Zum Inhalt springen

Das Gefängniß der Anarchisten bei New-York

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Gefängniß der Anarchisten bei New-York
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 683–684
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
vgl. Johann Most
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[683] Das Gefängniß der Anarchisten bei New-York. Der Marat der äußersten Linken der Socialdemokraten, Most, hat bekanntlich seinem Schicksal auch in Nordamerika nicht entgehen können und ist zu einjähriger Gefängnißstrafe verurtheilt worden, nachdem der Präsident des Gerichtes noch sein Bedauern ausgesprochen, daß er nach dem Gesetze keine schwerere Strafe über ihn verhängen könne, und nachdem er ihm noch einige der gröbsten Injurien, mit denen Sterbliche bedacht werden können, mit auf den Weg gegeben. Das Gefängniß, in welchem Most und Genossen sich befinden, ist ein langgestrecktes, graues steinernes Gebäude auf der Blackwell-Insel in der Nähe von New-York, sein Name ist „The Penitentiary“. Das Hauptgebäude wurde 1828 errichtet und 30 Jahre später der rechte Flügel angebaut. Es hat nur 800 Zellen; gegenwärtig beträgt die Zahl der Insassen 927 Männer, 788 Frauen und 4 Kinder. Die Zelle von Most ist ziemlich entfernt von derjenigen seiner beiden Schicksalsgenossen Schenk und Braunschweig; doch läge sie auch näher, [684] sie würden sich nicht sehen und noch weniger mit einander sprechen können; denn das Sprechen ist allen Gefangenen streng verboten. Dies tiefe Schweigen ist nach den lärmenden Versammlungen der Anarchisten gewiß eine anfangs höchst befremdende Abwechselung. Auch Zeitungen dürfen nicht gelesen werden, und so dringt keine Kunde von der Außenwelt in diese Zellen; dagegen giebt es eine Gefängnißbibliothek, aus welcher die Gefangenen Bücher und Zeitschriften entleihen können, wenn sie ihre Arbeitszeit hinter sich haben. Most ist in der Schlosserei als Bohrer beschäftigt, Schenk arbeitet in der Schusterwerkstatt, Braunschweig ist als Tischler thätig. Merkwürdigerweise stellen die Beamten dem Fanatiker Most das günstigste Zeugniß aus: er soll sehr bescheiden und fleißig sein. Ursprünglich war er seines Zeichens ein Buchbinder. An Gefängnißstrafe ist er übrigens gewöhnt. Der graue Steinbau auf Blackwell-Island kann ihm nichts Neues bieten; denn die Gefängnisse diesseit und jenseit des Oceans haben eine sehr mißliebige Aehnlichkeit. Schon als Most in Berlin die „Freie Presse“ redigirte, mußte er mehrfach sich mit ihnen vertraut machen; in London wurde er im Jahre 1881 wegen eines nach dem Morde des Kaisers Alexander II. geschriebenen Artikels, in welchem er zur Vernichtung anderer gekrönter Häupter aufforderte, zu 18 Monaten Zwangsarbeit verurtheilt. Most ist jetzt auf längere Zeit ein stiller Mann geworden; doch hat er Muße, in dieser Stille allerlei Ungeheuerlichkeiten auszubrüten, mit denen er wohl später die Welt überraschen wird. †