Beschreibung des Oberamts Brackenheim/Kapitel B 21

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Nordheim,
mit Eisenbahnstation, Sägmühle, Haus, Mahlmühle, Haus,
Gemeinde II. Kl. mit 1170 Einw., wor. 3 Kath., 3 eig. Konf. und 1 Israelit. – Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Sontheim O.-A. Heilbronn eingepfarrt. 11/2 Stunden nordöstlich von der Oberamtsstadt gelegen.

An den südöstlichsten Ausläufern des Heuchelbergs liegt freundlich in dem Katzenbachthal, das hier nur mäßig in das fruchtbare, gegen den Neckar hin sich ausdehnenden Flachland eingefurcht ist, der ansehnliche, in die Länge gedehnte Ort, der zu den bestaussehenden Orten des Bezirks gezählt werden darf; er war früher ummauert und hatte drei Thore. Die meist zweistockigen, mit steinernem Unterstock versehenen Gebäude, an denen zuweilen etwas Rococo-Architektur ersichtlich ist, stehen in mäßigen Entfernungen an den gut und reinlich gehaltenen, ziemlich regelmäßig angelegten Ortsstraßen und haben ein gutes Aussehen, obgleich sie zum größeren Theil alt sind, mit Ausnahme des westlichen, an der Straße nach Schwaigern liegenden Ortstheils (Neuweiler), der erst seit 1811 in Folge des am 27. December 1810 stattgefundenen Brandunglücks (s. u.) entstand.

Die 1820 wieder aufgebaute Kirche liegt über hübschen Anlagen rechts an der Straße nach Brackenheim und ist höchst schmucklos im Rechteck mit kahlen rechteckigen Fensteröffnungen erbaut. Der an ihrer Ostwand sich erhebende Thurm hat noch die alten von einigen Spitzbogenfenstern durchbrochenen Mauern und endigt in ein niedriges vierseitiges Zeltdach; sein unteres Geschoß bildet jetzt die Sakristei. Das geräumige helle flachgedeckte Innere wird auf drei Seiten von hölzernen Emporen umzogen (an der freien östlichen Wand ist die Kanzel angebracht), und enthält die Bilder Luthers und Melanchthons, eine hübsche Orgel, ein altes kleines Krucifix und ein Ölbild, das Abendmahl Lionardo da Vinci’s – eine Stiftung des 1843 † Sägmüllers Uhland. Von den drei verzierten Glocken sind die beiden größeren gegossen von Heinrich Kurz 1821; die dritte wurde 1812 von König Friedrich nach dem Brande geschenkt, sie ist mit Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, den Bildnissen des h. Antonius und des h. Franciskus geschmückt und hat folgende Umschrift: Domine Jesu Christe a fulgure et tempestate libera nos. Johann Baptist Apporta goss mich in Bregenz. Anno 1723; sie befand sich früher im Kloster Margarethhausen. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Der ummauerte mit einem Renaissanceportal versehene Begräbnißplatz liegt außerhalb (östlich) des Orts; er soll im Jahr 1574 von dem Kirchenplatz dorthin verlegt worden sein und wurde 1847/48 namhaft vergrößert.

Etwa 50 Schritte südlich von der Kirche entfernt steht das Pfarrhaus mit zwei großen Pfarrgärten, ein ansehnliches im| Rococostil massiv erbautes Gebäude von schloßartigem Aussehen mit reichverziertem Eingange, dem man seine frühere Bestimmung wohl ansieht; es wurde nämlich 1762/63 nicht blos zur Pfarrwohnung erbaut, sondern es sollte den Worms’schen Beamten, die wegen der Verwaltung der Gefälle zeitweise in den Ort kommen mußten, ein Absteigquartier bieten; und dem Pfarrer wurde nur das Parterrelokal und erst später das ganze Gebäude zur Bewohnung überlassen. Die Unterhaltung liegt der Gemeinde ob. Das bei der Kirche stehende Schulhaus wurde 1804 erbaut und enthält außer 3 Lehrzimmern die Wohnungen der beiden an der Schule unterrichtenden Lehrer, überdieß ein Zimmer für einen etwaigen Lehrgehilfen. Das Rathhaus, ein altes, schon 1593 (diese Zahl steht am Eingang) erbautes Gebäude, mit einem Dachreiter auf dem First, das bei der französischen Invasion 1693 und 94 theilweise durch Brand zerstört wurde, ist 1722 erneuert und 1863 bedeutend verbessert worden. Es bildete einst unten eine weite offene von einer hölzernen Mittelsäule gestützte Halle, die sich gegen außen mit großen jetzt meist vermauerten Rundbögen öffnet. Überdieß sind noch als öffentliche der Gemeinde gehörige Gebäude zu nennen: eine Kleinkinderschule, ein Backhaus mit 3 Öfen, eine Kelter mit 4 Bäumen, ein Armenhaus, ein Schafhaus und eine Gemeindescheune. Dann ist zu bemerken das an der Südseite des Ortes stehende schöne steinerne Haus des Herrn Generalkonsuls (von) Seybold, an das sich ein trefflich gepflegter Garten anschließt. Durch den Ort führt die Heilbronn–Brackenheimer Landstraße, ferner sind Vicinalstraßen nach Groß-Gartach, Lauffen und eine vortrefflich unterhaltene zu der Eisenbahnstation angelegt. Eine steinerne Brücke führt über den Breibach am Hauserweg und eine doppelte Durchlaßdohle an der Straße nach Lauffen, ferner sind einige Durchlaßdohlen und 3 hölzerne Stege mit steinernen Stützmauern über den Katzenbach angelegt; sämtliche Brücken, Stege etc. sind von der Gemeinde zu unterhalten.

Mit gutem Trinkwasser, das ein laufender, 11 Pump- und ein Schöpfbrunnen liefern, ist der Ort hinreichend versehen; überdieß fließt der Katzenbach zunächst am Ort vorüber und nimmt unterhalb desselben den ebenfalls über die Markung fließenden Breibach auf, um sich alsdann bei der Eisenbahnstation mit dem an der östlichen Markungsgrenze hinfließenden Neckar zu vereinigen. Auch die Markung ist reich an guten Quellen, von denen der Salzbrunnen, in welchem der Katzenbach entspringt, und der Gräfenbrunnen die bedeutendsten sind. Früher bestand in den nordwestlich vom Ort gelegenen Seewiesen ein See.

Die meist körperlich kräftigen Einwohner, von denen gegenwärtig 6 über 80 Jahre zählen, sind geordnet, fleißig und befinden sich in ziemlich guten Vermögensverhältnissen, indem die Begütertsten 54–82| Morgen, die Mittelbegüterten 15 und die minder Bemittelten 2–3 Morgen Grundeigenthum besitzen. Graf v. Neipperg besitzt auf der Markung 19 Morgen Weinberge und 52 Morgen Wald, und Generalkonsul (v.) Seybold hat sein 225 Morgen großes Gut auf der Markung an die Zuckerfabrik in Heilbronn verpachtet. Gegenwärtig erhalten nur 3 Personen Gemeindeunterstützung. Die Haupterwerbsquellen der Einwohner bestehen in Feldbau, Viehzucht, Weinbau und Obstzucht. Die Gewerbe beschränken sich hauptsächlich auf die nöthigen Handwerker, von denen nur einige Schuster nach außen arbeiten; im Ort bestehen 6 Schildwirthschaften, 2 Kaufläden, eine Ziegelei und eine Mühle mit 3 Mahlgängen und einem Gerbgang. Eine weitere Mühle und eine Sägmühle liegen unterhalb des Orts (s. hier. unten). Die große Markung, welche sich einerseits bis auf den Heuchelberg, andererseits bis an den Neckar erstreckt, hat mit Ausnahme des Heuchelbergs mit seinen Ausläufern und der Gehänge gegen den Neckar und den Katzenbach eine flachwellige schöne Lage. Reizende, weit reichende Aussichten genießt man auf dem Heuchelberg, Heidelberg (Hörnle), beim Landthurm und auf dem Rothenberg. Der im allgemeinen sehr fruchtbare Boden besteht auf dem Flachlande aus Lehm, der gegen den Heuchelberg hin allmählig in einen schweren Thonboden übergeht und endlich an den Abhängen des Heuchelbergs selbst aus den für den Weinbau sich vorzüglich eignenden unteren Keupermergeln besteht. Auf dem Heuchelberg ist ein großer Keuperwerksteinbruch angelegt, welcher der Gemeinde gehört und von dieser an 6 Bürger um jährlich etwa 30 fl. verpachtet wird. Lehm und Mergelgruben sind vorhanden. Vor etwa 60 Jahren hat ein Ortsbürger an der Neckarhalde erfolglose Versuche auf Steinkohlen gemacht. Auch die klimatischen Verhältnisse sind sehr günstig und gestatten den Anbau aller in Württemberg vorkommenden Kulturpflanzen. Zuweilen kommen schädliche Frühlingsfröste vor, dagegen gehört Hagelschlag zu den Seltenheiten.

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Die Landwirthschaft wird mit Umsicht und großem Fleiß getrieben, wobei auch der rationelle Betrieb des Seyboldischen Guts als tüchtiges Beispiel wesentlich beiträgt. Zur Besserung des Bodens kommt nicht nur der in gut angelegten Düngerstätten sorgfältig gesammelte Stalldünger, sondern auch Jauche, Pferch, Gips und Kompost in Anwendung. Von verbesserten Ackergeräthen bedient man sich des allgemein gewordenen Brabanterpflugs, der eisernen Egge, der Walze und der Dreschmaschine. Zum Anbau kommen die gewöhnlichen Cerealien und von diesen vorherrschend Dinkel und Gerste, ferner Kartoffeln, viel Futterkräuter (dreibl. Klee und Luzerne), Angersen, sehr viel Zuckerrüben, theils zur Viehfütterung, theils zur Zuckerfabrikation, Mohn und Cichorie; die beiden letzteren werden ebenfalls zum Verkauf nach Heilbronn gebracht. Überdieß können| von den Getreidefrüchten jährlich etwa 1000 Schfl. Dinkel und 800 Schfl. Gerste nach außen verkauft werden. Der Wiesenbau liefert ein mittelgutes Futter, das im Ort verbraucht wird. Von namhafter Ausdehnung ist der Weinbau, der sich in der gewöhnlichen Bauweise hauptsächlich mit Drollingern, Elblingen, Silvanern und schwarzen Rißlingen beschäftigt und einen guten, gerne gesuchten Wein liefert. Man pflanzt 2800 Stöcke auf den Morgen. In günstigen Weinjahren beläuft sich der höchste Ertrag eines Morgens auf 8 Eimer, sonst durchschnittlich auf 4 Eimer und die Preise eines Eimers bewegten sich in den letzten 10 Jahren zwischen 20 fl. (1870) und 90 fl. (1865). Die geschätztesten Lagen sind der Heuchelberg und der Sonnenberg. Der Absatz des Weins geschieht nicht allein in die Umgegend, sondern auch in die Bezirke Stuttgart, Ludwigsburg, in das Remsthal, auf den Schwarzwald etc. Auch die meist mit Mostsorten sich beschäftigende Obstzucht ist in gutem Zustande und erlaubt in günstigen Jahren einen Verkauf von 3–4000 Sri, nebenbei wird viel Obst für den eigenen Bedarf vermostet, gedörrt werden nur Birnen und Zwetschgen. Die Jungstämme werden theils aus der vorhandenen Gemeindebaumschule bezogen, theils in den Weinbergen und Gärten selbst nachgezogen. Die Baumpflege besorgen zwei in der Obstzucht besonders erfahrene Männer.

Die vorhandenen 2264/8 Morgen Gemeindewaldungen (meist Laubhölzer) ertragen jährlich 30–35 Klafter, 3500–4000 St. Wellen und 1000–1500 Kubikfuß Stammholz; das Holz wird verkauft und der Gesamterlös, einschließlich desjenigen aus Eichenrinde, mit etwa 1350 fl. fließt in die Gemeindekasse. Weitere Einkünfte bezieht die Gemeinde: aus 35 Morgen Allmanden nebst der Brach- und Stoppelweide 555 fl., aus der Pferchnutzung 400 fl., aus den auf den Allmanden gepflanzten Obstbäumen 100 fl., in günstigen Jahren auch schon 1000 fl., und endlich aus Gemeindegütern, mit Ausschluß der dem Farrenhalter zugetheilten 11 Morgen, 810 fl. Pachtgeld.

Eigentliche Pferdezucht besteht nicht, dagegen ist die Rindviehzucht von namhafter Bedeutung und bildet einen Haupterwerbszweig der Einwohner; man hält eine Kreuzung von Neckarschlag und Simmenthalerrace und hat zur Nachzucht und Verbesserung des Viehstandes 3 Farren (einen Originalsimmenthaler und zwei von Neckarschlag und Simmenthalerrace gekreuzte) aufgestellt. Der Handel mit entbehrlich gewordenem Vieh auf den Heilbronner Viehmärkten und an Handelsjuden ist nicht unbeträchtlich; Mastvieh verkauft nur die Verwaltung des Seybold’schen Guts, die auch Milchwirthschaft treibt und die Milch nach Heilbronn absetzt. Auf der Markung läßt der Schafweidepächter den Herbst und Winter über 450 St. Bastardschafe laufen, von denen etwa die Hälfte Mutterschafe sind und im| Ort Überwinterung finden. Wolle und Schafe werden auf den Heilbronner Märkten abgesetzt. Die Schweinezucht ist nicht unbedeutend, es werden durchschnittlich 30–40 St. Mutterschweine gehalten und die Ferkel theils an Ortsbürger, theils auf dem Heilbronner Markt abgesetzt, indessen daselbst auch Milchschweine und Läufer zugekauft. Man züchtet hauptsächlich eine gute Landrace, auch die sog. hällische und halbenglische Race. Die Mastung wird stark betrieben und die aufgemästeten Schweine theils ins Haus geschlachtet, theils verkauft.

Das Fischrecht im Neckar, der hier nur Weißfische und Karpfen beherbergt, gehört der K. Hofdomänenkammer und dem Grafen Neipperg, welch letzterer jedoch sein Recht an Privaten verkauft hat.

Außer dem Gemeinde- und Stiftungsvermögen (s. die Tabelle III.) sind noch an besonderen Stiftungen vorhanden 4220 fl. 30 kr., deren Zinse hauptsächlich zur Austheilung von Brot an Arme, theilweise zu Schul- und Gesangbüchern für arme Kinder verwendet werden.

Von Spuren aus früher Vorzeit nennen wir: eine römische Straße führt unter den Benennungen „Heerstraße“, „Hohe Straße“ von der bei Böckingen gestandenen röm. Niederlassung gegen den Wartthurm auf dem Heuchelberg und berührt auf einer größern Strecke die schnurgerade hinziehende nördliche Markungsgrenze; ferner führte ein alter Römerweg von der röm. Niederlassung bei Meimsheim her durch den Ort und weiter unter der Benennung „grasiger Weg“ gegen Böckingen und endlich zieht der sog. Rittweg von Hausen herkommend durch den westlichen Theil der Markung und nimmt seine Richtung gegen die oben beschriebene röm. Heerstraße (Hohestraße). Ob der von dem Heidelberg nach Nordheim ziehende „Diemenweg“, an dem die Benennung „Landwehr“ vorkommt, ebenfalls römischen Ursprungs ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit nachweisen. Außerhalb westlich von Nordheim entdeckte man auf der Flur „Steinfurth“ Grundreste römischer Gebäude, was zur Volkssage, der Ort sei früher größer gewesen und habe sich bis zur Steinfurth erstreckt, Veranlassung gegeben haben mag. Etwa 1/2 Stunde nordwestlich vom Ort wird am Heuchelberg ein gegen 20 Morgen großer Markungsdistrikt „Schächerhausen“ genannt, hier stand früher ein Wohnort gleichen Namens. Nahe (nördlich) am Ort liegt die Flur „Hofstatt“ und unfern davon wird eine Flur „Klimmerdingen“ genannt, hier scheint ebenfalls ein Ort gestanden zu sein. Östlich von Nordh. kommen die Benennungen Kapellenbrunnen, Kapellenäcker, Kapellenwiesen und nicht weit davon „Pfarrhof“ vor; hier soll eine Frühmeßkapelle gestanden sein, und der Kaplan an derselben im Pfarrhof gewohnt haben. Der an vielen Stellen noch sichtbare Landgraben bildet vom Neckar an bis an den ehemaligen Landthurm auf eine Strecke von einer halben| Stunde die nordöstliche Markungsgrenze; beim Landthurm macht er einen stumpfen Winkel und zieht noch beinahe eine Viertelstunde an der nördlichen Markungsgrenze hin. Der Landthurm, welcher zugleich ein Zollhaus war, wurde vor etwa 60 Jahren abgebrochen. Der in der Nähe des Landthurms vorkommende Flurname „Streithardt“ soll an das Treffen erinnern, welches am 12. Mai 1534 der Schlacht bei Lauffen voranging (s. ob. VII, 1).

Zu der Gemeinde gehören: Die Eisenbahnstation Nordheim mit Postexpedition, ein freundliches 1848/49 erbautes Gebäude samt Nebengebäude und hübschem Garten, 1/4 Stunde östlich von Nordheim im Neckarthal am Einfluß des Breibachs in den Neckar gelegen.

Ganz in der Nähe der Eisenbahnstation liegt die Sägmühle, sie besteht aus 6 Gebäuden mit 2 Sägmühlen, worunter eine auch einen Ölschlag und eine Hanfreibe enthält, und aus einem Wirthschaftsgebäude; sie gehören sämtlich einem Besitzer, der sie verpachtet hat.

Die Mahlmühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang liegt 1/8 Stunde unterhalb des Dorfs an der Vereinigung des Katzenbachs mit dem Breibach.

Der Ort, früher auch Northen, Northeim u. s. w. geschrieben, tritt in der Geschichte erstmals auf ums J. 823, als ein gewisser Adelbold einige eigene Mansen mit Häusern, sonstigen Gebäuden, Wäldern, Wiesen, Waiden, Mühlen u. s. w. an das Stift Neuhausen zu Worms schenkte (Wirt. Urkb. 1, 98). Ums J. 1188 hatte die hohenstaufische Familie allhier Allodialbesitz. – Über die Ankunft des Ortes an Württemberg ist nichts bekannt; in der Widdumsverschreibung für die Gräfin Antonia vom J. 1380 sowie in der Erbhuldigungsurkunde vom 11. Jan. 1383 wird er bereits aufgeführt (s. ob. VII, 1).

Aus der nicht bedeutenden Geschichte des Ortes, welcher eine Pflugschaar im Wappen führt, verdient folgendes hervorgehoben zu werden. Das Dorfrecht vom J. 1495 enthielt Bestimmungen über Erbfälle, Zinse und Gülten, Schätzung der Schuldner, Untergangsverhältnisse, Unterpfänder u. s. w. (Reyscher, Statutarrechte 524–526). Der Schlacht von Laufen ging hier den 12. Mai 1534 ein Treffen voraus (s. ob. VII, 1). – Der Ort litt sehr in den französischen Raubkriegen am Ende des 17. Jahrhunderts; noch im J. 1727 hatte er 15.000 fl. Steuerausstand; er bat deßhalb die Landschaft um Nachlaß desselben und begründete diese Bitte damit: bei dem Einfallen der feindlichen Armee in den J. 1693/4 und dem darauf erfolgten Raub und Krieg sei der halbe Flecken mit der Kirche, Rath- und Pfarrbehausung eingeäschert und ausgeplündert worden, von 140 Bürgern seien nur noch 28 Haushaltungen zum Vorschein gekommen, die anderen verschollen, verdorben und Hungers| gestorben, daher die Markung großentheils wüst und öd geblieben. Die Landschaft erwiderte, diese Ausstände zu erlassen sei nicht nöthig, da solche ja nicht eingetrieben zu werden pflegen (Klunzinger 2, 145). Am 7. Sept. 1799 drängte eine Abtheilung Franzosen den österreichischen Obersten v. Wolfskeel bis auf die erste Anhöhe hinter Nordheim zurück, wo das württembergische Bataillon v. Mylius zu seiner Unterstützung bereit stund; es entspann sich ein unbedeutendes Gefecht, in dessen Folge Oberst Wolfskeel noch etwas weiter zurückging, doch wurde Abends Nordheim wieder von den Österreichern besetzt. – Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts störten die damals überhaupt nicht selten vorkommenden separatistischen Bewegungen auch die hiesige kirchliche und bürgerliche Ordnung, ein eigenthümlicher Charakter wohnte jedoch diesen Erscheinungen nicht inne, und mit der Auswanderung eines der eifrigsten Separatisten, des Müllers Chr. Fr. Greulich, nahm die Erregung ab. Ohne daß bei der Untersuchung die Sache an den Tag gekommen wäre, wurde den Separatisten allgemein die Anstiftung des großen Brandes zur Last gelegt, welcher in der Nacht vom 27./28. Dec. 1810 in einer Scheuer des damaligen, den Separatisten abgeneigten Schultheißen Binder ausbrach und mit der Kirche 59 Gebäude zerstörte; die Brandentschädigung betrug 12.162 fl. 41 kr.

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Im 13. und 14. Jahrhundert schrieb sich eine adelige Familie nach dem Orte, von welcher folgende Mitglieder vorkommen: Dietrich 1220 (Gabelk.); Konrad, den 18. Febr. 1263 Subcellerarius im Kloster Maulbronn (Mone 1, 255); Emehard den 11. Juni 1267 Zeuge Konrads von Magenheim (Mone 1, 365), den 21. Juni 1284 Besitzer eines Weinbergs bei Zaisenhausen (St.-A.); Heinrich den 8. Sept. 1285 Zeuge in einer Urkunde des Klosters Maulbronn (St.-A.); Beringer und Dietrich, Gebrüder, Bürgen Ottos von Bruchsal den 25. Febr. 1288 (Mone 2, 243); Albrecht, Zeuge des Markgrafen Rudolf I. von Baden († 1288) in einer undatirten Urkunde des Klosters Gottesau (Bader, Markgr. Rudolf von Baden 32); Ludwig im J. 1289 Stiftsherr zu Wimpfen (Mone 15, 311); Albrecht, sein Bruder Luzo, und Beringer den 26. Nov. 1309 Bürgen Eberhards von Hirzberg (Mone 13, 36), Albrecht und Luz den 24. Jul. 1312 Verkäufer von Gütern zu Tiefenbach, Freudenstein und Hohenklingen an das Kl. Maulbronn (Klunzinger, Maulbronn 2, 27); Albrecht den 18. Okt. 1312 Bürge Wilhelms von Freudenstein (Mone 5, 448); Albrecht und Lutzo von N. zu Gochsheim im J. 1323 Erbpächter der dortigen Frühmesse (Mone 13, 87), den 23. Apr. 1344 Gutthäter des Klosters Herrenalb (Mone 6, 332). Den 20. Febr. 1372 gibt der Edelknecht Hans von N., Sohn des † Gerhard von N., seiner Schwester Anna im Kloster Rechentshofen 6 Pfd. Hllr. Gült von seiner Hälfte des Hofes zu| Flehingen, wobei seine Vettern Hennel, Sifried und Wilhelm mit ihm siegeln (Mone 5, 71 ff.). Den 17. Jan. 1416 werden genannt der Edelknecht Symond von N. und seine Gattin Hedwig von Oberkein als Verkäufer von Leibeigenen zu Knittlingen und den 6. Jul. 1423 Hans von N. als Siegler Heinrichs von Gärtringen (St.-A.), im J. 1428 Seyfried und Hans von N. (Klunzinger 4, 205). – Im Wappen führte die Familie zwei von der Rechten zur Linken laufende Schrägbalken (Mone 2, 244. 6, 332).

Ein Kirchherr an der dem h. Bartholomäus geweihten Kirche, in welcher vor der Reformation ein Marien-Altar und eine weitere mit einem Haus und einem Geistlichen versehene Pfründe sich befanden, erscheint schon im J. 1351 (s. ob. VII, 2). Das Patronat der Kirche, sowie ein großer Theil der Frucht- und Weinzehenten samt verschiedenen Gefällen stund dem Bisthum Worms zu; dasselbe verlieh alles dieses an verschiedene meist adelige Familien, welche dann das Patronatrecht nach Verhältniß ihres Antheils am Zehenten und den Gefällen abwechselnd ausübten. Solche Familien waren z. B. im J. 1406 die Massenbach und die Neuhausen, 1427 die Riexingen als Nachfolger der Klingenberg, 1470 die Lemlin von Thalheim, 1481 die Greck von Kochendorf als Nachfolger Wilhelm Böcklins vom Eutingerthal, 1483 die Wittstatt, 1529 die Frauenberg, 1560 die Lomersheim, 1616 die Göler als Nachfolger der Lemlin (s. Klunzinger 2, 149). – Den 15. Mai 1754 verglich sich Worms mit der Gemeinde Nordheim wegen der Steuer aus seinen hiesigen Gütern: 1/3 des Widdumgutes, dem Pfarrhaus mit Zugehörden, dem sog. Hofhaus, auch Kelter und dem ehemaligen alten Pfarrhaus- und Pfarrscheuren-Plaz, dahin, daß dasselbe gegen Entrichtung von 2000 fl. künftighin von aller Steuer frei sein solle. – Mit der Sekularisation des Bisthums Worms kamen der Kirchensatz und die betreffenden Zehenten und Gefälle an das Großherzogthum Hessen-Darmstadt. Das Patronat übt in Folge hievon der Großherzog von Hessen-Darmstadt noch heutzutage aus, dagegen wurden die Zehenten und Gefälle an eine Privatgesellschaft verkauft, welche den 20. Juli 1822 den Zehenten um 13.998 fl., das Widdumgut um 7002 fl. und die Zehentkelter samt der Zehentscheuer um 3500 fl. erwarb.

Es befand sich hierselbst auch mancherlei geistlicher Besitz: Dem Kl. Maulbronn schenkte den 1. Aug. 1241 Ludwig von Leinburg seinen Hof allhier und verkaufte den 25. Juni 1360 Albrecht Böckinger, Kirchherr zu Orendelsall, seinen halben Hof, wogegen das Kloster den 21. Dec. 1410 einen hiesigen Hof an Heinz Haas von Groß-Gartach vertauschte (St.-A.) Das Stift Wimpfen war hier schon nach seinem Urbar von 1295 gefällberechtigt. Den 18. Okt. 1307 stiftete der Wimpfener Dekan Gerold zu einer Pfründe in der Stiftskirche „duo jugera sita in terris villae Northeim, quae jugera dicuntur Scheherhusen“, sowie ferner 2 Gefässe mit Wein und seinen Weinberg in der Nordheimer Mark Hebsach für zwei ewige Lichter zu Ehren des h. Bartholomäus und des h. Nicolaus allda (St.-A.) Demselben Stift| verkaufte Hans Haas zu Brackenheim den 23. Dec. 1345 2 Pfd. Hllr. Gült aus Gütern allhier für 20 Pfd. Hllr. Dem St. Clara Kloster zu Heilbronn freite K. Heinrich VII. bei seiner Anwesenheit in der Stadt den 13. Aug. 1309 seine Güter zu Nordheim von Steuern, schenkte auch die Nonne Hiltegunde den 20. Dec. 1338 alle ihre hiesigen Besitzungen, empfing sie jedoch wieder als Lehen zurück; dasselbe Kloster besaß hier in der Folge 5 hiesige Hofgüter und verschiedene Gefälle. Des Konrad Gölers hiesigen Hof verkaufte dessen Bruder Heinrich den 8. Febr. 1359 an das Kl. Schönthal um 300 Pfd. Hllr.; das Minoritenkloster zu Heilbronn erhielt im J. 1372 eine Gült auf einer hiesigen Mühle von Rembot von Klingenberg (Klunzinger 4, 78). An die Deutschordenskommende Heilbronn verkauften im J. 1433 Siefried Osterbronn von Riexingen und seine Gemahlin Anna von Klingenberg ihr 1/3 am großen und kleinen und 1/9 aus 2/9 am Weinzehenten allhier. Endlich war auch das Kl. Laufen hier zehentberechtigt. – Von weltlichen Herren hatte außer den schon Genannten Wilhelm von Neipperg im J. 1471 hier 2 Wiesen, 30 M. Walds, 14 M. Ackers, zusammen geschätzt zu 145 fl. (R.-Arch. Urk. 1, 55); auch liegt das zum neippergischen Lehen Klingenberg (s. dieses) gehörige Holz Prämich auf hiesiger Markung. – In der letzten Zeit hatte der Staat hier bedeutenden Zehentbesitz (Antheil am großen, kleinen, Wein-, Blut-, den Novalzehenten), verkaufte aber alle seine Zehentrechte auf hiesiger Markung den 25. Nov./16. Dec. 1846 an die Gemeinde um 29.500 fl.


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