Berliner Schusterjunge
Berliner Schusterjunge.
Der fröhlichste Knirps auf der ganzen Welt,
Der seine Sache auf nichts gestellt,
Ob alles sich dreh im Schwunge –
Der immer kalauert, singt und pfeift
Ist unser Schusterjunge!
Tagüber kauert der kleine Wicht
Im Keller bei dürftigem Sonnenlicht,
Putzt Stiefel und schält Kartoffel.
Die Meisterin schilt ihn – und Bursch und Gesell,
Die nennen ihn Stiesel und Stoffel.
Ein trauriges Leben – getreten, geduckt;
Und manches heimliche Thränlein schluckt
Sein Los ist so schwarz wie sein Lederschurz
Ein Glück, dass der Jugend Gedächtnis so kurz:
Im Nu ist sie fröhlich und munter.
Am liebsten besucht er Strass auf und ab
Da fühlt er sich neugeboren.
Auf Plätzen und Dämmen, in Sonne und Luft
Ist keiner, der straflos ihn pufft und knufft
Und Haare zerzaust und Ohren!
So kommt er kühn um die Ecke geschwenkt,
Die Hände im Schurzfell vergraben.
Stolz blickt er, klappernd im Holzpantin,
Als wollt er fragen: »was kostet Berlin?
Er steckt in den Mund sich hochentzückt –
»Auflese« ist es, vom Pflaster gepflückt –
Einen breiten Cigarrenstummel.
Der kohlt – doch das thut nichts, giebt es nur Rauch,
Und Qualmen verschönt erst den Bummel!
Und treffen zwei Buben sich – welch eine Lust!
Da wird manch Geheimnis aus tiefster Brust
Enthüllt mit wichtigen Geberden.
Um selbst mal zu hau’n, sind sie sicher dabei,
Statt vom Meister gehau’n zu werden.
Und geht es zwei Tage mal ohne Geklopf,
Und ohne Ermahnung auf Buckel und Kopf,
Dann denkt der Junge und wundert sich:
Was hat nur der Meister gegen dich?
Seit gestern keine Hiebe!