Das Alraunmännchen – Heinzelmännchen – Galgenmännlein

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Textdaten
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Autor: Heinrich Gottlob Gräve
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Titel: Das Alraunmännchen – Heinzelmännchen – Galgenmännlein
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aus: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz, S. 72–75
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: F. A. Reichel
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Erscheinungsort: Bautzen
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Quelle: MDZ München, Commons
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XVIII. Das Alraunmännchen – Heinzelmännchen – Galgenmännlein.[1]

Dieses spielt nun in den Sagen der Vorzeit und des Mittelalters keine geringe Rolle und möchte sie – da man auf Jahrmärkten sogar öffentliche Glücksfinger und [73] Glückskugeln verkauft – vielleicht noch in unsern so aufgeklärten Zeiten fortspielen.

Da über diese Dinge so Manches ist gesagt und geschrieben worden, so erlaube mir – indem gemeinte Schriften sich nicht in Jedermanns Händen befinden möchten – in der größten Kürze auszüglich Etwas darüber zu liefern.

Man versichert nämlich im Allgemeinen, daß wenn Johannes Faust, teufelsbannerischen Andenkens, nicht ein solches Männchen besessen, er wohl Manches nicht ausgeführt haben würde, daß der Baron von Chaos wohl vergeblich es versucht haben möchte, Blei in Gold zu verwandeln, hätte ihm nicht ein dergleichen Männchen zur Seite gestanden, daß ohne dieses Männchen Barthold Schwarz das Schießpulver nicht erfunden haben würde, wenn er sich nicht dabei eines solchen Männchens bedient und manche Hexe ohne selbiges die Feuer- und Wasserprobe nicht überstanden hätte, wär ein solches Männchen nicht gewesen.

Wer ein dergleichen Männchen besitzt, dem kommt Glück, Heil und Segen in’s Haus, es raunt ihm die Zukunft in’s Ohr, erschleißt die Vergangenheit seinem Blick, lüftet der Zukunft dichten Schleier, erfüllt ihn mit Wissenschaft, Weisheit und Verstand, bewahrt ihn vor bösen Geistern, Kobolden und Gespenstern, macht ihm die guten dienstbar und giebt die bösen unter seine Gewalt. Allein dafür muß er es fein sauber halten, waschen, baden, ein Bettchen zubereiten und mit Kleidern versehen, wofür es ihm wohlgeht und er Alles, was er beginnt, glücklich vollendet.

[74] Diese Alraunmännchen sind ehemals wirkliche Menschen gewesen, allein unter Beibehaltung der menschlichen Gestalt von Zauberern in Pflanzen verwandelt und in einsame öde, und unheimliche Oerter verwiesen worden.

Auf dem Falkenberge bei Neukirch, so wie in der Muskauer Haide soll man sie vorzüglich finden und sollen selbige noch weit vorzüglicher, als die, welche unterm Galgen wachsen, seyn. Man gräbt sie in den Mitternachtsstunden der Johannisnacht, darf sich jedoch durch den Schrei, den sie – wenn die Wurzel der Erde entrissen wird – von sich giebt, nicht schrecken lassen.[2]

Eigentlich ist dieses Idol nichts mehr und nichts weniger, als die Mandragora (Atropa Mandragora L.) Alraunwurzel (vom altteutschen Worte all, viel und raunen, runen, wissen). Man gab ihr durch Verzweigung und schnitzeln Menschengestalt und brauchte sie zu Hexereien, Vest- und Unsichtbarmachen und dergl., daher man sie als einen Hausgötzen verehrte. Nach dem Theophrast (l. IX. c. 9.) mußte man, um die Pflanze zu graben, dreimal einen Kreis mit der Spitze eines Degens um sie machen und während sie Einer ausriß, der Andere darum tanzen und unverständige Worte aussprechen. Um nichts dabei zu versehen und nicht unglücklich zu werden, ließ man sie durch Hunde ausgraben, wie schon Josephus de bello Judaico l. VII. c. 28, der die Pflanze Barras nennt, angiebt. Man bediente sich auch ihrer zu Liebestränken, Annibal vergiftete den Wein damit und [75] ließ ihn den Feinden zurück, welche, als sie ihn getrunken hatten, davon betäubt und von ihm bei seiner Rückkehr aufgerieben wurden. – Auch als Heckemännchen bewahrte man sie sorgfältig auf.


  1. S. Johann Rist’s Märzgespräche. – Adelungks neu eröffnete Schatzkammer. 1669. 4. – Jo. Samuel Schmidii commentatio epistolica de alrunis Germanorum. Magdeb. 1738. 8.
  2. S. Zauberbibliothek von Horst. Mainz 1821. 8.