Beschreibung des Oberamts Herrenberg/Kapitel B 9
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Im östlichen Theil des Orts steht frei die in einem einfachen, gewöhnlichen Styl im Jahre 1790 erbaute Pfarrkirche, an deren Westseite ein viereckiger, mit Zeltdach versehener Thurm sich befindet. Auf demselben hängen drei Glocken, von denen zwei 1760 und 1791 gegossen wurden; die dritte enthält die Umschrift: Ave Maria gracia plena dominus tecum. Das Innere der Kirche ist freundlich und hell, übrigens ebenso einfach wie das Äußere; ihre Unterhaltung liegt der Stiftungspflege ob.
Der Begräbnißplatz befindet sich zur großen Beschwerlichkeit der Einwohner 1/2 Stunde östlich vom Ort, auf der Markung Herrenberg, an der Stelle des längst abgegangenen Orts Mühlhausen (s. auch die Ortsbeschreibung von Herrenberg).
Das in der Nähe der Kirche im Jahr 1827 mit einem Gemeinde-Aufwand von 2600 fl. erbaute Rathhaus enthält auch die Schule und die Wohnung des an derselben angestellten Lehrers. Zunächst desselben steht das 1843 erbaute öffentliche Back- und Waschhaus. Eine hofkammerliche Zehentscheuer wurde 1851 an die Gemeinde – und von dieser wieder an zwei Ortsbürger um 2000 fl. verkauft.
Der Ort erhält sein Trinkwasser aus 15 Pump- und 2 Ziehbrunnen, die sich übrigens nur in dem untern Theile desselben befinden und überdieß in sehr trockenen Sommern und kalten Wintern zuweilen ihren Dienst versagen, so daß das Wasser an der eine starke 1/4 Stunde entfernten Ammer geholt werden muß. Im Ort und am westlichen Ende desselben befinden sich Wetten.
Die Einwohner, deren Hauptnahrungsquellen in Feldbau und Viehzucht bestehen, sind im Allgemeinen sehr fleißig, geordnet, religiös, wohlthätig und gut geschult; ihre Vermögensumstände gehören zu den besseren so zwar, daß seit 100 Jahren nur ein Gant in der Gemeinde vorkam. Die Güter sind ziemlich gleichmäßig unter den Ortsbürgern vertheilt; der größte Grundeigenthümer besitzt 69 Morgen.
Die mittelgroße, ziemlich unebene, meist gegen Osten abhängige Feldmarkung, welche gegen Norden und Osten an die Markung Herrenberg, gegen Süden an Nebringen und Sindlingen und gegen Westen an Ober- und Unter-Jettingen grenzt, hat im Allgemeinen einen minder ergiebigen Boden, als die angrenzenden Markungen, der überdieß wegen der vielen Unebenheiten schwierig zu bebauen ist und durch starke Regengüsse theilweise des besseren Bodens wie| des Düngers beraubt wird. Derselbe ist sehr verschieden und besteht theils aus fruchtbarem Diluviallehm, theils aus Mergel, auch Thon; an einzelnen Stellen herrscht Kalk vor, und im Westen der Markung wird der Boden so leicht, daß er sich zum Dinkelbau nicht mehr eignet. Die Unterlage, welche häufig der Oberfläche sehr nahe tritt, besteht aus Muschelkalk und aus den Mergel- und Sandsteinschichten der Lettenkohlengruppe. Auch das Klima ist etwas rauher, als in dem nahe gelegenen Herrenberg, indem der Ort sehr hoch liegt und den Nord-, wie den Ostwinden ausgesetzt ist. Hagelschlag kommt im Durchschnitt selten vor, nur in neuerer Zeit hat die Markung zweimal durch denselben Noth gelitten.Die Landwirthschaft wird mit vieler Umsicht sehr gut betrieben und den Feldern durch starke Düngung, wobei neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch Gyps und Hallerde in Anwendung kommen, nachgeholfen; zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen, wie verbesserte Pflüge, die Walze, die Repssäemaschine etc. haben Eingang gefunden.
Von den gewöhnlichen Cerealien werden hauptsächlich Dinkel, Hafer und Gerste gebaut, während in der zu 1/4 angeblümten Brache Kartoffeln, Ackerbohnen, Angersen, Kohlraben, dreiblättriger Klee etc. zum Anbau kommen; Reps wird meist im Haferfeld gezogen und Ackerbohnen werden häufig unter dem Hafer gesäet. Unergiebige Felder benützt man zum Esperbau, während die Luzerne sehr häufig auf der ganzen Markung zerstreut gebaut wird; Hanf und Kraut (Spitzkohl) zieht man in besonderen Ländern. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 7–8 Simri Dinkel, 5 Simri Hafer, 3 Simri Gerste, 5 Simri Einkorn, und der durchschnittliche Ertrag wird zu 7 Scheffel Dinkel, 4 Scheffel Hafer, 3–4 Scheffel Gerste und 5 Scheffel Einkorn angegeben. Die höchsten Preise eines Morgens Acker sind 400 fl., die mittleren 200 fl. und die geringsten 25 fl. Dinkel und Hafer kommt sehr viel nach Außen zum Verkauf.
Der Wiesenbau ist ziemlich ausgedehnt, indem die Einwohner neben den auf eigener Markung gelegenen Wiesengründen noch ziemlich viele auf der Markung Herrenberg besitzen, demungeachtet muß der Futterbedarf durch ewigen Klee und Esper ergänzt werden. Die Wiesen, die zweimähdig, in trockenen Sommern zum Theil nur einmähdig sind, ertragen im Thal per Morgen 25 Cent. Heu und 10–12 Cent. Öhmd, dagegen die übrigen nur 20 Cent. Heu und 8 Cent. Öhmd. Ein Morgen kostet 100-400 fl.
An einem südlich geneigten Abhange (in den Weinbergen) wurde früher Weinbau getrieben, statt desselben hat sich die| Obstzucht, welche eine besondere Erwerbsquelle der Einwohner bildet, sehr ausgebreitet, so daß gegenwärtig etwa 2000 Obstbäume auf der Markung stehen.Neben 365 Morgen Gemeindewaldungen sind noch 36 Morgen Privatwaldungen vorhanden; aus den ersteren erhält jeder Bürger jährlich 1/4 Klafter Holz und 25–30 St. Wellen; das übrige zum Verkauf kommende Holz trägt der Gemeindekasse jährlich 150 fl. ein.
Aus etwa 114 Morgen Öden und Weiden, welche nebst der Brach- und Stoppelweide als Schäferei verliehen werden, bezieht die Gemeinde neben einem Pfercherlös von ungefähr 260 fl. ein jährliches Pachtgeld von 150–180 fl.
Der Rindviehstand, aus einem starken, rothgelben Landschlag bestehend, ist sehr beträchtlich und wird durch zwei Farren, welche ein Ortsbürger im Namen der Gemeinde hält, nachgezüchtet. Mit Vieh auch mit gemästetem, und mit Butter wird ein ziemlich lebhafter Handel getrieben. Die Pferdezucht ist nicht bedeutend; es kommen etwa 2–3 Stuten jährlich zum Bedecken auf die Beschälplatte nach Herrenberg, daneben werden aber noch Fohlen auswärts aufgekauft und meist für den eigenen Gebrauch nachgezogen. Schweine werden von Außen bezogen und theils für den eigenen Gebrauch, theils zum Verkauf gemästet.
Im Ort besteht eine Schildwirthschaft und ein Kramladen.
Durch Vicinalstraßen nach Herrenberg und Sindlingen ist der Ort mit der Umgegend in Verbindung gesetzt.
Über das Vermögen der Gemeinde, wie über das der Stiftungspflege s. Tab. III.
An Grundlasten, die nun sämmtlich abgelöst sind, hatte zuletzt die K. Hofdomänenkammer den großen und kleinen Zehenten, Gülten aber sowohl jene als der Ortsheilige und das Spital Herrenberg zu beziehen.
Die Pfarrei wird von dem jeweiligen Helfer in Herrenberg versehen (s. die Ortsbeschr. von Herrenberg).
Etwa 1/4 Stunde nördlich von Haslach befinden sich auf dem sog. Bohnenstall Vertiefungen und wallartige Erhöhungen, die eine ehemalige Befestigung vermuthen lassen, auf die auch die Benennung Bohnenstall hindeutet. Südlich dieser Stelle ist eine künstlich ausgegrabene Vertiefung vorhanden, welche die Wolfsgrube genannt wird.
Die erstbekannte Nennung des Dorfes ist vom 1. Nov. 775, an welchem ein gewisser Isenhart das Kloster Lorsch mit seinem| Besitzthum in Haslach (in Haselaher marca), 15 Leibeigenen und einer Hube beschenkte (Cod. Laur. Nr. 3616).Es gehörte in späterer Zeit zur Pfalzgrafschaft Tübingen, doch war zeitweise die Lehensoberherrlichkeit von dem pfalzgräflichen Hause auf unbekannte Weise auf die Herren von Lupfen gekommen; am 31. Oct. 1331 erwarben die Pfalzgrafen Rudolf und Konrad Gebrüder von Eberhard von Lupfen, Landgrafen zu Stühlingen, und dessen Vetter Eberhard, Chorherrn zu Straßburg, ferner Berthold und Konrad, gleichfalls von Lupfen, das Dorf, das schon längere Zeit von den Herren von Lupfen zu Lehen gegangen war, als ihr Eigenthum (Schmid Urk. 161. 162). Überhaupt kauften die Pfalzgrafen von Tübingen Veräußertes wieder zurück; so den 14. Dec. 1307 Pfalzgraf Rudolf von Johannes von Mörsperg Alles, was er an diesen verkauft hatte (St.A.); am 17. (nicht 27.) März 1370 erwarb Pfalzgraf Ulrich zurück von Konrad von Hailfingen eine Gilt von 20 Malter Roggen von dem Laienzehnten zu Haslach, welche sein Vater, Pfalzgraf Rudolf, dem Vater des genannte Ritters, veräußert hatte (Schmid Urk. 170).
Bei der Theilung der Pfalzgrafen zu Tübingen-Herrenberg vom 23. Febr. 1334 fiel Haslach das Dorf, Leute und Gut und namentlich „der Laienzehnte, den Berchtold Fraiselich hat“, dem Pfalzgrafen Rudolf zu (Schmid Urk. 165).
An Württemberg wurde Haslach verkauft den 10. Febr. 1382 mit Herrenberg. (Die herrschaftlichen Einkünfte im Jahr 1383 s. bei Schmid 502.)
Das Kloster Bebenhausen machte am Ende des 13. Jahrhunderts hier mehrere Ankäufe, namentlich erwarb es im Jahre 1292 von Heinrich Lup, Bürger in Herrenberg, einen Zehnten, dessen Lehensträger jährlich vier Malter Weizen und Dinkel zu liefern hatte. Das Kloster Reuthin besaß einen giltbaren Hof.
Der große Zehente gehörte vor Zeiten dem Stift Herrenberg, der kleine dem Stiftsverwalter als Beinutzung, noch früher ersterer Zehente dem Kloster Güterstein, der kleine Zehente der Pfarre zu Herrenberg. Güterstein hatte einst den 23. Merz 1465 den großen und auch den kleinen Zehenten gegen 1/4 der Vogtei zu Bempflingen und einen Hof zu Dapfen an Württemberg ausgetauscht (St. A., Steinhofer 3, 130, Sattler Grafen 3, 47).
In den Jahren 1742–44 machte hier ein Betrüger, Michel Hämmerle, durch Geisterbeschwörung und Schatzgräberei ärgerliches Aufsehen; er wurde deßhalb peinlich processirt, die Tübinger Juristenfacultät sprach über ihn die Todesstrafe aus, doch verwandelte der Landesfürst dieses Urtheil in lebenslängliche Zuchthausstrafe.
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