Beschreibung des Oberamts Schorndorf/Kapitel B 11

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Hebsack.
Gemeinde III. Kl. mit 808 Einw.; Pfarr-Filial von Winterbach.


Das Dorf Hebsack liegt 5/4 St. westlich von Schorndorf und 1/4 St. östlich von Geradstetten, am Fuße der Berglen und an der schon mehr gedachten Hauptstraße, in dem hier aufwärts sich erweiternden Remsthale. Die Rems fließt in einer Entfernung von 10 Minuten an den Abhängen des Hebsack gegenüber liegenden Schurwaldes vorüber. An Quellwasser ist auch hier kein Mangel. Überhaupt theilt der Ort seine natürlichen Verhältnisse mit Geradstetten.

Die Zehenten, ausschließlich eines dem Staate zustehenden Antheiles an Weinzehenten, gebühren als Bestandtheil des Rittergutes Alfdorf in| mannlehenbarer Eigenschaft den Freiherren vom Holtz (nach Abzug von 1/5 der Weinzehente zu 367 fl. 25 kr., der Fruchtzehente zu 118 fl. 48 kr. catastrirt). An den dem Staate gehörigen übrigen Grundgefällen sind 39 kr. Laudemien, 67 fl. 16 kr. Geld-, 3 S. 21/2 V. Frucht- und 2 Eimer Wein-Gefälle, 7 fl. 10 kr. steuerartige Abgaben und 14 fl. 56 kr. Jagdfrohnen, für 1964 fl. 48 kr. abgelöst worden und noch 152 fl. 54 kr. für den Weinzehentantheil zu erheben.

Hebsack – früher auch Hepsack und Heppsack – ist ziemlich freundlich und reinlich und lehnt sich an den Fuß der Berglen an. Das Dorf zählt 108 Haupt- und 15 Neben-Gebäude. Das Kirchlein an der Straße, fast mitten im Orte, ist klein, gothischen Styls, ganz von Stein und wohl nicht viel jünger als die Mutterkirche Winterbach. In demselben befinden sich fünf aus Holz geschnitzte, vergoldete und gemalte, zum Theil sehr große Figuren, aus der Geschichte des neuen Testaments. Die Flügelthüren des Kastens, worin sie stehen, enthalten Gemälde, die Weisen aus Morgenland und das Jesuskind darstellend. Diese gute, jedoch sehr beschädigte Arbeit aus dem 16. Jahrhundert ist Eigenthum der Stiftungspflege. Der Pfarrer von Winterbach hat hier zu taufen, 6–7mal jährlich zu predigen und Buß- und Bet-Tage zu feiern. In dem freundlich gelegenen Rathhaus ist auch die Schule.

Die kleine Markung begreift an Baufeld nur 181/8 M. Gärten, 845/8 M. willkürlich gebaute Felder, 835/8 M. meist zweimähdige Wiesen und 1402/8 M. Weinberge. Der durchschnittliche Betreff von 4/10 M. auf den Kopf ist hier am kleinsten (der Ort zählte 1774 – 452, 1815 – 611 Einwohner). Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind sehr gering; die meisten sind arm. Nächst dem Weinbau bildet die hienach erwähnte Blauhemden-Fabrikation ein Haupterwerbsmittel. Der Zustand der Landwirthschaft ist für die gegebenen Verhältnisse gut. Die wenigen Äcker werden mit dem Spaten gebaut; einige Pflüge finden sich erst seit neuerer Zeit im Orte. Dinkel und Weizen, als vorherrschende Halmfrucht, werden gleich stark gebaut. Die Aussaat ist beziehungsweise 71/2 und 4 S., der Ertrag 12 und 4 Sch. vom M. Hanf wird mehr angebaut als Flachs. Die Wiesen sind ergiebig. Die Weinberge liegen an Bergen, haben 3600–4000 Stöcke auf den M., meist Sylvaner und Elblinge und geben einen dem Grunbacher ähnlichen Wein. Der höchste Ertrag ist 9 E. vom M.; der höchste Preis (1846) 60 fl. vom E. Ein M. Ackers oder Weinbergs wird zu 530–800 fl., Wiesen 680–800 fl. verkauft. Von Bedeutung ist auch der Obstbau; namentlich sind es Kirschen, welche zumal nach Bayern abgesetzt werden. Der Rindviehstand, obgleich im Verhältniß zur Bodenfläche hier am größten, genügt dem Bedürfnisse nicht, kann aber auch nicht wohl vergrößert werden. Der| schon gedachte Industriezweig, welcher seit etwa 30 Jahren im Gang ist, kam dem armen Orte besonders anfänglich, als die Preise noch höher standen, sehr gut zu Statten. Es werden hier jährlich gegen 10.000 Blousen (Fuhrmannshemden) verfertigt, wovon ungefähr 2/3 ins Ausland gehen. Die Hälfte davon wird in benachbarten Orten gewoben und genäht, die andere Hälfte beschäftigt hier 15 Weber mit 12 Gehilfen, eine Färberei und 40 Nähterinnen, indeß 10 Personen den Handel besorgen. Kinder von 8 Jahren betheiligen sich an der Arbeit, die sie mit den Erwachsenen Sommers in den hinter den Häusern gelegenen Gärten betreiben. In neuerer Zeit hat jedoch die Concurrenz die Preise auf 1/3 der früheren herabgedrückt. Von anderen Gewerben ist nur noch der von Einigen betriebene Victualienhandel und einiger Zwischenhandel mit Holz zu erwähnen.

Das Gemeinde-Vermögen ist unbedeutend; nur 25 M. Grundeigenthum und 1715 fl. Capitalien, daher die nach Verhältniß sehr große Gemeinde-Umlage von jährlich 800 fl., während die Staatssteuer-Umlage nur 472 fl. beträgt. Das Stiftungsvermögen beträgt 3079 fl. Eine besondere Stiftung kommt von der Benneder’schen Familie aus den Jahren 1805–1839 mit 500 fl. für Arme. An der Schule steht ein Schulmeister mit einem Gehilfen. Die Schulstiftungen betragen 170 fl., der Schulfond 273 fl. Eine Industrieschule ist seit 1827 vorhanden. Zu Errichtung des vor dem Dorfe liegenden Kirchhofes hat der Ort 1560 besondere Erlaubniß erhalten.

Hebsack war in früherer Zeit immer mit Winterbach verbunden, auch dahin gerichtbar, und theilte dessen Geschicke.

Im J. 1344 belehnte Württemberg den Bernold von Urbach, den Sydin, mit der Hälfte des Laienzehnten, zu Hebsagge (Sattler Gr. IV. Beil. 61), die i. J. 1392 Fritz Gaisberger von Graf Eberhard zu Lehen erhielt (Sattler Grafen 2, 1). Im J. 1433 kauften Wilhelm Adelmann von Adelmannsfelden und Wilhelm Schenk von Schenkenstein von Jörg von Urbach den hiesigen Laienzehnten für 1210 fl. und wurde von Württemberg damit belehnt (Gabelk.); im J. 1644 ging unter derselben Lehensoberherrlichkeit dieser Zehnte an die vom Holtz über. Im Besitz eines Hauses und zweier Morgen Garten, der Vogtsgarten genannt, auch von Gefällen, welche i. J. 1744 an Württemberg kamen, befanden sich vor Zeiten die Grafen von Öttingen, als Rechtsnachfolger des Klosters Zimmern. Einige andere Rechte und Gefälle standen um dieselbe Zeit dem Oberst v. Cachedonier in Schnaith zu. Der ganze Hofbestand begriff 14 Lehen, wovon 11 der Geistl. Verwaltung und 3 der Kellerei gehörten; so zählte auch der Ort 1400 nur 15, 1500 nur 22 Häuser. Im J. 1809 wurde er vom Stabe Winterbach getrennt und mit Rohrbronn| zu einer selbstständigen Gemeinde erhoben, von der sich jedoch Rohrbronn 1819 lostrennte, um eine Gemeinde für sich zu bilden.

Im Sommer und Herbst 1846 herrschte hier eine Schleim- und Nervenfieberepidemie, an welcher bis Oktober 30 Menschen starben.


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