Beschreibung des Oberamts Tettnang/Kapitel A 7
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Nachdem die Römer von Süden her bis an den Bodensee vorgedrungen waren und Tiber 16 Jahre vor Christi Geburt die Vindelizier von dessen diesseitigem Ufer zurückgedrängt hatte, fiel auch unser Bezirk unter Römische Herrschaft und wurde ein Theil der Römischen Provinz Rhätien.
Diese Herrschaft dauerte hier, zwischen dem Bodensee und der Donau, länger, als in den nördlichen Donauländern, wenn gleich sie, wie wir nachher finden werden, in dem diesseitigen Bezirke sich nicht sehr ausgebreitet zu haben scheint. Wie lange aber dieselbe gedauert habe, möchte schwer genau anzugeben seyn. Der Kampf der Lentienser Allemannen mit den Römern, dessen in der Beschreibung von Ravensburg S. 66 gedacht ist, beweist jedoch, daß wenigstens schon im 4ten Jahrhundert dieselbe auch hier ihrem Ende nahe gewesen sey. Obgleich die Allemannen, die sich an die Stelle der Römer gesetzt hatten, nach der Schlacht bei Zülpich, 496, sich unter die Herrschaft der Franken beugen mußten, so behielten| sie doch ihre eigene Verfassung unter eigenen Herzogen. Das Land war, wie anderwärts, in Gaue eingetheilt, an deren Spitze die Gaugrafen standen, eine Eintheilung, die am deutlichsten hervortritt unter den Karolingischen Königen, da die Herzogliche Gewalt aufgehoben war. Unser Bezirk gehörte theils zum Linzgau, theils zum Argengau; in einer neuerlich bekannt gewordenen Urkunde kommt auch der Schussengau wieder zum Vorschein.Der Linzgau grenzte westlich, am untern Ende des Bodensees, an den Hegau, die Grenzen gegen den Argengau bildete die Schussen. Der Argengau zog sich von der Schussen an längs des Bodensees über Lindau nach Bregenz und bis in das Rheinthal hinauf, wo er an den Rheingau sich anschloß. Da nicht nur der Linzgau und der Argengau, sondern auch der Rheingau, so wie rückwärts der Nibelgau, häufig unter Einem Gaugrafen, dem Grafen des Linzgaues, vereinigt waren, so mag diß Veranlassung gegeben haben, daß man unter dem Namen Linzgau manchmal den ganzen Landstrich von Bodmann an bis Bregenz und in das Rheinthal hinauf begriff, und daß man daher selbst in Urkunden Orte zum Linzgau gerechnet findet, welche entschieden zum Argengau oder einem andern der genannten Gaue gehörten.
Betreffend den Schussengau, so haben wir schon bei Waldsee und bei Ravensburg die Meinung geäußert, derselbe sey entweder nur ein kleiner Untergau gewesen, oder habe die Benennung nur eine geographische Bedeutung gehabt. Diese Meinung wird nun auch vollkommen bestätigt durch die Urkunde, worin der Gau, der bisher nur durch eine einzige Urkunde bekannt war, zum zweiten Mal vorkommt. Es geschieht diß in einer von Dümge – Regesta Badensia 1836. p. 67 – bekannt gemachten Urkunde K. Ludwigs des Frommen vom December 836. Durch diese Urkunde genehmigt und bestätigt der Kaiser eine Güter-Schenkung an das Kloster Reichenau, welche der Priester Engelbert, der auf dem K. Kammergut, Schussengau| (Scuzingauue) genannt, geboren und erzogen worden, zum Theil auf eben dieser Kaiserlichen Domäne an der Schussen gemacht hat, und am Ende der Urkunde wird von dem geschenkten Gegenstande gesagt, er sey gelegen in dem Gau Linzgau auf dem zum Dorf Theuringen (Duringa) gehörigen Gebiete.[1]Diß vorausgeschickt, gehen wir nun auf die einzelnen, vorkommenden Orte über, wodurch wir zugleich die ältesten, oder wenigstens diejenigen Orte kennen lernen, welche zuerst namentlich aus dem Dunkel der Geschichte hervortreten. Nach den noch vorhandenen Urkunden lagen und kommen vor:
- Im Linzgau:
Ailingen, Ailingas villa anno 774, Eilinga 875, Eilingun 879. Neugart Cod. Dipl. No. 56, 489, 516.
Bettenweiler, Patahinwilare, Patechinwilare, (Patachonis villa). 839. Ibid. Nr. 296. Neugart nimmt Bechlingen dafür, aber wohl irrig. Vergl. v. Arx St. Gallen 1. 156. Es gibt übrigens auch ein Bettenweiler im Oberamt Ravensburg, das ebenfalls im Linzgau lag. Ein Pettinvillare kommt in einer Urkunde bei Neugart v. J. 735 vor. Neugart erklärt dieses für Bettschweiler in Thurgau; nach v. Arx I. S. 26 war es aber Bettensweiler im Oberamte Wangen. Daß jedoch das obige B. nicht auch das letztere war, das im Argengau lag, geht aus dem Inhalt der Urkunde von 839 hervor.
Buchhorn (Friedrichshafen) Buachihorn 837. Buachthorn 872. Buochihorn 883. Buchihorn 885. Buochihorn 886. Ib. No. 272, 464, 555, 540, 566. Die dabei vorkommenden Gaugrafen sind Grafen des Linz- und Argengaues zugleich.
Eggenweiler, Eigileswilare 861. Ib. No. 394.
Fischbach, Fiscpach, 764 und 778. Ib. No. 43 und 71.
Mannzell, Cella Majoris, 818; Manun. cella 897, aber hier ohne Benennung des Gaues. Ib. 195 und 627.
Reute, Rutin, 972. Ib. No. 762.
Schnetzenhausen, Snezzinhusin, 808. Ib. No. 165.
Theuringen, Ober- und Unter-, 752, 783, 786, 818, 972. Ib. No. 17, 85, 95, 195 und 762, und anno 836 in der oben| angeführten Urkunde, wonach der Bezirk von Theuringen eine eigene Mark bildet, s. Ortsbeschreibung.- Im Argengau:
Apflau, Apfalaga, 769; marcha Apffelovva, 822. Apfulhovva und Alpfulhovve, 839. Ibid. No. 46, 214 und 269.
Haslach, Hasalacha, 882. Ibid. No. 532.
Hefighofen, Hebinchova, 813. No. 178.
Hemigkofen, Heminis Hoba, 866. No. 438.
Laimnau, Limauvia, Laimaugawilare, 769, Leimovva, 839. Ibid. No. 46 und 296.
Langen-Argen, Arguna, Argun, 773, 794, 798, 815, 839, 861, 865, 882, 907. Ibid. No. 54, 122, 136, 183, 403, 432, 445, 532 und 665.
Langensee, Langinse, 885. No. 555.
Mehetsweiler (?) Meginbrechteswilare, 867. No. 444.
Oberdorf, Operindorf, 769; Oberindorf, 839. No. 46 und 296.
Tettnang, Tetinanc, 882. No. 532.
Ein Verzeichniß der Gaugrafen ist schon in der Beschreibung von Ravensburg S. 67 gegeben. Aus den Gauen und den Gaugrafen gingen später erbliche Grafschaften und Grafen hervor.
Die alten Grafschaften in unserer Gegend waren Heiligenberg, Altdorf und Buchhorn, wozu dann noch durch Theilung, Bregenz, Tettnang u. a. kamen. Heiligenberg berührte, wie wir unten sehen werden, den diesseitigen Bezirk nur ganz wenig, die Geschichte der Welfischen Grafschaft Altdorf ist schon bei Ravensburg abgehandelt; wir haben es daher hier nur mit der Grafschaft Buchhorn und der später entstandenen Graf- und Herrschaft Tettnang und Argen zu thun.
Die Grafen von Buchhorn waren Abkömmlinge der mächtigen Gaugrafen vom Linz- und Argengau und damit Stamms-Verwandte der Welfischen Herzoge und Grafen von Altdorf. Wie allmählig der Titel Gaugraf verschwindet und wie schon Graf Ulrich, der Gemahl der Wendelgard (907–927), Graf von Buchhorn oder der| Buchhorner genannt wird, weil er seinen Sitz zu Buchhorn hatte, ist in der Beschreibung von Ravensburg S. 69 gezeigt. Doch ist hier nachträglich noch zu bemerken, daß in späterer Zeit noch Graf Otto d. ä. von Buchhorn nur mit Angabe des Gaues vorkommt, indem nämlich nach einer Urkunde v. J. 1058 ein gewisser Swigger ein Gut bei Owiltingri in pago Linzgowe in comitatu Ottonis comitis schenkt. Lunig Spicil. Eccl. III. 403. (Nach Hormayr I. 343.) Graf Ulrich von Buchhorn war ein Sohn Ulrichs des Grafen im Linz- und Argengau.[2] Man vergleiche Neugart, Ep. Const. p. 198 etc. Seine Besitzungen erstreckten sich bis nach Rhätien hinauf. Er hatte 3 Söhne, den jüngsten derselben, der ihm erst nach seiner Rückkehr, 919, aus der Gefangenschaft geboren wurde, Burkhardt der Ungeborne genannt, weil seine Mutter während der Geburt starb, weihte er der Kirche, er wurde Abt von St. Gallen. Die beiden andern Söhne Adalhard und Uzzo oder Ulrich theilten das väterliche Erbe unter sich; Ulrich erhielt Bregenz und hieß von nun an Graf von Bregenz, Adelhard behielt Buchhorn und hieß Graf von Buchhorn. Vergleiche Neugart Ep. Const. p. 198 etc. Auf diese Weise theilte sich das Buchhornische Haus in zwei Linien. Auf Adalhard folgte sein Sohn Richar als Graf von Buchhorn und auf | diesen sein Sohn Otto I., der Gemahl der Bertha, der Stifterin des Klosters Hofen. Mit Otto II., dem Sohne des vorigen, schloß sich die Reihe der Grafen von Buchhorn auf eine tragische Weise. Otto raubte in wilder Leidenschaft dem Grafen Ludwig (wahrscheinlich von Pfullendorf) seine Gattin und ließ sich, obgleich bereits verehlicht, mit ihr trauen, büßte aber diesen Frevel mit seinem Leben; denn der Bischof Gebhard von Constanz sprach den Kirchenbann über ihn aus, und Otto wurde 1089 von den Dienern des Grafen Ludwig erschlagen. Neugart Ep. Const. 417. Otto war kinderlos und seine Güter wurden jetzt von den Welfen, als Stamms-Verwandten der Buchhorner, trotz den nähern Ansprüchen der Grafen von Bregenz, in Besitz genommen. Von ihnen kamen sie mit den übrigen Welfischen Gütern 1189 an das Hohenstaufische Haus. Nach dem Untergang der Hohenstaufen wurden die Welfischen Besitzungen, wie schon bei Ravensburg ausführlich gezeigt ist, zum Reich eingezogen und als Reichs-Landvogtei verwaltet. Zu dieser Landvogtei gehörte jedoch nicht der südöstliche Theil des Oberamtsbezirks, sey es, weil dieser noch unter den Hohenstaufen in fremde Hände, oder weil er, was wahrscheinlicher ist, gar nie an die Welfen und also auch nicht an die Hohenstaufen, sondern gleich bei der Theilung zwischen Buchhorn und Bregenz an die letztere Linie gekommen und mit Bregenz verbunden geblieben war. Indessen starb mit dem Welfischen Hause zu gleicher Zeit auch das Haus der alten Grafen von Bregenz aus, und an ihrer Stelle erscheinen die Grafen von Montfort sowohl im Besitze von Bregenz, als von Tettnang.Groß und bedeutend waren die Besitzungen des neuen Hauses, das Montfortische Geschlecht glänzte lange als eines der mächtigsten und angesehensten in- und außerhalb Schwaben. Die Graf- und Herrschaften Feldkirch, Werdenberg, Sargans, Sonnenberg, Bregenz, Rothenfels, Tettnang, Argen, Heiligenberg, Sigmaringen, Scheer etc., gehörten alle demselben an, aber bald schwächte es sich durch Theilungen, Uneinigkeit und üblen Haushalt; es entstanden eben so viele Linien, als das Haus Herrschaften hatte, immer verfolgte eine Linie die andere, und so tief sank endlich das berühmte Geschlecht herab, daß es ein Gegenstand des Mitleidens wurde. Die letzten seiner Besitzungen waren die Herrschaften Tettnang und Langenargen, die wir nun, ehe wir auf den Untergang des Hauses kommen, noch etwas näher berühren wollen.
Die Herrschaften Tettnang und Langenargen waren eine alte Besitzung der Grafen des Linz- und Argengaues. Durch die oben erwähnte Theilung unter ihren Nachkommen kamen sie an das Bregenzische Haus; denn es ist nicht wahrscheinlich, daß sie der Buchhornischen Linie zugetheilt worden waren. Mit der Bregenzischen Erbschaft erhielt der Pfalzgraf Hugo von Tübingen auch diese Herrschaften und sie wurden somit ein Erbtheil seiner Nachkommen, der Grafen von Montfort. Zwar könnte man Zweifel erheben, ob Hugo mit seiner Gemahlin Elisabeth gleich anfänglich auch Bregenz und die daran grenzenden Herrschaften diesseits des Bodensees erhalten habe; allein dieser Zweifel wird durch nachstehende Thatsachen widerlegt. Schon im Jahr 1169 schenkte Elisabeth, die Gemahlin| Hugos von Tübingen, ein Gut zu Langenargen an das Kloster Isny, 1187 machte ebendaselbst und an dasselbe Kloster ihr Sohn, der Pfalzgraf Rudolph, eine Schenkung, und erscheint in einer Urkunde von dem nämlichen Jahr auch als Lehensherr in Langenargen, und im Jahr 1220 verleiht ein Graf Rudolph von Montfort dem bei Bregenz gelegenen und von den Grafen von Bregenz gestifteten Kloster Mehrerau verschiedene Freiheiten. Dazu kommt noch, daß noch zu Lebzeiten der Elisabeth mehrere Edle aus der Gegend von Bregenz als Ministerialen der Pfalzgrafen von Tübingen und Herren von Montfort erscheinen, so namentlich in der oben angeführten Urkunde vom Jahr 1188 bei Neugart ein Udalricus de Bregancia und sein Sohn Peregrinus.[8] Doch scheint es, daß wenigstens ein Theil von der Herrschaft Bregenz in den Händen des Oheims der Elisabeth, des Grafen Rudolphs von Pfullendorf geblieben und erst später wieder mit dem übrigen Besitze vereinigt worden sey. Durch Theilung wurde Bregenz schon frühzeitig von dem Hauptstamme getrennt und der Besitz einer von Bregenz zugenannten Nebenlinie; durch weitere Theilung in dieser Linie entstand dann die weitere Nebenlinie Tettnang.[9] Die Zeit, wenn letzteres geschehen, läßt sich nicht genau angeben. Aber schon in dem Kampfe, welchen der| Graf Wilhelm von Montfort, Abt von St. Gallen, und seine Brüder gegen den Kaiser Rudolph I. führten, schon im Jahre 1284 erscheint Graf Rudolph von Montfort als „Graf Rudolph von Tettnang.“[10] Dieser Rudolph ist nun der Stammvater der Tettnangischen Linie Montfort. Ihm folgte sein Sohn Haug oder Hugo von Tettnang, und sofort eine lange Reihe von Grafen von Montfort-Tettnang, denn die Nebenlinie Tettnang war diejenige, welche sich am längsten unter allen erhielt. Mehrmals wurden Tettnang und Bregenz wieder vereinigt; nachdem aber eine Veräußerung auf die andere gefolgt, schon 1375 das Hauptgut, die Grafschaft Feldkirch, und zuletzt 1523 auch die Grafschaft Bregenz an das Haus Östreich, die Grafschaft Rothenfels aber 1566 an die von Königsegg verkauft worden waren, blieb nur noch die Graf- und Herrschaft Montfort und Argen übrig. Der Umfang dieser Besitzung ist schon S. 5 angegeben. Sie enthielt eine Bevölkerung von ungefähr 10.000 Einwohnern zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts. Die Grafschaft Tettnang wurde früher gemeiniglich nur Herrschaft, erst in späterer Zeit auch Grafschaft genannt, nie aber nannten sich ihre Besitzer Grafen von Tettnang, ihr Titel war: „Graf zu Montfort, Herr von Bregenz,| zu Tettnang und Argen,“ und unrichtig ist es, wenn man sie Grafschaft Montfort und das Schloß zu Tettnang Schloß Montfort nennt. Die Besitzung war reichsunmittelbar und die Grafen hatten Sitz und Stimme in dem Grafen-Collegium auf Kreis- und Reichstagen. Nur die zugehörige Herrschaft Schomburg war ritterschaftlich. Das Amt Hemigkofen wurde häufig wohl darum nur als besonderer Bestandtheil aufgeführt, weil es in früherer Zeit einmal von der Bregenzer Linie an die Tettnanger besonder verkauft worden ist. Die Herrschaft Tettnang war Reichslehen, Argen und Schomburg aber waren Allodium. Obgleich auf das mäßige Besitzthum von Tettnang zurückgebracht, stand das Montfortische Haus doch immer noch als eines der ersten in Schwaben da, es erhielt sich auch bei Ehren und Ansehen bis in das 18. Jahrhundert. Aber um so schneller eilte es jetzt seinem Untergang entgegen; gewohnt, auf einem großen Fuß zu leben, und die Ausgaben nicht nach den Mitteln zu bemessen, versanken die Grafen so sehr in Schulden, daß sie sich kaum mehr zu helfen wußten. Theilnehmend trat zwar 1. Juli 1755 das Östreichische Haus mit einem Anlehen von 500.000 fl. in das Mittel, mit dieser Summe war jedoch den Grafen um so weniger geholfen, als sie davon einen bedeutenden Rabatt erleiden mußten. Es schien auch nicht die Absicht zu seyn, ihnen gründlich zu helfen. Da die Grafen, wie vorauszusehen war, weder mit Zinsen noch Capitalablösung einzuhalten vermochten, vielmehr neue Schulden machten; so war ihre Noth bald noch größer als vorher. Denn jetzt wurden sie nicht nur von den Privatgläubigern, sondern auch und noch mehr, als von diesen, von der Kaiserlichen Hofkammer gedrängt. Um sich zu helfen, verkaufte 1768 der damals regierende Graf Franz Xaver und sein Bruder Graf Anton, General-Major des schwäbischen Kreises, die einzigen, welche noch übrig waren, die Herrschaft Langenargen an Churbayern für 800.000 fl. Allein | Östreich widersetzte sich diesem Kauf, und die Verlegenheit der Grafen wurde mit jedem Jahre größer, die Schuldenmasse war zuletzt bis auf 1.150.000 fl. angewachsen. Jetzt hatten sie keine andere Wahl mehr, als zum Äußersten zu schreiten, und ihrer Besitzungen, sich ganz zu entschlagen. „Weil denn,“ erklären die armen Brüder in dem Concept eines Abtretungs-Vertrags, „unsere Bedrängnisse leider auf den höchsten Gipfel fast alles Elends und der Dürftigkeit gestiegen, so haben wir am vorzüglichsten befunden, was uns Se. Hochf. Gnaden der Bischof zu Constanz haben eröffnen lassen, S. K. Majestät zu bewegen, sich zwischen uns und die Creditorschaft ins Mittel zu legen etc. Wir übergeben daher und treten ab an S. K. K. Majestät alle unsere Herrschaften und Güter etc. Dagegen lassen Sich S. K. K. Majestät die Begebung der Herren Grafen auf ihre sämmtliche Graf- und Herrschaften allerhuldreichst gefallen und bewilligen die Vorschläge des Herrn Bischofs von Constanz, 1) daß die Forderungen der Creditoren übernommen und mittelst einer gütlichen Ausgleichung befriedigt werden; 2) dem abtretenden Herrn Grafen Franz Xaver für ihn und seine Frau Gemahlin, auch allenfallsige Kinder, so lange jener lebt, jährlich 6000 fl.; seinem Herrn Bruder dem Generalmajor aber 2000 fl. allergnädigst und ohne allen Abzug gereicht werden.“ So geschehen Tettnang, 13. August 1779. – Bei dieser Übereinkunft blieb es denn auch, nachdem Östreich die Schuldner mit einer Summe von 300.000 fl. abgefertigt hatte, trat es am 22. August 1780 förmlich und feierlich den Besitz der Graf- und Herrschaften an. Der Graf Franz Xaver starb glücklicher Weise noch in demselben Jahre, 23. März 1780 zu Mariabrunn, ohne Kinder; sein lediger Bruder, Anton, aber 1787 zu Tettnang; beide in den betrübtesten Umständen, s. Mariabrunn und Tettnang. So endete eines der ersten, mächtigsten und angesehensten Geschlechter Schwabens, dessen Name mehr als 600 Jahre lang geglänzt hatte. |Bildung des jetzigen Zustandes.
Die verschiedenen Besitzungen bildeten in Beziehung auf Steuern eigene Landschaften mit Landschaftskassen, s. S. 78.
Durch den Reichsdeputations-Schluß von 1803 kam die Reichsstadt Buchhorn an Churbayern, das Kloster Weingarten mit seinen Besitzungen an den Fürsten von Nassau-Oranien, das Kloster Weißenau an den Grafen von Sternberg-Manderscheid, und Ochsenhausen an Metternich, die Kloster Kreuzlingische Herrschaft Hirschlatt aber wurde dem Fürsten von Hohenzollern-Hechingen zugetheilt. Wie Östreich einen Theil der Weingartischen, Weißenauischen und anderer geistlichen Besitzungen vermöge des Heimfallrechts in Beschlag genommen und welche Verträge es darauf mit den Betheiligten geschlossen hat, ist schon bei Ravensburg gezeigt worden.
Durch den Preßburger Frieden von 1805 fiel die Landvogtei Schwaben und mit ihr das von Nassau an Östreich abgetretene Priorat Hofen und die Herrschaft Liebenau an die Krone Würtemberg, die Graf- und Herrschaft Tettnang aber an die Krone Bayern; 1806 wurden die Weingartischen Besitzungen des Fürsten von Nassau-Oranien, so wie die Weißenauischen des Grafen von Sternberg und das Ochsenhausische Schloß Herschberg der Würtembergischen Hoheit unterworfen und die ersten bald darauf völlig in Besitz genommen. 1810 wurden Tettnang und Langenargen mit der Landeshoheit über die Lindauischen Besitzungen von Bayern an Würtemberg abgetreten. Im Jahr 1813 kaufte endlich Würtemberg von dem Fürsten von Hohenzollern-Hechingen auch die Herrschaft Hirschlatt und befand sich damit in dem Besitz des ganzen Oberamtsbezirks.
| An die Stelle des Königl. Bayerischen Landgerichts Tettnang trat nun ein Königl. Würtembergisches Oberamt Tettnang, dem auch von dem aufgelösten Oberamt Altdorf das Unteramt Hofen mit denjenigen Orten der ehemaligen Landvogtei zugetheilt wurde, welche jetzt einen Bestandtheil desselben ausmachen, und 1813 vollends die Herrschaft Hirschlatt zugetheilt wurde. Tettnang und Friedrichshafen erhielten Königl. Kameralämter, jenes auch ein Forstamt, das aber 1828 wieder aufgehoben und mit Altdorf vereinigt wurde.
Solche Schenkungen kommen vor, nach den oben S. 84 schon bezeichneten Urkunden zu Bettenweiler, im Jahr 735, zu Ailingen 752, zu Theuringen 764 und 778 zu Fischbach, 769 zu Laimnau und Oberdorf, 773 zu Langenargen. Die Pfarrkirche zu Gattnau soll nach einer in der Pfarr-Registratur daselbst befindlichen Aufzeichnung schon im 7., ja sogar schon im 6. Jahrhundert ihren Anfang genommen haben. Die verschiedenen Orte, welche den Namen Zell führen, als Oberzell, Manzell, Brochenzell weisen ebenfalls auf alte geistliche Sitze hin, denn Cellen hießen gemeiniglich solche geistliche Wohnsitze, welche mit einem Bethaus oder Kirchlein verknüpft waren. Merkwürdig ist in dieser Beziehung besonders Manzell, nicht weniger aber auch Brochenzell, das seinen Namen – „Gebrochene Zelle“ – einer vielleicht schon von den Allemannen zerstörten Zelle verdankt, s. Ortsbeschreibung.
Nach der alten kirchlichen Eintheilung zerfiel der Oberamtsbezirk unter dem
Bisthum Constanz und Archidiakonat Algau, in folgende Landcapitel und Pfarreien:
1. Landcapitel Lindau mit den Pfarreien: Eisenbach, Gattnau, Goppertsweiler, Haslach, Hiltensweiler mit Langnau, Krumbach, Laimnau, Langenargen mit Mariabrunn und Oberdorf, Neukirch, Primisweiler, Tannau und Wildpoltsweiler.
2. Landcapitel Linzgau mit Fischbach, als ehemaligem Filial von Bermatingen.
3. Landcapitel Ravensburg mit Tettnang.
4. Landcapitel Theuringen mit Ailingen, (Bavendorf,) Berg, Brochenzell, Buchhorn und Hofen, jetzt Friedrichshafen, Eriskirch, Ettenkirch, Löwenthal, (Manzell,) Oberzell, Jettenhausen, Thaldorf, Theuringen.
| Diese Eintheilung erhielt sich bis ins Jahr 1810, wo mit der Bildung des Oberamts auch das Landcapitel oder Dekanat Tettnang errichtet und unter dieses sämmtliche Pfarreien des Oberamtsbezirks gestellt wurden, zu denen 1813 auch Kehlen mit Hirschlatt kam. Einige wenige Parzellen der Gemeinden Kaltenberg, Thaldorf und Unter-Meckenbeuern sind Pfarreien des Oberamts Ravensburg zugetheilt.Klöster befanden sich früher mehrere in dem Oberamtsbezirke, als: Hofen, Langenargen, Langnau, Löwenthal, und in ältern Zeiten auch Argenhardt, Buchhorn, Manzell, Nonnenbach, wovon in der Ortsbeschreibung das Nöthige gesagt ist. Es befand sich aber kein unmittelbares Reichskloster darunter, und mit Ausnahme von Hofen und Löwenthal hatten die übrigen schon vor der großen Auflösung aufgehört.
Die Reformation fand zwar bei ihrem Erscheinen, wie fast überall, so auch in dem diesseitigen Oberamtsbezirke manche Anhänger, sie wurde aber bald wieder unterdrückt. Bekanntlich trat die benachbarte Reichsstadt Lindau und ebenso theilweise auch Ravensburg schon sehr bald der Reformation bei. Diese Beispiele konnten nicht ohne Wirkung bleiben, und sie fanden auch wirklich viele Nachahmung, selbst das Städtchen Tettnang war auf dem Wege, sich zu der neuen Lehre zu bekennen. Aber auf einmal erklärten sich die Grafen von Montfort, durch Östreichischen Einfluß bewogen, gegen dieselbe und arbeiteten ihrer Ausbreitung auf alle Weise entgegen. Graf Hugo erließ 1564 ein eigenes Mandat, wonach alle seine Unterthanen entweder sich zur katholischen Confession zu halten, oder aber das Land zu räumen hatten, und so hatte es denn mit der Reformation bald ein Ende. Die wenigen evangelischen Einwohner, welche sich jetzt in dem Oberamte befinden, rühren aus den neuern Zeitverhältnissen her; die evangelische Pfarrei Friedrichshafen, in der sie vereinigt sind, wurde erst im Jahr 1812 errichtet.
|betreffend, können wir uns hier kurz fassen; sie bestehen hauptsächlich in Krieg und Kriegs-Ungemach.
Die Kriege der Allemannen mit den Römern, die Überschwemmung der Hunnen, die verheerenden Einfälle der Hungarn, die Fehden und Kämpfe des Adels und der Geistlichkeit im Mittelalter, die Kämpfe der Kaiser und Gegenkaiser um den deutschen Thron, der Widerstand der allemannischen Herzoge gegen ungebührliche Gewalt, die blutigen Händel der Welfen und Gibellinen, die Befreiungskämpfe der Schweizer, der Bauernkrieg, an dem die Montfortischen Unterthanen besonders lebhaften Antheil nahmen, der verheerende dreißigjährige Krieg, die französischen Kriege zu Ende des 17. Jahrhunderts und zuletzt der französische Revolutionskrieg trafen alle unsere Gegenden mehr oder weniger hart. Die einzelnen bemerkenswerthen Schicksale sind in der Ortsbeschreibung aufgezeichnet.
Nach der oben (S. 29) angeführten Beschreibung, welche Ammianus Marcellinus noch im 4. Jahrhundert von der Beschaffenheit des Bodensees und seiner Ufer macht, läßt sich nicht erwarten, daß man bedeutende Überreste von Römischem Alterthum in unserem Bezirke finden werde. Die Römer scheinen sich hier auf einzelne Punkte an den Seeufern, und auf einzelne Wachposten an den Straßen, die durch den Bezirk führten, beschränkt zu haben.
Römische Straßen aber haben nach allen Anzeichen von dem See landeinwärts durch unsern Bezirk verschiedene geführt. Bei Friedrichshafen und zwar dem Schloß heißt ein Ösch der Markung „der Ösch zum Hochsträß,“ weiter nördlich auf der Markung von Unter-Lottenweiler kommt die Benennung „Steinmauern“ vor. Den Namen „Hochsträß“ führt ferner eine Höhe 1/4 Stde.| östlich von Tettnang, und es ist schon bei Ravensburg bemerkt worden, daß dasselbe wahrscheinlich einen Theil einer über Waldburg führenden Straße ausmachte. In der Linie dieses Straßenzugs liegt auch der zur Gemeinde Kaltenberg gehörige Weiler, Namens „Straß,“ ad Stratam. Somit hätten wir hier die Spuren von zwei Römischen Straßen, wovon die eine von Schloß Friedrichshafen ausging und in der Richtung der jetzigen Kornstraße nach Frohnhofen etc. lief, die andere aber von Langenargen aus auf der jetzigen Tettnanger Straße an der Gießenbrücke vorüber, und von da auf der Höhe nach Waldburg, von dort aber nach Aulendorf, oder auch rechts nach Wurzach etc. zog. Daß sich von Langenargen aus noch eine dritte Straße, längs der Argen nach Wangen hinaufgezogen habe, machen die dortigen Befestigungen mehr als wahrscheinlich, und wird sich noch näher in der Beschreibung des Oberamts Wangen herausstellen. In den vortrefflichen Heften des Königl. Bayerischen Regierungs-Directors v. Raiser, namentlich „Oberdonau-Kreis“ I. Abthlg. S. 31 und folg. ist gezeigt, daß zur Zeit der Römer wegen der Beschaffenheit der Seeufer, die damals zum Theil selbst noch See waren, von Bregenz, dem Hauptpunkt der Römischen Niederlassungen, nach Lindau und ebenso bis Langenargen keine Communication zu Land, sondern nur zu Wasser stattgefunden, und daß von Langenargen aus eine Römische Landstraße an der Argen hinauf nach Wangen etc. geführt habe. Diese Straße lief vermuthlich, wie noch jetzt die Straße von Langenargen nach Lindau, auf der vorigen bis an die Gießenbrücke hin, die einen Übergang über die Argen bildete. Dort fiel sie von jener ab, und wendete sich über die Brücke rechts und lief sodann über die Anhöhe zwischen der Argen und dem Bodensee nach der Burg Neu-Ravensburg hin, wo eine Stelle noch die Altstadt heißt. Von Bauwerken finden sich nur wenige Spuren. Es ist bereits bemerkt worden, daß sich die Römer bei| Besetzung unsers Bezirks auf einzelne Punkte, namentlich auf solche, die sie zu Landungsplätzen an dem Seeufer geschickt fanden, oder solche, die zur Beschützung ihrer Straßen und Grenzen dienen konnten, beschränkt haben. Unter den erstern waren ohne Zweifel Argen und Buchhorn oder Friedrichshafen, die, wie Lindau und Wasserburg, schon durch ihre Lage als feste und sichere Punkte sich darboten. Zu Argen sollen zwei römische Wachthürme gestanden haben, und noch in späterer Zeiten fand man unverkennbare Spuren von römischem Bauwerk daselbst, ebenso ließen sich solche auch zu Buchhorn wahrnehmen, s. Ortsbeschreibung. Auf den Höhen zu beiden Seiten der Argen befindet sich eine doppelte Reihe von alten Burgstellen, nicht nur in dem diesseitigen Bezirke, sondern auch weiter hinauf in dem Oberamte Wangen; in dem diesseitigen Bezirke namentlich, und zwar auf dem nördlichen Thalrande: Hochwacht (neue Welt), Drackenstein, in der Nähe von Laimnau, Neu-Summerau, Pflegelberg und Schomburg; auf der linken, südlichen Seite der Argen: Gießen, Lehnensburg, Alt-Summerau, Arnoldsburg bei Hiltensweiler, Hochburg, Schomburg gegenüber. Es ist kaum zu bezweifeln, daß die Schlösser, die auf diesen Punkten standen, auf Römischen Grund gebaut waren; in den Ruinen von Alt-Summerau steht noch der Rumpf eines Thurms, der offenbar römischen Ursprung verräth. Die beiden einander gegenüber liegenden Punkte Hochwacht und Lehnensburg verteidigten den Eingang in das Argenthal und zugleich den Übergang über die Argen, während Gießen eine Art von Brückenkopf gebildet zu haben scheint. Die Argenufer waren ganz hinauf so befestigt, daß man annehmen muß, die Argen habe eine Zeit lang die Römische Grenze gebildet. Auch am Fuße des Hügels oder Vorsprungs, worauf das Schloß zu Tettnang[ws 1] steht, waren, nach der Erzählung des verstorbenen Oberamts-Arztes Dr. Koller, noch vor nicht langer Zeit große Massen von solchen Quadersteinen zu sehen, die auf ein gewaltiges nach Römerart befestigtes| Bauwerk um so mehr schließen ließen, als auch aufwärts an dem Hügel stufenweise starke, jedoch nur von Backsteinen oder Gerölle angelegte Mauern gefunden wurden, wenn man nur oberflächlich nachgrub. Ebenso wurde vor mehreren Jahren zwischen dem Städtchen und St. Johann ein Platz aufgedeckt, der mit ungewöhnlich großen gebrannten Platten belegt und mit Mauern umgeben war, und vermuthlich das Hypokaustum eines römischen Gebäudes enthielt. Ein jetzt abgebrochener sogenannter Heidenthurm stand auch zu Ober-Baumgarten; ebenso wird der Kirchturm zu Ailingen an der Kornstraße unter die sogenannten Heidenthürme gerechnet. Ein Theil des Orts Berg heißt noch Kestenbach, und sowohl die Lage des Orts auf einem hervorragenden Hügel zur Seite der oben erwähnten, von Schloß Friedrichshafen ausgehenden, Straße, als auch der Name Kestenbach selbst und die Beschaffenheit des Platzes machen es nicht unwahrscheinlich, daß dort ein römisches Castell gestanden habe, s. h.Römische Münzen sind schon in Menge in dem Bezirke gefunden worden. Der Graf Ulrich von Tettnang-Montfort hinterließ 1574 unter andern nicht weniger als 6716 Römermünzen von Gold, Silber und Erz, die großentheils aus der Gegend gesammelt worden seyn sollen. Aber ein römischer Altar, der jetzt zu Stuttgart aufbewahrt wird, wurde nicht, wie behauptet worden ist, in der Kirche zu Tettnang, sondern bei Augsburg gefunden, und von einem Grafen von Fugger einem Grafen von Montfort zum Geschenke gemacht.
Sie bestehen einzig noch in Schlössern oder Ruinen von Schlössern und Burgen und in Spuren von solchen.
Die noch vorhandenen Schlösser sind oben S. 44 schon genannt. Es sind ihrer, außer Friedrichshafen, 8; sie haben aber meist ihre ursprüngliche Bestimmung verloren.
| In Ruinen sind noch vorhanden:Alt-Summerau, | Krumbach (2), | Missenhardt, |
Ebersberg, | Hochburg, | Neu-Summerau, |
Flockenbach, | Langenargen, | Ober-Baumgarten. |
Sehr groß ist außerdem die Zahl von adeligen Sitzen, die man nur noch aus der Geschichte oder kaum bemerkbaren Localspuren kennt. Dahin gehören:
Alberweiler, | Eggartskirch, | Neuhaus, |
Apflau (Lehensburg), | Eisenbach, | Neukirch, |
Arber (Ober-Eisenbach), | Flunau, | Nitzenweiler, |
Bavendorf, | Haslach, | Ober-Baumgarten, |
Bechlingen, | Hefigkofen, | Ober-Theuringen, |
Berg, | Hiltensweiler (Ar- | Pflegelberg, |
Bernried, | noldsburg), | Rappersweiler, |
Bitzenhofen, | Krumbach, | Ried, |
Blumegg, | Laimnau, | Rudenweiler, |
Brochenzell, | Langensee, | Schwarzenbach, |
Buchhorn (Friedrichs- | Liebenau, | Steinenbach, |
hafen) | Löwenthal (Aistegen) | Thaldorf, |
Degersee, | Manzell, | Ucht |
Dentenweiler, | Muttelsee, | Unter-Ailingen. |
Von abgegangenen Orten kann in einem Bezirke, wo die Wohnplätze so zerstreut sind, nicht wohl die Rede seyn. Dagegen verdient vielleicht noch bemerkt zu werden, daß unter den Ortschaften des Oberamtsbezirks verschiedene Mahlstätten – Malli, d. h. solche Orte waren, an welchen öffentliche Verhandlungen unter freiem Himmel auf dem durch einen Stein oder ein anderes Mahl bezeichneten Platze gehalten wurden, und zwar Ailingen, Buchhorn, Fischbach und Langenargen. Bei Tettnang soll eine Landgerichtsstätte gewesen seyn.
- ↑ Duringa wird von Dümge irriger Weise für „Thüringen auf der rechten Seite des Bodensees, im Thurgau,“ erklärt.
- ↑ Der Gaugraf Ulrich d. ä. war es, der sammt seiner Gemahlin Bertha von K. Arnulf als Widersacher aller seiner Güter entsetzt wurde, dieselbe aber 890 nicht nur zurückerhielt, sondern sogar von dem König noch mit weitern, namentlich mit dem Reichshof Lustnau, beschenkt wurde. S. die Urkunden bei Neugart, Nr. 592 und 596. Nach Caspar Zellwegers Geschichte des Appenzellischen Volks, I. S. 78, hatte zu dem Reichshof das ganze Meieramt Altstetten gehört, und aus dem Streit, welcher laut der angeführten Urkunde in Folge der Schenkung zwischen Ulrich und dem Abt von St. Gallen entstand, möchte man schließen, daß Ulrich durch diese Schenkung auch Graf des Rheingaus geworden ist, in dem bisher ein eigener Missus regius in der Person des Grafen Hiltibolds die Verwaltung geführt zu haben scheint. Siehe Urkunde Nr. 445 etc. bei Neugart. Nach Neugart, Ep. Const. p. 195, und ebenso auch nach v. Arx Geschichte von St. Gallen, I. S. 230, schenkte der Enkel des obigen Ulrichs, der Sohn Ulrichs von Buchhorn, dem Kloster St. Gallen Altstetten.
- ↑ Einen größern Aufsatz von Herrn Domcapitular Dr. v. Vanotti werden wir als Beilage zu diesem Heft demnächst in den Würtembergischen Jahrbüchern liefern. Von demselben weicht jedoch der hier gegebene Umriß wesentlich ab.
- ↑ Nach der Chronik des Klosters Hofen zu schließen, geschah diß ums Jahr 1118. Unter urbs aber ist wohl nichts Anderes, als befestigter Ort, Veste zu verstehen.
- ↑ Tchudii, Chron Helvet. I. S. 107 u. ff. Die Urkunde handelt von der Beilegung eines Streits zwischen dem Grafen Hugo v. Montfort und dem Kloster St. Johann in Thurgau. Der Streit betraf das Gut Breitenau im Thurthal, das, wie die Urkunde erzählt, schon vor langer Zeit von den beiden Brüdern Hugo und Rudolph und von ihrer Mutter geschenkt, später aber, nachdem die Brüder unter sich getheilt hatten, von Hugo wieder an sich gezogen worden war, und nun von letzterem dem Kloster gegen eine Abfindung von 67 M. S. zurückgegeben wird. – Sowohl der Umstand, daß die Mutter der beiden Brüder Mitstifterin war, als auch die Zeitverhältnisse beweisen, daß Hugo nicht derselbe war, der schon 1162 mit einem Bruder Friedrich vorkommt, sondern daß er der Sohn von jenem war. Als Graf v. Montfort erscheint Graf Hugo d. j. auch 1206 bei einem Angriff auf die Güter des Heinrich v. Sax. C. Zellwegers Geschichte des Appenzellschen Volks, I. S. 155
- ↑ Rudolphs Gemahlin war Wulfhild, eine geborene Welf; die Tochter Elisabeth wird daher auch in dem alten Missal des von ihr und ihrem Gemahl neugestifteten Klosters Marchthal als „proles egregii Wulfhild de matre Rudolfi“ bezeichnet. Rudolph schenkte in Gegenwart seiner Gemahlin Wulfhild dem Kloster Ochsenhausen im Jahr 1127 den Ort Füramoos, Oberamts Biberach. In diesem Jahre soll er gestorben seyn. Diß ist jedoch unrichtig, denn er steht noch in einer Urkunde K. Conrad III. vom Jahr 1159 als Graf von Chur-Rhätien (Eichhorn Nr. 44) und in einer Urkunde von 1142 als Graf von Bregenz (Herrgott Nr. 221). Nach dieser Zeit aber kommt er nicht mehr vor.
Rudolph hatte einer Schwester Namens Elisabeth, die mit einem Grafen von Pfullendorf verheirathet war. Nach einigen Angaben wäre dieser Rudolph Erbe oder Miterbe der Bregenzischen Verlassenschaft gewesen, und hätte darum auch Graf von Bregenz geheißen. Diese Erbfolge ist jedoch ganz unwahrscheinlich und jedenfalls unerweislich. Dagegen scheint die uns von Herrn Prof. Haug mit andern schätzbaren Bemerkungen mitgetheilte Vermuthung sehr viel Wahrscheinlichkeit zu haben, daß die Nichte Elisabeth bei dem Tod ihres Vaters Rudolph von Bregenz noch minderjährig, wenigstens unverheirathet gewesen (die Mutter Wulfhild soll erst 1156 als Nonne gestorben seyn), und Graf Rudolph von Pfullendorf, als ihr Oheim, ihr Vormund und Verwalter der väterlichen Güter geworden sey, in welcher Eigenschaft er auch Graf von Bregenz hätte genannt werden können, ohne Herr von Bregenz gewesen zu seyn, wiewohl er in Urkunden mit einer einzigen Ausnahme immer „Graf von Pfullendorf“ heißt. In diesem Verhältnisse dürfte auch ein Hauptgrund zu suchen seyn, warum der Graf Rudolph in der berühmten Fehde des Herzogs Welf gegen Hugo, den Gemahl der Elisabeth, als einer der ersten Gegner, Theil genommen, und die Marchthaler Annalen führen auch wirklich das strittige Heirathgut von Hugos Gemahlin als Ursache an. Es mag dem Grafen Rudolph um so schwerer gefallen seyn, die Bregenzischen Güter nach der Vermählung seiner Nichte herauszugeben, als er vielleicht selbst Ansprüche darauf zu haben glaubte, und leicht möglich ist es, daß einzelne Stücke in seinen Händen geblieben sind. Wenigstens findet man ihn nach der Vermählung der Elisabeth im Besitze der Schirmsvogtei über das Bisthum Chur, die er freilich um so eher behalten konnte, weil sie Lehen des Bischofs war, siehe oben. Der Graf Rudolph von Pfullendorf starb 1180 ebenfalls als der letzte seines Stamms, seine Erbin war seine Tochter Itta, die mit einem Grafen Albrecht von Habsburg vermählt war. Sein Sohn Berthold war 1166 zu Rom an der Pest gestorben. Über seine Güter hatte Rudolph aber noch bei Lebzeiten zu Gunsten seines Verwandten, des Kaisers Friedrich, in der Art verfügt, daß letzterer dem Grafen Albrecht und seiner Gemahlin dafür Güter im Thurgau überließ. - ↑ Der lateinische Name Montfort, Mons fortis, kann in einem Lande nicht befremden, wo von den ältesten römischen und vorrömischen Zeiten her italienische und deutsche Bevölkerung gemischt sich befand und sonst auch noch viele andere Orte, nur weniger kenntlich mehr, lateinische Namen führen, z. B. Vallis dulcis, Vaduz, Venustus mons, Finstermünz, ja in der Nähe die lateinische Sprache sich selbst als Volkssprache in ihrer Tochter, der romanischen, noch erhalten hat. Es kann daher auch kein Merkmal der entfernten Abkunft der Grafen von Montfort darin erkannt werden. Ohne Zweifel hieß der Berg, worauf das Schloß gebaut wurde, schon von den Zeiten der Römer her als befestigter Punkt Mons fortis. Der Name Montfort trat an die Stelle des von Bregenz, weil dieses aufgehört hatte die ordentliche Residenz zu seyn, und es hätte dieser Wechsel des Namens eintreten können, auch wenn die Dynastie nicht gewechselt hätte. Daraus, daß, was früher Bregenz genannt worden ist, nachher Montfort genannt wurde, läßt sich erklären, daß die Schriftsteller der späteren Zeit häufig auch solchen Grafen, die dem Stamm der Bregenzer und ihrer Vorfahren angehört haben, den Namen Montfort beigelegt haben. Im gemeinen Leben mag übrigens auch schon Graf Rudolph von Bregenz der Graf von Montfort genannt worden seyn, wenn er mehr dort als in Bregenz seinen Sitz hatte, was um so leichter zu glauben ist, als das Schloß Bregenz nicht lange vor seiner Zeit zerstört worden seyn soll.
- ↑ Der Sohn heißt in einer Urkunde vom Jahr 1209 bei Tschudi Bilgerinus de castro brigantino. Sie waren also Burgmannen. Dergleichen Ministerialen und Burgmannen gab es auch zu Montfort, wie aus derselben und frühern Urkunden erhellt, und vermuthlich gehörte auch der Abt Rudpert von Pfeffers, der in einer jedoch zweifelhaften Urkunde vom Jahr 1196 bei Eichhorn als Rudpertus genere de Monteforti vorkommt, diesem Ministerialen-Geschlecht an.
- ↑ Kraft Urkunde vom Jahr 1290 (30. März), abgedruckt in dem Jahresbericht des historischen Vereins im Bayrischen Oberdonau-Kreise vom Jahr 1835, S. 70, verpfändet K. Rudolph von Habsburg dem Grafen Hugo von Montfort, Sohn des Grafen Ulrichs von Montfort, den Bregenzer Wald, für eine Schuld von 1000 M. S., welche die Söhne des Kaisers, Albert und Rudolph, von dem Kauf der Burg und Stadt Sigmaringen etc. noch schuldig waren. Unter Bregenzer Wald ist wohl ein noch jetzt so genannter Theil der Herrschaft Bregenz zu verstehen, vielleicht derjenige Theil, welcher schon in frühern Zeiten an Pfullendorf gekommen seyn soll. Doch könnte Rudolph denselben auch schon früher von den Grafen von Montfort selbst erworben haben. In zwei Urkunden des ehemaligen Klosters Wald von 1283 und 1284, deren Mittheilung wir der Güte des Freiherrn von Laßberg in Sigmaringen verdanken, heißt Graf Ulrich von Montfort, Graf von Sigmaringen. Die den Urkunden angehängten Siegel aber führen die Umschrift: Sigillum Comitis Ulrici de Brigancia. Das Siegel stellt einen Reiter vor mit der Montfortischen Fahne und dem (Bregenzischen?) Löwen im Schilde.
- ↑ v. Arx, Geschichte von St. Gallen, I. 415 u. ff. Die Brüder waren, außer Wilhelm und Rudolph, Friedrich, Bischof von Chur, Heinrich, Dompropst daselbst und der obige Ulrich. Die Grafen von Werdenberg waren auf der Kaiserlichen Seite; sie waren, wie v. Arx bemerkt, 1271 noch Geschwisterkinder der Grafen von Montfort, also die Theilung noch nicht alt. Ebend. S. 385.
- ↑ Nach der Fußnote Seite 250 von Schloß daselbst auf Schloß zu Tettnang korrigiert.