Beschreibung des Oberamts Welzheim/Kapitel A 7

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel A 6 Beschreibung des Oberamts Welzheim Kapitel B 1 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
VII. Geschichtlicher Überblick und Alterthümer.


1. Politischer Zustand.

Aus den vielen wichtigen Alterthümern, welche, wie wir bald finden werden, der Bezirk aufzuweisen hat, ist mit Recht zu schließen, daß einst die Römer einen längern Aufenthalt in demselben gehabt haben. Nachdem diese ihn im vierten Jahrhundert verlassen, scheint er großentheils einige Jahrhunderte unbewohnt geblieben zu seyn, da kein Ort desselben vor dem eilften Jahrhundert in der beurkundeten Geschichte genannt wird.[1]

Das Oberamt gehörte seinem größeren Theile nach dem Herzogthume Alemannien oder Schwaben und seinem kleinern Theile nach dem Herzogthum Franken an. Denn in einer Schenkungsurkunde vom J. 1027 (Wibel hohenlohsche Kirchengeschichte III S. 55) sagt König Conrad II. von einem bei Murrhardt gelegenen Walde: er reiche vom Kocherfluß „sursum secus Steicherbachum et sic per limites Franconiae et Sueviae ad supra dictum fontem Wislauffam.“ Die Grenze beider Herzogthümer wird also ausdrücklich vom Steigersbach bis zum Ursprung der Wieslauf gesetzt. Zieht man nun vom Ursprung des Steigersbachs (bei Reippersberg, Oberamts Gaildorf) bis zu dem der Wieslauf eine gerade Linie, so geht dieselbe zunächst nördlich an Kaisersbach, dieses selbst noch Schwaben zutheilend, vorüber | und scheidet aus unserm Oberamte Hofenäckerle und Rothenmad, sowie den ganzen Gemeindebezirk Kirchenkirnberg, dem Herzogthum Franken zu. Eben dahin sind, da der Murrgau bekanntlich fränkisch ist (s. hienach), alle auf dem rechten Ufer der Wieslauf gelegenen Orte, somit etwa die Hälfte der Gemeinden Rudersberg und Unter-Schlechtbach, zu rechnen. Der ganze übrige Theil des Oberamtes gehörte dagegen dem Herzogthum Schwaben an.

Der obenerwähnte Umstand, daß in älteren Urkunden keine Wohnorte unseres Bezirkes genannt werden, verhindert, die Gaue näher zu bezeichnen, in welche derselbe vor Ausbildung der Landeshoheit eingetheilt war. Höchst wahrscheinlich, was die alemannischen Gaue betrifft, grenzte östlich der Drachgau (in welchen Iggingen und Mulfingen, Oberamts Gmünd, lagen), südlich aber der Ramsthalgau an. Nördlich ragte vielleicht der fränkische Kochergau, nordwestlich und westlich aber sicherlich der gleichfalls fränkische Murrgau herein. In der Mitte des Bezirkes, wahrscheinlich von der Lein an in nördlicher Richtung gegen Franken hin, aufwärts, breitete sich der Nibelgau aus: der einzige Gau desselben, welchen – freilich spätere – Urkunden nennen. Conradus miles, cognominatus Wascher und sein Sohn Conrad renunciat 1271 dem Kloster Lorch »pro damnis illo illatis omni juri advocatiae, quod in bonis hujus monasterii in Aichistruot, Schadeburg, Wighartisrutin, in Tainbuch, in Klozheim competere aliquatenus videbatur.« Zugleich tritt Conrad an Lorch »bona nostra in Nibelgow cum omnibus suis attinentiis hereditario ad nos titulo devoluta« gegen einen Mansus in Wäschenbeuren ab. (Sattler ält. Gesch. v. W. S. 706.) Albertus nobilis vir de Ebersberch erklärt 1278, daß er kein Recht habe oder gehabt habe an diese eben gedachten Güter im Nibelgau, sondern daß er sie mit Unrecht weggenommen. Zugleich verzichtet er gegen 45 Pfd. Heller gegen das Kloster Lorch auf die von ihm angemaßte Vogtei »in Schadeburch, in Wichartesrutin et apud Glasarios« (Normann observ. ad rescr. | commiss. Johannis XXI). Zwischen dem Kloster Lorch und Gernold von Wallencin, Bürger zu Gmünd, wurde 1305 ein Streit beigelegt »super quodam molendino dicto Cromühl et bonis in Nibelgow.« Einige Bürger verkaufen 1376 dem Kloster Lorch ihre Rechte „an den Guten zu Nibelgow die die von Reinharts vmb Zins von vns bisher gehabt hant.“ Diesen bei Rienharz gelegenen Weidedistrikt nennt das Lagerbuch von 1567 „Alten Nibelgau.“ Die Meuschenmühle wird noch 1553 „Nibelgau die Mülen“ und 1600 „Nibelgaumühle.“ genannt. Ein Acker bei Aichstruth wird 1489 „der Nibelgewacker“ genannt. Die an sich nicht unwahrscheinliche Vermuthung, daß die Herren von Beuren die Grafen dieses Gaues gewesen, dürfte eine Bestätigung darin finden, daß die verwandte spätere Linie der Hohenstaufen wo nicht den ganzen Bezirk, so doch den größten Theil desselben, darunter Welzheim und die umliegenden Orte, besessen hat.

Bald nach dem Zerfalle der Gauverfassung treffen wir nämlich das Geschlecht der Hohenstaufen als Territorialherren eines großen Theils unseres Bezirkes. Zwar läßt sich derselbe bei dem Mangel alter Urkunden nicht mit Sicherheit abgrenzen; allein wir irren wohl schwerlich sehr, wenn wir den südlichen, jenseits der Rems gelegenen, Theil desselben dem Stammhause der Beuren, den westlichen, bis zur Wieslauf reichenden, und den östlichen, der Rems entlang sich erstreckenden Theil bis zu der Hochebene von Alfdorf und Pfahlbronn hinauf der hohenstaufenschen Herrschaft Waldhausen und Lorch, das Wieslaufthal mit dem westlichen Abhange des welzheimer Waldes der gleichfalls hohenstaufenschen Herrschaft Waldenstein und den größeren Theil der welzheimer Hochebene der ebenfalls hohenstaufenschen, einst wohl bedeutenderen, Herrschaft Welzheim als ursprüngliches Besitzthum zuschreiben. Somit bliebe nur noch der nördliche und nordwestliche Abhang des welzheimer Waldes in Frage; wie aber hier die Dynasten von Ebersberg, deren Territorium bis 1 Stunde vor Welzheim hereinragte, und dort | die Grafen von Löwenstein mehr oder minder Fuß gefaßt hatten, wird die Ortsgeschichte bei Eckardsweiler, Ebni und Kirchenkirnberg zeigen. Als jedoch das Kloster Lorch von den Hohenstaufen und das Kloster Adelberg von einem hohenstaufenschen Dienstmanne oder Verwandten gestiftet ward, wurden bei Ausstattung beider und bei späteren Übergaben ganz Lorch und namhafte Bestandtheile von den andern vorgenannten Herrschaften dahin übergeben. Auch das von den Hohenstaufen gestiftete Kloster Elchingen an der Donau erhielt Rechte und Güter (s. Plüderhausen und Lorch). Was von jenen übrig geblieben, kam noch vor dem Aussterben des hohenstaufenschen Hauses in andere Hände, so namentlich, wie die Beschreibungen der Oberämter Hall und Gaildorf zeigen werden, im J. 1241 durch K. Conrad IV. dem Hohenstaufen ein von Geislingen bis Breitenfürst reichender Jagdbezirk an die Schenken von Limpurg; alles Übrige aber so räthselhaft, daß weder die Zeit noch der Titel der Erwerbung angegeben werden kann. Wäschenbeuren und Welzheim gelangten an die stammverwandten Rechberg, Waldhausen und Waldenstein aber an Württemberg. Kirchenkirnberg scheint ein Stiftungsgut des Klosters Murrhardt gewesen zu seyn, ward aber frühe schon an Adelberg abgetreten, und im Norden hatte sich an der Seite Ebersbergs das Stift Backnang vestgesetzt. Alfdorf und Anderes, das zuvor schon frühe abgerissen worden, war theils an die Rechberg und theils an Dienstmannen der erwähnten Herrschaften, oder an Bürger von Gmünd und Schorndorf, oder an Klöster gekommen. (S. oben Grundherrn). Aber auch jene Genossen des niedern Adels verschwinden meist schon vor der Reformation aus unserem Bezirke, nachdem ihr Besitzthum hauptsächlich an die genannten Klöster übergegangen. Unter Bezugnahme auf die Ortsbeschreibung nennen wir: die von Baldeck, Bielrieth, Brogenhofen, Deinbach, Eltershofen, Enderbach, Gaisberg, Holzwarth, Horkheim, Leineck, Lorch, Michelau, Reinharts, Rechberghausen, Rinderbach, Schechingen, Schertlin, Staufen, Stein, Thurn, | Urbach, Vetzer, Waldenstein, Waldhausen, Wascher, Welzheim, Wexheim, Yttingkofen. Die Schenken von Limpurg faßten, wie die Ortsbeschreibung zeigt, erst im 15. und 16. Jahrhundert in unserem Bezirke vesten Fuß.

Im Laufe des gegenwärtigen Jahrhunderts hat unser Bezirk in politischer Hinsicht noch manchfache Änderungen erlitten. Die Rittergüter Alfdorf und Wäschenbeuren kamen, wie schon oben erwähnt, zu Ende 1805, Limpurg 1806 unter württ. Staatshoheit. Das Oberamt Welzheim mit der Waibelhub, welches bis dahin zur Kammerschreiberei (Hofdomänen-Kammer) gehört hatte, wurde durch Tausch am 11. März 1807 an die Oberfinanzkammer abgetreten, und am 2. Juli 1807 mit dem Kloster-Oberamt Lorch vereinigt, nachdem die S. 3 genannten Bestandtheile des Kloster-Oberamts Adelberg, sowie Burgholz, Radelstetten und Beutenhof am 25. April gleichfalls damit verbunden worden waren. Am 2. Juli 1807 wurde ferner das Amt Plüderhausen vom Oberamt Schorndorf und 1808 bei Auflösung des Oberamts Murrhardt Kirchenkirnberg mit den in der Ortsbeschreibung genannten Parcellen hierher gewiesen, wogegen Welzheim das Amt Waibelhub, Höldis ausgenommen, an das Oberamt Gaildorf abgab. Der Oberamtssitz wurde am 27. Oktober 1810 von Welzheim nach Lorch verlegt. Bis dahin hatte der Bezirk 11.266 Einwohner gezählt; an demselben Tage kamen aber noch das Amt Rudersberg und einige Parcellen des Amtes Ober-Urbach vom Oberamt Schorndorf, die Gemeinden Wäschenbeuren und Hohenstaufen vom Oberamt Göppingen, die Gemeinden Alfdorf, Pfersbach u. Waldau, Wüstenrieth und Wetzgau mit Ziegerhof vom Oberamt Gmünd zu demselben; doch wurden am 4. Februar 1811 Hohenstaufen an das Oberamt Göppingen und der Weiler Steinbruck an das Oberamt Schorndorf zurückgegeben. Im Jahr 1819 wurde die Wiederverlegung des Oberamtssitzes von Lorch nach Welzheim angeordnet, die aber erst im Oktober 1820 vollzogen werden konnte und wo bei Lorch eine Entschädigung wegen Baukosten von 5000 fl. aus Staatsmitteln erhielt. | Die Oberbeamten unseres Bezirkes waren der Oberamtmann in Welzheim, welcher zugleich Keller war und die Gefälle des Bezirkes an die Kammerschreiberei einzuliefern hatte, sowie der Oberamtmann in Lorch, welchem zugleich die Klosterverwaltung übertragen war und der die Gefälle an die Kirchenkastensverwaltung abgab. Das Nähere s. unter Lorch. Das Forstamt Lorch wurde erst im Jahr 1822 geschaffen. Von weiteren Beamtungen sind die alten Unterämter Plüderhausen und Rudersberg, sowie die Klosterunterbeamtungen Kaisersbach und Pfahlbronn zu erwähnen. Für das Rittergut Alfdorf bestand ein sogenanntes „Oberamt“, für Wäschenbeuren ein „Obervogteiamt“. Mit Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit hörten dieselben 1809 auf und wurden auch die limpurgschen Orte in Jurisdiktions-Sachen unter das Oberamt gestellt.

Bei der erstmaligen Eintheilung des Königreichs in Kreise 1806, wurde unser Bezirk dem Kreise Schorndorf und bei der Eintheilung in Landvogteien 1810 der Landvogtei Göppingen zugewiesen. Bei der neueren Eintheilung in Kreise fiel das Oberamt dem Jagstkreise zu.

Von Rechtsalterthümern ist hier noch zu erwähnen, daß bis zu Einführung des allgemeinen Landrechtes hinsichtlich des Erbrechtes eigenthümliche Statuten hauptsächlich im Amte Kaisersbach (Reyscher Statutarrechte S. 23 und Fischer Gesch. der deutschen Erbfolge II. S. 133) und auch im Amte Plüderhausen (Fischer a. a. O. S. 272) bestanden. Wegen der vormals limpurgschen Orte s. die Beschreibung des Oberamts Gaildorf.

Eine bemerkenswerte Erscheinung ist ferner, daß sich, wie bereits erwähnt, noch in späteren Jahrhunderten viele freie Güter auf dem Walde erhalten (s. Brech, Brend, Eibenhof, Enderbach, Groß-Deinbach, Klein-Deinbach, Kaisersbach, Pfahlbronn, Adelstetten und Wüstenrieth) und daß die Besitzer mehrerer, z. B. in Brend, Grasgehren, Höldis, sich in den Schirm Württembergs begeben hatten. Aus solchen freien Bauern des Waldes war einst die sogenannte „Waibelhub“ | und das sog. „Siebenzehner-Halsgericht“ zu Selach zusammengesetzt. Auf die Waibelhube, die sich auch über einige benachbarte Oberämter erstreckte, werden wir bei Beschreibung des Oberamtes Gmünd zurückkommen, und bemerken hier nur, daß Güter in Höldis und Klein-Deinbach als solche ausdrücklich bezeichnet werden, welche dahin gehörten. Das Halsgericht zu Selach, welches wir bei der Oberamtsbeschreibung von Gaildorf näher kennen lernen werden, reichte bis Gebenweiler herab. – Ein erwähnenswerthes Überbleibsel der Gemeinschaft an den Feldmarkungen ist die noch 1489 in Gebenweiler vorkommende „Wechselwiese“.[2]


2. Kirchliche Verhältnisse.
Ob das Christentum ebenso frühzeitig, wie im übrigen Alemannien (im siebenten Jahrhundert), in unserem Bezirke, namentlich auf dem Walde, Fuß gefaßt, läßt sich nicht mehr entscheiden. Die schon 779 genannte Kirche „Waldowe“ (Stälin Gesch. Wirt. I. S. 367) scheint mit unserem Waldau nicht im Zusammenhange zu stehen, da keine Spuren einer Kirche dort bis jetzt zu finden waren. Immerhin ist es aber nicht unwahrscheinlich, daß die Kirche Kirchenkirnberg und die Capelle Gebenweiler fast bis in jene Zeit hinaufreichen. Das Klösterlein Gmünd, welches schon unter Karl dem Großen bestanden haben soll, und das ebenso alte Kloster Murrhardt mögen zu den ältesten Zeiten am Meisten für die Verbreitung der Lehre gewirkt haben. Von Kirchen auf dem Walde wird die in Welzheim erstmals in Urkunden (1138–1152) genannt. Von sehr hohem Alter ist auch die Stiftskirche Lorch, deren Sprengel sich über mehr als | die Hälfte des Oberamts-Bezirkes und in die Oberämter Gmünd, Göppingen und Schorndorf erstreckte.

Wie die Grenze der Herzogthümer durch unsern Bezirk zog, so wurde derselbe auch schon unter König Dagobert (Neugarth. cod. dipl. II. S. 86) in kirchlicher Hinsicht getheilt, also, daß die Kirchen Alfdorf, Lorch, Wetzgau, Plüderhausen, Wäschenbeuren und selbst Welzheim (das von Cleß I. 67 und Andern mit Unrecht der Diöcese Würzburg zugewiesen wird) der Diöcese Augsburg angehörten; wogegen Rudersberg der Diöcese Speyer und Kirchenkirnberg wahrscheinlich der Diöcese Würzburg angehörten. Zum Landcapiteln Lorch waren Alfdorf, Lorch, Plüderhausen, Wetzgau, Welzheim und Wäschenbeuren eingetheilt. Rudersberg dagegen dürfte zum Capitel Backnang, Kirchenkirnberg aber zum Capitel Hall gehört haben (Braun, Diöcese Augsburg. I. 552.) Der Sitz des Decans und des Capitels war wohl bis zur Reformation im Dorfe Lorch. Im Jahr 1509 saß jedoch der Decan in Wetzgau.

An Klöstern war nur das in Lorch vorhanden; die Geschichte desselben und des Stiftes Lorch wird die Ortsbeschreibung geben.

Die Reformation wurde 1535 in Lorch, Welzheim, Rudersberg und Kirchenkirnberg, 1536 in Plüderhausen eingeführt. In Alfdorf war sie erst 1619 durchzusetzen. In Wäschenbeuren und Wetzgau und überall, wo Rechberg oder die Reichsstadt Gmünd Herren oder Mitherren waren, konnte sie keinen oder blos theilweisen Eingang finden; daher noch heute in manchen Orten ein gemischtes Confessionsverhältniß Statt findet. Nach der Reformation wurde das Capitel Lorch aufgehoben und aus den der alten Lehre zugethan gebliebenen Kirchen der Capitel Lorch und Lautern das katholische Capitel Gmünd gebildet, welchem auch Wäschenbeuren und Wetzgau zufielen. Die evangelischen Kirchen unseres Bezirkes aber wurden dem Decanate Schorndorf zugewiesen; Kirchenkirnberg jedoch kam später an Backnang. Erst am 5. Januar 1824 wurde das Decanat Welzheim gebildet und mit | diesem auch Kirchenkirnberg vereinigt. Im dreißigjährigen Kriege wurden in mehreren Orten die evangelischen Geistlichen durch katholische verdrängt. S. die Ortsbeschreibung.

Das Decanat Schorndorf stand unter dem 1599 errichteten Generalat Adelberg, mit Ausnahme Welzheims, welches dem Consistorium in Gaildorf und von 1690 bis 1806 dem in Ober-Sontheim untergeben war, und Kirchenkirnbergs, das von 1810 bis 1824 dem Generalat Heilbronn angehörte. Übrigens bestand bis zu der 1599 erfolgten Vereinigung mit Adelberg auch ein Generalat Lorch, welchem der Prälat von Lorch vorstand und die lorchschen Pfarreien untergeben waren. Im Jahr 1810 wurde das Decanat dem Generalat Urach und im Jahr 1823 dem Generalat Hall zugetheilt.


3. Besondere Schicksale.
Der topographische Theil dieser Schrift wird des Näheren darthun, wie – abgesehen von noch älteren Ereignissen – in den Kriegen und Fehden der Städte und der Fürsten unser Bezirk Vieles zu leiden hatte. Wir bemerken hier nur daß Kaiser Albert zwischen Lorch und Waldhausen herbergte (Böhmer Regesta imp. 243.) Die Thalorte waren meist Anhänger des armen Conrad, ergaben sich aber dem Abt von Lorch gutwillig (Cleß III. 44). Im Jahr 1519 wurden, wie sich unten zeigen wird, Plüderhausen und Waldhausen von den Völkern des schwäbischen Bundes grausam mitgenommen. Dort werden wir auch finden, wie die aufrührischen Bauern im J. 1525 gehaust haben. Sie hatten erst zwischen Adelstetten und Lindach, hierauf aber bei dem Dorf und Kloster Lorch ein Lager geschlagen, von wo aus sie durch ihren Kanzler, den Pfarrer Kirschenbeißer von Frickenhofen, mit der Reichsstadt Hall unterhandelten. Im Jahr 1597 herrschte die Pest, wie wir bei Alfdorf finden werden. Wie fast überall, so wüthete aber der dreißigjährige Krieg über alle Beschreibung. Viele Orte lagen lange Zeit ganz öde und verlassen. Verheerende Seuchen gingen diesem Elende voran und nach. In der | Parochie Welzheim starben von 1611 bis 1620 458, in dem einzigen Jahre 1635 aber 938 und noch dazu im Amte Waibelhub 212 Menschen! Das Kloster Lorch wurde mit allen Amtsorten desselben mehrere Male von den Katholiken in Besitz genommen. S. die Ortsbeschreibung. Im Jahr 1678 auf 1679 lagen die Lothringer in Lorch im Winterquartier. Über die Ereignisse im spanischen Erbfolgekrieg ist unten bei Lorch und Wäschenbeuren nachzusehen. Die Lage unseres Bezirkes ist die Ursache, daß derselbe auch in den Kriegen zu Ende des vorigen und zu Anfang des jetzigen Jahrhunderts alle damit verbundenen Drangsale zu bestehen hatte. Wie die Franzosen im Jahr 1796 auf dem welzheimer Walde selbst den Bettlern die Schuhe von den Füßen gerissen und zerstört, was sie nicht mitnehmen konnten, hat Pahl in den Materialien zur Geschichte jenes Krieges S. 528 beschrieben.


4. Alterthümer.
A. Römische.
Die unverkennbarsten Spuren von dem ehemaligen Aufenthalt der Römer in der Gegend um Welzheim hat der römische Grenzwall zurückgelassen, und schon dadurch den Oberamtsbezirk, den derselbe nach seiner ganzen Länge durchzieht, in die Reihe der interessanteren im Königreich gestellt. Aus den Oberämtern Ellwangen, Aalen und Gmünd herkommend, betritt der limes den Bezirk Welzheim in der Gegend von Klein-Deinbach und zieht von dort, in der Richtung von Osten nach Westen, in kaum bemerkbaren Spuren gegen Lorch. Nur auf der Höhe bei Klein-Deinbach meint man noch Überbleibsel desselben nachweisen zu können, die sich aber bald von da bis Lorch gänzlich verlieren. Nach der bisherigen und der folgenden Richtung bildete die römische Grenzlinie bei Lorch einen beinahe rechten Winkel und zieht von hier an auf einmal gegen Norden. Auf diese Ecke läuft die von den Donauquellen längs der Alptrauf sich hinziehende | Grenze Obergermaniens und Rätiens (Raetia secunda, also Galliens und Italiens in weiterem Sinne) hin. Bei jener Veränderung des Zugs ändert sich auch der Name und zugleich die ganze Physiognomie des Walls; eine Benennung, die ihn erst von Lorch an wirklich bezeichnet, denn von hier an erscheint er unter dem Namen Pfahl, Pfahlgraben, Schweingraben, als vollkommener Erdwall, während er in den Oberämtern Ellwangen, Aalen und Gmünd, wenigstens bis über Mögglingen hinaus, unter dem Namen Teufelsmauer, als eine gepflasterte, dammartige Straße erscheint.[3]

Der von Lorch nördlich ziehende Grenzwall ist gegenwärtig noch an seinen conservirtesten Stellen, an der steilen Außenseite (Ostseite) 10–12′, an der flach abgedachten Westseite 4′ hoch, hat oben eine Breite von 4–5 und unten eine von 25–30′. An der Außenseite führt ein 25–30′ breiter Graben, der sich gegen unten bis auf 2′ verengt. Die Tiefe des Grabens bildet die höhere Außenseite des Walls und beträgt demnach 6–8′. Längs des Walls standen an der inneren Seite genau 20 Schritte = 60 württ. Fuß hinter demselben Vertheidigungs-Gebäude, Wachhäuschen, die im Munde des Volks Capellen, Schilderhäuschen etc. heißen. Die noch aufgefundenen 2′ 5″ dicke Grundmauern derselben sind Vierecke, von denen je eine Seite 15′ beträgt. Die Wachhäuschen | waren, wo es die Terrain-Verhältnisse erlaubten, ungefähr 1000 Schritte auseinander; Abweichungen von diesem Maße werden getroffen wo das Terrain nicht eben, sondern mehr von Thälern durchschnitten ist, und wo, um solche Gebäude stets auf dominirende Punkte zu bringen, der gewöhnlichen Entfernung entweder abgebrochen oder zugegeben werden mußte.

Es soll nun der Zug des limes von Lorch aus, mit Angabe der an demselben gestandenen Wachhäuschen, näher beschrieben werden. Nördlich von Lorch, im pfahlbronner Wald, unweit der Götzenmühle, finden sich die ersten Spuren des gegen Norden ziehenden Grenzwalls; von da führt er den Bergrücken hinauf nach Pfahlbronn, auf diesem Weg zieht er ganz nahe an einer felsigen Bergkuppe, der Bemberlesstein[4] genannt, vorüber. Hier stand ein Wachhäuschen und nur 500 Schritte von diesem ein zweites. Wo der Wall aus dem Walde auf das pfahlbronner Feld tritt, befinden sich, blos 100 Schritte von dem Waldsaum entfernt, ebenfalls die Spuren eines solchen Vertheidigungsgebäudes. Bei Pfahlbronn verlieren sich eine Zeitlang dieselben, bis sie westlich vom Ort wieder zum Vorschein kommen. Der Wall zieht nun in nordwestl. Richtung neben der Landstraße von Pfahlbronn nach Welzheim, bis in die Nähe des Haghofs, wo er in einem stumpfen Winkel abermals abbricht und, seine frühere nördliche Richtung wieder einhaltend, weiter führt. Von Pfahlbronn bis an den Punkt, wo der Wall den Winkel macht, finden sich zweimal Überreste von ehemaligen Wachhäuschen, und am Winkel selbst die Trümmer eines größeren Gebäudes, wahrscheinlich eines Thurmes. Von dieser Stelle führt der Wall immer sichtbar durch den Wald Birkich, in dessen Schatten die Reste eines Wachhäuschens durch einen nicht unbedeutenden Schutthaufen sich verrathen; von da weiter durch den Wald Tann, in welchem ebenfalls ein solches | Häuschen stand, und von hier auf die sog. Burgäcker. Hier hat die Kultur die Spuren des Walles vertilgt. Dagegen findet man unter dem Boden noch Grundmauern römischer Gebäude von nicht geringem Umfang; auch hat der Zufall an dieser Stelle schon mehrere röm. Alterthümer, z. B. Münzen, Lampen, Gefäße, Figuren von Bronce etc. ans Licht gebracht, so daß man annehmen darf, hier sey nicht blos ein Wachhäuschen, sondern eine römische Grenzniederlassung gestanden, von der übrigens später mehr die Rede seyn wird. Nur ein geübtes Auge kann von hier an die beinahe unmerklichen Reste des Walls wahrnehmen. Sein Zug ging weiter über die sog. Mühläcker bei Welzheim, wo neben andern römischen Alterthümern auch einige Denksteine ausgegraben wurden; von den Mühläckern weiter über die Capellentheile, die ihren Namen von dem dort gestandenen Wachhäuschen (Capelle) erhalten haben; von hier wieder ganz sichtbar an Seiboldsweiler vorüber nach Eckartsweiler. Ehe der Wall die sanfte Einteichung bei Seiboldsweiler erreicht, finden sich an ihm die Spuren eines Grenzgebäudes; der Platz heißt bei der Capelle, und zwischen Seiboldsweiler und Eckartsweiler stand abermals ein solches Gebäude. Von Eckartsweiler führt der Wall östlich an Gausmannsweiler vorüber, weiter über die sog. Gläserwiese bis an den obern Rand des schroffen Thalabhanges gegen den Weidenhof, in der Nähe des Spatzenhofs. Auf diesem Wege findet man Spuren von Wachhäuschen, nämlich einige 100 Schritte von Eckartsweiler, in den Wiesen bei Gausmannsweiler, im Walde bei der Gläserwiese und endlich oben am Thalrande beim Spatzenhof. Letzterer Punkt scheint übrigens bedeutender gewesen zu seyn, so daß sich vermuthen läßt, es möchte hier abermals ein Grenzthurm gestanden haben. Von dieser Stelle an verläßt der Wall die Hochebene des welzheimer Waldes und läuft über Schluchten und Thäler 500 Schritte westlich am Weidenhof vorbei, und überschreitet dann bald die nördliche Grenze des Oberamtsbezirks. Die Merkmale des letzten Grenzhäuschens im Bezirk findet man auf einem sanften Bergrücken hinter dem Weidenhof. | Außer dieser großartigen verschanzten Grenzlinie befinden sich im Oberamtsbezirk Welzheim noch einige andere Schanzen, z. B. eine viereckige in der Nähe des Mönchhofs. Daselbst wurde eine Münze von Domitian gefunden; ferner bei Adelstetten zieht über die schmale Hochebene zwischen der Lein und dem Waldauerbach ein Schanzgraben, unter dem Namen Landgraben, der weiter durch die Oberämter Gmünd, Gaildorf etc. führte, wo er zwar beinahe spurlos verschwunden ist, wogegen sich sein Name und sein früherer Zug noch erhalten hat, wie z. B. namentlich bei Thanau, zwischen Ruppertshofen und Striethof etc. Ob diese Linie einst die Marke des Gebiets der Reichsstadt Gmünd bildete, oder eine andere Bestimmung hatte, läßt sich nicht mehr angeben. Die Schanzgräben, welche ebenfalls außerhalb des Oberamtsbezirks bei Hinter-Steinenberg, Hinter-Linthal, Wahlenberg etc. vorkommen, scheinen mit dieser Linie nicht zusammenzuhängen; ihre frühere Bestimmung ist übrigens so räthselhaft wie die der obigen. Noch ist einer Schanze, welche auf dem sog. Köpfle in der Nähe des Göckelhofs sich befindet, zu erwähnen. Dieselbe ist ungefähr 500′ lang, 10–15′ tief und zieht auf der nördlichen Grenze des Oberamtsbezirks, in der Richtung des schmalen Bergrückens hin, der in der Nähe der Schanze ausläuft und eine sehr hervorragende Bergspitze bildet.

Obgleich hienach der Oberamtsbezlrk reich an Spuren aus der Römerzeit ist, so sind doch die römischen Straßen hier zum Theil gänzlich verschwunden, und die letzten Reste dieser Anlagen äußerst schwierig aufzufinden. Die große römische Heerstraße, die von Windisch in die Schweiz, Vindonissa, über Rottenburg, Canstatt herkommt, führte in der Nähe der Eselshalde in den Oberamtsbezirk. Ihre Spuren sind hier verschwunden, da die gegenwärtige Landstraße auf sie gegründet ist. Nur ein alter gepflasterter Weg, der von der Landstraße ab nach Steinenberg führt, scheint ein noch sichtbarer Rest derselben zu seyn. Von der Eselshalde an führt die Landstraße auf ihr fort nach Breitenfürst, Pfahlbronn und Alfdorf; hier lenkt die Landstraße von ihr ab und sie | zieht nun unter dem Namen „Hochstraße“ (S. 5.) an Adelstetten und Pfersbach nördlich vorüber und verläßt den Oberamtsbezirk zwischen Pfersbach und Lindach. Ihr weiterer Zug ist in den württ. Jahrbüchern Jahrg. 1835, 1stes Heft näher beschrieben. Von dieser Hauptstraße geht eine römische Straße, „der Heerweg“ genannt, westlich von Pfahlbronn gegen den Klotzenhof. Sie soll nach der Aussage des Volks auf den Staufen geführt haben. Die Spuren derselben sind größtentheils verschwunden; glücklicherweise aber hat sich am Fuß des Hohenstaufens, in der Nähe von Maitis, noch eine Strecke von dieser Römerstraße erhalten, welche als Fortsetzung von obigem Heerweg zu betrachten ist (S. die Beschr. des OA. Göppingen, S. 104). Die weitere römische Straße, welche längs vom limes gegen Norden zog und die Niederlassungen an demselben verband, lenkte ohne allen Zweifel von der römischen Hauptstraße in der Gegend von Breitenfürst ab und zog auf dem Gebirgsrücken, westlich an Welzheim, Seiboldsweiler, Eckartsweiler und Gausmannsweiler vorüber. Diese Annahme hat um so mehr Wahrscheinlichkeit, als bei dieser Straßenführung der Übergang über das Leinthal umgangen worden wäre, und die Straße stets auf der Höhe, und zwar so lange es die Terrainverhältnisse erlaubten, im Rücken des Walls, fortgeführt hätte.[5] An dieser angegebenen Linie stehen, auf eine Strecke von ungefähr 11/2 Stunden von Zeit zu Zeit uralte Linden. Niemand will wissen, warum diese hierher gepflanzt wurden; Einige vermuthen, daß vor alten Zeiten hier eine Straße bestanden habe, von der übrigens keine sichere Spuren mehr vorhanden sind. Diese Straße würde sich dann in der Gegend des Leinursprungs mit der von Winnenden herkommenden alten Straße verbunden und | weiter gegen Kaisersbach geführt haben. Unweit des Ursprungs der Lein überschreitet die Straße den limes, da es das Terrain, über welches derselbe von hier an weiterzieht, nicht mehr erlaubt hätte, eine Straße in dessen Nähe zu führen. Von Kaisersbach lief sie den Bergabhang hinunter gegen den Göckelhof und verläßt dort den Oberamtsbezirk.

Was endlich die Niederlassungen der Römer betrifft, so fällt nach den neuesten Untersuchungen (s. württ. Jahrb. Jahrg. 1835, 2tes Heft) die auf der Peutinger Tafel angegebene Römerstation ad lunam in die Gegend von Welzheim, die wir übrigens nicht entschieden auf dem Bergrücken bei Welzheim, wo, wie schon angeführt wurde, eine römische Niederlassung stand, veststellen dürfen. Vielmehr werden wir dieselbe eher bei Pfahlbronn zu suchen haben, und zwar aus folgenden Gründen: 1) ist der Punkt bei Pfahlbronn in strategischer Beziehung wichtiger als der bei Welzheim; 2) führte die große Heerstraße gerade auf ihn, während die Niederlassung auf den Burgäckern nur durch eine Seitenstraße mit der Hauptstraße verbunden seyn konnte, und 3) lief der oben beschriebene Heerweg, der vom Staufen und weiter von Faimingen bei Lauingen (Pomone) herführte, gerade bei Pfahlbronn in die römische Hauptstraße ein, was mit der Zeichnung der Peutinger Tafel genau zutrifft. Spuren von früher da gestandenen Gebäulichkeiten berechtigen noch mehr zu dieser Annahme. Dagegen wird nicht in Abrede gezogen, daß die Niederlassung auf den Burgäckern in engstem Verbande mit dem Punkt bei Pfahlbronn war, und ohne Zweifel als Wohnort eine größere Bedeutung hatte, während Pfahlbronn nur in militärischer Beziehung wichtiger erscheint. Die Niederlassung auf den Burgäckern wird eher den Grenzniederlassungen, die sich längs des limes, wie z. B. bei Murrhardt, Mainhardt, Öhringen etc. befanden, gleich gestellt werden dürfen.

Obgleich bei Lorch noch keine entschiedenen Überreste aus der Römerzeit nachgewiesen werden können, so läßt sich doch vermuthen, daß die Römer diesen Punkt, wo der limes in | das Thal zieht und dort eine Ecke bildet, nicht unbevestigt gelassen haben. In Pfersbach, nächst der Hochstraße, befindet sich in einem Garten ein runder mit einem Graben umgebener Hügel, in dessen Mitte die 11′ dicken Grundmauern eines viereckigen Thurmes ausgegraben wurden, wovon je eine Seite 20′ betrug. Die Sage geht, hier sey ein Heidenschloß gestanden, was die Vermuthung, es möchten hier die Römer einen vesten Punkt gehabt haben, sehr unterstützt. In der Nähe dieses Platzes befindet sich ein Grabhügel; ein zweiter wurde schon vor mehreren Jahren dort abgetragen und in demselben ein aus Backsteinen ausgeführtes Gewölbe gefunden, in welchem Kohlen und Asche gefunden wurden.

Der voranstehenden Ausführung des Hrn. Topographen Paulus reihen wir noch einige Bemerkungen an.

An römischen Münzen wurden solche von Vespasianus und Elogabalus bei Welzheim vor längerer Zeit (Stälin a. a. O. S. 32), im Jahr 1840 aber in der Nähe der Stadt eine goldene von Nero (Krauß a. a. O.) gefunden. Nach Mittheilungen des Hrn. Decan Fraas wurden bisweilen wohlerhaltene Münzen von Aurelian bei Pfahlbronn entdeckt. Über mehrere frühere Münzfunde bei Welzheim s. Prescher histor. Blätter I. S. 33 ff.

Zwei römische Altäre wurden auf den obenerwähnten Mühläckern 1802 ausgegraben, davon einer mit der Inschrift:

I O M
MILIT LEg
XXII P
?IVI...
.............
Die Inschrift des andern Altars war unleserlich. Die legio XII primigenia pia fidelis, 60–70 nach Deutschland gekommen, hatte höchst wahrscheinlich bis zum Ende der Römerherrschaft in Obergermanien ihr Standlager (Stälin , S. 57 | und Prescher a. a. O. S. 38 ff.). Von Bedeutung ist auch die schon oben erwähnte Lampe von Bronce; sie wurde ebenfalls bei Welzheim gefunden und ist von Prescher näher beschrieben worden. Die Vermuthung, daß sie einem in der Nähe gestandenen römischen Tempel angehört hatte, erhält durch dasjenige, was wir unten bei Pfahlbronn angefügt haben, sehr große Wahrscheinlichkeit. Erwähnung verdient auch die vor zwei Jahren im Pfarrdorfe Lorch ausgegrabene Grabinschrift eines römischen Händlers mit feineren Töpfergeschirren (Württ. Jahrbücher 1843, S. 63.). Auch fanden sich, wie Hr. Decan Fraas versichert, bei der unten zu erwähnenden Ausbesserung der Dorfkirche von Lorch tief in dem Fundamente viele Gefäße aus der bekannten terra sigillata, darunter einige mit herrlichen Emblemen, z. B. ein Bacchuszug, mit Rebengewinden umschlungen, in halb erhabener Arbeit. – Andere Römerspuren endlich, worauf die Ortsbeschreibung so viel als möglich zurückkommen wird, sind in Benennungen von Distrikten einzelner Ortsmarkungen noch heute zu erkennen.


B. Deutsche.
Unzweifelhafte Überbleibsel aus der vorchristlichen deutschen Zeit scheint der Bezirk nicht zu besitzen. Im Jahr 1834 wurde im Pfarrdorfe Lorch ein Keller gegraben, wobei man auf ein Grab stieß, welches mit eichenen Brettern eingefaßt war. In der Mitte stand eine grob gearbeitete Urne von gewöhnlichem Töpferthon, mit engem Hals, innen drei hartgebrannte Thonkugeln, deren Größe die Annahme nöthig macht, daß das Gefäß erst nachdem die Kugeln hineingebracht waren, vollendet worden sey. Wir müssen uns hier darauf beschränken, die Bemerkung des Hern Decans Fraas anzureihen, daß ähnliche Kugelfäße sich auch in den sog. Heiden- (celtischen) Gräbern im Oberamt Balingen finden. Einige Bezeichnungen alter Lagerbücher, z. B. der „Hennenbühl“ bei dem Klotzhof und der „Henneweg“ am Walkersbach, sowie der | „Trutenbrunnen“, neben welchem der „Heidacker“ liegt, zwischen Pfahlbronn und Breitenfürst, stehen allzu vereinzelt da, als daß hieraus bis jetzt noch Folgerungen gezogen werden könnten.

Die Zahl der mittelalterlichen Burgen, welche großentheils auf den Fundamenten römischer Grenzkastelle erbaut worden – wie Lorch, Welzheim, Deinbach, Gausmannsweiler, Pfersbach, Waldau – war nicht unbedeutend. Unter Bezugnahme auf die Ortsbeschreibung nennen wir:

Alfdorf. Pfersbach.
Elisabethenberg. Waldau.
Gausmannsweiler. Waldenstein.
Hangen-Deinbach. Waldhausen.
Leineck. Wäschenbeuren.
Lorch.

Diese Burgen sind allermeist ganz verschwunden und von wenigen nur noch einige Reste übrig. Die noch im Bau erhaltenen Schlösser sind jene in Alfdorf. Das sog. Schlößchen in Wäschenbeuren ist nicht hierher zu rechnen.

Von abgegangenen Wohnorten konnten urkundlich vestgestellt werden:

Cunenweiler, bei Eberhardsweiler. Rodmannsweiler, bei Rudersberg.
Geyersweiler. bei Buchengehren. Schweizermühle, bei Lorch.
Keinbach oder Kombach, bei Haghof. Unterwetzler, bei Pfahlbronn.
Linthalden, bei Plüderhausen. Yttinghofen, bei Wüstenrieth.
Neuweiler, bei Plüderhausen. Zur Ödin, bei Klaffenbach.

Der bei Beschreibung des Oberamtes Göppingen S. 106 erwähnte „Kaiserweg“ tritt bei dem Schneiderhof in der Richtung gegen Rattenharz in den Bezirk ein, kann aber von hier nicht weiter verfolgt werden. Der Sage nach setzte er Adelberg mit Kaisersbach in Verbindung und rührt er von den Hohenstaufen her.

  1. Indeß dürften doch mehrere Orte von sehr hohem Alter seyn, welches schon ihre Namen zu erkennen geben, die von den ersten Ansiedlern herrühren, z. B. Weitmars (Sitz des Weitmar), Wickmars, Streitmars, Rienharts. Über die Namen von Alfdorf, Lorch, Pfahlbronn, Welzheim s. den topographischen Theil. Die häufige Endsylbe „Geren“ (z. B. Grasgehren) oder „Gairen“ ist von den beiden Endstücken an den Faßböden hergenommen welche auf dem Walde „Geren“ heißen, und bedeutet wohl ein in gleicher Weise geformtes Stück Feld (s. Schmid schw. Wörterbuch S. 228). So wird z. B. ein Stück Acker in Breitenfürst 1614 „ein kleines Gerenbetlein“ genannt.
  2. Sie war in der Art den Gemeindegenossen gemeinschaftlich, „daß ein jeglich Gut daselbst die vorgenannt Wiesen ain Jahr, darnach die andern Güter nacheinander neust“ (d. h. geniest), „und dasselbig Gut, das die Wies neust, das geit Schenk Albrechten 1 Sch. Vogthabers und ain Huhn.“ Lagerbuch des Kl. Lorch von 1489.
  3. Obige Benennungen hat der Aberglaube des Mittelalters hervorgerufen, wo man so sehr geneigt war, jedes Werk dessen Ursprung man sich nicht erklären konnte, dem bösen Geist anschreiben. Die jetzt noch allgemein verbreitete Volkssage bestättigt dieses; sie erzählt folgendes: Der Teufel habe sich von dem Herrn ein Stück Land ausgebeten, so groß als er in einer Nacht mit einer Mauer oder Graben umgeben könne. Diese Bitte sey ihm gewährt worden und er habe nun das Werk der Umfriedigung mit Hilfe (nach Anderen in Gestalt) eines Schweines begonnen, sey aber vor der Vollendung desselben vom Tag überrascht worden, und er habe dann im Ärger wegen seines mißglückten Unternehmens sein Werk selbst wieder zerstört. Durch diese Sage sind die Benennungen Teufelsmauer und Schweingraben erklärlich. Die weiteren Namen Pfahl und Pfahlgraben sind richtiger und ohne Zweifel älter: sie bezeichnen eine Grenzmarke, Umfriedigung eines Distrikts etc. Die Orte Pfahlheim, Pfahlbronn und Pfahlbach, welche zunächst an dem Grenzwall liegen, haben daher den Ursprung ihrer Namen von dem Pfahl, Pfahlgraben, dem römischen limes, abzuleiten.
    P.
  4. Auch „Pimperlensstein.“ Eine hervorragende Spitze mit weiter Aussicht. Der hier liegende große Stein dreht sich nach der Volkssage allmälig herum.
    M.
  5. Hr. Professor v. Pauly vermuthet, daß nördlich von Gausmannsweiler, in gleicher Richtung, eine Fortsetzung der Straße nach Murrhardt zu suchen seyn dürfte, indem nicht wohl abzusehen wäre, warum die Römer sich hier durch Terrainschwierigleiten sollten haben abhalten lassen, eine direkte Verbindung mit den weiteren Grenzkastellen Murrhardt und Mainhardt herzustellen.


« Kapitel A 6 Beschreibung des Oberamts Welzheim Kapitel B 1 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).