Beschreibung des Oberamts Ulm/Kapitel A 6
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Die grundherrlichen Rechte sind zwischen der Krone und einigen ritterschaftlichen Familien getheilt, der Antheil der Krone ist aber bei weitem der bedeutendste. Die Grundherren, welche zu Folge der Kön. Deklarationen zum ritterschaftlichen Adel und deren Besitzungen unter die Rittergüter gerechnet werden, sind:
1. Graf v. Castell-Dischingen als Besitzer eines zum Rittergut Wernau gehörigen Antheils an Einsingen.
2. Graf v. Maldeghem, der bedeutendste Grundherr des Oberamts, mit den Rittergütern Niederstotzingen, Ober-Stotzingen, Stetten und Kaltenburg. Die diesseitigen Besitzungen des Grafen umfassen, ohne den Antheil an Bissingen, 94485/8 Morgen mit 2225 Einwohnern. Außerdem hat Graf v. Maldeghem noch im Königreiche das Rittergut Bergenweiler Oberamts Heidenheim.
3. v. Tänzel-Trazberg mit dem Rittergut Bissingen.
4. Die Besserer von Thalfingen, mit Antheil an Ober-Thalfingen, Asselfingen, Breitingen, Jungingen und Osterstetten.
5. Die Schad von Mittelbiberach, mit Antheil an den Rittergütern zu Osterstetten, Breitingen, Böfingen und mehreren zerstreut liegenden Gütern in Grimmelfingen, Eiselau, Bernstadt, Langenau, außer andern, nicht hieher gehörigen Besitzungen zu Ringingen und Steinenfeld Oberamts Blaubeuren, so wie zu Mussingen mit den Hardthöfen Oberamts Wiblingen.
6. Die von Baldinger, mit Antheil an Böfingen, Breitingen und Eiselau. Lehens- und Gefällberechtigte gibt es viele. Die bedeutendsten sind: Die Kirchen- und Schulstiftungs-Pflegen und die Armenstifts-Verwaltung Ulm, die Ulmischen Familienstiftungen, besonders die Kraft-Strölinische; sodann die v. Welser etc.
|Die Grundlasten des Oberamts betrugen bei der Aufnahme des provisorischen Catasters an Geldgefällen 6104 fl. 33 kr., an zu Geld gerechneten Naturalgefällen 38.892 fl. 56 kr., zusammen 44.997 fl. 29 kr. Die vogteilichen Gefälle ertragen noch einige Scheffel Hafer und Dinkel, und verschwinden gegen die bedeutenden Lasten dieser Art in den benachbarten Oberämtern Blaubeuren und besonders Urach ganz. Die Vertheilung der Grundlasten enthält Tabelle IV. mit Abzug von 1/5tel ihres Betrages.
Die Zehnten sind, wo sie dem Staat gehören, größtentheils auf mehrere Jahre verpachtet. In Alpeck und Asselfingen darf jeder Inhaber eines Ackers vor Auszählung des Zehntens von jedem Jauchert Roggen 12, von jedem Jauchert Dinkel oder Einkorn 16 Garben als Lohngarben hinwegnehmen. Ausser dem Naturalzehnten besteht in Asselfingen der s. g. „Fraiszehenten,“ der nach einem dreijährigen Turnus in Geld erhoben wird. In Harthausen ist die 4te Garbe neben der 10ten als Landgarbe zu entrichten.
Das Oberamt hat 34 Pfarrämter, 24 evangelische und 10 katholische. Die ersteren mit 29 Filialien sind dem evang. Dekanat Ulm, der Pfarr-Weiler Reuti dem Pfarrer von Amstetten und dem Dek. Amt Geislingen, General-Superintendenz Ulm, der Weiler Merstetten als Filial von Heldenfingen dem Dek. Amt Heidenheim, General-Superint. Hall, zugetheilt. Die kath. Pfarrämter gehören zu dem kath. Dekanat Ulm, wozu noch 6 im Oberamt Blaubeuren und 1 im Oberamt Heidenheim kommen. Dem evang. Dekanatamt sind außer dem Bezirk keine Pfarrorte zugetheilt. Die Israeliten des Oberamts gehören zu dem Rabbinat Laupheim, Oberamts Wiblingen.
In der Oberamtsstadt ist ein Gymnasium mit 6, und eine Realschule mit 5 Klassen. 20 Lehrer ertheilen Unterricht in den verschiedenen Fächern. Elementarschulen sind 57 in dem ganzen Bezirke, und zwar 46 evangelische mit 59, und 11 katholische mit 13 Lehrern.
Industrie-Schulen befinden sich zu Asselfingen, Langenau, Niederstotzingen; Oberstotzingen, Söflingen und Ulm; Ulm hat auch eine Sonntags- und Gewerbsschule, s. u.
Die Wittwen- und Waisen-Kassen der geistlichen und weltlichen Beamten und der Spital in Ulm sind die einzigen, welche nicht bloß eine örtliche Bestimmung haben, s. Ulm.
|In Ulm ist ein Oberpostamt, in Luizhausen ein Postamt, in Nerenstetten ein Poststall ohne Expedition.
Statt Luizhausen war bis 1772 Westerstetten und von da bis 1812 H.Denkenthal die Post, vergl. Ulm.
Alle Wochen regelmäßig gehen nach Augsburg 2 Frachtfuhrleute; nach Canstatt, Lindau und Friedrichshafen, Kempten, Stuttgart, Tübingen, Überkingen je ein Frachtfuhrmann ab.
1) die Stuttgarter Straße. Sie geht über Hinterdenkenthal, Luizhausen (früher über Westerstetten, s. unten) nach Geislingen etc. Die gefürchtete steile Steige bei Urspring wurde im J. 1825 durch eine andere Richtung, welche man der Straße gab, beseitigt, und gegenwärtig ist man damit beschäftigt, auch die Steige bei Denkenthal zu umgehen.
2) die Nördlinger Straße über Alpeck, Nerenstetten, Heidenheim etc., s. Alpeck.
3) die Augsburger Straße und
4) die Memminger Straße gehen gleich außerhalb der Stadt über die Donau und ins Königreich Bayern.
5) die Biberacher- oder Schweizer Straße geht unterhalb Göppingen in’s Oberamt Wiblingen, wo sie sich theilt und rechts über Laupheim, Biberach, Ravensburg nach Friedrichshafen, und gerade aus über Wiblingen, Kirchberg etc. nach Leutkirch und Lindau führt.
6) Die Ehinger oder Breisgauer Straße läuft unterhalb des Galgenbergs und diesseits der Donau über Erbach, Oberdischingen nach Ehingen.
7) die Blaubeurer Straße, durch das Blauthal.
Alle diese Straßen sind Staatsstraßen, und mit Ausnahme der Leutkircher Straße auch Poststraßen.
Das Oberamt zeichnet sich sehr vortheilhaft durch viele und gute Vicinalstraßen aus, um deren Herstellung sich der verstorbene Oberamtmann Regierungsrath von Muff sehr verdient gemacht hat. Die Straßen sind fast durchgängig chaussirt und wie die Hauptstraßen mit Obstbäumen bepflanzt. Die bedeutendsten sind:
| 1) Von Ulm nach Langenau und über Stotzingen nach Lauingen.2) Von Ulm nach Altheim über Jungingen, Beimerstetten, Braitingen, Holzkirch, Weidenstetten;
3) Von Ulm nach Lonsee über Beimerstetten, Westerstetten etc.
4) Von Langenau über Bernstatt und Westerstetten nach Lonsee und Urspring.
5) Von Langenau über Nerenstetten, Weidenstetten nach Ettlenschieß und Geislingen. – Vormals waren 4 und 5 die Scheiben- ober Salzstraße, auf denen aus der Niederlage in Lauingen die Salzscheiben aus Bayern in’s Vilsthal u. s. w. geführt wurden.
Im ganzen Bezirk sind 42 steinerne und 30 hölzerne, zusammen 72 Brücken. Die ausgezeichnetsten sind die Donau-Brücke in Ulm und die Springwerksbrücke über die Blau bei Söflingen.
In Ulm befindet sich eine Halle. Eine Beschälplatte ist nur zu Nerenstetten. Über die Schifffahrt auf der Donau s. u. Ulm. In Ulm sind 2 Messen jährlich, ferner 5 Roß- und 2 Rindvieh- und Schafmärkte; in Altheim sind 2 Krämermärkte und 1 Viehmarkt; in Langenau 4 Krämer- und 4 Viehmärkte, in Niederstotzingen 2 Krämer- und Viehmärkte.
Am 1. Juli 1833 war der Stand folgender:
Vermögen: | ||
An Grundeigenthum und Gebäuden: | 31.000 fl. | – kr. |
Sonstige Forderungen | 21.280 fl. | 51 kr. |
Steuerausstände | 252 fl. | 24 kr. |
Schulden | 0 | |
Amtsschaden wurde umgelegt | 5792 fl. |
Am 1. Juli 1833:
Vermögen: | ||
der Gemeinden, | der Stiftungen. | |
a. Verzinsliche Kapitalien | 129.013 fl. — | 1.025.142 fl. |
b. Sonstige Forderungen | 31.776 fl. | |
__________________________ | ||
160.789 fl. — | 1.025.142 fl. | |
Schulden : | ||
der Gemeinden, | der Stiftungen. | |
a. Verzinsliche | 92.702 fl. — | 2355 fl. |
b. Sonstige | 3794 fl. | |
__________________________ | ||
96.496 fl. | 2355 fl. |
Zu dem sehr bedeutenden Stiftungsvermögen kommen noch die ansehnlichen Privatstiftungen in Ulm, s. unten.
Das Einkommen der Gemeinden beträgt 103.818 fl. und die Ausgaben 96.758 fl., mithin Überschuß 7060 fl.
Das Einkommen der Stiftungen 129.579 fl. und die Ausgaben 121.471 fl., mithin Überschuß 8108 fl.
Im Jahre 1823 betrugen:
die verzinslichen Activcapitalien der Gemeinden | 94.033 fl. |
Ausstände bei den Steuerpflichtigen | 76.190 fl. |
Andere Activposten | 62.049 fl. |
____________ | |
Zusammen | 232.272 fl. |
Die Schulden dagegen an: | |
verzinslichen Passivcapitalien | 202.045 fl. |
Rückstände zur Amtspflege | 8422 fl. |
Andere Passiv-Rückstände | 20.698 fl. |
_____________ | |
Zusammen | 231.165 fl. |
Die Steuerrückstände der Steuerpflichtigen zu den Gemeindepflegen sind im Verhältniß der Größe des Oberamts nicht bedeutend, sie betragen noch 12.436 fl., wovon Söflingen mit 5481 fl. den größten Antheil hat.
Der Zustand der Gemeindekörperschaften ist nicht nur, wie aus obiger Darstellung erhellt, im Allgemeinen gut, sondern er ist es in der Regel im Einzelnen. Der größte Theil der Gemeinden hat mehr Einkünfte als Ausgaben, und daher auch ordentlicher Weise keine Umlagen nöthig. Im Ganzen schreitet der Wohlstand der Körperschaften sowohl als der einzelnen Angehörigen sichtbar vorwärts; bei beiden wirkt vorzüglich auch der glückliche Umstand, daß der Oberamtsbezirk sich guter Ortsvorsteher erfreut.
|Das Cataster des Oberamts mit Einschluß der Grundherrschaften beträgt von
Grundeigenthum | 349.066 fl. | 1 kr. |
Gefällen | 53.252 fl. | 58 kr. |
Gebäuden | 4.365.085 fl. | |
Gewerben | 12.689 fl. | |
________________ | ||
4.760.092 fl. | 59 kr. | |
Die directe Steuer pro 1834/35 war: | ||
Grundsteuer | 34.287 fl. | |
Gefällsteuer | 3642 fl. | |
Gebäudesteuer | 12.938 fl. | |
Gewerbesteuer | 13.623 fl. | |
_____________ | ||
64.490 fl. |
Auf die Quadratmeile kommen demnach 8716 fl. Steuern, und auf 1 Person 2 fl. 6 kr.
Durch das provisorische Cataster von 1821 erhöhte sich die Steuer um 10.519 fl. (bis 1822 hatte sie an 2.400.000 fl. 47.010 fl. betragen), weitere Erhöhungen ergaben sich durch Veränderungen in dem Cataster, namentlich durch Ankäufe des Grafen von Maldeghem, der Staatsgüter und Gefälle an sich brachte.
Das nicht unter dem Gemeinde-Cataster begriffene Cataster der Grund- und Gefällherren, welches in der IV. Tabelle nur summarisch angegeben ist, vertheilt sich unter dieselben folgendermaßen:
|Grund- und Gefällherren | Grund- Cataster |
Gefälle- Cataster |
Gebäude- Cataster |
Gewerbe- Cataster |
Grund- Steuer |
Gefäll- Steuer |
Gebäude- Steuer |
Gewerbe- Steuer | ||||||||
fl. | kr. | fl. | kr. | fl. | kr. | fl. | kr. | fl. | kr. | fl. | kr. | fl. | kr. | fl. | kr. | |
Fürst von Thurn und Taxis | – | – | 8525 | – | – | – | – | 25 | 16 | – | ||||||
von Baldinger und Consorten | 31 | 16 | 363 | – | – | – | 3 | 25 | 39 | 46 | – | – | ||||
Graf von Maldeghem | 5447 | 16 | 5822 | 1 | 17.655 | – | – | 592 | 14 | 637 | 39 | 52 | 19 | – | ||
Herr von Süßkind | 183 | 20 | – | – | – | 20 | 5 | – | – | – | ||||||
von Schad und von Baldinger | 37 | 45 | – | – | – | 4 | 8 | – | – | – | ||||||
Graf Castel-Dischingen | 58 | 3 | 281 | 15 | – | – | 6 | 22 | 30 | 48 | – | – | ||||
von Schad und Consorten | 218 | 49 | 389 | 35 | – | – | 24 | – | 42 | 40 | – | – | ||||
Freiherr von Bernhausen | 42 | 11 | 7 | 23 | – | – | 4 | 37 | – | 49 | – | – | ||||
Verschiedene adelige Gefällbesitzer | – | 4661 | 17 | 2115 | – | – | – | 510 | 25 | 6 | 16 | – | ||||
Summe | 6018 | 40 | 11.524 | 31 | 28.295 | – | – | 654 | 51 | 1262 | 12 | 83 | 51 | – |
Das Thurn- und Taxische Cataster beruht auf einem Gebäudebesitz zu Ulm, das Süskindische auf einem Waldbesitze zu Ober-Stotzingen, und das von Bernhausensche auf einem kleinen Besitze zu Mähringen.