Christliche Symbolik/St. Magdalena

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St. Magdalena.

Die symbolische Bedeutung dieser Heiligen kennzeichnet sie als Personification der wahren Reue und Busse. Nach Marcus 16, 9. war es Maria Magdalena, welcher Christus sieben Teufel ausgetrieben hatte, der er auch nach seiner Auferstehung zuerst erschien. Man hält sie für dieselbe nicht namentlich genannte Sünderin, die nach Lucas 7, 37. Christi Füsse im Hause des Pharisäers mit kostbaren Salben wusch und von der er sagte: „Ihr sind viele Sünden vergeben, denn sie hat viel geliebt.“ Vgl. Matthäus 26, 7. Marcus 14, 3. Man hält sie aber auch für die Maria, Schwester des Lazarus und der Martha, die nach Joh. 12, 3. dem Heiland, nachdem er ihren Bruder von den Todten erweckt, ebenfalls die Füsse salbte und mit ihren Haaren trocknete. Hier beklagt Judas aus Geiz das Vergeuden der köstlichen Salbe, wie bei Marcus 14, 5. andere Umstehende im Hause des Simon über die gleiche Verschwendung der Sünderin klagen. Endlich ist es wieder eine Maria Magdalena, die nach Joh. 19, 25. bei der Kreuzigung Christi zugegen ist und die nach demselben 20, 1. zum Grabe Christi kommt. Vgl. Lucas 24, 10. Matth. 28, 1. und Markus 16, 1, wo es insbesondere wieder heisst, sie habe mit den andern Weibern den Leichnam Christi salben wollen. Obgleich nun aus diesen Daten allerdings nicht mit völliger Bestimmtheit hervorgeht, dass des Lazarus Schwester auch die Sünderin gewesen sey, so stimmen doch in beiden die innige Hingebung an den Heiland, das Weinen, das Benetzen [57] der Füsse Christi mit ihren Thränen, das Trocknen derselben mit ihren Haaren und das Attribut des Salbgefässes so genau zusammen, dass die Kirche keinen Anstand nahm, ihre Identität zu beglaubigen.

Magdalena war Trägerin einer grossen Idee und konnte nicht anders aufgefasst werden, ja die Legende musste sogar noch in viel späterer Zeit folgerecht ihre Geschichte weiter entwickeln; denn die Idee ist mächtiger und fruchtbarer, als dass nicht ihr Korn unter der alten Hülse eine neue hervorbringen sollte, ehe es zur vollen Reife gediehen ist. In der heiligen Schrift war klar Sünde und Reue ausgesprochen, die spätere Legende fügte noch die Busse hinzu. Nur eine kleinliche und ideenlose Kritik kann die Legende von der als Einsiedlerin in einer Höhle büssenden Magdalena auf die von der heiligen Maria von Aegypten zurückführen und einen Werth auf diese Entdeckung legen. Für die Idee ist das gleichgültig. Reue und Liebe verlangen die Busse. Magdalena kann nicht anders, als büssen, nachdem sie den Heiland sterben sah am Kreuze.

Albertus Magnus schildert sie als Herrin auf dem prächtigen Schlosse Magdalum in Bethanien in all der Pracht, in der abendländische Dichter des Mittelalters morgenländische Königinnen darzustellen pflegen. Dazu macht er sie zum Inbegriff aller Schönheit, zu einer zweiten Helena. Wie hier ihr Reichthum und ihre Schönheit übertrieben hervortreten, so in der schwedischen Legende, die Mohnike übersetzt hat (Altschwedische Balladen S. 173), ihre sündige Wollust. Hier heisst es nämlich, sie sey eines Morgens zur Quelle gegangen, da sey Jesus ihr begegnet und habe sie um einen Trunk gebeten. Sie antwortet: „Hätte ich nur eine Silberkanne hier.“ Er dagegen spricht: „Wärst du nicht so unrein, ich tränke aus deiner blossen Hand.“ Sie schwört, nie mit einem Mann zu thun gehabt zu haben. Er aber sagt ihr, dass sie mit ihrem Vater, ihrem Bruder und einem Priester drei Kinder erzeugt und in’s Wasser geworfen habe. Wenn sie aber Busse thun wolle, so solle ihr vergeben seyn. Die Busse [58] bestand darin, dass sie keine andere Speise essen solle, als von Lindenblättern, keinen andern Trank trinken, als Thau von Lindenblättern, in keinem andern Bett schlafen, als auf Lindenwurzeln. Die gewöhnliche Legende beschuldigt Magdalena so grosser Frevel nicht, sondern nur, dass sie zu „viel geliebt“ habe. Ihr ganzes Wesen war Liebe, nur dass sich dieselbe zuerst als irdische Liebe zeigte, bis die himmlische in ihrem Herzen Platz gewann. Die Legende sagt aus, ihre Schwester Martha sey zuerst von Johannes dem Täufer bekehrt worden, Magdalena aber habe noch bei ihrer Weltlust verharrt, bis sie im Tempel von Jerusalem zum erstenmal den Heiland gesehen und von seinen Augen getroffen worden sey. Durch diesen einzigen Blick, heisst es weiter, wurde sie von allem Irrthum der sündigen Natur geheilt und widmete sich von nun an einzig dem Heilande. Ja sie übertraf, als eine höhere Natur, obgleich später bekehrt, sogleich an Heiligkeit ihre früher nur durch den rauhen Johannes bekehrte und von Natur niedriger stehende Schwester Martha. In der Bibel ist der Gegensatz zwischen den beiden Schwestern noch einfacher gefasst. Martha ist die gute, aber beschränkte Hausfrau, die, als Jesus Gast im Hause ist, auf’s Eifrigste in der Küche schafft, damit er das Beste zu essen bekomme, während Magdalena müssig bleibt und nur an den Lippen des Gastes hängt. Als Martha sie wegen dieses Müssiggehens tadelt, rechtfertigt sie der Heiland und spricht: „Sie hat das beste Theil erwählt.“ Luc. 10, 42.

Durchaus willkührlich ist die Annahme Späterer (vgl. Kosegarten, Legenden I. 131. Borberg, Apokryphen I. 585.). Darnach war Magdalena die Braut Johannes des Evangelisten und feierte die berühmte Hochzeit zu Cana, auf der Johannes durch das Wunder der Weinverwandlung bewogen wurde, die junge Braut zu verlassen und Christo nachzufolgen. Dadurch auf’s Höchste erbittert, soll die Verlassene sich Ausschweifungen ergeben haben, später aber durch Lazari Erweckung selbst bekehrt worden seyn.

Die spätere Legende vom Leben der Magdalena nach [59] dem Tode des Heilands lautet: Nach dem Tode der Madonna, bei der Magdalena zuletzt zugebracht hatte, um ihr zu dienen, wurde sie mit Martha und Lazarus, ihren Geschwistern, so wie mit Maximinus und einigen andern frommen Christen von den Römern zum Spott auf ein leckes Schiff ohne Segel und Ruder gesetzt (eine Noyade, wie in der französischen Revolution), aber anstatt unterzusinken, kamen sie wohlbehalten nach Marseille. Hier wurde Lazarus, zu Aix Maximinus der erste Bischof. Martha gründete ein Kloster; Magdalena aber begab sich in ein wildes Gebirge in der Nähe und widmete sich der einsamen Busse in der Höhle la Baume. In dieser Höhle wohnte vorher ein Drache, der auch hervorkam und sie (ein ästhetischer Misston in dieser so schönen Legende) mit Haut und Haaren verschlang. Ein Engel zog sie aber lebendig wieder heraus und reinigte die Höhle von des Drachen Wust. Hier lebte sie nun viele Jahre, nackt und ohne irgend ein menschliches Wesen zu sehen, nur von Teufeln oder Engeln besucht. Einst erschienen die Teufel in Gestalt von Engeln und sangen ihr gar lieblich, verlangten aber, sie solle nicht mehr so viel beten. Oefters wurde sie von Engeln in den Himmel getragen und sah dessen Herrlichkeit. Sie büsste so lange in dieser Höhle, als sie vorher in der Weltlust gelebt hatte. Als ihr der Tod nahte und sie das Abendmahl zu empfangen wünschte, brachten die Engel sie nach Aix zum Bischof Maxentius, und nachdem sie kniend den heiligen Leib von ihm empfangen, starb sie. Man zeigt zu Aix noch ihren Todtenkopf, dessen Haut an der Stelle, wo Christus ihre Stirn berührt hat, ganz frisch ist, und dessen blonde Haare auch, so weit sie Christi Füsse berührten, noch erhalten sind. Ihre Seele soll von Engeln gen Himmel getragen worden seyn. 22. Juli.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass eine besondere Verehrung, welche der heiligen Magdalena in der Provinz zu Theil wurde, eine Reaction gegen die Blasphemie der Katharer gewesen ist. Denn diese Ketzersekte, die im elften Jahrhundert in der Provence gewaltig um sich griff und die berüchtigten [60] Albigenserkriege veranlasste, gefiel sich in einer rohen Verleumdung, quod M. Magdalena fuit Christi concubina. Petri Monachi hist. Albigens. 2 (bei Duchesne sc. hist. Fr. V. 556.). Gieseler, Kirchengesch. II. 547. In der „natürlichen Geschichte des grossen Propheten“, einem rationalistischen Roman, der am Schlusse des vorigen Jahrhunderts gedruckt wurde, ist diese Fabel in sentimentaler Weise wieder aufgewärmt worden.

Die Höhle la Baume ist sehr heilig. In der Revolution alles ihres Schmucks beraubt, wurde sie im Jahre 1814 wiederhergestellt, aber 1815 durch die Soldaten des Marschalls Brune abermals geschändet und beraubt, was die Ermordung des Marschalls durch das erbitterte Volk nach sich zog. Alljährlich strömen Pilger zu der Höhle. Im Jahre 1822, als sie neu geweiht wurde, zählte man auf einmal 40,000 Pilger. Man setzte damals eine liegende Magdalena in Marmor hinein. Vgl. Friedrich Ludwig „aus der Provence“ 1845, S. 249 f. und Histoire de St. Magdeleine, Marseille 1682. Legende der heiligen Magdalena von Louise von Bornstedt. Luzern 1845. Als Hauptwerk Clarus, Gesch. der heiligen Magdalena 1852.

Das berühmteste Wunder der Heiligen nach ihrem Tode ist der Sieg, den sie den Dithmarschen und Holsteinern bei Bornhöved über die Dänen gewährte (kurze Zeit vor dem Traume Karls von Anjou). Den Erstern erschien Magdalena (nach Andern eine Wolke) am Himmel und breitete ihren Schleier über die Sonne, so dass sie nicht mehr geblendet waren und siegten. Im Park zu Brüssel ist eine Magdalenenstatue, in einem Buche lesend, von der die Sage geht, sie schlage jede Nacht ein Blatt des Buches um, und wenn sie das letzte umschlage, müsse die Welt untergehen. Wolf, deutsche Märchen S. 298.

Die Heilige hat zahlreiche Verehrer unter den Dichtern gefunden. Die schönen Hymnen und Litaneien so wie ihr ganzes Officium finden sich in der schon genannten Marseiller Historie. Es ist von poetischem Geiste durchdrungen. Wie in einer musikalischen Fuge kehren hier immer die schönen [61] Gedanken wieder: O Magdalena, amore Christi plena, — Domino gratissima — cui demissa sunt peccata multa, quoniam dilexit multum, — optimam partem elegit, — o felix Maria, quae resurgentem videre meruisti prima etc. Dabei die schöne Hymne des berühmten Odo von Clugny:

Lauda mater Ecclesia,
Lauda Christi clementiam etc.

worin ihre Bekehrung, ihre Reue und Demuth vor Christo in ihrem und Martha’s Hause gepriesen wird; und die andere, worin die Heilige mit einem Edelstein verglichen wird, der aus dem Sumpf gerettet wird:

Gemmaque lucet inclita
De luto luci reddita.

Der schöne Gesang: Gaude pia Magdalena etc.

Gaude dulcis advocata,
poenitendi forma data,
miseris post vitia.

Sehr schön ist auch die unter Follens christlichen Liedern S. 65 übersetzte Hymne: Pone luctum, Magdalene. Es ist ein Freudenruf der geretteten Seele von tiefer Innigkeit.

Vier altdeutsche Lieder theilt Uhland in den Volksliedern I. 846 f. mit. Zwei davon schildern nur die Scene am Grabe. Zwei andere drücken eine innige Klage aus. Ein lateinisches Gedicht des berühmten Odo von Clugny erwähnt Bähr in der röm. Lit. des karoling. Zeitalters S. 127 als nur unbedeutend. Altdeutsche Legenden der heiligen Magdalena in einem alten Passional s. Marienlegenden. Stuttg. 1846, S. VII. Hahn, alte Passional 1844, S. 366 in Versen. Unter den Legenden des Hermann von Fritslar (Pfeiffer, deutsche Mystiker I.) in Prosa. Ein italienisches Leben der Heiligen von Prierias s. Grässe, Lit.-Gesch. II. 2. 423. Ein altfranzösisches Gedicht aus dem 13ten Jahrhundert in Hist. lit. de la France XVIII. 831. Der Karmelitermönch Barthelemy dichtete, nachdem ihn der Tod seiner Geliebten (sie hiess Magdalena) in’s Kloster getrieben, ein französisches Gedicht la Madelaine au désert de la S. Baume, 1671. Ein anderes französisches Gedicht Pierre de St. Louis vom Jahr 1700 [62] soll viel Possirliches enthalten. Blankenburg, Zusätze zu Sulzer II. 61.

Auch Petrarca hat die Heilige in einem lateinischen Gedicht besungen. Desgleichen deutsch der Jesuit Salas in Diepenbrocks geistl. Blumenstrauss S. 187. Auch der poetische Jesuit Spee, „Spiegel der Maria in der Magdalena.“ Ein Gedicht nach Sarbievius in Silberts Dom h. Sänger S. 120. Dann von Wessenberg in dessen „Magdalena, Constanz 1824“ und sämmtl. Dichtungen III. 305.

Dramatisch wurde besonders häufig in den alten Osterspielen die Auferstehungsscene und die Begegnung des Heilandes als Gärtner mit der Magdalena dargestellt. So in altenglischen Schauspielen, s. Grässe, Lit.-Gesch. II. 2. 1047, und in altdeutschen, s. Mone, Schauspiele des Mittelalters I. 14. 56. II. 171. Hier wird auf eine sinnreiche Weise Magdalena mit der Eva verglichen. Wie Eva und Adam im Paradiese versucht wurden, Adam aber von der Eva sich verführen liess, so wird hier Magdalena = Eva allein verführt aus weiblicher Schwäche, Christus = Adam aber bleibt standhaft und besiegt die Hölle. In Magdalenens Rede wird gezeigt, wie tief durch Eva’s Schuld die Menschheit gesunken ist, und wie ihr dem allein reinen Christus gegenüber nichts als Busse, Reue und Thränen übrig sind. Zugleich contrastirt Magdalenens Leichtsinn hier mit dem Sakrament der Ehe, indem das Osterspiel mit der Hochzeit zu Cana beginnt.

Unter den neueren Dichtern, welche den Gegenstand mit Geist und besonderer Liebe behandelt haben, steht allen ein lateinischer Dichter des 17ten Jahrhunderts voran, der freilich, weil er lateinisch schrieb und ein Jesuit war, vergessen ist. Wir haben so viel Schönes in ihm gefunden, dass wir uns erlauben, hier an ihn zu erinnern. Der Jesuit Pater Justus Sautel gab 1673 zu Ingolstadt divae Magdalenae ignes sacri et piae lachrimae heraus, worin er das Andenken der Heiligen in unzähligen lateinischen Distichen feierte. Es sind theils Epigramme, theils Elegieen. Ueberall herrscht der classische Geschmack vor, so dass Magdalena eine Diana [63] genannt wird, mit Amor lange Gespräche hält, und dass auch andere antike Götter herbeigezogen werden, Neptun angerufen wird, keinen Sturm auf dem Meere zu erregen, so lange die Heilige darüber fährt, Thetis ihr die Wellen glätten muss etc. Indessen finden sich unter sehr vielen Künsteleien auch echt poetische Dichtungen. Schön ist z. B. S. 104 die Klage Magdalenens, indem sie der Wolke nachblickt, in der Christus gen Himmel gefahren. Unter den vielen Gedichten, die sie als eine zum Fels versteinerte Niobe und ihre Thränen in eine Quelle verwandelt bezeichnen, findet sich ein sehr schönes S. 228. Sie betrachtet im Spiegel einer Quelle den nächtlichen Sternenhimmel, hier unten scheint Alles so vergänglich, ein dahinrieselndes Gewässer, dort oben Alles so fest und ewig. Aber sie besinnt sich, auch die Sterne werden vergehen und nichts ist ewig, ausser Gott, der ganze Himmel, der sich in dem kleinen Wasser spiegelt, ist nicht mehr, als der Spiegel selbst.

Et vagus est fluctus, vaga sunt et sidera , numquam
Haerent perpetuo rivus et astra loco.

Gar lieblich ist auch das Gedicht S. 250. Eine Biene umschwärmt sie in ihrer Höhle, sie verjagt sie. Warum? ruft die Biene, ich will dich ja nicht stechen, dir nur Honig bringen. Ich weiss es wohl, antwortet Magdalena, aber eben deshalb entfliehe, denn ich verlange nichts Süsses, mir ziemt nur Bitteres.

In Wilh. Gerhards Uebersetzungen serbischer Volkslieder (Gedichte IV. 215.) kommt eine „flammende Maria“ vor. Das ist Magdalena, so genannt, weil ihr Jahrestag, der 22. Juli, gerade in die grösste Jahreshitze fällt.

Magdalena ist Patronin aller reuigen Sünderinnen, vorzüglich derer, die zu viel geliebt haben. Daher auch die bekehrten Freudenmädchen sich Magdalenetten nennen. Der Orden der Magdalenetten wurde im 13ten Jahrhundert gestiftet, es durften nur gefallene Mädchen eintreten. Bei der Aufnahme mussten sie wie todt daliegen und man hielt über ihnen die Exequien. Helyot, Kloster- und Ritterorden III. [64] 426 f. — Nonnen, die ihr Gelübde nicht gehalten, versetzte der Volksglaube zur Busse in den bleichen Mond und sah in den Mondflecken Magdalenens Thränen. Vgl. Mond.

Bis hieher haben wir in der Heiligen ausschliesslich eine Personification der Reue und Busse erkannt. Allein es knüpft sich an sie auch noch eine tiefere Symbolik an, die in der Geschichte Magdalenens von Clarus näher entwickelt, aber schon sehr alt und in der Kirche herkömmlich ist. Magdalena bedeutet nämlich das Heidenthum, wie ihre Schwester Martha das Judenthum im Verhältniss zum Christenthum. Clarus sagt S. 103: „Durch die Hinweisung auf die Allegorie soll nur die Uebereinstimmung der ältern Kirchenlehrer in Bezug auf die Identität der drei Marien noch näher, als bisher geschehen, dargelegt werden. Jene Lehrer geben zu erkennen, wie der Sohn Gottes, nachdem er den Rathschluss gefasst, in der Gestalt eines sündigen Menschen in der Welt zu erscheinen, ganz eigentlich gewollt, dass das mit ihm als Braut zu vereinigende Heidenthum durch Maria Magdalena dargestellt würde, welche aber mit der Sünderin und Maria von Bethanien eine und dieselbe Person ist. Diesen alten Lehrern zufolge war dieses von sieben bösen Geistern besessene und den Leidenschaften des Fleisches hingegebene Weib der Typus des Heidenthums, das, dem Cultus der Dämonen hingegeben, durch die ungeheuersten Abgöttereien besudelt war. Magdalena, die Sünderin in der Stadt, stellte die abgöttischen Verirrungen des Heidenthums in der grossen Stadt der Welt dar, welche mit kirchenschänderischen Tempeln und allen Arten von Verbrechen, die der Cult der falschen Götter hervorgerufen, angefüllt ist. Die verschiedenen Erzählungen der Salbungen bei den Evangelisten Matthäus, Marcus und Johannes, sowie die Gänge Magdalenens zum Grabe, sind diesen Lehrern zufolge eben so viele Züge derselben Allegorie. Die Uebereinstimmung der Väter in dieser Allegorie ist eine Bestätigung ihrer einhelligen Meinung über die Schuldbarkeit der heiligen Maria Magdalena. Schwerlich könnten alle diese Väter dieses Weib als das Abbild des dem ungeheuersten [65] Aberglauben hingegebenen Heidenthums betrachten, wenn sie dasselbe als Jungfrau, als unschuldig, ja nur als eine ehrbare Frau betrachtet hätten. Ueber die Rolle, welche Magdalena in jenem Bilde spielt, sind alle Lehrer ganz übereinstimmender Meinung. Nur über die Anzahl der Salbungen und der Frauen, welche dieselben verrichtet, sind sie, wie wir gesehen, verschiedener Meinung. Aber Alle, welche von diesen Allegorieen gesprochen haben, d. h. fast alle heiligen Lehrer, stimmen darin überein, dass sie Magdalenen als die Sünderin unter dem Namen Mariens von Bethanien, als das Abbild des abgöttischen Heidenthums betrachten. — Maria hat in der That nicht allein die Unordnungen des Heidenthums in ihrem Sündenleben dargestellt, sondern durch die Salbung, welche sie in Simons Hause am Heilande vornahm, die Huldigungen, welche es, einmal bekehrt, seinem Bräutigam bis an’s Ende der Zeiten darbringen würde; oder vielmehr, wir finden in den verschiedenen Umständen, welche diese Salbung begleiteten, die Geschichte der beiden Völker, die Untreue und Verwerfung der Juden und die Annahme der Heiden ausgedrückt. Auf diese Weise deuten die heiligen Kirchenlehrer das Vorbild. Damit ist zugleich dargethan, wie sie keinen Unterschied zwischen der Sünderin und Marien von Bethanien anerkannten.“

Das Heidenthum wird in Magdalena bezeichnet im Gegensatz gegen das Judenthum, als dessen Vertreter erstens Judas sich über Magdalenens Verschwendung beklagt, indem sie das Salbgefäss zerbricht, und zweitens Martha sich der Werkthätigkeit befleissigt und über Maria’s müssiges Stillsitzen zu Jesu Füssen sich beschwert. „Die geschäftige Martha stellt die Geschäftigkeit des alten Gesetzes vor, dessen Propheten, Priesterthum und Opfer die Welt nur auf die Ankunft des Messias vorbereiten sollten. Dieses Gesetz ehrte Gott durch fleischliche Opfer. So wollte auch Martha durch leibliche Speise den Erlöser erfreuen. Maria, welche zu seinen Füssen sass und in Ehrerbietung seine Worte hörte, war eine würdige Darstellung des neuen Gesetzes. Sie verehrt [66] besonders die Menschheit, welche durch die Füsse dargestellt wird. Diese Verehrung ist ein Gott besser gefallendes Opfer, als alle Opfer des alten Bundes. Zu Jesu Füssen sitzend hört sie seine Lehre, weil sie ihn als ihren einzigen Meister und Lehrer verehrt. Martha aber begehrte, ihre Schwester solle ihr in ihren Beschäftigungen beistehen. Die ersten Juden, welche an Christum glaubten, wollten die zum Christenthum bekehrten Heiden ebenfalls zur Beobachtung des jüdischen Ceremonialgesetzes nöthigen. Als Maria nicht folgt, klagt Martha es dem Herrn; dieser weist sie zurecht, denn um Gott zu gefallen, um zum Heile zu gelangen, ist nicht erforderlich, so viele im Gesetze enthaltene Vorschriften zu befolgen.“ Das Gleichniss, welches der Heiland den über die Unwürdigkeit Magdalenens murrenden Juden entgegenhält, drückt den Sinn vollkommen aus. „Jesus erzählt das Gleichniss von den beiden Schuldnern, d. h. den Juden und Heiden. Der Gläubiger ist Gott. Die Heiden sind die tiefer Verschuldeten. Beide aber sind gleich unfähig, zu zahlen, und können Gott nur durch Annahme der Gnade befriedigen, die er beiden durch den Glauben an Jesum Christum anbot.“

Gar zart ist die Auffassung einer eigenthümlichen und wie uns scheint früher noch nicht bemerkten Symbolik. Die heilige Magdalena befindet sich nämlich immer zu Jesu Füssen. Sie salbt seine Füsse, benetzt sie mit Thränen und trocknet sie mit ihrem Haar; sie sitzt, während Martha kocht und bratet, als demüthige Schülerin zu des Heilands Füssen; sie umfasst auf Golgatha das Kreuz zu seinen Füssen. Auch das bezieht der Verfasser auf die Demuth der Heiden vor Christo im Gegensatz gegen den Trotz, mit dem ihm die Juden begegneten.

Tief bedeutsam erscheint der Umstand, dass unter allen Personen, die sich nach den Evangelien dem Heilande nahen, Maria Magdalena die Einzige ist, die sich um ihres eigenen Seelenheiles willen an ihn wendet. Schon das allein weist ihr einen hohen Rang in der heiligen Geschichte an.

[67] Eben so sinnig wird das berühmte noli me tangere gedeutet. Das Judenthum besass den Heiland im Fleisch und erkannte ihn nicht, das Heidenthum stand ihm fremd und erkannte ihn. Indem aber das Heidenthum sich mit voller Liebe dem Christenthum hingab, war es im Begriff, unwillkührlich dem mächtigen alten Zug des Sinnlichen, der in ihm lag, zu folgen, und das wehrt Christus ab, indem er als Gärtner der freudig überraschten Magdalena zuruft: „Rühre mich nicht an!“ S. 177. Herr Clarus hätte an dieser Stelle vielleicht etwas mehr Gewicht in die sinnliche Seite des Heidenthums überhaupt legen sollen.

Unter allen weiblichen Heiligen ist wohl die Magdalena, nächst der Madonna, am häufigsten gemalt worden. Welchen Einfluss dabei auch die Erbauung gehabt hat, so haben doch die Künstler häufig genug nur die anständige Gelegenheit benützt, um eine schöne Nudität zu malen, und auch die Kunstkenner haben sich häufiger in das schöne Fleisch berühmter Magdalenenbilder vergafft, als den Geist der Bilder beurtheilt. Gewissermassen steht Magdalena zwischen der Eva und Madonna. Sie ist eine Eva, die zur Madonna wird. In ihrem Bilde wird daher der Stoff von der Eva, der Geist von der Madonna genommen. Deshalb haben viele Maler die Magdalena nackt, blond, in sinnlicher Schönheit wie die Eva im Paradiese gemalt, nur mit reuigem und schmerzlichem oder begeistertem Ausdruck. In ähnlicher Weise, wie in Johannes dem Täufer Adam auf höhere Potenz erhoben ist, nur mit männlich kräftigem Selbstbewusstseyn muthig vorwärts blickend, wo Magdalena reuig rückwärts blickt. Eine Symbolik dieser Art scheint den Künstlern allerdings vorgeschwebt zu haben. Aber ihre eigentliche Absicht war, schönes Fleisch zu malen und sich deshalb bewundern zu lassen. Nur in zu vielen Magdalenenbildern liegt Sinnenreiz und Verführung. In diesen und vielen andern, z. B. den Sebastiansbildern, machte sich ein Bestreben der christlichen Künstler geltend, dem antik Heidnischen in Darstellungen nackter Leibesschönheit nachzukommen. Das widerspricht [68] aber dem keuschen Sinn des Christenthums überhaupt und dem Magdalenentypus insbesondere. Denn nur die sündige Magdalena konnte verführen, nicht die reuige und büssende. Der Herr selbst, der ihr nach seinem Tode als Gärtner erschien und, als sie ihn berühren wollte, zu ihr sprach: Noli me tangere, hat gewiss nicht gewollt, dass sie durch sinnlichen Liebreiz verführe. Wenn in ihrem heissen Drange, ihn zu berühren, auch die sinnliche Gluth des alten Heidenthums wiedererkannt wird, so ist es doch gerade diese Gluth, welche Christus ernst und heilig von sich abweist und damit auch den christlichen Künstlern eine inhaltschwere Lehre ertheilt. Die entgegengesetzte Ansicht, welche die üppigste Sinnlichkeit und den verführerischesten Naturreiz in den nackten Magdalenenbildern vertheidigt und das specifisch Christliche darin, die Reue eine „krankhafte Fäulniss geistiger und leiblicher Zustände“ nennt, findet man im Kunstblatt von 1846 Nr. 2.

Am häufigsten sind die Bilder der einsamen Busse in der Wüste. Magdalena erscheint hier als Vorbild aller Einsiedlerinnen im Walde oder in ihrer Höhle, oft ganz nackt und nur mit ihren langen blonden Haaren bedeckt (worin sich besonders die Bilder der venetianischen Schule auszeichnen), zuweilen im schwarzen Trauergewande (von Rubens, siehe Ramdohr III. 65., und von Corello, s. Hand, Petersburg I. 385.), sonst meist im blauen Gewande (von Correggio, Battoni etc.). Bald steht, bald kniet und betet sie, in Thränen aufgelöst. Bald liegt sie und liest in einem Buche. Zuweilen ist sie auch schlafend gemalt (von Lutti und Menendez in Petersburg, Hand I. 330. 387., von Caravaggio in Rom, Ramdohr II. 123.). Neben ihr liegt gewöhnlich ein Todtenkopf. Zuweilen ist sie in Betrachtung desselben versunken (von Carlo Dolce, Waagen, England Il. 249.). Nur selten sind ihr Engel zur Gesellschaft gegeben. Sechs Engel umgeben sie auf einem Bilde von Mantegna zu Paris (Waagen 693); Engel streuen Blumen auf sie, von Cagnacci; ein Engel bringt ihr die Geissel und Dornenkrone der Busse, von Franceschini [69] in Wien. Zwei Engel sind um sie auf einem Bilde von Mola in England (Waagen II. 249.).

Im Ausdruck herrscht hier durchgängig das Schmerzhafte vor. Doch haben einige Maler davon ganz abgesehen. In der durch ihren Liebreiz berühmten Magdalena von Battoni zu Dresden bietet sich im himmelblauen Gewande eine reizende Blondine nachlässig daliegend den Männeraugen dar, die, wenn sie etwas Heiliges in ihr suchen, doch nur die Weltlust finden. Sie ist in die heilige Schrift vertieft, aber mit Recht hat man gesagt, sie sehe nur aus, wie Narcissus, der sich selbst bespiegelt. Sie faltet die Hände, aber der Maler hatte dabei nur den Zweck, das verführerische Spiel rosiger Finger zu zeichnen. In Schlegels Athenäum II. 88 f. ist sie mit den Magdalenen von Franceschini und Correggio verglichen, und Gries hat die beiden ersten in Sonetten besungen (Gedichte I. 214.). Zwei andere Magdalenen von Battoni in Petersburg und Gotha, die letztere in rothem Gewande, die Hände über einem Todtenkopf faltend. Rathgeber, Gotha 53.

Unter den Bildern, in denen die sinnliche Schönheit den Ausdruck des Schmerzes weit überwiegt, stehen die von Titian oben an. Er malte die Heilige oft und zwar immer als eine üppige wunderschöne Venetianerin, nackt, nur mit den weichen Wellen ihres goldenen Haares lieblich überschwemmt und zugedeckt. So in Venedig (ein schönes, leider sehr verdorbenes Bild, Kunstbl. 1835. Nr. 93) im Pallast Doria in Rom (Ramdohr II. 131.), in England (Passavant 261. Waagen II. 17.), in Madrid (Viardot 41.), in Neapel und im Pallast Durazzo in Genua.

Von wollüstigem Ausdruck sind die üppigen nackten Magdalenen Furini’s in Florenz und Wien. Weniger verführerisch, aber auch ganz unerbaulich, glatte und geleckte Nuditäten sind die vielen nackten Magdalenen von van der Werff in Dresden, München, Pommersfelden, England (Waagen II. 146.).

Die weltberühmte Magdalena des Correggio in der Galerie [70] zu Dresden hat einen eben so wenig schmerzhaften Ausdruck, aber ihr geistreiches Gesicht zeigt, dass sie in die Tiefe der heiligen Schrift versunken, über dem Herrlichen, das sie liest, sich selbst und ihren Kummer vergisst. So viel Geist in den Zügen rechtfertigt die Abwesenheit des Schmerzes. Von Schlegel, a. a. O., ist sie bei weitem zu oberflächlich aufgefasst. Ueber dem weichen Haar, das um die den Kopf stützende Hand quillt, hat er den Ausdruck vergessen. Bemerkenswerth sind die Schicksale dieses Bildes, indem es für eine grosse Summe gekauft, in Dresden des goldnen mit Edelsteinen besetzten Rahmens wegen, den es ehemals hatte, von einem Juden aus der Galerie gestohlen, bis nach Amsterdam gebracht, dort in einen Schornstein versteckt, aber glücklich gefunden und wieder zurückgebracht wurde.

In den berühmten Bildern des Guido Reni ist die Heilige wieder anders aufgefasst, und zwar sah es dieser Maler darauf ab, das Schöne, Reizende, ja Wollüstige in der Form mit dem Schmerzlichen und Begeisterten im Ausdruck, wo möglich auf’s Unzertrennlichste zu verbinden. Mit Recht sagt das Kunstblatt, 1834. S. 136, es sey darin der Gedanke ausgedrückt: „Thränen machen das Schöne noch schöner.“ Es ist hier von dem Bilde im Wiener Belvedere die Rede. Guido malte derselben noch viele und nicht minder schön, die sich in München, Paris (Waagen 496. 777, Kolloff 177), England (Waagen II. 61. 461.), in Rom (Capitol, Pallast Colonna, Barberini [Ramdohr II. 66. 309], Pamphili), in der Sammlung von Lucian Bonaparte, Genua (Pallast Spinola und Brignole) befinden. Einer der berühmtesten Magdalenenköpfe ist der in Madrid, der mit dem antiken Niobekopf verglichen wird. Viardot 59. Mignard malte ebenfalls eine Magdalena so sehr im Styl des Guido, dass sein Todfeind, der Maler Lebrun, sich wirklich dadurch betrügen liess und das Bild für einen Guido erklärte. Fiorillo III. 189.

Im Ausdruck des innigsten und heiligsten Schmerzes hat kein Maler den Spanier Murillo übertroffen. Das liegt in [71] der Tiefe und Stärke spanischer Gefühle. Seine Bilder befinden sich in Sevilla (Kunstblatt 1822. Nr. 79), in Paris (Kolloff 291. Kunstbl. 1838. S. 382), in der Leuchtenberg’schen Galerie, im Pallast Doria zu Rom, in Berlin (Kunstblatt 1845. S. 18). In dem letzteren Bilde ist sie in ihrer Höhle von dem Licht, das vom Kreuze ausgeht, übergossen, indem sie in glühender Andacht davor kniet. Im Pallast Doria ist sie nicht mehr jung, aber sehr warm gemalt.

Noch weit schärfer markirt den Schmerz der Spanier Zurbaran. Sein Bild in Dresden drückt das tiefste Leiden, fast körperliche Marter aus. Ein Bild aus der Schule von Rubens in der Sammlung des vormaligen englischen Gesandten in Stuttgart, Shee, zeigte die Wirkung des Weinens an einer fleischigen Flamänderin in rothen Augen, Thränenfurchen etc. auf’s Naturwahrste.

Wie Magdalena vom Heiland bekehrt wird und zerknirscht vor ihm kniet, malte Zucharo. Füssli, Kupferst. I. 229.

Allegorische Bilder, wie sie, eine schon erwachsene Jungfrau, dem kleinen Christkind, das auf dem Schoosse der Mutter sitzt, den Fuss küsst, malten Johann von Achen (gest. von Sadeler) und Correggio auf einem sehr berühmten Bilde des heiligen Hieronymus. Das letzte bewunderte schon Mengs und besonders Fr. Schlegel, Werke VI. 32. In dem schönen Kopf der Magdalena drückt sich die süsseste Liebe aus. Ihr ganzes Wesen ist die anschmiegendste Zärtlichkeit. Vgl. auch Millin, Lombardei II. 230 und 232. — Ich halte es für überflüssig, aus den unzähligen Magdalenenbildern noch mehrere hier hervorzuheben, da die erwähnten zur Charakterisirung hinreichen.

Nur wenige Maler sind in das andere Extrem gefallen und haben die Heilige absichtlich hässlich, alt und vom Leiden widerlich entstellt gemalt. Die altdeutschen Maler haben in keuschem Takt das Nackte vermieden und sich eines naiven Auskunftsmittels bedient. Sie stellen nämlich die Magdalena öfter gerade so vor wie die wilde Else auf dem Titelholzschnitt [72] der alten gedruckten Ausgabe des Heldenbuchs, nämlich vom Halse bis zu den Füssen in einen enganschliessenden Pelz gekleidet, der aussieht, als sey sie selbst über und über mit Haaren bewachsen. Doch sieht man an Hals und Füssen die Grenzen der Bekleidung. So kommt sie vor zwischen sieben Engeln stehend auf einem Altarbild in der Kirche zu Tiefenbronn. S. die Beschreibung dieser Kirche von Weber. Karlsruhe 1845. In der Durschischen Sammlung in Rottweil befindet sich ein Bild, welches die in der Kirche im Sarge liegende Heilige ganz eben so pelzig zeigt.

Attribut der Heiligen ist das Salbgefäss. Im Stande der Sünde erscheint sie oft im glänzenden Putz, und viele Bilder stellen sie in dem Augenblick dar, in welchem sie, von Reue ergriffen, den kostbaren Schmuck von sich wirft. Als Büsserin trägt sie häufig ein schwarzes Gewand und hat ein Crucifix, ein Buch und einen Todtenkopf neben sich in der Höhle.

Nach Caesarius Heisterb. VIII. 80. steht Magdalena unter den Chören der Seligen den Wittwen, die heilige Margaretha dagegen den Jungfrauen vor. In Kirchenbildern ist mir diese Unterscheidung noch nicht vorgekommen.