Beschreibung des Oberamts Herrenberg/Kapitel B 26

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Unter-Jesingen,
Gemeinde II. Klasse mit 1271 Einw., bestehend aus: a. Unter-Jesingen, Pfarrd. 1261 Einw., wor. 4 Kath. b. Roseck, 5 Einw. c. Mühle, 5 Einw. Evang. Pfarrei. Die Kathol. sind nach Poltringen eingepfarrt.

Am Fuß des mit Reben bepflanzten, wohlgerundeten Baylerbergs, einem Vorsprung der Schönbuchsterrasse, hat der große, etwas unregelmäßig gebaute Ort eine äußerst freundliche, übrigens meist unebene Lage. Nur der in dem anmuthigen Ammerthale gelegene südliche Theil des Dorfs (untere Gasse) ist eben, dagegen auch den Überschwemmungen der nahe vorbeifließenden Ammer ausgesetzt; überdieß leiden einige Keller dieses Dorftheils, in welchen sich sogenannte Hungerbrunnen befinden, zuweilen durch den Wasseranlauf derselben, was alsdann als ein Vorzeichen eines unfruchtbaren Jahrgangs angesehen wird.

Die Hauptstraße, welche von der drei Stunden entfernt gelegenen Oberamtsstadt nach Tübingen führt, geht der Länge nach durch das Dorf und ist, wie auch die übrigen Ortsstraßen, reinlich gehalten und gekandelt. Überdieß ist noch eine Vicinalstraße nach Wurmlingen angelegt, und somit dem Dorf der Verkehr mit der Umgegend hinlänglich gesichert.

Von der Südseite gesehen, gewährt der Ort mit seiner schönen, hochgelegenen Kirche und dem Schönbuchsabhange im Hintergrunde eine sehr malerische Ansicht.

| Die im einfachen, germanischen Styl erbaute Pfarrkirche hat durchgängig spitzbogige, in den Bogentheilen mit germanischem Maßwerk gefüllte Fenster, und an dem mit einem halben Achteck schließenden Chor sind Strebepfeiler angebracht. Der massive Thurm ist in seinen unteren Theilen viereckig und mit Schußscharten versehen, gegen oben geht er in ein mit germanischen Fenstern versehenes Achteck über, auf dem ein hohes, schlankes Zeltdach sitzt. An der Stelle, wo der Thurm anfängt achteckig zu werden, stehen auf den vier Ecken desselben freie, mit Krappen und Giebelblumen verzierte Fialen. Unten am Thurm ist die Jahreszahl 1476 angebracht, an einem südlichen Strebepfeiler des Chors steht anno domini 1477, und über dem Eingang auf der südlichen Seite des Langhauses 1484; aus diesen angegebenen Jahreszahlen geht hervor, daß die Kirche von 1476–1484, also innerhalb 9 Jahren, erbaut wurde. Das Innere der Kirche ist geräumig, übrigens durch Emporen verbaut und verdüstert; von dem ziemlich schmalen Langhaus führt ein spitzbogiger Triumphbogen in das mit einem schönen Netzgwölbe gedeckte Chor, dessen Schlußsteine in der Richtung von Westen nach Osten folgende Figuren enthalten: 1) das Schweißtuch, 2) eine Heilige mit Kelch und Hostie in der Rechten und einem Messer in der linken Hand; zu ihren Füßen steht eine Kirche. 3) Maria mit dem Jesuskinde. Die Gewölbegurten gehen von Consolen aus, welche die 12 Apostel vorstellen; überdieß sind noch einige im germanischen Geschmack sehr gut gehaltene Chorstühle vorhanden. Die Erhaltungskosten der Kirche werden theils von der Stiftungs-, theils von der Gemeindepflege bestritten. Der um die Kirche gelegene, mit einer hohen, festen Mauer umgebene Begräbnißplatz ist aufgegeben und dagegen außerhalb des Orts ein neuer angelegt worden.

Das in der Nähe der Kirche gelegene, vom Staat, der auch den Pfarrer ernennt, zu erhaltende Pfarrhaus nebst Ökonomiegebäuden, Hofraum und Garten, bildet einen angenehmen wohlgeschlossenen Pfarrsitz.

An die südöstliche Mauer des alten Kirchhofs stößt das sehr ansehnliche, 1838 namhaft erweiterte Schulhaus, von dessen oberen Gelassen man eine äußerst freundliche Aussicht in das Ammerthal, in die Gegend von Rottenburg, an die Wurmlinger Kapelle und an einen Theil der Alp genießt; dasselbe enthält auch die Wohnung des Schulmeisters, welcher mit einem Lehrgehülfen an der Volksschule unterrichtet.

Das 1750 ganz massiv erbaute, geräumige Rathhaus steht an der Hauptstraße beinahe mitten im Ort und befindet sich in gutem Zustande.

| In Folge der Ablösung sind zwei dem Staat gehörige Keltern und ein Fruchtkasten in den Besitz der Gemeinde übergegangen.

Die im Ort vorhandenen Brunnen (zwei laufende und vier Pumpbrunnen)[1] liefern ein mittelgutes, zum Theil gipsführendes Wasser, das, wie es scheint, einen nachtheiligen Einfluß auf den Gesundheitszustand der Einwohner ausübt, indem Cretinen und Kröpfe ziemlich häufig vorkommen.[2]

Die Ortsangehörigen sind im Allgemeinen gutartig, sehr fleißig, sparsam, und haben viel Sinn für Religion, der öfter in Pietismus übergeht; ihre ökonomischen Verhältnisse sind ziemlich befriedigend, und die Mittel ihres Auskommens bestehen in Feldbau, Obstzucht, Weinbau und insbesondere in der Viehzucht, welche sehr ausgedehnt betrieben wird. Unbemittelte brechen Gips und treiben mit demselben einen kleinen Handel, der ihnen eine spärliche Einnahme sichert.

Die vorhandenen Gewerbe dienen nur dem örtlichen Bedürfniß, mit Ausnahme des Betriebs von zwei Mühlen, von denen die eine, früher dem Kloster Bebenhausen gehörige, im Ort steht und drei Mahlgänge und einen Gerbgang hat, während die andere, eine Kunstmühle mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang, 1/4 Stunde unterhalb des Ortes an der Ammer gelegen, einen abgesonderten Wohnsitz bildet.

Die ausgedehnte Markung, von der übrigens ein großer Theil mit Wald bestockt ist, grenzt nördlich an die Markungen Entringen und Pfäffingen, östlich an Hagelloch, O.A. Tübingen, und Tübingen, südlich an Wurmlingen, O.A. Rottenburg, und westlich an Pfäffingen. An der südöstlichen Grenze greift ein von der Markung Wurmlingen abgesonderter gegen 200 Morgen großer Wiesendistrict störend in die Markung Unter-Jesingen ein.

Im Allgemeinen hat die Markung einen mittelfruchtbaren Boden, der auf den meist zu Wald benützten Anhöhen des Schönbuchs aus einem lehmigen Sand, an den Abhängen der Schönbuchsterrasse selbst aus einem für den Weinbau tauglichen, etwas hitzigen Keupermergel, im Thal aus einem fruchtbaren Alluvialboden und auf der rechten Seite der Ammer aus einem für den Ackerbau sehr günstigen Diluviallehm besteht. Die ergiebigsten| Güter sind die Sandäcker, Glemsen, Rohräcker, Mühläcker, untere Halde, Wiesbrunnen, Breite, Enzbachäcker, Ammerbühl etc.

Das Klima ist mild, übrigens schaden kalte Nebel und Frühlingsfröste nicht selten dem Obste, Hagelschlag kam, namentlich seit den letzten 25 Jahren, häufig vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung des deutschen, zuweilen auch des Brabanter-Pflugs, sehr gut betrieben; auf die Gewinnung der nöthigen Düngungsmittel wird eifrig Bedacht genommen, wie denn Unter-Jesingen in der Anlage zweckmäßiger Düngerstätten mit Gülleneinrichtung, den Nachbarorten mit gutem Beispiel voranging. Nach der Dreifelderwirthschaft baut man hauptsächlich Dinkel und Gerste, weniger Einkorn, Wicken und Hafer; letzterer kommt nur auf schlechten Feldern zum Anbau. Von der Brache werden 2/3 angeblümt, weil die Feldmarkung im Verhältniß zur Einwohnerzahl zu klein ist, obgleich die Ortsangehörigen sich noch ziemlich viele Güter auf anstoßenden Markungen, namentlich auf der von Pfäffingen, angekauft haben. In der Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter, Welschkorn, Kohlraben, ziemlich viel Angersen, wenig Ackerbohnen und etwas Reps gebaut. Von den Futterkräutern wird die Luzerne nicht nur in der Brache, sondern auch in ausgereuteten Weinbergen, des bedeutenden Viehstandes wegen, sehr häufig gepflanzt. Hanf und Kraut zieht man in eigenen Ländern; Hopfen kommt in neuerer Zeit mit ziemlich gutem Erfolg zum Anbau.

Auf den Morgen wird ausgesäet 71/2 Simri Dinkel, 4 Simri Gerste, 41/2 Simri Hafer, 4 Simri Einkorn, und durchschnittlich eingeheimst: 10 Scheffel Dinkel, 4–5 Scheffel Gerste, 4 Scheffel Hafer und 5–6 Scheffel Einkorn. Der höchste Preis eines Morgens Acker beträgt 500 fl., der mittlere 300 fl. und der geringste 100 fl. Dinkel und Gerste kommt sehr viel nach Außen zum Verkauf, namentlich ist die Gerste von den Bierbrauern sehr gesucht und wird von diesen öfters um 1 fl. per Scheffel theurer bezahlt, als in den Nachbarorten.

Der ausgedehnte Wiesenbau, dem übrigens keine Wässerung zukommt, liefert per Morgen einen durchschnittlichen Ertrag von 25–30 Centnern Heu und 12–15 Centnern Öhmd; das Erzeugniß wird im Ort verbraucht und überdieß noch Futter von Außen aufgekauft. Die Preise der Wiesen bewegen sich von 300–500 fl. per Morgen.

Der Weinbau, welcher sich früher über 300 Morgen erstreckte, ist bis auf die Hälfte dieser Ausdehnung herabgesunken und hat hauptsächlich der immer mehr sich ausbreitenden Obstzucht den Platz geräumt; die Betriebsart ist die gewöhnliche des Unterlandes; die| Stöcke werden über den Winter bezogen – und 3–41/2 Fuß von einander gesetzt. Die Traubensorten sind gemischt, hauptsächlich Roth- und Weißelblinge, Trollinger, Silvaner, Affenthaler, Veltliner, Klevner und etwas Muskateller. Das Erzeugniß (Schiller) wird in günstigen Jahren angenehm und gilt als das beste im ganzen Bezirk, eignet sich jedoch nicht auf das Lager und hält nur ein paar Jahre. Der Wein findet in die Gegenden um Rottenburg, Horb, Herrenberg und Nagold seinen Absatz, und wurde in den Jahren 1846 um 44 fl., 1847 um 15 fl., 1848 um 20 fl., 1849 um 20 fl., 1850 um 15–16 fl. und 1851 um 15–16 fl. per Eimer verkauft. Ein Morgen Weinberg trägt 3–6 Eimer und kostet durchschnittlich 200 fl. Die besten Lagen sind in der Steig und Mönchhütte.

Die mit Mostsorten und Zwetschgen sich beschäftigende Obstzucht erlaubt in günstigen Jahren einen nicht unbeträchtlichen Verkauf nach Außen; junge Stämme zieht man in den Weinbergen nach.

Eine besondere Erwerbsquelle bildet die Rindviehzucht, die mit großer Sorgfalt in sehr namhafter Ausdehnung betrieben wird, so daß Unter-Jesingen in dieser Begebung eine der ersten Stellen in der Reihe der Bezirksorte einnimmt; es wird ein schöner, kräftiger, theilweise durch Simmenthaler Vieh gekreuzter Neckarschlag gehalten und durch fünf Farren gezüchtet, welche ein Bürger gegen die Nutznießung von drei Morgen Wiesen und 100 fl. jährlich aus der Gemeindekasse hält. Bei einem ausgezeichneten Farrenstand werden auch junge Farren zum Verkauf an Auswärtige gezogen, überhaupt kommt auf den beiden Vieh- und Krämermärkten (27. Januar und 8. Juli), welche die Gemeinde abzuhalten das Recht hat, sehr viel Vieh zum Verkauf. Die Butter ist sehr gesucht und wird in Tübingen, wohin sie größtentheils zu Markt getragen wird, stets um 1 kr. per Pfund theurer, als die anderer Ortschaften, bezahlt.

Was die Schweinezucht betrifft, so werden die Ferkel von Außen ausgekauft, gemästet und meist wieder abgesetzt; die Bienenzucht ist unbedeutend und Geflügel wird nur für den eigenen Bedarf gehalten, übrigens mit Eiern ein lebhafter Handel nach Tübingen getrieben.

Die Gemeinde ist im Besitz von 275 Morgen Waldungen, worunter 175 Morgen, welche die Gemeinde im Jahre 1820 vom Staat für eine Schönbuchsgerechtigkeit erhielt; sie befinden sich, da der Boden meist aus einem magern Sand besteht und die Waldungen überdieß durch starke Streunutzung zu sehr in Anspruch genommen werden, in mittelmäßigem Zustande und ertragen| jährlich 70 Klafter (mit Einschluß der Eichenrinde) und 12–1300 Stück Wellen. Das geschlagene Holz wird an die Bürgerschaft gegen festgesetzte Preise abgegeben, was der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von etwa 600 fl. sichert.

An Weiden sind 10–12 Morgen vorhanden, welche die Gemeinde nebst der Brach- und Stoppelweide an die Schafe haltenden Bürger überläßt, so zwar, daß für ein auf der Weide gehendes Schaf 48 kr., und für ein Lamm 24 kr. an die Gemeindekasse entrichtet werden, was derselben mit Einschluß der Pferchnutzung jährlich 450 fl. rein einträgt. Die Überwinterung der Schafe geschieht im Ort, und die Wolle kommt nach Tübingen, Reutlingen, Herrenberg etc. zum Verkauf.

Über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt siehe Tab. III.

Da die Gemeindepflege außer dem Ertrag von Wald und Weide nur noch 14–16 fl. Pacht aus drei Morgen Gemeindegütern bezieht und gegen 6000 fl. Schulden zu verzinsen hat; so ist sie genöthigt, alljährlich einen Gemeindeschaden von 13–1800 fl. umzulegen.

Unter dem Stiftungsvermögen sind 3000 fl. begriffen, deren jährliche Zinse in Geld, Brod, Schulbücher etc. an die Armen des Orts vertheilt werden.

Bis zur Grundentlastung hatte der Staat bedeutende Gülten und den großen Zehenten zu beziehen, mit Ausnahme eines kleinen Theils, welcher an die Universität Freiburg an Geld mit 1 fl. 48 kr. bezahlt werden mußte, und von sieben Morgen, wovon die Hälfte der Pfarrei zukam, die auch den kleinen Zehenten bezog.

Als man im Jahre 1838 das Schulhaus vergrößerte, kamen 10–12 tief in den Keupermerkel eingesetzte Steingräber zum Vorschein, die menschliche Gerippe enthielten.

Ein alter Burgstall, Wehingen (Crusius Paralip. 43), stand 1/2 Stunde nordöstlich vom Ort; Ulrich von Wehingen, Dienstmann Pfalzgraf Gotfrieds von Tübingen, welcher im Jahre 1304 vorkommt, nannte sich hievon (Schmid 331, Urk. 42).[WS 1]

Unter-Jesingen, ursprünglich pfalzgräflich-tübingisch, gehörte zum württembergischen Klosteramt Bebenhausen, zu dessen Pflege Roseck es zugetheilt war. Die hohe maleficische Obrigkeit sammt aller Zugehör hatte Württemberg, die niedere Gerichtsbarkeit das genannte Kloster (Reyscher, Statutarrechte 201).

Dasselbe Kloster erkaufte von dem Pfalzgrafen Eberhard dem Scheerer am 23. April 1289 alle seine hiesigen Weingärten (Mone, Zeitschr. 4, 122) und am 13. Jan. 1294 einen hiesigen Hof nebst zugehörigem Walde, ferner den 15. Mai 1295 einen| zweiten Hof mit dem Walde Buchhalde von dem Grafen Gotfried von Tübingen (Schmid Urk. 66, 98).

Sonst noch machte es Erwerbungen, im Jahre 1290 von den Herren v. Ow, 1410 von Burkhard von Hölnstein (siehe unten bei Roseck), 1455 von Jacob Herter von Andeck (Crus. 3, 335). Auch das Kloster Kreuzlingen war im Besitz wenigstens von Wiesen seit den Jahren 1299, 1302 (Pupikofer Regg. des Stifts Kreuzlingen Nr. 115, 125).

Es saßen im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert hier „Marschalke“, ohne Zweifel der Pfalzgrafen von Tübingen (Pupikofer a. a. O. Nr. 115, Schmid 401).

Die hiesige Kirche erscheint schon unter den frühen Besitzungen des Klosters Blaubeuren als erkauft durch dasselbe (Tubingius bei Sattler Grafen 4, 309), es kommt vor „Wernher der Pfafe“ in Urkunde vom 17. Mai 1299 (Pupikofer a. a. O. Nr. 114, vergl. Nr. 115). Gleichwohl erkaufte genanntes Kloster noch am 15. Aug. 1382 Kirchensatz und Widem für 400 fl. von den Brüdern Eberhard und Konrad Last, doch sollte Claus Last, Stiftsherr zu Constanz, die Kirche lebenslänglich genießen; im Jahre 1398 ließ es sich die Kirche einverleiben. Indeß bereits am 24. April 1404 veräußerte das Kloster den Kirchensatz für 200 fl. rheinisch an Württemberg, bei welchem Anlaß die Stiftsherren Claus und Eberhard Last für ihre Ansprüche an denselben durch die Befreiung ihrer Güter in Tübingen abgefunden wurden.

Bei Unter-Jesingen lag der abgegangene Ort Lachen, an welchem das Kloster Bebenhausen den 8. März 1229 in der Bulle Pabst Gregors IX. begütert erscheint; die Vogtei über die Klostergüter in Lachen war pfalzgräflich-tübingisch, bis sie der Pfalzgraf Eberhard von Tübingen den 23. April 1289 an das genannte Kloster veräußerte (Schmid Urk. 61, wo auch Albertus dictus de Lachun vorkommt; vergl. noch Schmid Text 401).

Im Hembach- (alt Hindebach-) Thälchen (Schmid 193) hatte das Kloster Blaubeuren, welches schon in seiner frühesten Zeit allhier Erwerbungen machte (Tubingius a. a. O.), wenigstens zeitweise im dreizehnten Jahrhundert eine eigene Probstei auf seinen Besitz in der Umgegend gegründet und solche seinem Patron, dem heiligen Johannes dem Täufer, geweiht (prepositus de Hindebach ordinis s. Benedicti in Urk. vom 5. Mai 1263, Schmid Urk. 34 = Mone Zeitschrift 3, 206; Hindebach, auch in Urkunde von 1283, Schmid Urkunde 201, Mone a. a. O. 433), aus der später wieder ein bloser Klosterhof wurde. Auf solchem hatten die Grafen von Württemberg das Hundsmal und andere| Forstgerechtsame, worauf die Grafen Ludwig und Ulrich im Jahre 1434 gegen anderweitige Entschädigung verzichteten (Steinhofer 2, 780).


Roseck,


welches kirchlich und politisch mit einem arrondirten Gute von 110 Morgen Feldern und 70 Morgen Waldungen zu der Gemeinde gehört, ist auf einem zwischen zwei tiefen Schluchten hinziehenden, steilen Vorsprung der Schönbuchsterrasse gelegen. Das Schloß nebst seinen Nebengebäuden und dem Hofraum ist mit Mauer und einem, an der westlichen, von Natur nicht festen Seite, besonders tiefen Graben umgeben, über welchen eine Brücke zu dem Schloß führt. Das Schloß selbst, ein großes, massives, wohlerhaltenes Gebäude, welches ein Viereck bildend, einen kleinen Hofraum einschließt, hat in architektonischer Beziehung nichts Bemerkenswerthes, dagegen gehört die Aussicht in den oberen Gelassen desselben zu den schönsten des Bezirks. Das Auge übersieht hier das anmuthige Ammerthal mit seinen freundlichen Ortschaften von Unter-Jesingen bis Herrenberg; zu beiden Seiten breitet sich wie ein Teppich das fruchtbare Gäu aus, und im fernen Hintergrunde sind noch die Höhen des Schwarzwaldes, Hornisgründe, Kniebis etc. sichtbar. Den Blick gegen Süden und Südwesten gerichtet, erscheint Rottenburg und hinter demselben am Saum des weit gedehnten Rammertwaldes die Weilerburg, während das Panorama von einem langen Streifen des Steilabfalls der Alp (von dem Plettenberg bis zu der Achalm), seine Vollendung erhält.

Im Rücken (östlich) des Schlosses steht eine schönwüchsige Linde, von der aus eine schattige Allee zu den wohlgebauten Feldern führt.

Ein 180 Fuß tiefer, rund ausgemauerter Ziehbrunnen liefert den Bewohnern des Schlosses das ganze Jahr hindurch gutes Trinkwasser, und überdieß ist im nahe gelegenen Walde ein laufender Brunnen vorhanden, an welchem das Vieh den Sommer über getränkt wird.

Das Gut, welches einen fruchtbaren, jedoch theilweise düngerbedürftigen Sandboden hat, wird von dem gegenwärtigen Besitzer desselben, Benz, in sieben Rationen bewirthschaftet; es erfordert im Allgemeinen etwa 1/5 mehr Aussaat, als die im Thale gelegenen Felder, auch ist der Ertrag mit Ausnahme des Hafers und Roggens, welche sehr gut gedeihen, um 1/5 geringer als in den Thalgegenden. Außer den gewöhnlichen Cerealien werden noch| Kartoffeln, Futterkräuter, Angersen, Wicken und Erbsen gebaut; die Kartoffeln wie auch der Reps liefern sehr guten Ertrag. Die Wiesen, welche nicht bewässert werden können, sind zweimähdig, übrigens etwas weniger ergiebig als die Thalwiesen.

Ein starker Viehstand, gegenwärtig in zwanzig Stück Rindvieh, zwei Ochsen, drei Pferden und hundert Stück Schafen bestehend, ist um so nothwendiger, als den Feldern durch fleißige Düngung nachgeholfen werden muß.

Die Höhe, auf welcher das Schloß liegt, bildet eine Wetterscheide, indem sich hier die Gewitter theilen und entweder ihren Weg gegen das Neckarthal und die Alp, oder gegen Entringen über den Schönbuch nehmen.

Ursprünglich war Roseck eine pfalzgräflich-tübingische Burg. Graf Gotfried von Tübingen und Böblingen, einer der schwäbischen Grafen, deren Widerstand König Rudolf im Jahr 1287 brach, mußte damals diesem König solche Veste (castrum Rosseccke) überantworten (Chron. Sindelf.).

In der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts saß hier eine Linie der Edeln von Ow; es kommt vor z. B. im Jahre 1330 Heinrich von Owe zu Rosegg, im Jahre 1352 „Hermann von Owe ze Rosegge gesessen“ (Schmid Urk. 238, vergl. eb. 210). Später kam Roseck in den Besitz Burkarts von Hölnstein, welcher am 28. Okt. 1410 mit seiner Gemahlin Anna von Frauenberg und seinem Sohn Georg diese Burg und das Dorf Unter-Jesingen nebst Zugehörungen, alles zusammen für 2500 fl., an das Kloster Bebenhausen verkaufte.

Genanntem Kloster, welches im Jahre 1430 noch von Heinrich von Hailfingen einen hinter Roseck gelegenen Wald für 250 fl. erwarb (Gab.), dehnte König Sigmund am 20. Juni 1431 bei Bestätigung aller Privilegien und Rechte diese auch auf die neuerworbene Burg Roseck und das Dorf (Unter-) Jesingen aus (Besold. Doc. 426). Die Reformation brachte beides an Württemberg.

In Zeiten der Klosterämter hatte das Kloster Bebenhausen auf Roseck eine seiner Pflegen, zu welcher die Orte Altingen, Bondorf, Breitenholz, Entringen, Öschelbronn und Unter-Jesingen gehörten. Diese Pflege bestund bis zum Jahre 1807 (Reg.Bl. S. 107). Das Schloß diente darauf noch eine Reihe Jahre einem Förster zum Amtssitz.

Später war Roseck als Staatsdomäne verpachtet, bis es im Jahre 1824 an Hofrath Sick in Stuttgart verkauft wurde, welcher die Schloßgebäude wieder herstellen ließ, das Gut vergrößerte und| den Grund zum nachherigen Emporblühen desselben legte. Von ihm ging es im Jahre 1826 durch Kauf an Rudolf Bernus von Frankfurt über, und von diesem († 1850) durch Testament auf den jetzigen vorgenannten Besitzer.



  1. Im Rosecker Thälchen bestand früher ein Weiher, in welchem Fische gezogen wurden, und westlich vom Ort an der Landstraße liegt ein kleiner See, der zum Hanfrösten benützt wird.
  2. Vergl. Reusser (diss. praes. Autenrieth) Topographia medica pagi Jesingen. Tub. 1813.

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