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Christliche Symbolik/Apostel

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Apostel,

als Begleiter des Heilands in allen Situationen, welche die Evangelien und die Apostelgeschichte schildern, und in zahllosen allegorischen Darstellungen der christlichen Kunst, so wie als Schutzpatrone der Kirchen, Länder, Städte, Genossenschaften etc. Sie erscheinen durchgängig als ältere Männer, nur Johannes allein ist jugendlich zart. Auf den altdeutschen Bildern haben sie mehr das einfache Gepräge der Fischer und Handwerker, wie sie in den Evangelien vorkommen; in der italienischen Kunst sind sie mehr idealisirt und mit prophetischer Würde und Hoheit ausgestattet. Man malt sie in der Regel barfuss, nicht nur um ihren niederen Stand anzudeuten, [74] sondern auch um sie mit Moses zu vergleichen, der seine Schuhe vor dem feurigen Busch, in der unmittelbaren Gottesnähe ausziehen musste. Dass die Apostel Sandalen getragen, ist deutlich Markus 6, 9. gesagt. Vgl. Apostelgesch. 12, 8. Sie tragen das lange Unterkleid (tunica) und den Mantel von verschiedenen Farben. In der Liebfrauenkirche zu Halberstadt haben sie alle weisse Kleider mit verschiedenfarbigen Mänteln. Auf ältern Bildern trägt jeder eine Papierrolle, auf spätern ein gebundenes Buch. Daneben hat jeder noch sein besonderes Attribut, meist sein Marterinstrument.

Die Reihenfolge der Apostel ist in den Evangelien selbst verschieden angegeben. Vgl. Matth. 10, 2 f. Mark. 3, 16 f. Luk. 6, 14 f. Apostelgesch. 1, 13 f. Doch steht hier überall Petrus voran und Paulus ist noch nicht genannt, der später unmittelbar neben Petrus als der Zweite in der Reihe erscheint. Matthäus und Lukas geben dem Andreas die zweite Stelle, Markus dem Evangelisten Johannes. Die Folge der andern weicht wenig ab und ist minder wesentlich. Molanus, hist. imag. 162 f., bemerkt, sie seyen alle heilig und alle von Christo berufen worden, es sey also ein eitler und unnützer Streit, wem von ihnen der Rang vor dem andern gebühre?

Die älteste Rangordnung auf abendländischen Kirchenbildern ist übrigens: 1) Petrus, 2) Paulus, 3) Andreas, 4) Jakob major, 5) Johannes, 6) Thomas, 7) Jakob minor, 8) Philipp, 9) Bartholomäus, 10) Matthäus, 11) Simon, 12) Thaddäus. Judas Ischarioth ist hier weggelassen, weil Paulus eingeschoben ist. Markus, Lukas, Mathias treten erst ergänzend ein. Desgleichen Barnabas, der als Gefährte des Paulus auch blos als Jünger zählt. In der griechischen Kirche stehen ebenfalls Petrus und Paulus voran; unmittelbar auf sie folgen (was wohl sehr schicklich ist) die vier Evangelisten und dann erst Andreas, Simon, Jakob, Bartholomäus, Thomas und Philipp. Curzon, Besuche in den Klöstern der Levante S. 11.

1) Petrus hat eine gedrungene Gestalt, ein breites Gesicht, dessen Mienen seinen Feuereifer ausdrücken, und krauses [75] Haar, ist aber vorn kahl. Zuweilen erscheint er herkulisch, da Simson sein alttestamentalisches Vorbild ist und da er der Fels (petra) ist, der die Kirche trägt. Er führt zwei grosse Schlüssel (des Himmels und der Hölle), früher nur einen, zuweilen auch drei (für Himmel, Erde und Hölle). Er steht dem Paulus zur Rechten, früher stand er ihm zur Linken. In seiner Beziehung zu Paulus, der das griechische Christenthum ausdrücken soll, bezeichnet er das Judenchristenthum.

2) Paulus wird mit langwallendem Haar und langem Barte, feurigen Augen und mit Mienen voll Hoheit und Weisheit gemalt. Auf den ältesten Bildern trägt er nur ein Buch, die Lehre bezeichnend; später gab man ihm ein Schwert, als Marterwerkzeug und Sinnbild der Geistesmacht; zuweilen auch zwei Schwerter, um die doppelte Gewalt der Kirche auszudrücken, wie in den beiden Schlüsseln Petri.

3) Andreas trägt das schräge Kreuz, an dem er gekreuzigt wurde, ist klein und schwächlich.

4) Jakobus major, der älteste unter den Aposteln, wird als ein ehrwürdiger uralter Greis gemalt, mit Hut, Stab und Kürbisflasche als ein Pilger, wegen seiner Wanderungen als Bekehrer. Er, der älteste, und Johannes, der jüngste Apostel, sind Brüder.

5) Johannes ist ein langhaariger, sehr sanfter, aber zugleich geistvoller Jüngling, mit einem Buche (seinem Evangelium), zuweilen noch mit der Feder in der Hand, oder mit einem Kelche, aus dem eine Schlange hervorkommt (ein wahrscheinlich aus dem ältern Heidenthum entlehntes Sinnbild, das als Attribut der Hygieia die Heilkraft bezeichnete). Neben ihm der Adler, der die Kraft Gottes bedeutet.

6) Thomas, der Zweifler, trägt als Handwerkszeug und zugleich als Sinnbild seines messenden Geistes ein Winkelmaass, zuweilen auch einen Spiess.

7) Jakobus minor hat als erster Bischof von Jerusalem eine Bischofsmütze auf und eine Keule in der Hand, weil er mit einer solchen als Martyrer erschlagen wurde. Ihm ist gewöhnlich

[76] 8) Philippus mit einem Kreuzstab als Pilger, oder auch mit einem Buche und einer Geissel als kräftiger Bekehrer zugesellt, und Beide haben ihr gemeinsames Fest am 1. Mai.

9) Bartholomäus trägt das Messer, womit er geschunden wurde, und wird auch zuweilen hautlos als ein anatomisches Studium dargestellt.

10) Matthäus hat einen Beutel, weil er früher ein Zöllner war, eine Lanze oder ein Beil als Marterwerkzeug, und einen (meist geflügelten) Menschen, der ihm als Evangelisten zugesellt ist. Er führt aber auch (wie Thomas) das Winkelmaass. Alt, Heiligenbilder S. 98, glaubt, dies sey nur Verwechslung mit dem ähnlich geformten Beile.

11) Simon mit der Säge, durch die er als Martyrer zersägt wurde, und

12) Judas Thaddäus mit der Keule, durch die er fiel, sind als Brüder gewöhnlich mit einander gepaart, und haben auch ihr gemeinsames Fest am 28. Oktober.

Markus hat als Evangelist ein Buch und den geflügelten Löwen zum Attribut.

Lukas hat als Evangelist ein Buch und den Ochsen zum Attribut. Zuweilen erscheint er auch als Maler mit Pinsel und Palette.

Mathias trägt ein Beil oder eine Lanze.

Barnabas trägt einen Stein (weil er gesteinigt wurde).

Judas Ischarioth endlich wird rothhaarig und mit dem Beutel in der Hand gemalt, in dem er die dreissig Silberlinge empfing, um die er den Herrn verrieth.

Die Worte des apostolischen Glaubensbekenntnisses sind unter sie vertheilt und auf Bildern in den Unterschriften angegeben:

Petrus: Credo in Deum, patrem omnipotentem, creatorem coeli et terrae.
Andreas: et in Jesum Christum, filium ejus unicum, Dominum nostrum.
Jakobus Zebedäi: Qui conceptus est de spiritu sancto, natus ex Maria virgine.

[77]

Johannes: passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus.
Thomas: descendit ad inferna, tertia die resurrexit a mortuis.
Jakobus Alphäi: Ascendit ad coelos, sedet ad dexteram Dei patris omnipotentis.
Philippus: Inde venturus est judicare vivos et mortuos.
Bartholomäus: Credo in spiritum sanctum.
Matthäus: sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum communionem.
Simon: remissionem peccatorum.
Judas Thaddäus: Carnis resurrectionem.
Mathias: et vitam aeternam.

Häufig werden die zwölf Apostel den zwölf Propheten des alten Testamentes gegenübergestellt, so im Ulmer Münster (in den berühmten Chorstühlen), zu Schneeberg, Waagen, Künstler in Deutschland I, 78. Nach Matth. 18, 28. sollen die Apostel einst auf zwölf Stühlen sitzen und über die Geschlechter Israels richten. Matthäus liebte, den Judaismus möglichst mit dem Christianismus zu verbinden. Die Heidenchristen bemühten sich mehr, die Apostel den alten Monatsgöttern zu substituiren. Wie Christus, die geistige Sonne, im Wintersolstitio geboren wurde, so folgen ihm die Apostel, jeder einem Monat vorstehend, durch den Lauf des Jahres. Im Januar waltet Paulus (10. Jan.), der das neue Licht des Glaubens zuerst den Heiden brachte; im Februar (dem Fischmonat) der Seelenfischer Petrus (22. Febr.); im März Mathias (24. Febr.), der eingeschobene Apostel, dem der eingeschobene Schalttag am letzten Februar entspricht; im April Philippus (1. Mai), der den Mohren taufte, was der Begrünung der vorher schwarzen Frühlingserde durch den Frühlingsregen entspricht; im Mai Jakobus minor (1. Mai), der erste Bischof, der die neue Ordnung der christlichen Gemeinde bezeichnet, entsprechend dem im Mai vollendeten neuen Naturleben; im Juni Barnabas (11. Juni), den das Volk zu Lystra für den Jupiter hielt, [78] indem es ihm Rinder und Kränze zum Opfer brachte und der somit den vollendeten Sieg des Christenthums über das Heidenthum bezeichnet, wie im Juni die Sonne in der Natur den Höhepunkt ihrer Macht und Wirksamkeit erreicht hat; im Juli Jakobus major (25. Juli), der älteste unter den Aposteln, der zugleich vorzugsweise der Pilger ist und Martyrertod und Grab im entlegensten Westen findet, entsprechend der Sonne, die im Juli ihren absteigenden Lauf in die Nacht des Winters beginnt; im August Bartholomäus (24. Aug.), der lebendig geschunden wurde, was dem Abmähen der Saaten von der Erde entspricht; im September Matthäus (21. Sept.), welcher das Winkelmaass zum Attribut hat, entsprechend dem Himmelszeichen der Waage in der Tag- und Nachtgleiche; im Oktober Simon (28. Sept.), welcher zersägt wurde, bei welcher Marter sich nach seiner Legende der Tag verdunkelte, was dem Schlusse des Kirchenjahres in diesem Monat und der zunehmenden Finsterniss des Winters entspricht; im November Andreas (10. Nov.), der nach der Legende am Kreuz von einem Lichtglanze umflossen war, der mit seinem Leben abnahm und verschwand, entsprechend dem Immerkürzerwerden der Novembertage; im Dezember endlich Thomas (29. Dez.), der Zweifler, der, im Finstern tappend, nicht glauben will, bis er sieht, was auf die dunkelste Jahreszeit am Jahresschluss bezogen wird.

In einer alten Reliefplatte in der Berliner Kunstkammer (Kugler I. 15.) sind die zwölf Apostel mit den zwölf Thierzeichen unmittelbar verbunden. Ebenso auf einem Reliquienkasten in Bamberg, in einem alten Psalterium zu Stuttgart etc. Vgl. Piper, Myth. II. 292. Auf dem Stadthause zu Padua sind die Apostel im Thierkreise so angebracht, dass in jedem Monat die Strahlen der aufgehenden Sonne wieder auf einen andern fallen. Zu Komburg bei Schwäbisch Hall sind sie auf zwölf Laternen rings um einen grossen radförmigen Kronleuchter gemalt. — Die Vergleichung der Zeiten im Thierkreise mit den Aposteln in Schillers coelum stellatum christ. von 1627 ist durchaus willkührlich, versetzt Petrus in den [79] März, Andreas in den April etc. und kann hier nicht in Betracht kommen.

Auf ältern christlichen Bildwerken sind die Apostel zuweilen als zwölf Tauben, Schaafe oder Böcke dargestellt. Vgl. Piper, Myth. I. 214. 216. Unter den Tauben sind Gaben des heiligen Geistes, unter den Schaafen die Heerde des guten Hirten Christus, und unter den Böcken göttliche Kräfte zu verstehen.

Eigenthümlich ist die Sage von zwölf armen Brüdern, die von ihrer frommen Mutter in die Welt hinaus geschickt wurden, ihr Brodt zu suchen, und die einer nach dem andern im Walde verhungerten, aber von einem Engel in zwölf Wiegen gelegt wurden, in denen sie 300 Jahre lang schliefen, bis zu der Nacht, in der Christus geboren ward. Da erwachten sie und wurden seine Apostel. Grimm, Märchen, Kinderlegenden N. 2.