Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug/Tafel 2. Iason beim Orpheus

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Tafel 1. Iason’s Ankunft in Iolkos. Carstens Werke. Dritter Band: Der Argonautenzug (1884) von Herman Riegel (Hrsg.)
Tafel 2. Iason beim Orpheus.
Tafel 3. Die Ankunft des Iason und Orpheus bei den übrigen Helden.
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Tafel 2. Iason beim Orpheus.

Iason fordert nun von Pelias die Herrschaft zurück. Aber dieser hatte schon auf einen Ausweg gesonnen, und indem er mit grosser Gelassenheit bejahend antwortete, suchte er zugleich durch Vorspiegelung eines Traumgesichtes den Iason aus Iolkos zu entfernen. Pindar (v. 254 u. ff.) lässt ihn so reden:

„Du könntest nun sühnen den Groll
Der Götter des Todes; denn Phrixos ermahnt
Uns heimzuholen seinen Geist, hinschiffend nach
Aietes’ Palast,
Nach dem Vliess des wolligen Widders, worauf

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Er vordem des Meeres Wogen
Und der Unheilsmutter Geschossen entrann.
So gebot ein Wundergesicht mir im Traume;
Doch ich frug alsbald an Kastalia’s Born,
Was davon zu halten. Und Phoibos befahl mir,
Schnell ein Schiff zur Fahrt zu rüsten.
Willig bestehe mir diese Gefahr, und ich gelobe,
Zepter und Königsgewalt
Dir abzutreten; und den Zeus,
Beider Urahn, ruf’ ich, Zeuge
Meines gewaltigen Eides zu sein.“

Iason entsprach dieser Aufforderung und beschloss die Fahrt. Durch ganz Hellas sandte er Herolde, die Helden zur Theilnahme aufzufordern, welche denn auch zahlreich kamen.

„Von Apollon kam, der Harfe froh, des Lieds Vater auch,
Allerwärts gepriesen, Orpheus.“
 (V. 281/2.)

Dieser Darstellung Pindar’s entgegen wird in der Orphischen „Argonautika“ (v. 71–108) erzählt, dass Iason selbst zum Orpheus, der in seiner Höhle die Zither spannend sass, gegangen sei und ihn zur Mitfahrt aufgefordert habe. Dieser Erzählung ist Carstens in dem vorliegenden Blatte gefolgt.