Beschreibung des Oberamts Gerabronn/Kapitel B 33

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33. Gemeinde Wildenthierbach,
bestehend aus 5 Parcellen mit 536 Einwohnern.

Der Bezirk liegt an der Grenze des Oberamts Mergentheim und nimmt mit den anstoßenden Gemeinden Schrotzberg, Oberstetten und Spielbach so ziemlich die höchsten Punkte des Oberamts ein. Übrigens neigt sich hier das Plateau westlich gegen das Vorbachthal, aus dem einige Schluchten gegen Wildenthierbach und Heimberg aufsteigen und Seitenzweige jenes Thals bilden. Eben diese bringen auch einige Abwechslung in die sonst einförmige, nur zu gewissen Jahrszeiten durch einige Bäche belebte Gegend. Auch hier versinkt ein großer Theil der Gewässer in zahlreichen Erdfällen. Unfern des Hauptorts ist ein etwa 3/4 M. großer Weiher. Brunnenquellen fehlen nicht, doch sammeln sie sich in Wildenthierbach und Hachtel nur auf seichtem Grund, so daß sie bald versiegen und dann das Wasser in Fässern aus entfernten Brunnen geholt werden muß. In den weitläufig gebauten Orten wird erst in neuerer Zeit mehr von Stein gebaut, und kommen nach und nach die noch zahlreich vorhandenen Strohdächer ab. Es sind 90 Haupt- und 92 Neben-Gebäude vorhanden. Die meisten Güter waren mit Sterbfall und Handlohn belastet und zwar 5 % Handlohn und 11/2 % Sterbfall; nun ist aber großentheils Ablösung erfolgt, und werden nur noch jährliche Gefälle gereicht. Gefällherren sind: zu ungefähr 5/8 das k. Cameralamt Creglingen, im Übrigen die hohenloheschen Rentämter Ingelfingen und Weikersheim, der Hospital und viele Privaten in Rothenburg.

Jeder Ort hat sein besonderes in der Nutzung von Gemeinderechten stehendes Vermögen, und ist um deßwillen das Vermögen der zusammengesetzten Gemeinde gering, von 1842/43 war eine Gemeindekostensumlage von 454 fl. nöthig. In politischer Hinsicht gehörten sämmtliche Orte von 1379 bis 1802 zum Gebiet der| Reichsstadt Rothenburg und von 1802 bis 1810 zum Königreich Bayern, vor dem Übergang an Rothenburg aber zuerst zur hohenlohen’schen Herrschaft Brauneck, dann aber denjenigen Herren, die aus der unten bei der Beschreibung des Orts Wildenthierbach beschriebenen Geschichte zu entnehmen sind. Auch waren die Orte Wildenthierbach, Hachtel, Heimberg und Schönhof zur Cent Niederstetten, Wolkersfelden dagegen, eine Eingehörung der Burg Lichtenthal oder Linthal, zu der auf der Haard gehörig.

a. Wildenthierbach, evang. Pfarrdorf mit 278 evang. Einwohnern, einschließlich der einige hundert Schritte westlich davon gelegenen Ziegenhütte, früher Wildentyrbach, häufig auch nur Thyrbach oder Dierbach geschrieben, liegt etwas tiefer, als die nächste Umgebung an dem obern Ende des kleinern Thals, das sich von hier bis Oberstetten hinzieht (1526 württ. oder 1346 pariser Fuß über dem Meer, Erdfläche an der Kirche),[1] an der Nachbarschaftsstraße von Niederstetten nach Rothenburg, von Gerabronn 41/2 St. entfernt. Der Ort war im Mittelalter mit Mauern und Thürmen versehen, von welchen vor wenigen Jahren noch zwei übrig waren. Der Neubruchzehente gehört dem Staat, vom großen Zehenten 1/2 demselben, 1/4 Hohenlohe-Oehringen und 1/4 Hohenlohe-Jagstberg, vom kleinen Zehenten und vom Heuzehenten 3/4 dem Staat, 1/4 Hohenlohe-Jagstberg. An der Jagd besitzt der Staat die halbe Markung, die andere Hälfte aber mit Koppeljagd von Hohenlohe-Oehringen.

Die Kirche ist ziemlich alt und der Thurm, an den sie angebaut ist, mehr einem Befestigungs- als einem Kirch-Thurm ähnlich, ist wohl noch älter und scheint ein Überbleibsel der Burg zu seyn, welche hier stand. Sie liegt etwas höher, als die übrigen Theile des Orts. Baupflichtig an derselben ist die Stiftungspflege, sekundär die Pfarrgemeinde, an dem erst 1819 neu erbauten Pfarrhaus mit Nebengebäuden aber der Staat, während die Baulast an den Schulgebäuden bloß die Gemeinde berührt. Das Patronat steht der Krone zu. Der in früheren Zeiten größere Pfarrsprengel besteht aus den Parcellen dieser Gemeinde und der Reuthalmühle. In demselben Verhältniß wie dieß bei Michelbach an der Heide der Fall war, wurde auch hier früher ein Mitglied des Capitels des Stifts Neumünster in Würzburg, welchem die hiesige Kirche gehörte, mit der Pfarrei belehnt, solche aber immer durch einen Unterpfarrer, den der Lehensinhaber aus den Pfarreieinkünften belohnte, versehen. Nach den Pfarreiakten waren aus| den übrigen Einkünften die Baukosten von den Pfarreigebäuden zu bestreiten und etwas Gewisses an den Oberpfarrer abzuliefern, nemlich früher 1 Stüppich Schmalz, 1 gemasteter Ochse, später aber eine bestimmte Summe Geldes. Im Jahr 1570 dagegen wurde von dem Bischof die gesammte Pfarrei mit allem nicht für den Unterpfarrer erforderlichen Einkommen zur Deckung des Aufwands für das Kirchenwachs in der Neumünsterkirche, der Custorei des Stifts einverleibt und von nun an jeder Canonikus-Custos mit dieser Kirchenstelle belehnt. Sein Verweser oder Vicar, sonst Pfarrer benannt, bedurfte übrigens von der Reformation an der Bestätigung des Magistrats in Rothenburg und war dem dortigen Consistorium unterworfen. Auch durfte diese Behörde für die Wiederbesetzung Vorschläge machen. Seine Besoldung scheint bis 1802 von dem Oberpfarrer beliebig regulirt worden zu seyn. Der erste vorkommende evangelische Pfarrer wurde 1549 bestellt; ob übrigens damals die Reformation erst vollzogen worden, ist nicht bekannt. Der Bezirk der Schule fällt mit dem der Pfarrgemeinde zusammen. Das Vermögen der Kirchenpflege besteht in 15 M. 1/4 V. Feld und 7914 fl. verzinslichen Capitalien.

1

Wildenthierbach mit den Nebenorten war, wie schon bei Niederstetten erörtert worden, so weit unsere geschriebene Geschichte reicht, ein Bestandtheil der Herrschaft Brauneck, kam von solcher aber (wahrscheinlich als 1318 Götz von Hohenlohe die Herrschaft Linthal an Würzburg veräußerte) im 14. Jahrhundert an das Stift Würzburg. Daneben nannte sich aber schon frühzeitig ein indessen längst ausgestorbenes Rittergeschlecht von der wohlbefestigten Burg, welche nächst der Kirche stand, im Jahr 1509 aber durch Melchior von Rosenberg zu Haltenbergstetten zerstört wurde. Die Ritter von Wildenthierbach waren übrigens Dienst- und Lehens-Leute der Herrn von Hohenlohe-Brauneck, und ebenso die übrigen adeligen Herrn, welche noch weiter hier begütert waren. 1156 kommt Arnoldus de Thierbach, 1245 Starcolfus de Dierbach und 1291 Enkerus de Thierbach, 1307 bis 1343 Gernot von Thierbach, Ritter, 1327 bis 1343 Johann von Thierbach als Zeuge vor. 1307 verkauft Erkinger von Thierbach seinen Hof zu Buch und seine Hofrait zu Kottmannsweiler dem Hospital in Rothenburg. 1348 verkauft Konrad, Conz, Heinz und Fritz von Finsterloh seine Leibeigene zu Wildenthierbach um 12 Pfd. Heller an Heinrich Zuckmantel in Rothenburg. 1365 verkaufen Ulrich von Hohenlohe, von Brunecke genannt, und Frau Lyse, seine Hausfrau, dem vesten Knecht Götzen von Vinsterloh vier eigene Leute in Wildenthierbach. 1367 verkaufen Woltz von Lichtenthal und seine Kinder dem Ulrich Conzfeld und Conrad Offner, Bürger zu Rothenburg,| Güter und Gülten zu Wildenthierbach um 3841/2 Pfd. und 51 fl. 1375 wird von Leopold Veit Bürger zu Rothenburg an Conrad Offner der vierte Theil verschiedener Güter zu Wildenthierbach für 110 Pfd. Heller verkauft. In demselben Jahr verkauft Friedrich von Linthal mit Genehmigung seines Bruders Dietrich, deutschen Ordens, und seiner Schwester Margarethe, Ulrich von Morsteins Wittwe, dem Frauenkloster zu Rothenburg seinen Hof zu Thierbach nebst allen Zinsen, Gülten, Gütern, Holzungen etc. für 500 Pfd. Heller. 1400 wird Ulrich von Thierbach als hohenlohe’scher Dienstmann aufgeführt. 1467 belehnt der Bischof Rudolph zu Würzburg den Conz von Schrotzberg mit 1/4 des großen und kleinen Zehenten, und 1487 den Hans von Schrotzberg. Mit einem 1/4 des Zehenten wurde von Bischof Lorenz von Würzburg 1514 Hans von Schrotzberg belehnt, 1521 aber verkauft Ludwig von Schrotzberg in Feuchtwangen 1/4 desselben, nachdem er kurz zuvor damit belehnt worden war, an Zaisolf von Rosenberg in Haltenbergstetten. Die Ansprüche der Markgrafen von Ansbach an die Fraisch oder hohe Obrigkeit in Wildenthierbach, abgeleitet von dem Besitz der Veste und Herrschaft Brauneck, beseitigte die Reichsstadt Rothenburg 1525 durch Vertrag.

Eine Viertelstunde nordöstlich vom Dorf gegen Wermutshausen auf der Markungsgrenze lag früher der Weiler Hohenweiler, dessen Markung nun zwischen Wildenthierbach, Dunzendorf und Wermutshausen getheilt ist. Er wurde den 5. Mai 1645 am Tage des Treffens bei Herbsthausen, als hier Recognoscirungstruppen der bayrisch-österreichischen Armee unter Mercy und Johann von Werth auf französische Truppen stießen, nieder gebrannt und dann nicht wieder aufgebaut.

b. Hachtel, Weiler mit 64 evang. Einwohnern, liegt südlich 1/2 Stunde von Wildenthierbach, 1631 würt. Fuß über dem Meer. Den großen und kleinen Zehenten bezieht der Pfarrer von Oberstetten von 88 Morgen im Übrigen die Hälfte der Staat wegen der Pfarrei und die andere Hälfte Hofmarschall von Forstner in Wien. Die Jagd besitzt Hohenlohe-Oehringen; zur Hälfte als Pächter vom Staat.

Bis 1318 zur Herrschaft Brauneck und von 1318 bis 1379 zum Stift Würzburg gehörig, kam der Weiler durch Kauf an die Stadt Rothenburg, 1405 an Hans Arnsteiner, genannt Spörlein, und von diesem wieder im Jahr 1455 an die Stadt.

c. Heimberg, Weiler mit dem Landthurm mit 137 evang. Einwohnern, 3/4 Stunden südöstlich von Wildenthierbach an der Straße nach Rothenburg gelegen. Vom Zehenten gehört die Hälfte dem Staat und die andere Hälfte dem Leonhard Hahn in Heimberg.| Die dem Staat gehörige Jagd ist an einen Privaten in Schönhof verpachtet. Die letztere früher dem Hospital in Rothenburg zuständige Hälfte kam an solchen im Jahr 1466 durch Stiftung von einer Elisabethe Hornburger, die ihn von Conrad von Schrotzberg erkauft hatte.

Die früheren politischen Verhältnisse waren dieselben wie bei Hachtel. Her Cunrat von Heineberc kommt vor im Jahr 1253. (Hanselm. 1, 410.)

d. Schönhof, Hof mit 5 evang. Einwohnern, 1 Stunde südwestlich von Wildenthierbach. Der Zehente gehört zur Hälfte dem Staat, die andere Hälfte ist abgelöst. Der Gutsbesitzer hat die dem Staat gehörige Jagd gepachtet.

Der Hof, früher eine Domäne, war 1400 im Besitz des Bürgermeisters Heinrich Toppler in Rothenburg. 1681 besaß ihn der Graf von Hohenlohe-Weikersheim, verkaufte ihn aber in diesem Jahr an Veit Schenk um 500 Reichsthaler. Bis 1802 gehörte er zu Rothenburg.

e. Wolkersfelden, Weiler mit 52 evang. Einwohnern, 1 Stunde östlich von Wildenthierbach gelegen, zur Pfarrei Lichtel, bis zur Reformation aber zur Pfarrei Münster gehörig.

Der große und kleine Zehente von einem Distrikt von 13 Morgen steht der Pfarrei Lichtel, im Übrigen aber und am Heuzehenten die Hälfte dem Staat und die Hälfte Hohenlohe-Jagstberg, der Neubruchzehente dem Staat zu. Die dem Staat gehörige Jagd ist an einen Privaten verpachtet. Der Ort war bis zum 14. Jahrhundert Eingehörung der Herrschaft Brauneck, zur Veste Linthal; 1435 erscheint aber Graf Wilhelm von Castell im Besitz desselben und von dem indessen abgegangenen Wieset, verkaufte jedoch beide in diesem Jahr an Hans Spörlein, Bürger zu Rothenburg, von welchen sie endlich 1465 an die Reichsstadt kamen.


  1. Das Signal auf dem Heftwasen auf dieser Markung liegt 1454 pariser oder 1648,5 württ. Fuß hoch.
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