Zum Inhalt springen

Das Einsalzen der Kinder

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Einsalzen der Kinder
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 131
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[131] Das Einsalzen der Kinder. Das Einsalzen war sicher die erste Art der Konservierung von Nahrungsmitteln, welche den Völkern bekannt wurde. Das Meer, in welchem die Fäulniß nicht so leicht vor sich geht, war ihr Lehrmeister, und so kam es auch, daß dem Salze schon frühzeitig eine erhaltende und stärkende Kraft zugeschrieben wurde. Diese Kraft sollte auch dem jungen Erdenbürger, welcher gerade das Licht der Welt erblickt hatte, zu statten kommen, und es entwickelte sich die namentlich im Orient weit verbreitete Sitte, neugeborene Kinder in Salzwasser zu baden oder regelrecht einzusalzen.

„So hat man dich auch mit Wasser nicht gebadet, daß du sauber würdest, noch mit Salz gerieben,“ singt der Prophet Hesekiel, und der Orientale versteht wohl, was diese Worte zu bedeuten haben – eine arge Vernachlässigung der Kindespflege! Die Juden und andere orientalische Völker haben sich allerdings später damit begnügt, die Neugeborenen nur in Salzwasser zu baden, aber die alte Sitte des Einsalzens hat sich dennoch hier und dort erhalten. In dem russischen Gouvernement Eriwan wird sie von den Armeniern geübt. Die ganze Oberfläche des Neugeborenen wird mit feingestoßenem Kochsalz bestreut, wobei vor allem die Falten und Vertiefungen der Achselgruben, der Kniekehle, Daumengegend etc. bedacht werden. Nachdem das Kind drei Stunden und länger in Salz gelegen hat, wird es in reinem erwärmten Wasser gebadet. In einigen Bezirken haben die Armenier diese Sitte aufgegeben und werden darum von ihren Nachbarn „ungesalzene“ Armenier genannt.

Auch die Nachkommen der klassischen Griechen bestreuen ihre Kinder mit Salz. Weigern sich die aufgeklärteren Mütter, diese Behandlung zuzugeben, so bedeuten ihnen die Hebammen: „Wenn ich dein Kind nicht mit Salz bestreue, so wird es elend und wird zu nichts taugen.“

Wie vertragen nun die Kleinen dieses Einsalzen? Wird des Guten zu viel gethan, dann bekommt ihnen die stärkende Kur schlecht; die Haut erhält ein feuerrothes Ansehen, das Kind kann den starken Hautreiz nicht vertragen und geht an Krämpfen zu Grunde. Trotzdem giebt es Völker, wie z. B. die Bergbewohner Isauriens in Kleinasien, welche das neugeborene Kind unbarmherziger Weise 24 Stunden lang in Salz legen, um seine Haut zu stärken: wahrhaftig, der Mensch hat eine unverwüstliche Natur!

Auch bei uns in Deutschland wird das Einsalzen an manchen Orten noch ausgeübt, aber nur symbolisch. In der Rheinpfalz streut man z. B. dem Kinde Salz hinter die Ohren, anderwärts steckt man in Papier eingewickeltes Salz in die Windel oder legt dem Neugeborenen eine Prise Salz auf die Zunge. Das bringt Verstand, wie die Leute meinen, und schützt vor Unholden.*