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Christliche Symbolik/Jerusalem

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[433]
Jerusalem.

Die Heiligkeit dieser Stadt ist eine ganz andere für die Christen wie für die Juden. Den Christen gilt sie nur als das heilige Grab. Die Zerstörung des altjüdischen Jerusalem [434] hängt auf's Genaueste mit der Auferbauung der christlichen Kirche zusammen. Statt des zertrümmerten Jerusalem auf Erden ist den Christen das himmlische verheissen.

Als Christus zum letztenmale nach Jerusalem ging, schien nichts zu verkündigen, dass es sein Todesgang sey. Im Gegentheil sammelte sich das Volk um ihn, begrüsste ihn in frohem Jubel, streute Gewande und Palmen auf seinen Weg zu der Eselin Füssen, auf welcher er ritt, und rief: „Hosianna dem Sohne Davids!“ Matth. 21. Mark. 11. Luk. 19. Joh. 12. Es war der Höhenpunkt seines Ansehens unter dem Volke. Er zog in den Tod wie ein König zum Siege. Die nächste Veranlassung aber war das bevorstehende Osterfest in Jerusalem, welches er mitfeiern wollte, aber auf eine Weise, die Niemand ahnen konnte, nämlich um das jüdische Fest zum christlichen zu erheben, und das Sinnbild durch das Urbild selbst zu ersetzen. Deshalb nahm der Heiland auch die Ehrenbezeugungen des Volkes, die er sonst verschmähte, diesmal an. Es war seine Weihe zum Tode, das Hosianna des Volkes verbarg in sich schon das „Kreuzige, kreuzige!“

Als der Heiland auf diesem seinem letzten Wege durch Jericho kam, wollte ihn der kleine Zachäus, ein reicher Zöllner, auch gerne sehen, konnte aber durch das Volksgewühl nicht durchdringen und stieg deshalb auf einen Feigenbaum. Als Jesus ihn sah, rief er ihm zu: „Steige herab, denn ich muss heute bei dir einkehren.“ Nachdem er aber des Zachäus Gast gewesen, gab dieser Alles, was er je als Zöllner durch Betrug erworben, vierfach zurück und die Hälfte seiner Güter den Armen. Da sprach der Herr beim Abschiede: „Diesem Hause ist heute Heil widerfahren, denn des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Luk. 19.

Lukas knüpft hieran das Gleichniss von den zehn Knechten, welches dem von den fünf klugen und fünf thörichten Jungfrauen einigermassen entspricht, hier aber erhabener erscheint wegen des grossen Moments. Christus spricht auf [435] seinem Todesgange als strenger Richter über seine Jünger und mit ihnen über Alle, die künftig das Reich Gottes auf Erden verwalten und den Völkern das Heil verkündigen und in der Heilsordnung erhalten werden, also über den ganzen Priesterstand. Er vergleicht sie mit Knechten, denen er ein Pfund anvertraut, mit dem sie wuchern sollen. Wehe ihnen, wenn sie es unbenutzt liegen lassen! Er schliesst seine strenge Rede mit den Worten: „Meine Feinde, die nicht wollten, dass ich über sie herrschen sollte, bringet her und erwürget sie vor mir!" Das zeigt uns das Vorbild des künftigen Weltrichters.

Indem der Herr auf seinem Triumphzuge der Stadt nahe kam, weinte er über sie und verkündete ihre Zerstörung, weil sie nicht zur rechten Zeit erkannt habe, was zu ihrem Frieden diene. Luk. 19. — Man hat diese erhabene Scene contrastirt mit den unheiligen Thränen, welche Jonas beim Anblicke Ninive's vergoss, weil diese Stadt noch immer nicht zerstört werde. — Die Zerstörung Jerusalems selbst erscheint vorgebildet im Niederreissen des Tempels durch Simson. Christus gilt als der gewaltige Simson, der den alten Tempel einreisst, um den neuen zu gründen. Rupert. Tuitensis 258. Auch in den altchristlichen Katakombengräbern findet sich oft Christi Einzug in Jerusalem abgebildet als Vorbild des künftigen Einzugs des seligen Christen in's himmlische Jerusalem. Aringhi I. 329. 331. Bottari I. tav. 15. 40. Und zwar als Gegenbild zum Untergang Pharao's im rothen Meer, welches die Hölle bedeutet.

Das himmlische oder neue Jerusalem gilt zum Unterschiede vom Paradiese (als der seligen Wohnung der ersten Menschen) und vom Himmel (als der Wohnung Gottes und der Engel) ausschliesslich als künftiger Aufenthalt der seligen Menschen. Es wird ausführlich beschrieben in der Offenbarung Johannis 21. Die Zwölfzahl der Thore, der Grundsteine (Edelsteine), der Perlen und der die Thore hütenden Engel wird daselbst auf die zwölf Stämme Israel bezogen, und schon Jesaias (54, 11.) sah dieses neue, mit Edelsteinthoren [436] geschmückte Jerusalem voraus. Indess ist die Zwölfzahl auch vom neuen Testament geheiligt durch die Apostel, und im neuen Jerusalem kann nur noch symbolisch die Rede seyn von den alten Stämmen Israels, als den Vorbildern der himmlischen Heerschaaren, nicht zu gedenken der zwölf Zeichen im Zodiakus, die aus dem physischen Himmel auf den geistigen übertragen werden. Vgl. die Artikel Edelstein, Himmel, Paradies. Das Paradies oder der Garten Eden ist der Himmel einer ländlichen, das neue Jerusalem einer städtischen Bevölkerung. Mauern und Thore weisen noch auf das Bedürfniss einer Verschliessung und Vertheidigung nach aussen hin. Das neue Jerusalem erscheint insofern als eine Burg Gottes zum Schutz gegen die Mächte der Hölle. Auch bezog man die Stelle Joh. 14, 2. („in meines Vaters Hause sind viele Wohnungen“) hieher und glaubte den Himmel als eine grosse Stadt voll unzähliger Wohnungen denken zu müssen. Auf dem berühmten Genter Altar malte van Eyck die Stadt Maestricht als neues Jerusalem in den Himmel, welche Naivetät weniger unschicklich erscheint, als die Willkühr, mit welcher Ferrari im römischen Pallast Sciarra aus dem himmlischen Jerusalem ein antikes Amphitheater machte. Boisserée bemerkt in seiner Geschichte des Kölner Doms S. 45: die bunten Glasfenster der gothischen Kirchen hätten die Wirkung der glänzenden Edelsteine im himmlischen Jerusalem nachahmen sollen, sofern sie aus der äussersten Höhe und Ferne des Kirchengewölbes auf die Gemeinde gestrahlt hätten.

In der Offenbarung Johannis 21, 2. wird die himmlische Stadt zugleich als Braut Christi bezeichnet, was in einer alten Hymne bei Fortlage S. 186 sehr schön ausgeführt ist. Die Juwelen und Perlen nämlich, mit denen die Thore und Mauern Jerusalems geziert sind, verwandelten sich in den Halsschmuck der Braut. Diese Vergleichung erklärt sich dadurch, dass im neuen Jerusalem ausschliesslich alle Getreuen der Kirche, die ganze „Gemeinschaft der Heiligen“ versammelt seyn werden, daher diese himmlische Stadt auch als [437] Personification der Kirche in ihrer himmlischen Verklärung aufgefasst werden kann.