Beschreibung des Oberamts Schorndorf/Kapitel B 14

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Hohengehren,
Gemeinde III. Kl. mit 784 Einw., wor. 8 Kath. Ev. Pfarrei; die Kath. sind nach Pfauhausen O.A. Eßlingen eingepfarrt.


Das Pfarrdorf Hohengehren[1] liegt 2 Stunden südwestlich von Schorndorf, auf dem Schurwalde, an der von Winterbach nach Eßlingen führenden Straße, und ist der Sitz des Försters vom Revier Engelberg. Zwischen Hohengehren und Thomashardt entspringt der Katzenbach.

Der große und Heu-Zehnte steht dem Staat und dem Ortsheiligen, der kleine seit 1838 dem Staat allein zu, der auch die übrigen Grundgefälle bezieht. An diesen sind 72 fl. 2 kr. Geld-, 7 Sch. 2 S. 1 V. Fruchtgefälle und 12 fl. 33 kr. steuerartige Abgaben für 1650 fl. 9 kr. abgelöst worden, und für die Zehenten demselben noch 482 fl. 16 kr. und 43 Sch. 4 S. Früchte, der Stiftungs- oder Heiligen-Pflege aber noch 176 fl. 33 kr. zu entrichten.

| Das Dorf ist an einem südlichen Abhange des Waldes gebaut und die auf einer ziemlichen Ebene sich ausbreitende Markung gegen Osten von dem Katzenbachthälchen, in welches von Westen her das kurze Eitisbachthälchen einmündet, begrenzt. Es zählt 108 Haupt- und 18 Neben-Gebäude. Die gut erhaltene Kirche zum h. Ciriacus, mit ummauertem Begräbnißplatz, hat an dem Chor spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster. Sowohl an dem Deckel des Taufsteins als an der Kanzel sind Holzschnitzarbeiten angebracht. Der bis zum Glockenstuhl massive dicke Thurm mit 3 Glocken scheint älter als die Kirche zu seyn. Sie liegt zwar tiefer als die meisten Häuser, doch wiederum auf einer kleinen Anhöhe, an der östlichen Grenze des Dorfes, 150 Schritte vom Pfarrhaus. Wahrscheinlich war sie früher vom Ort umgeben und sind die Wohnungen später verlassen und mehr gegen Westen gebaut worden, wofür auch spricht, daß das Pfarrhaus in älteren Zeiten nahe an der Kirche gestanden haben soll. Das Försterhaus hat der Staat 1841 angekauft, das Schulhaus wurde 1824 erbaut. Vor Menschengedenken stand außerhalb des Dorfes auf dem Wasen eine Kapelle. In trockenen Jahren versiegen die Brunnen des Dorfes und muß zu Quellen außerhalb desselben die Zuflucht genommen werden. Die Markung hat 225/8 M. Gärten, 3635/8 M. Äcker und 5334/8 Wiesen, also nicht völlig 12/10 M. Baufeldes auf den Kopf. (1702 zählte der Ort 35 Bürger, 1774 – 382, 1815 – 504 Einw.) Die Äcker liegen größern Theils eben; die vielen, meist schlechten Wiesen aber sind höckerig. Hinsichtlich des Nahrungsstandes und landwirthschaftlichen Betriebes ist sich auf das über die Waldorte Bemerkte zu beziehen, s. Aichelberg. Die Schwerz’schen Pflüge finden seit 10 Jahre mehr und mehr Freunde und seit dieser Zeit sind auch (bis 1847) ungefähr 50 Gärten angelegt worden. Das Kopfkraut zu Sauerkraut eingemacht, soll hier besser als auf den Fildern seyn. An Baumschulen fehlt es ganz, obgleich Äpfel- und Birn-Bäume von seltener Größe und Kräftigkeit, selbst von den feinsten Sorten anzutreffen sind.

Das Gemeinde-Vermögen besteht in 297 M. Grundeigenthum, worauf 2400 fl. Schulden haften. Die Stiftungspflege dagegen besitzt 5378 fl. Das Pfarr-Patronat ist landesherrlich. An der Schule mit 70 fl. Schulstiftungen und 75 fl. Schulfonds steht ein Schulmeister. Seit 1827 besteht Winters eine Industrie-Schule. Der Begräbnißplatz liegt um die Kirche her.

Südwestlich von Hohengehren befand sich der unter König Friedrich auf einem Umfang von 1132 M. erweiterte, mit einer 7′ hohen Mauer umgebene Schwarzwild-Park, mit einem Jagdschlößchen und Wächtershäuschen versehen. Von 1816–1831 blieb er in der Benützung der Staatsforst-Verwaltung, von 1832–1839 aber war die| Jagd an den Königl. Prinzen Friedrich von Württemberg verpachtet. Der Park enthielt durchschnittlich neben 100 Stücken Schwarzwild, auch 40 Stück Roth- und 20 Stück Dam-Wild. Im J. 1839 wurde der Park aufgehoben und das Schlößchen an die Gemeinde Altbach zum Abbruch verkauft, die ihr Rathhaus daraus erbaute. Jetzt steht hier noch ein sogenanntes Jagdhaus, das ein Waldschütze bewohnt.

Hohengehren war der Sitz des S. 74 genannten Schlichter Waldgerichts. Im J. 1436 machte Württemberg hier einen bedeutenden Güterkauf von Kloster Denkendorf (s. Baltmannsweiler). Die Kellerei besaß 1500 hier 101/2 Lehen, wohl der ganze anfängliche Hofbestand.

Die Pfarrei bestand schon vor der Reformation. Nach derselben war der Ort eine Zeit lang ein Filial von Baltmannsweiler, wohin Binder (264) zu berichtigen ist. Herzog Ulrich verglich 1540 die Pfarrei mit dem Armenkasten dahier dahin, daß vom großen Zehenten der Armekasten 1/3 erhalten, die Pfarrei 2/3 und das Pfarrwittum behalten solle. Nach späteren Bestimmungen hatte jener der Pfarrei 1/20 des Zehenten abzugeben. Zu der Pfarrei gehörten der im 30jährigen Kriege zerstörte, am Katzenbach gelegene Katzenhof und der gegen Baltmannsweiler hin gelegene, vor jener Zeit eingegangene Ort Witzlensweiler.

Östlich vom Ort Hohengehren bei dem sog. Holderstein stand eine Burg, von der nach einem Berichte von 1535 damals noch weniges Gemäuer sich vorfand, jetzt aber keine Spuren mehr vorhanden sind. [2] Der Holderstein, ein Sandsteinfelsen, über den sich ein kleiner Bach etwa 15′ hoch hinabstürzt, bildet eine sehr malerische Partie.

Von dem zuvor genannten Hof Katzenbach findet man noch Ziegel, namentlich auch auffallend viele Glasscherben, so daß die nicht unglaubliche Sage geht, es habe hier ehemals eine Glashütte bestanden.

Nördlich vom Ort wird eine Flur „auf der Schanze“ genannt; nach der Sage soll hier eine Schanze gestanden haben.

Etwa 1/2 Stunde nördlich vom Ort zieht die mehrerwähnte Kaiserstraße vorüber und durch den Ort selbst führte die von Feldbach herkommende Römerstraße und lief im Walde „Haubersohl“ in die Kaiser-Straße ein.


  1. Früher Hohengeren, da der Name von Gere abstammt, s. Schmid, schwäb. Wörterb. S. 228.
  2. Als die Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg am 18. Mai 1278 auf die Zehenten zu Sipplingen verzichteten (Sattler Gr. I. Beil. 6), geschah es apud Hohengern, also wohl auf dieser Burg, über die jedoch nähere Nachrichten fehlen.


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