Chemische Briefe/Sechster Brief

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von: Justus von Liebig
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Sechster Brief.


Bei diesen Zersetzungen und Verbindungen liegt die Frage ganz nahe, wie viel man von einem Körper nöthig hat, um mit einem zweiten eine chemische Verbindung hervorzubringen, wie viel man von einem dritten Körper braucht, um einen Bestandtheil aus dieser Verbindung abzuscheiden und durch diesen dritten zu vertreten.

Alle diese Fragen sind auf das Erschöpfendste beantwortet. Man kennt genau die Mengenverhältnisse, in denen sich die Körper verbinden, so wie die Gewichtsverhältnisse, in welchen sie sich in chemischen Verbindungen vertreten.

Eine chemische Verbindung ist dadurch charakterisirt, dass das Gewichtsverhältniss ihrer Bestandtheile unveränderlich ist; darin liegt eben ihre Verschiedenheit von einem Gemenge, in dem die Bestandtheile in veränderlichen und unbestimmten Verhältnissen zugegen sind. In dem Folgenden sind die Gewichtsverhältnisse der Bestandtheile einiger chemischen Verbindungen in Procenten angegeben.

Wasser Salzsäure Kohlenwasserstoff
enthält
Sauerstoff 88,89; Chlor 97,76; Kohlenstoff 85,71
Wasserstoff  11,11; Wasserstoff   2,24; Wasserstoff  14,29
100,00 100,00 100,00
Schwefelwasserstoffsäure. Jodwasserstoffsäure.
Schwefel 94,19; Jod 99,21
Wasserstoff    5,81; Wasserstoff    0,79
100,00 100,00

[60] Dass die Bestandtheile in einer chemischen Verbindung in unveränderlichen Verhältnissen zugegen sind, betrachtet man als das erste und wichtigste Verbindungsgesetz; so zwar, dass für unsere Vorstellung ein Wasser mit denselben Eigenschaften wie das gewöhnliche Wasser, aber mit einem andern Gehalte an Wasserstoff und Sauerstoff als der aufgeführte, gar nicht denkbar ist.

Die Erfahrungen, welche zu diesem Gesetze geführt haben, gehören der neueren Zeit an, woher es denn kommen mag, dass man früher, wo man sie nicht kannte, ganz unbestimmte Vorstellungen über die Beziehungen der Eigenschaften einer Verbindung zu der Quantität ihrer Bestandtheile hatte.

Wir wissen jetzt, dass die Eigenschaften einer Verbindung abhängig von bestimmten Gewichtsverhältnissen sind, und dass sie mit der Zunahme oder Abnahme eines Bestandtheiles wechseln.

Was hingegen stets als eine wichtige Entdeckung angesehen werden muss, dies ist die Erfahrung, dass die Bestandtheile einer einfachen chemischen Verbindung in andern chemischen Zusammensetzungen sich genau in dem Verhältniss, in welchem sie sich verbinden, auch vertreten. In der procentischen Zusammensetzung des Wassers, Chlorwasserstoffs, Schwefelwasserstoffs kennt man demnach das Gewichtsverhältniss, in welchem Wasserstoff, Sauerstoff, Chlor, Schwefel etc. einander vertreten.

Wenn demnach in irgend einer Sauerstoffverbindung der Sauerstoff hinweggenommen werden und Wasserstoff an dessen Stelle treten soll, so werden immer und unabänderlich 88,89 Gewichts-Theile Sauerstoff ersetzt durch 11,11 Gew.-Th. Wasserstoff. In gleicher Weise werden 2,24 Gew.-Th. Wasserstoff in einer Wasserstoffverbindung vertreten und ersetzt durch 97,76 Gew.-Th. Chlor; 94,19 Gew.-Th. Schwefel durch 5,81 Gew.-Th. Wasserstoff etc.

Die obigen durch die Analyse ermittelten Zusammensetzungen lassen sich in einer einfachen Form ausdrücken; auf

1 Gewichtstheil Wasserstoff
enthält
das Wasser die Chlorwasserstoffsäure der Kohlenwasserstoff
8 Gew.-Th. Sauerst. 35,4 Chlor 6 Kohlenstoff.

In 9 Gew.-Th. Wasser befindet sich 1 Gew.-Th. Wasserstoff; da nun dieser 1 Gew.-Th. Wasserstoff vertretbar ist durch 35,4 Gew.-Th. Chlor und 6 Gew.-Th. Kohlenstoff, so ist einleuchtend, dass diese Zahlen (8 Sauerstoff, 35,4 Chlor, 6 Kohlenstoff) gleichzeitig die Gewichte ausdrücken, in denen diese Körper sich mit einander verbinden.

In 9 Wasser befindet sich 1 Gew.-Th. Wasserstoff, welcher aus dem Wasser abscheidbar und vertretbar ist durch 35,4 Chlor; es folgt daraus, dass wenn diese Vertretung stattgefunden hat, ein Oxyd des Chlors entsteht, in welchem auf 8 Gew.-Th. Sauerstoff 35,4 Chlor enthalten sind.

1 Wasserstoff vertreten durch 35,4 Chlor
8 Sauerstoff hiezu der Sauerstoff aus 9 Wasser 8,0
9 Wasser geben 43,4 Chloroxyd.
1 Wasserstoff vertreten durch 6 Kohlenstoff
8 Sauerstoff 8 Sauerstoff
9 Wasser geben 14 Kohlenoxyd.

[61] Ferner: da 1 Gew.-Th. Wasserstoff vertretbar ist durch 35,4 Gew.-Th. Chlor, so folgt daraus, dass wenn wir in 7 Kohlenwasserstoff (worin 1 Gew.-Th. Wasserstoff) an die Stelle des Wasserstoffs Chlor bringen, sich 6 Kohlenstoff verbinden mit 35,4 Chlor.

1 Wasserstoff vertreten durch 35,4 Chlor
6 Kohlenstoff 6 Kohlenstoff
7 Kohlenwasserstoff geben 41,4 Chlorkohlenstoff.

8 Gew.-Th. Sauerstoff, 35,4 Chlor, 6 Kohlenstoff, drücken, wie man sieht, in der That die Gewichte aus, in denen sich diese drei Körper unter einander verbinden; denn Vertreten will nichts anderes sagen als Verbinden.

Dieses Gesetz der Vertretung oder Verbindung ist nicht blos wahr für die genannten Körper, es gilt für alle. Kennt man demnach das Verhältniss, in welchem sich ein Körper mit einem andern – mit zehn – mit zwanzig – mit allen übrigen Körpern verbindet, so kennt man das Gewichtsverhältniss, in welchem sich alle diese Körper gegenseitig vertreten, das heisst in dem sie sich unter einander (einer mit dem andern) verbinden.

Die folgende Tabelle bedarf kaum einer Erläuterung.

Sauerstoff O. 8 Kalium K. 39,2
Wasserstoff H. 1 Calcium Ca. 20,0
Kohlenstoff C. 6 Silicium Si. 14,8
Schwefel S. 16 Blei Pb. 103,8
Stickstoff N. 14 Kupfer Cu. 31,8
Phosphor P. 32 Quecksilber Hg. 100,0

Diese Zahlen drücken die Gewichtsmenge einiger einfachen Körper aus (sie sind von allen bekannt), in denen sie sich unter einander verbinden, oder, wenn man will, es sind die Gewichte, in denen sie sich in ihren Verbindungen vertreten.

Es ist ganz besonders hervorzuheben, dass diese Verhältnisse sich auch in den Fällen nicht ändern, wo ein Körper mit einem zweiten, dritten etc. mehr wie eine Verbindung bildet. So verbinden sich 14 Stickstoff mit 8 Sauerstoff zu dem sog. Lustgas; es giebt eine zweite Verbindung, ein farbloses Gas, welches in der Luft rothe Nebel bildet, und das auf 14 Stickstoff 16 Sauerstoff (zweimal 8); es giebt eine dritte, welche 24 (dreimal 8), eine vierte, die 32 (viermal 8), eine fünfte, die Salpetersäure, welche 40 Sauerstoff (fünfmal 8) immer auf 14 Stickstoff enthält. So vereinigt sich Kohlenstoff mit Sauerstoff in zwei Verhältnissen; die erste Verbindung, ein brennbares Gas, enthält auf 6 Kohlenstoff 8 Sauerstoff, die andere auf 6 Kohlenstoff 16 Sauerstoff; die letztere ist die bekannte Kohlensäure.

In allen Fällen, wo die Elemente sich zu irgend einer Verbindung vereinigen, zeigen sich diese festen, unveränderlichen Verhältnisse.

Aus der Analyse der Essigsäure ergiebt sich, dass sie in 100 Gewichtstheilen 47,06 Kohlenstoff, 5,88 Wasserstoff und 47,06 Sauerstoff enthält. Ich weiss, wie viel Sauerstoff und Wasserstoff mit 47,06 Kohlenstoff verbunden sind, und nichts ist leichter, als zu berechnen, wie viel Sauerstoff und Wasserstoff auf 6 Kohlenstoff sich darin befinden. Es

[62] ist dies ein einfaches Regel de tri-Exempel. Auf 6 Kohlenstoff befinden sich darin ¾ Wasserstoff und 6 Sauerstoff, oder in ganzen Zahlen 24 Kohlenstoff (viermal 6), 3 Wasserstoff (viermal ¾) und 24 Sauerstoff (dreimal 8).

Oder ich weiss, wie viel Kohlenstoff und Wasserstoff in der Essigsäure mit 47,06 Sauerstoff vereinigt sind, und berechne, wie viel von diesen beiden Elementen auf 8 Sauerstoff (auf eine andere der obigen unveränderlichen Zahlen) kommen. Ich erhalte, auf 8 Sauerstoff sind 1 Wasserstoff und 8 Kohlenstoff; dreimal genommen giebt dies das nämliche Verhältniss.

Die Zusammensetzung aller chemischen Verbindungen ohne Ausnahme lässt sich ganz in der nämlichen Weise durch diese festen Zahlen ausdrücken, die man eben darum Mischungsgewichte, und in Beziehung auf ihre gegenseitige Vertretung Aequivalente genannt hat, weil sie wirklich die Quantitäten ausdrücken, in denen die Körper Mischungen (besser Verbindungen) eingehen, oder in denen sie gleiche Wirkungen hervorbringen.

Um eine chemische Action auszuüben, habe ich zu irgend einem Zweck 8 Sauerstoff nöthig, und wenn ich anstatt des Sauerstoffs zu gleichem Zweck Schwefel verwenden kann und will, so brauche ich stets 16 Schwefel; diese Mischungsgewichte drücken gleiche Wirkungswerthe aus.

Die Erkenntniss des Naturgesetzes, welches in diesen festen Verbindungsverhältnissen sich ausspricht, führte die Chemiker zu einer Zeichensprache, die ihnen gestattet, die Zusammensetzung einer Verbindung, die Vertretung eines ihrer Elemente und überhaupt die Art und Weise, wie sie sich die Elemente geordnet denken, in einer ausserordentlich einfachen Form auszudrücken. Sie kamen nämlich unter einander überein, die Elemente und die Aequivalente mit den Anfangsbuchstaben ihrer lateinischen Namen zu bezeichnen, in der Art also, dass O (von Oxygenium) nicht nur den Sauerstoff, sondern nicht mehr und nicht weniger wie 8 Gewichtstheile Sauerstoff, H, 1 Gewichtstheil Wasserstoff, S, 16 Gewichtstheile Schwefel bedeutet. Man sieht leicht, zu welcher Bequemlichkeit dies führt. Dem glücklichsten Gedächtniss würde es nicht möglich sein, die procentische Zusammensetzung von einem halben Hundert Verbindungen stets gegenwärtig zu haben; aber nichts ist leichter, als sich dieser Zeichen oder Formeln zu erinnern, deren Verständniss so einfach ist. Die Zusammensetzung des Wassers (in 100 Theilen 88,89 Sauerstoff und 11,11 Wasserstoff) drückt der Chemiker durch HO aus, die doppelte Menge durch 2 HO, die dreifache durch 3 HO etc.; das Kohlenoxyd durch CO, die Kohlensäure durch CO2, die Essigsäure durch C4H3O3, die Verbindung der Essigsäure mit Wasser durch C4H3O3 + HO, den Aether durch C4H5O, den Alkohol durch C4H5O + HO.

Unter den zusammengesetzten Körpern giebt es viele Gruppen, deren einzelne Glieder ähnliche Eigenschaften oder einen gleichen chemischen Charakter zeigen, und die einander in ihren Verbindungen vertreten können. Die Eigenschaften der Gruppe, die den Namen „Säuren“ führt, sind Jedermann bekannt, weniger vielleicht, was man unter Basis oder Base versteht, womit im Allgemeinen eine Verbindung bezeichnet wird, welche die Fähigkeit hat, die sauren Eigenschaften der Säure aufzuheben, zu neutralisiren.

[63] Der durch Verbindung einer Säure mit einer Basis entstandene Körper führt, ohne alle Rücksicht auf den Geschmack, den Namen Salz.

Eine Basis kann in einem Salze eine andere Base, eine Säure eine andere vertreten, und bei der näheren Beachtung der Verhältnisse, in denen sich die Metalloxyde, die zu den Basen gehören, vertreten, hat sich ergeben, dass hierzu sehr ungleiche Gewichte von verschiedenen Basen nöthig sind. Um 10 Theile von der einen Basis auszuscheiden, braucht man 15 Theile von einer anderen, 25 Theile von einer dritten u. s. w. Wenn nun die 10 Theile der ersten Basis 5 Theile Sauerstoff enthalten, so zeigt es sich, dass auch die 15 Theile der zweiten und die 25 Theile der dritten etc. ebenfalls nicht mehr und nicht weniger als 5 Theile Sauerstoff enthalten.

Die Sauerstoffmengen der sich vertretenden metallischen Basen bleiben sich unverändert gleich, nur die Metalle, die damit verbunden sind, vertreten sich je nach ihren Aequivalenten; für 39,2 Kalium, welche austreten, gehen 100,0 Quecksilber in die Verbindung ein.

Die Chemiker sind übereingekommen, eine jede Quantität eines Metalloxydes, welches 8 Gewichtstheile (= 1 Aequivalent) Sauerstoff enthält, ein Aequivalent Metalloxyd zu nennen, ohne alle Rücksicht auf die Anzahl der Aequivalente Metall, die sich darin befinden.

Wenn man demnach die Menge Säure kennt, die man nöthig hat, um mit einem Aequivalent Basis ein neutrales Salz zu bilden, so bleibt sich diese Säuremenge für jedes Aequivalent einer anderen Basis völlig gleich, eben weil diese andern Basen gerade so viel Sauerstoff wie die erste enthalten und weil sich ihre gegenseitige Vertretung nur nach diesem Sauerstoffgehalt regelt. Man hat, wieder nach Uebereinkunft, die Quantität Säure, welche ein Aequivalent Basis sättigt, ein Aequivalent Säure genannt.

Einmal damit bekannt, wird man jetzt leicht finden, warum die Chemiker die Zusammensetzung der Essigsäure durch die Formel C4H3O3, und nicht durch C2HO oder irgend eine andere bezeichnen. Rechnen wir die Zahlen, welche diese Zeichen bedeuten (C4 = viermal 6 = 24 Kohlenstoff, H3 = 3 Wasserstoff, O3 = dreimal 8 = 24 Sauerstoff), so bekommt man als Summe 51. Diese einundfünfzig Theile Essigsäure sind die Gewichtsmenge Essigsäure, die sich mit einem (oder irgend einem) Aequivalent Metalloxyd zu einem Salze verbindet.

Die Formel einer Säure bezieht sich gewöhnlich auf 1 Aequivalent Basis, die irgend einer anderen Zusammensetzung bezieht sich stets auf das Gewichtsverhältniss, in welchem seine Elemente mit dem bekannten und ausgemittelten Aequivalent eines anderen Körpers sich verbunden haben. In Fällen, wo dies unbekannt ist, drücken die Formeln nur die gegenseitigen Beziehungen der Zusammensetzung zweier oder mehrerer Körper aus.

Die Formel eines essigsauren Salzes wird demnach geschrieben werden müssen C4H3O3,MO; (M bedeutet 1 Aequivalent irgend eines Metalls). Wenn wir uns das Metall durch 1 Aequivalent Wasserstoff vertreten denken, so drückt die Formel eine Verbindung der Essigsäure mit Wasserstoffoxyd (Wasser) aus, welche man, wie alle Wasserverbindungen ähnlicher Art, Hydrat nennt; die Formel desselben ist C4H3O3,HO, oder alle Elemente

[64] zusammengerechnet C4H4O4. Dieser letzteren Formel gemäss kann man auch ein essigsaures Salz in folgender Weise schreiben:

 ; es stellt dar Essigsäurehydrat, in welchem an den Platz von 1 Aequivalent Wasserstoff getreten ist 1 Aequivalent Metall.

Um die chemischen Verbindungen in Beziehung auf ihre Zusammensetzung zu vergleichen, um ihre Veränderungen, Umwandlungen und Zersetzungen einzusehen und ohne weitere Auseinandersetzung darzulegen, ist diese Zeichensprache von unschätzbarem Werth.

Ich habe eine Analyse der Essigsäure gemacht, und will sehen, ob die durch das Experiment gefundenen Zahlen richtig sind, so drücke ich das Ergebniss des Versuches, die gefundene Kohlenstoff-, Wasserstoff- und Sauerstoffmenge in Aequivalentzahlen aus; diese letzteren sind mit aller erdenklichen Genauigkeit ausgemittelt worden, und je mehr meine Zahlen mit diesen stimmen (man heisst dies mit der Rechnung stimmen), desto mehr Zutrauen habe ich zu meiner Analyse; weichen meine Zahlen ab, so muss ich einen Fehler vermuthen, und die Arbeit fängt von vorne an. So hat man denn in den Aequivalentzahlen strenge Berichtiger der chemischen Analyse; sie zeigen mir an, dass ein Fehler begangen worden ist, oder dass meine Substanz nicht den gehörigen Grad der Reinheit besass; Jedermann wird die folgenden Formeln übersetzen können:

C14H6O2 Bittermandelöl.
C14H6O4 Benzoesäure.

Das Bittermandelöl nimmt an der Luft Sauerstoff auf und verwandelt sich in Benzoesäure.

Die Ansicht der Formeln drückt die Beziehung zwischen beiden aus, in die Zahlenwerthe übersetzt, giebt sie das Quantitative in dieser Umwandlung genau an.

C4H6O2 Alkohol.
Essigsäure.

Der Alkohol verwandelt sich durch Aufnahme von Sauerstoff in Essigsäure. Man sieht leicht aus den Formeln, dass die Umwandlung darin besteht, dass 2 Aequivalente Wasserstoff im Alkohol ausgetreten und ersetzt sind durch 2 Aequivalente Sauerstoff. Alles dies ist ausserordentlich einfach, und man wird nun leicht verstehen, was in einem vorhergehenden Briefe angedeutet wurde, dass wenn ein neues Metall oder ein neues Metalloid entdeckt werden würde, es genügt, zu bestimmen, wie viel von diesem Metall sich mit 8 Sauerstoff oder wie viel von dem Metalloid sich mit 39,2 Kalium verbindet, um in der erhaltenen Zahl das Gewicht zu kennen, in welchem sich dieser neue Körper mit den andern verbindet; das Aequivalent des Lanthans, des Didyms, zweier neuen Metalle, die kürzlich in dem Cerit, und das des Broms, welches vor einigen Jahren in dem Meerwasser entdeckt wurde, ist auf keine andere Weise ausgemittelt worden.

An den Thatsachen, oder dem Verhalten der Körper, welches ich auseinandergesetzt habe, hat die schöpferische Phantasie nicht den geringsten Antheil; jede Zahl ist das Resultat einer grossen Menge sorgfältig

[65] angestellter Analysen, die sich denn freilich nicht von selbst zu dem wichtigen Gesetz zusammengestellt haben. Das Gesetz wurde erschlossen und entdeckt durch den Scharfsinn eines Deutschen, und der Name Richter wird so unvergänglich sein, wie die Wissenschaft selbst.