Christliche Symbolik/Schleier
Sinnbild der Verhüllung, der Zucht und Schamhaftigkeit, daher kein Frauenzimmer in der Kirche ohne Schleier erscheinen soll. 2. Korinth. 11, 5. Vgl. Binterim, Denkw. VI. 2. 151. Daher auch die Einweihung der Nonnen mit dem Schleier, desgleichen der Bräute. Wittwen aber mussten immer verschleiert gehen, und auf Kirchenbildern ist deshalb die ältliche und weissverschleierte Gottesmutter stets als Wittwe kenntlich. — Nach der Legende brachte der heilige Geist in Taubengestalt der heiligen Adelgunde selbst den Nonnenschleier, woran man sie auf Bildwerken erkennt.
Der Schleier erhielt aber auch die Bedeutung des Mantels als Schutzmittel. — Wenn auf Sicilien der Aetna Feuer auswirft und Lavaströme die Stadt Catanea bedrohen, wird aus den Mauern derselben in feierlicher Prozession der Schleier der heiligen Agathe getragen, der das Feuer abwehrt. Die Heilige war im Martyrium auf glühenden Kohlen gewälzt, [333] aber ihr Schleier nicht verbrannt, sondern nur vom Feuer geröthet worden. Seitdem besass er die Kraft, jedem Feuer zu widerstehen. Auch im Schwarzwald ist die Heilige wirksam. Die sogenannte Wanne ist ein alter Krater ganz nahe bei der Stadt Villingen; er soll einmal einen Feuerstrom durch’s Thor der Stadt ergossen und diese in Brand gesteckt haben. Seitdem hat man (wie am Aetna) das Bild der heiligen Agathe am Thor aufgestellt, die vor dem vulkanischen Feuer schützt. Schnezler, bad. Sagenbuch I. 446. Auch der Schleier der heiligen Emerita in der Schweiz blieb unversehrt, als sie selbst auf dem Holzstoss verbrannt wurde. Diese Unverbrennlichkeit des Schleiers, die auch schon in alten römischen Sagen von einer Vestalin vorkommt, charakterisirt die heilige Macht der Jungfräulichkeit. Vgl. den Artikel Jungfrau. Für unverbrennlich galt auch der Schleier der heiligen Ludmilla, mit dem diese Fürstin von Böhmen auf Antrieb ihrer heidnischen Schwiegertochter Drahomira erdrosselt worden war. 16. September.
Die heilige Bova, Aebtisin zu Rheims, aus königlichem Geblüte, war so schön, dass ein Grosser des Reichs sie heirathen und mit Gewalt entführen wollte; als er aber ihren Schleier berührte, verdorrte ihm der Arm und wurde nicht eher gesund, als bis er feierlich entsagte und selber Mönch wurde. Die Kirche verehrt sie am 24. April. Die heilige Franchea wollte einmal über einen Fluss, fand keine Fähre, breitete aber nur ihren Schleier setzte sich und zwei Nonnen darauf und fuhr mit ihnen getrost hinüber. — Der heiligen Adelgunde brachte eine Taube vom Himmel selbst den Nonnenschleier herab, 30. Januar.