Bestattungsfeier im alten Rom
[516] Bestattungsfeier im alten Rom. (Zu dem Bilde S. 505.) Ungefähr um dieselbe Zeit, als es mit der republikanischen Verfassung im alten Rom zu Ende ging und die Monarchie sich vorbereitete, im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt, kam auch die Sitte der Leichenverbrennung an Stelle des Erdbegräbnisses zu allgemeinerem Durchbruch. Unter mannigfachen Feierlichkeiten trug man die Verstorbenen wie früher zum Begräbnisplatze, so jetzt zu der Stätte des Scheiterhaufens hinaus, und wenn die letzte Glut gelöscht war, so sammelte man die Reste sorgsam in einer Urne. Zur dauernden Aufbewahrungsstätte dieser Urnen bauten die Reichen und Mächtigen Roms eigene Gewölbe für sich und ihre Angehörigen bis hinab zu den Freigelassenen und Sklaven. Wer aber hierzu die Mittel nicht besaß, der konnte sich schon bei Lebzeiten ein Plätzchen sichern in einem öffentlichen Urnengewölbe. Die vielen Hunderte von Nischen zur Aufnahme der Aschengefäße, die sich an den Wänden der unterirdischen Hallen befanden, gaben diesen eine seltsame Aehnlichkeit mit Taubenschlägen, weshalb sie der Römer „Kolumbarien“ (columba = die Taube) nannte. Als klassisches Beispiel dieser Einrichtung ist heute noch das 1726 aufgefundene Kolumbarium für die Freigelassenen der Kaiserin Livia, der Gemahlin des Augustus, an der Appischen Straße zu sehen.
In ein solches „Kolumbarium“ führt uns das Bild von H. Leroux. Der letzte Akt der Bestattung ist herangekommen; eine der Anverwandten hat unter den klagenden Tönen der Flötenbläser die Urne mit der Asche der Toten zu der Nische gebracht – ein letztes Schluchzen, ein letztes Hinsinken in heißem Schmerz, und der stille Zug steigt wieder hinauf zum Sonnenlichte, die Flöten verstummen, die Fackeln verlöschen, das Leben tritt wieder ein in seine Rechte. Eine Inschrifttafel an der Nische aber übermittelt den Namen der Verstorbenen den nachlebenden Geschlechtern zu treuem Gedächtnis.