Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der neue deutsche Reichskanzler

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Titel: Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der neue deutsche Reichskanzler
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aus: Die Gartenlaube, Heft 46, S. 773, 787
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[773]

Der neue Kanzler des Deutschen Reiches,
Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst.
Nach einer Aufnahme aus dem Atelier van Bosch in Straßburg i/E.

[787] Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der neue deutsche Reichskanzler. (Zu dem Bildnis Seite 773.) Vor viereinhalb Jahren, in den Märztagen des Jahres 1890 hatte Caprivi als Nachfolger Bismarcks die Aemter des deutschen Reichskanzlers, des preußischen Ministerpräsidenten und Ministers des Auswärtigen übernommen. Nachdem er den Vorsitz im preußischen Ministerium schon vor zwei Jahren an den Grafen Botho von Eulenburg abgegeben hatte, ist er nun auch seines Postens als Reichskanzler durch kaiserlichen Entschluß entbunden worden, zugleich mit ihm hat Graf Eulenburg seine Entlassung genommen. Die vereinigten Aemter des Fürsten Bismarck ruhen nun wieder auf eines Mannes Schultern, auf denen des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, des seitherigen kaiserlichen Statthalters in den Reichslanden. Ein fünfundsiebzigjähriger Staatsmann tritt damit in einem Augenblick an die Spitze der Reichsregierung, wo Fragen von weitreichender Bedeutung einen Mann von klarer gereifter Einsicht, festem Wollen und warmem Herzen gebieterisch fordern.

Daß der Erkorene die Fähigkeit besitzt, einer großen und verwickelten politischen Aufgabe gerecht zu werden, das lehrt ein flüchtiger Blick auf seine seitherige Wirksamkeit. Mehr als einmal hat er in schwierigen Lagen sich erprobt, mehr als einmal hat man seine Person gerade in solchen Augenblicken herangezogen, die an Takt, Umsicht, Mut und Geschäftskenntnis besonders hohe Anforderungen stellten. So war’s in Bayern im Jahre 1866, als es galt, aus Krieg und Mißtrauen heraus den ehrlichen Anschluß an das siegreiche-Preußen zu finden und die Folgerungen aus dem Schutz- und Trutzbündnisse voll zu ziehen. In den vier Jahren zwischen Kissingen und Weißenburg hat Hohenlohe als bayerischer Ministerpräsident unendlich viel für die Einigung Deutschlands, in dem Sinne, wie sie heute zur glücklichen Thatsache geworden ist, gethan, so daß auch sein Sturz zu Anfang des Jahres 1870 den natürlichen Fortschritt der Dinge nicht mehr aufhalten konnte. Hohenlohe aber fuhr fort, als bayerischer Reichsrat und Abgeordneter zum Deutschen Reichstag seinen gewichtigen Einfluß in den Dienst einer nationalen Politik zu stellen.

Als dann 1874 Graf Harry von Arnim unter erschwerenden Umständen von dem Botschafterposten in Paris abberufen wurde, da erhielt Hohenlohe den heiklen Auftrag, in die Lücke zu treten; durch feinen diplomatischen Takt gelang es ihm, ein beiderseits befriedigendes Verhältnis zwischen den Regierungen herbeizuführen. Und als nach dem Tode Manteuffels 1885 die Notwendigkeit sich herausstellte, die innerliche Verbindung zwischen den Reichslanden und Altdeutschland auf einem neuen Wege zu suchen, weil der alte nicht zum erwünschten Ziel geführt hatte, da war-es wiederum Hohenlohe, dem das Vertrauen geschenkt ward, daß er diesen Weg finden werde. Beidemal hat der Erfolg gezeigt, daß die Wahl auf den rechten Mann gefallen war.

Der Fürst ist am 31. März 1819 zu Rotenburg an der Fulda geboren als zweiter Sohn des Fürsten Franz Joseph zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Seine Mutter Constantia war eine geborene Prinzessin zu Hohenlohe-Langenburg. Nach gründlichen Studien der Rechts- und Staatswissenschaften, denen er zu Heidelberg, Göttingen und Bonn oblag, wurde er 1841 Auskultator beim Gericht in Ehrenbreitstein, dann Referendar bei der Regierung in Potsdam; doch verließ er 1845 den preußischen Staatsdienst, um die ihm zugefallene Standesherrschaft Schillingsfürst im bayerischen Regierungsbezirk Mittelfranken zu übernehmen. Von seiner Gemahlin Marie, einer geborenen Prinzessin Sayn-Wittgenstein-Berleburg, besitzt er drei Söhne und eine Tochter; von seinen zwei Brüdern ist der ältere, Gustav, Kardinal in Rom, während der jüngere, Constantin, ein hohes Amt am österreichischen Kaiserhof bekleidet.

Der neue Kanzler des Deutschen Reichs übernimmt eine Verantwortung von ungeheurer Schwere vor seinem Volke und vor der Geschichte. Möge ihm, der die Schwelle des Greisenalters schon überschritten hat, Kraft zum Ausharren und eine glückliche Hand beschieden sein!