Das Auge des Blinden
Durch das Marktgedräng von Namur
Stelzt ein narb’ger armer Krüppel.
– „Leute, bringt mich zu Don Juan!“
– „Schweigst du wohl, da ist Don Juan!“
In des Volkes Gasse reitet
Ein Gespenst am hellen Tage:
Don Juan der Oesterreicher –
Don Juan der Oesterreicher,
König Philipps, seines Bruders,
Und Don Juan kennt den Mörder.
Seinen Mörder kennt Don Juan,
Auch den armen Krüppel kennt er,
Der die Hand ihm deckt mit Küssen –
Der ihm deckt die Hand mit Küssen:
„Bin zerfetzt wie eine Fahne!
Wohne jetzt in Barcelona –
„Alter, leere dieses Glas mir!“
„Alter, kanntest du Don Juan?“
„Sprich uns immer von Don Juan!“
In den Schenken an dem Hafen
Gab ich tausendmal zum Besten
Die Victoria von Lepanto!
Die Victoria von Lepanto
Hergestelzt bin ich nach Flandern
Zu dem Abgott meines Lebens!
O Du Freude meines Lebens!
Sohn des Kaisers! Kind des Glückes!
Ruhmgekrönter junger Feldherr!
Ruhmgekrönter junger Feldherr
Mit den goldnen Ringelhaaren,
Mit den strahlend blauen Augen,
Eia schöner Engel Gottes …“
Durch die Menge, die des Todes
Bild betrachtet, geht ein Schauder.
Juan, der gespenstig bleiche,
Sucht erstaunt das Aug des Krüppels –
Ist es trunken? Loht’s im Wahnsinn?
Es ist leer. Es ist erloschen.
Es ist leer. Es ist erloschen.
Blüht in eines Blinden Auge
Fort in unversehrter Schönheit.