Besuch bei A. v. Humboldt

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Besuch bei A. v. Humboldt
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 2, S. 24
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Bericht eines amerikanischen Professors über einen Besuch bei Alexander von Humboldt in Berlin
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[24] Besuch bei A. v. Humboldt. Professor Silliman von der Universität Yale in Amerika hat eine interessante Reise durch Europa gemacht und beschrieben und dabei natürlich auch A. v. Humboldt besucht, welcher wohl noch von keinem wissenschaftlichen Manne der Welt, sobald es möglich war, unbesucht blieb. Wir kennen A. v. Humboldt bereits aus Nr. 37 der Gartenlaube v. J. und mögen deshalb ohne weitere Einleitung die Schilderung des Amerikaners übersehen. „Seine Wohnung in Berlin, versteckt in einem abgelegenen Theile der Stadt, ist ein einfaches Gebäude. Er ist selten zu Hause und würde es auch jetzt nicht gewesen sein, wäre der König nicht nach Königsberg gereist. Sonst wohnt er nämlich fast immer mit dem König in Potsdam, der ihn immer in seiner Nähe hält, sei es der Gesellschaft und Unterhaltung oder des Rathes wegen, den die Weisheit und Erfahrung vieler Jahre zu geben vermag. Wir gingen durch seine Bibliothek, welche eine große Räumlichkeit von allen Seiten füllt. Er kam uns aus seinem Privatzimmer sehr freundlich und mit der größten Unbefangenheit entgegen. Wir fühlten uns sofort ganz frei und leicht mit ihm. Sein ganzes heiteres Wesen drückt großes Wohlwollen aus, und aus dem Borne seinen unermeßlichen Wissens strömte ununterbrochen eine ganze Stunde lang ein Strom der anregendsten Mittheilungen; doch ging er dabei stets auf das Freundlichste auf alle unsere Fragen ein (Herr Silliman hatte seinen Sohn bei sich). Ihm stand das beste Englisch vollkommen zu Gebote und er sprach es sehr angenehm. Von diplomatischer und großmännischer Steifheit ist keine Spur bei ihm. Er ist so gesprächig und zugänglich, als hätte er nicht den geringsten Anspruch auf seine Größe. Seine stimme ist außerordentlich musikalisch; dabei ist er so lebhaft und liebenswürdig, daß man glaubt, er sei ein alter Freund. Seine Größe ist mittel, und die geringe Beugung in seiner Haltung läßt durchaus nicht den Achtziger vermuthen. Von der Stumpfheit hohen Alters keine Spur: seine Augen leuchten noch im Glanze der Kraft, seine Bewegungen sind leicht. Gesichtszüge und Umfang haben etwas Rundes, aber durchaus nichts Feistes. Das Haar ist dünn und schneeweiß, der Geist jung und ununterbrochen thätig, die Sprache brillant und häufig aufleuchtend in prächtigen Gedanken. Er schmeichelte uns wegen unserer Fortschritte in den Vereinigten Staaten, wie sich das besonders in dem „Amerikanischen Journal für Wissenschaft und Kunst“ zeige. Er zeigte sich mit allen unsern wissenschaftlichen Unternehmungen und Männern vollkommen vertraut und machte uns dann den von ihm schon vor 40 Jahren vorgeschlagenen Kanal durch den Isthmus von Darien zur Verbindung des stillen und atlantischen Meeres, auf einer Karte, die er ohne Brille gebrauchte, klar. Er führte uns rasch und sicher und leicht durch alle möglichen Gebiete des Wissens und zeigte sich auch politisch mit unsern Verhältnissen ganz vertraut. Humboldt, obgleich innig mit einem König verbunden, ist offenbar ein Freund menschlicher Freiheit und freut sich des Gedeihens unsres Landes. Er machte einige sehr treffende Bemerkungen über die Zustände Europa’s und die Unmöglichkeit, die Macht des Wissens und Willens, wenn sie eben vereinigt seien, durch physische Gewalt niederzuhalten. Zuletzt erzählte uns der 80 jährige Mann, daß die meisten seiner Arbeiten gemacht werden müßten, wenn junge Leute schliefen. Seine meiste Zeit werde vom König in Anspruch genommen. Er habe schon früh die Entdeckung gemacht, daß er mit vier Stunden Schlaf sehr gut auskomme. So läßt sich allerdings die ungeheuere Menge und Stoffhaltigkeit seiner litterarischen Arbeiten erklären, aber auch nur so.“