Bilder aus dem Überschwemmungsgebiet
[20] Bilder aus dem Ueberschwemmungsgebiet. Die Wassermassen, welche in den letzten Tagen des November vor. J. große Zerstörungen im mittleren und nördlichen Deutschland und in Böhmen anrichteten, haben sich wieder verlaufen, und mehr und mehr gewinnt man einen Ueberblick über den Schaden, welchen sie verursacht haben. Da sind es zunächst die Stromgebiete des Rheins und der Weser mit Werra und Fulda, die gelitten haben; an der deutschen Ostseeküste stiegen die Wasser infolge eines heftigen Nordoststurms so sehr, daß man eine Katastrophe wie diejenige des Jahres 1872 befürchtete. Wie es in Böhmen, in Karlsbad aussah, das haben unsere Leser aus Nr. 51 des vor. Jahrgangs erfahren. In Thüringen wurde fast jeder Bach zum reißenden Strome, ganz besonders gefährlich hat sich aber die Saale erwiesen, jener sagen- und poesieumwobene Strom, an dessen „hellem Strande“ so manches muntere Lied aus kräftiger Burschenkehle ertönt. Ja, gerade die Umgebung der alten Musenstadt Jena gehört zu den am schwersten heimgesuchten Strecken. Aber auch alle anderen Ortschaften an dem vielgewundenen Lauf der Saale können erzählen von den bösen Novembertagen. In Kösen rissen die Fluthen die uralte Saalebrücke mit weg und Pioniere mußten durch Anlage einer Pontonbrücke die nothwendige Verbindung wiederherstellen. In Naschhausen bei Dornburg sind zehn Häuser eingestürzt, und die nebenstehende Abbildung giebt uns eine Vorstellung, wie es in dem Dorfe nach dem Abzuge des bösen Feindes aussah. Die obere Abbildung vergegenwärtigt uns die Zerstörungen an der Schmiede zu Weigau bei Camburg, anderthalb Wegstunden unterhalb von Naschhausen.
Wir hoffen, daß, bis diese Zeilen in die Hände unserer Leser gelangen, schon recht viel geschehen sei zur Linderung der Noth in den von der Ueberschwemmung heimgesuchten Gebieten. Vielleicht aber, daß die lebendige Anschauung von der furchtbaren Wucht des entfesselten Elements, wie sie unsere heutigen Bilder geben, doch da und dort noch einen Säumigen ansporne, das Seine zu thun in opferwilliger Barmherzigkeit. Gelegenheit dazu ist ja überall gegeben und es wird keinem schwer fallen, in den öffentlichen Tagesblättern eine Sammelstelle zu finden, die seine Gabe an die Nothleidenden übermittelt.