Angabe auf gestempeltem Papier
  3. Gemeint sind Infanteristen. Die vollständige französische Bezeichnung lautet chasseurs à pied.
  4. Es handelt sich um Valentin de Salha, der 1810 den Titel des Grafen zu Hone, bzw. Höne, sowie das dazugehörige Gut erhielt. Der Almanach royal de Westphalie pour l'an 1813 MDZ München führt ihn im Amt des Kriegsministers auf S. 138 auf.
  5. Datumsangabe 31.7.1813
  6. Die Präfekturen des Königreichs Westphalen waren wiederum in Distrikte (Arrondissements) eingeteilt, denen jeweils ein Unterpräfekt (Sous-Préfet) vorstand. Scheffer war offenbar neu im Amt. Der Almanach royal de Westphalie pour l'an 1813 MDZ München weist auf S. 221 noch M. Günther als Unterpräfekt aus.