Cromwell’s letzte Nacht (Fontane, 1905)
Mir sagt’s nicht nur des Arztes ernste Miene,
Selbst fühl’ ich’s, meine Stunden sind gezählt …
Ein wüster Traum war’s! Wüßt’ ich, diese Nacht
Wird mir der Schlaf ein gleiches Schreckniß bringen,
Statt jenes Stuart[1] an mein Lager treten.
Ernst stand er vor mir; um den nackten Hals
Trug, statt des Schmucks, er einen rothen Streifen,
Und als er wie vordem, zu leichtem Gruß
Nahm er den Kopf von seinem blut’gen Rumpf.
Mein Auge schloß sich; als ich’s scheu geöffnet,
Sah wieder ich den purpurfarbnen Streifen,
Er winkte mit dem Finger mir zu folgen,
Was schreckt das Traumbild mich des todten Mannes
Und weckt in mir den alten Aberglauben
An eines Königs Unverletzlichkeit?
Das Schwert des Henkers wär’ wie Glas zersprungen,
Der kühne Normann, der bei Hastingsfield
Den König Harald in den Staub geworfen,
Was war er Bessres als der Cromwell heut,
Der jenen Carl bei Marston-Moor geschlagen?
Daß ich mein Thun mit seinem Tod besiegelt,
Es war Nothwendigkeit; er mußte sterben,
Es war sein Blut der Mörtel meines Bau’s.
Ich sah das Schiff, vom Sturm umhergeschlagen,
Und sprang hinzu, – von seinem Platze drängt’ ich
Den schwachen Steurer, und mit fester Hand
Bracht’ ich das Schiff, geborgen, in den Hafen.
Es war noch immer, wo es galt zu retten,
Wenn in die Sendung, die an mich ergangen,
Sich Selbstsucht, Stolz und Eitelkeit gemischt,
So weißt Du, Gott, der meine Nächte kennet,
Wie für die Schwachheit bitter ich gebüßt.
Ob nimmer auch in Blut ich mich gebadet,
Haß fand ich dort, wo festen Arms ich drückte,
Und Eifersucht, wo milden Arms ich hob.
Erfüllt ist, was ich mußte; Gott, ich wollte
Hab ich gefehlt, sei mir ein gnäd’ger Richter, –
In Deine Hand befehl’ ich meinen Geist.