Brigitte B.
[68] Brigitte B.
Ein junges Mädchen kam nach Baden,
Brigitte B. war sie genannt,
Fand Stellung dort in einem Laden,
Wo sie gut angeschrieben stand.
War dem Geschäfte zugetan,
Der Herr ein höherer Angestellter
Der königlichen Eisenbahn.
Die Dame sagt nun eines Tages,
Nimm dies Paket, mein Kind, und trag es
Zu der Baronin vor der Stadt.
Auf diesem Wege traf Brigitte
Jedoch ein Individium,
Wenn nicht, dann bringe er sich um.
[69] Brigitte, völlig unerfahren,
Gab sich ihm mehr aus Mitleid hin.
Drauf ging er fort mit ihren Waren
Sie konnt’ es anfangs gar nicht fassen,
Dann lief sie heulend und gestand,
Daß sie sich hat verführen lassen,
Was die Madam begreiflich fand.
Für die Baronin vor der Stadt
Gestohlen worden sei, das schnüre
Das Herz ihr ab, sie hab’ sie satt.
Brigitte warf sich vor ihr nieder,
Den Abend aber schlief sie wieder
Bei ihrem Individium.
Und als die Herrschaft dann um Pfingsten
Ausflog mit dem Gesangverein,
Bedenken abends zu sich ein.
Sofort ließ er sich alles zeigen,
Den Schreibtisch und den Kassenschrank,
Macht die Papiere sich zu eigen
[70] Brigitte, als sie nun gesehen,
Was ihr Geliebter angericht’,
Entwich auf unhörbaren Zehen
Dem Ehepaar aus dem Gesicht.
Es läßt sich nicht erzählen wo;
Dem Jüngling, der die Tat begangen,
Dem ging es gestern ebenso.
Erläuterungen (Wikisource)
Roger Stein, Das Deutsche Dirnenlied, 2006, S. 165-167 macht darauf aufmerksam, dass in den Werkausgaben der wichtige Refrain (nach Str. 2, 4 usw.) weggelassen wurde, der den "lakonisch-satirischen Ton" des Gedichts bestimme. Der Refrain lautet nach Frank Wedekind, Ich hab meine Tante geschlachtet. Lautenlieder. München/Wiern 1920, S. 124:
Ach Gott! Mein Gott!
Dideldideldumda, dideldideldumda
Dideldideldumda, dideldideldumda
Dum dum da!