Beschreibung des Oberamts Marbach/Kapitel B 23

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Schmidhausen,


Gemeinde III. Kl. mit 647 evang. Einw. a. Schmidhausen, Dorf, 154 Einw., b. Billensbach, Weiler, 130 Einw., c. Gagernberg, Weiler, 61 Einw., d. Jettenbach, Weiler, 149 Einw., e. Kaisersbach, Weiler, 69 Einw., f. Klingen, Weiler, 49 Einw., g. Maad, Weiler, 27 Einw., h. Neumühle, Haus, 8 Einw. – Filial von Gronau; die Parzellen sind nach Beilstein eingepfarrt.

Das nicht große, gedrängt gebaute Dorf Schmidhausen hat in dem anmuthigen, etwas abgeschiedenen, in die Ausläufer der Löwensteiner Berge eingreifenden Schmidhauser-Thal, auf der rechten Seite des Schmidbachs eine sehr angenehme, geschützte Lage und ist von dem südöstlich gelegenen Mutterort 1/4 Stunde, von der südwestlich gelegenen Oberamtsstadt aber 31/2 Stunden entfernt. Zunächst am Ort besteht eine Mühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang.

Der Verkehr mit der Umgegend ist wegen der schlechten Wege| erschwert und selbst nach dem nur 1/2 Stunde entfernten Oberstenfeld kann man nur mit großem Umweg auf einer mittelmäßigen Straße über Beilstein fahren.

Mit gutem Trinkwasser, das 4 laufende und ein Schöpfbrunnen liefern, ist der Ort reichlich versehen, wie überhaupt die ganze Gemeindemarkung einen großen Wasserreichthum besitzt und sämtliche Parzellen hinreichend Trinkwasser haben. An der Ostseite des Dorfs fließt der aus den Löwensteiner Bergen herkommende, durch mehrere Seitenzuflüße ziemlich erstarkte Schmidbach vorüber, welcher bei starken Regengüssen öfters sehr schnell aus seinem Bette tritt und die ganze Thalebene überschwemmt, jedoch den etwas erhöht gelegenen Ort nicht erreicht.

Die Einwohner sind im allgemeinen gesunde, gutmüthige, fleißige Leute, bei denen man mehr heiteren Sinn findet, als bei den Bewohnern des Flachlandes.

Die Vermögensumstände gehören zu den mittelmäßigen und die Haupterwerbsmittel bestehen in Feldbau, Viehzucht, etwas Weinbau und Taglohnarbeiten, theilweise auch in Holzhandel.

Die kleine Ortsmarkung besteht, soweit sie für den Feldbau benützt wird, aus mäßig gegen das Schmidhauser-Thal geneigten Terrain-Ausläufern und hat einen nicht unfruchtbaren, schweren Boden (Zersetzung des unteren Keupermergels). Ähnliche Bodenverhältnisse bestehen auch in den Parzellen Jettenbach und Klingen, während die übrigen, hochgelegenen Parzellen vorherrschend Sandboden (Zersetzung des Stubensandsteins) haben. Überdieß ist die Lage der zu den Parzellen gehörigen Felder meist uneben an Abhängen und häufig mit Waldungen umgeben, so daß die Landwirthschaft hier nicht ausgedehnt betrieben werden kann und minder bedeutend ist, als in den übrigen Orten des Oberamtsbezirks. Ein großer Theil der Gemeindemarkung ist mit Wald bestockt. Zur Besserung des Bodens wird nur der Stalldünger und die Jauche angewendet; die Bearbeitung des Bodens geschieht meist mit dem Brabanterpflug.

In willkürlicher Wirthschaft baut man die gewöhnlichen Getreidearten, Kartoffeln, Futterkräuter, Erbsen, Linsen, Wicken, etwas Welschkorn, wenig Hanf und Flachs. Auf den Morgen sät man 8 Sri. Dinkel, 4 Sri. Haber, 4 Sri. Gerste und erntet 5–8 Scheffel Dinkel, 4–6 Scheffel Haber und 3–5 Scheffel Gerste. Getreidefrüchte werden nur wenig nach Außen verkauft. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 100–400 fl.

Der Weinbau ist unbedeutend, dagegen in der Parzelle Klingen| ziemlich namhaft und liefert dort in günstigen Jahrgängen gegen 100 Eimer. Die Weinberge liegen an südlichen Abhängen auf Keupermergel. Die häufigsten Sorten sind Drollinger, Elblinge, Gutedel etc., von denen 2800 Stöcke auf den Morgen zu stehen kommen. Das Erzeugniß gehört im allgemeinen zu den mittelguten, in günstigen Jahren aber wird das rothe Gewächs vorzüglich. Ein Morgen erträgt etwa 8 Eimer und der höchste Preis eines Eimers war bis zum Jahr 1864 40 fl. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 100–400 fl. Der Absatz geht vorzugsweise in die Oberämter Backnang und Hall.

Der Wiesenbau ist ziemlich gut und liefert von den zweimähdigen Wiesen etwa 40 Centner gutes Futter per Morgen; der Ertrag der einmähdigen Wiesen ist bedeutend geringer. Wässerung findet theilweise statt. Die höchsten Preise eines Morgens betragen gegenwärtig 600 fl., die niedersten 100 fl.

Die häufig durch Frühlingsfröste leidende Obstzucht ist nicht bedeutend und beschränkt sich auf gewöhnliche Mostsorten und Zwetschgen. Nur in ganz günstigen Jahrgängen kann ein mäßiger Theil des Obstertrags nach Außen verkauft werden.

Die Gemeinde ist im Besitz von 90 Morgen Waldungen, deren Ertrag verkauft und der Erlös zu Gemeindezwecken verwendet wird; überdieß haben mehrere Bürger kleinere Waldbesitze, aus denen sie Brennholz verkaufen.

In mittelmäßigem Zustande ist die mit einem gewöhnlichen Neckarschlag sich beschäftigende Rindviehzucht, welche durch zwei von der Gemeinde verpachtete Farren nachgezüchtet wird. Eine Viehleihkasse besteht, welche den unbemittelten Einwohnern gestattet, durch ratenweise Tilgung des Ankaufspreises sich Vieh zu verschaffen.

Die Schweinezucht (Land- und halbenglische Race) ist unbedeutend und wird nur für den eigenen Bedarf getrieben.

Ziegen hält man wenige, dagegen viel Geflügel, namentlich Gänse, jedoch nur für das eigene Bedürfniß.

Die Fischerei in dem Schmidbach, der Forellen und Weißfische führt, hat der Staat und die fürstliche Standesherrschaft Löwenstein je zur Hälfte; sie ist verpachtet.

Was die Gewerbe betrifft, so sind außer einer Schildwirthschaft und der schon angeführten Mühle nur die allernöthigsten Handwerker vorhanden.

Eine Schule ist nicht vorhanden und die schulpflichtigen Kinder besuchen die Schule in Gronau.

| Zu der Gemeinde gehören:

b. Billensbach (Buellingspach 1357), ein ansehnlicher Weiler, der eine Stunde nordöstlich von Schmidhausen, gegen Norden geschützt auf den Löwensteiner Bergen liegt. Der Ort hat eine eigene Schule, an der ein Schulmeister angestellt ist und die auch die schulpflichtigen Kinder sämtlicher Parzellen zu besuchen haben.

Schildwirthschaften sind zwei vorhanden.

Gutes Trinkwasser liefert hinreichend ein laufender Brunnen.

Die Einwohner sind in mittelmäßigen Vermögensumständen.

c. Gagernberg, Weiler, 1/2 Stunde nördlich von Schmidhausen, hoch gelegen auf einem Ausläufer der Löwensteiner Berge, der sich zwischen den Thälern des Schmidbachs und des Söhlbachs hinzieht.

Die Einwohner sind ziemlich vermöglich und treiben neben dem Feldbau auch etwas Weinbau.

d. Jettenbach (Getenbach 1357), der sehr ansehnliche Weiler liegt 1/4 Stunde nordöstlich von Schmidhausen in der Nähe der Einmündung des Jettenbachs in den Schmidbach und ist in zwei Gruppen an die flachen Ausläufer der Thalgehänge hingebaut.

Eine Schildwirthschaft ist vorhanden.

Die mittelbegüterten Einwohner treiben neben dem Feldbau etwas Weinbau.

e. Kaisersbach, Weiler, hat eine abgeschiedene gegen Norden geschützte Lage an einem südlichen Abhange gegen ein Seitenthälchen des Schmidbach-Thals, tief in den Löwensteiner Bergen und 5/4 Stunden von dem südwestlich gelegenen Schmidhausen entfernt.

Die Einwohner sind in ziemlich guten ökonomischen Verhältnissen und treiben Feldbau und etwas Weinbau.

In einem westlich vom Ort gelegenen Weinberg steht ein sehr alter Weinstock, der sog. Kalebstraubenstock, welcher auffallend große schwarze Trauben trägt.

f. Klingen, Weiler, liegt eine Stunde nordöstlich von Schmidhausen in dem engen Thale des Jettenbachs.

Die mittelbegüterten Einwohner treiben hauptsächlich einen verhältnißmäßig ausgedehnten Weinbau, der in günstigen Jahren einen guten Wein liefert (s. oben).

g. Maad, ein 3/4 Stunden nordöstlich von Schmidhausen gelegener Weiler, dessen mittelvermögliche Einwohner ihre Erwerbsquellen in Ackerbau und etwas Weinbau finden.

| h. Neumühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang am Schmidbach, 3/4 Stunden oberhalb Schmidhausen gelegen.

An Württemberg kam Schmidhausen nebst Parzellen im J. 1357 mit der Herrschaft Lichtenberg.


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