Beschreibung des Oberamts Oberndorf/Kapitel A 4

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IV. Wohnorte.


1. Orte.
A. Zahl, Gattung und Areal.

Der Oberamtsbezirk zählt im Ganzen 247 Wohnsitze und zwar 2 Städte, 17 Pfarrdörfer, worunter 2 mit Marktrecht, 7 Dörfer, 1 Pfarrweiler, 114 Weiler, worunter 1 mit Marktrecht, 83 Höfe und 23 einzelne Wohnsitze. Der Flächenraum sämtlicher Gebäude und Hofstätten beträgt 4904/8 Morgen.

B. Lage, Größe und Beschaffenheit.

Die Wohnorte[1] liegen theils auf den Hochebenen, theils in den Thälern und kleinere Wohnsitze an den Bergabhängen; auf der Hochebene zwischen dem Neckar und den Thälern der Kinzig und der Schiltach liegen: Aichhalden, Bach und Altenberg, Beffendorf, Hardt, Hochmössingen, Mariazell, Peterzell, Reuthin, Römlinsdorf, Röthenberg (am Anfang des Röthenbachthals), Seedorf (in dem ganz mäßig eingefurchten Eschachthal), Sulgau, Sulgen, 24 Höfe und Waldmössingen. Auf der Hochebene über den rechten Neckarthalgehängen liegen Bochingen und Harthausen. Die im Neckarthal gelegenen Orte sind Oberndorf, Altoberndorf und Epfendorf; im Heimbachthal liegen Betzweiler, Fluorn und Winzeln, letzteres am Anfang desselben; im Kinzigthal haben ihre Lagen Ehlenbogen, Alpirsbach und Röthenbach; im Schiltachthal liegt Schramberg und endlich im Lauterbachthal Lauterbach.

Die Lage der Orte ist beinahe durchgängig gesund und freundlich, bei einzelnen sogar reizend. Der höchstgelegene Ort ist Hardt, der tiefstgelegene Röthenbach. Die Orte sind größtentheils gut aussehend und geschlossen, jedoch nicht zu gedrängt angelegt, eine Ausnahme machen einzelne zum eigentlichen Schwarzwald gehörige Dörfer, die theils weitläufig gebaut sind, theils aus vereinzelt stehenden Höfen bestehen, wie Ehlenbogen, Hardt und die 24 Höfe. Der größte und| zugleich der schönste Ort ist Schramberg, der kleinste Sulgau. Mit wenigen Ausnahmen sind die Hauptstraßen der Orte gut erhalten und gekandelt, theilweise auch gepflastert; in größeren Orten trifft man auch die Nebenstraßen mit Kandeln versehen.


2. Gebäude.
A. Anzahl und Gattung.

Nach dem Brandversicherungskataster vom 1. Januar 1868 zählt der Oberamtsbezirk im Ganzen 5024 Gebäude, und zwar Haupt- und Wohngebäude 3638 und Nebengebäude 1386, im Brandversicherungsanschlag von 8.305.525 fl.

Unter den zu öffentlichen Zwecken dienenden Gebäuden sind zu nennen: 25 Kirchen, 15 Kapellen, 36 Schul- und Rathhäuser, 7 Armen-, Spital- und Krankenhäuser und 26 Gebäude zu sonstigen öffentlichen Zwecken. Ferner sind im Bezirk 12 Amtswohnungen für Staats- etc. Diener, worunter jedoch diejenigen der Eisenbahn-, Post- und Telegraphenbeamten auf den 3 Bahnhöfen zu Oberndorf, Epfendorf und Thalhausen nicht begriffen sind; sodann 19 Pfarrhäuser und 3 Schlösser.

Auf 1 Wohnhaus kommen im Durchschnitt 6,4 Menschen; die meisten in Ehlenbogen mit 9,2, die wenigsten in Waldmössingen mit 4,8 (s. Tab. I.)

B. Bauart und Material.
Die Bauart der Wohnungen ist auf den Bauernorten sehr verschieden und wechselt von dem Bauernhaus der altwürttembergischen Ortschaften in vielfältigen Übergängen bis zu dem im Gebirgsstil erbauten Schwarzwaldhaus, welches mit dem Schweizerhaus nahe verwandt ist. In dem Neckarthale und in den über den rechten Thalgehängen liegenden Orten trifft man noch häufig das echte altwürttembergische Bauernhaus mit den weißgetünchten, von braunem Gebälke durchzogenen Riegelwänden, den braunen Fensterläden und einer Ziegelbedachung; zugleich aber auch schon einzelne Häuser, die wenigstens an den Wetterseiten mit Schindeln verkleidet sind. Je mehr man sich aber dem Schwarzwald nähert, desto häufiger erscheinen die verschindelten Wände, die bald das Haus auf allen Seiten umgeben. Die roth, aschgrau oder gelblich angestrichenen Schindeln und die mit Blumen bemalten oder mit ansprechenden frommen Sprüchen verzierten Fensterläden nehmen sich alsdann, besonders bei ansehnlichen Bauernhäusern, recht gut und freundlich aus. Das Dach wird vorstehender,| um mehr Schutz gegen Wind und Wetter zu gewähren. Auf der Hochebene des Schwarzwaldes trifft man beinahe allgemein weit vorstoßende Dächer, die nicht selten, namentlich bei einzeln stehenden Häusern, mit Schindeln gedeckt sind und die Verschindelung oder Verbretterung an den Außenwänden wird allgemein; im tiefen Schwarzwald aber, in den engen Thälern oder auf den Vorhügeln gegen dieselben, kommen viele einzeln stehende, im ausgesprochenen Gebirgsstil erbaute Häuser vor, die zum Theil ganz von Holz, aus übereinander gelegten Balken bestehen; unter dem weit vorstoßenden Schindeldache, das zuweilen, wenigstens auf der Wetterseite, beinahe bis zum Boden reicht, läuft am zweiten Stockwerk ein einfacher Balkon hin, meist mit Blumen-, vorherrschend Nelkenstöcken geziert, die kunstlos gehalten, weit über die Brüstung malerisch herunter hängen und mit ihren mannigfaltigen Blumen dem Wanderer freundlich entgegen duften. Die Treppe führt geschützt von dem weit vorragenden Dache außerhalb des Hauses bis zum Balkon und von da in die oberen Gelasse; in dem unteren Stockwerk befinden sich zuweilen Stallungen, oder es dient dasselbe als Wohnung, während die Stallungen alsdann in einem Nebengebäude eingerichtet sind.

Die Fenster sind klein, öfters beinahe quadratisch und zum Schieben eingerichtet. Derartigen, äußerst malerischen heimlichen Wohnungen fehlt zuweilen das Kamin, so daß der Rauch zu den Dachöffnungen und Dachläden hinauszuziehen genöthigt ist. Die Zimmer (Stuben) dieser, wie überhaupt der Schwarzwaldhäuser sind meist durchaus getäfelt und in ansehnlichen Bauernwohnungen wird häufig die ebenfalls getäfelte Decke in der Mitte der Stube von einer hölzernen Säule unterstützt; ein großer, oft mit Reimen und Bildwerk gezierter Kachelofen, um den oben ein Gestäng zum Aufhängen der nassen Kleider und der Wäsche läuft, ragt weit in die Stube herein und in seiner Nähe darf die Ofenbank (Pritsche) nicht fehlen. Eine Schwarzwälder Uhr findet man sogar in der ärmsten Hütte, und in den Wohnungen der wohlhabenden Bauern ist eine Spieluhr, wie auch ein Klavier gerade nicht selten. Ganz anders verhält es sich in der Oberamtsstadt und in größeren Orten, wie Schramberg und Alpirsbach; hier sind die Wohnungen meist im städtischen Stil erbaut und unter denselben, namenlich in Schramberg, einzelne von wirklich moderner Bauart. In Alpirsbach trifft man an mehreren älteren Gebäuden noch einen reichen, theilweise mit Schnitzwerk verzierten Holzbau.

Im allgemeinen findet sich in unserem Oberamtsbezirk manches| stattliche Bauernhaus, entweder mit der Scheune unter einem Dache, oder die Ökonomiegebäude stehen abgesondert von dem Wohnhaus und schließen mit demselben zuweilen einen ansehnlichen Hofraum ein. Der Tannenholzbau herrscht weit vor, dabei ist aber das erste Stockwerk oder doch der Sockel meist von Stein; doch trifft man auch ganz aus Stein aufgeführte Häuser. Als Baustein benützt man im Schwarzwald und in dessen Nähe den Buntsandstein, in den vom Schwarzwald entfernter gelegenen Gegenden den Hauptmuschelkalk, den Muschelkalkdolomit, den Lettenkohlensandstein, und in dem östlichen Theile des Bezirks den Keuperwerkstein und den grobkörnigen Keupersandstein (Stubensandstein); auch Kalktuff kommt bei Oberndorf etc. in Anwendung. Gebäude von architektonischem Werthe sind: die ehemaligen Klosterkirchen in Alpirsbach und Oberndorf, der Kirchthurm in Mariazell, das gräflich Bissingen’sche Schloß und einige Privatgebäude in Schramberg (s. auch die Ortsbeschreibungen).
C. Werth und Eigenthumsverhältnisse.

Der Werth der steuerbaren Gebäude beträgt nach dem Steuerkataster vom 1. Juli 1867 bei 3536 Haupt- und 1262 Nebengebäuden, zusammen 4798 Gebäuden,

2.181.040 fl.

Nach dem Brandversicherungskataster v. 1. Jan. 1868 dagegen zählt der Oberamtsbezirk 5024 versicherte Gebäude und zwar 3638 Haupt- und 1386 Nebengebäude, im Gesamtbrandversicherungsanschlag von 8.305.525 fl.

Es beträgt somit der durchschnittliche Werth eines steuerbaren Gebäudes 454 fl., und eines versicherten 1653 fl.


  1. Es sind nur die Orte mit eigener Gemeindeverfassung angeführt.
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