Das Kriegstheater an der Donau

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Kriegstheater an der Donau
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 467–468
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[467]

Das Kriegstheater an der Donau.

Nachdem die Fahne des Propheten auf der Sophienmoschee in Konstantinopel aufgepflanzt und der Krieg von der hoben Pforte gegen Rußland erklärt worden, dürfte, wenn die europäische Diplomatie nicht nochmals ihr „Halt!“ zwischen die zum Kampf bereiten Theile wirft, nunmehr von den monatelang gewechselten Worten zu Thaten geschritten werden.

Karte des russisch-türkischen Kriegsschauplatzes.

Alle Versuche zur friedlichen Schlichtung des russisch-türkischen Streits sind vorerst als gescheitert zu betrachten, ohne daß es jedoch gleichwohl den Anschein hat, als sollte ein europäischer Krieg entbrennen. In erster Reihe ist dies jedenfalls der gemäßigten Politik Oesterreichs und Preußens zu verdanken. Die neueste Lage der Dinge läßt die in der orientalischen Frage eine Rolle spielenden Mächte, so weit deren offizielle Kundgebungen reichen, in folgenden Stellungen erscheinen: Rußland und die Türkei im Begriff, sich zu bekriegen; Oesterreich und Preußen zu strenger Neutralität entschlossen; [468] England und Frankreich auf Seiten der Pforte, ohne daß sie sich jedoch noch über die Art ihrer Hülfeleistung ausgesprochen haben. Da beide Staaten ihre Gesandten noch ganz friedlich in Petersburg residiren haben, und eine Kriegserklärung auch von ihrer Seite vorangehen muß, ehe sie an den Feindseligkeiten Theil nehmen können, die Türkei aber in ihrem Kriegsmanifest den Beginn derselben nach einer dem russischen General en Chef Gortschakoff zur Räumung der Moldau und Walachei bewilligten vierzehntägigen Frist in Aussicht stellt, so wird vorerst die Türkei sich ohne fremde Hülfe mit ihrem Feind zu messen haben. Wie vorauszusehen war, hat Fürst Gortschakoff die vom Oberbefehlshaber der türkischen Truppen, Omer Pascha, verlangte Räumung der Donaufürstenthümer abgelehnt, so daß also die ersten Feindseligkeiten etwa am 20. Oktober begonnen haben könnten.

Die Hauptmacht der beiden in Streit begriffenen Theile ist auf dem Terrain concentrirt, von welchem wir heute unsern Lesern ein Kärtchen geben, und wobei freilich die äußerst schwierig zu überschreitende Donau als mächtiges Hinderniß zwischen den kriegsbegeisterten Schaaren rollt. Die von Rußland an die Donau geworfenen Streitkräfte schlagen wir wohl mit 160,000 Mann hoch genug an; die zwischen dem rechten Ufer der Donau und dem Fuße des Balkangebirges aufgestellte türkische Armee ist ungefähr 120,000 Mann stark. Das russische Hauptquartier ist in Bukarest mit gegen Galacz, Braila und Giurgevo vorgeschobenen starken Abtheilungen und einem besondern Armeecorps in Krajova; ebenso haben die Russen von Neuorsowa, wo die Donau das österreichische Gebiet verläßt, bis nach Hirsova und Braila alle Uebergangspunkte und Furthen massenhaft besetzt. Ihre Operationslinie bei einem Angriffe dürfte, seitdem die Türken die Donau und den Balkan so stark befestigt, spätern Anordnungen zufolge, über Widdin und längs der serbischen Grenze hin geben, wo das Gebirge weniger Schwierigkeiten bietet. Omer Pascha hat indeß auch nach jener Richtung zu Alles in Vertheidigungszustand gesetzt. Den Mittelpunkt für die türkischen Streitkräfte giebt das am Fuße des Balkan gelegene Schumla, als Hauptquartier mit Varna und Turnowa zur Seite, ab. Die ganze, durch die Festungen Widdin, Nicopoli, Rustschuck, Silistria, und viele andere geschützte Donaulinie ist so zu sagen in einen mit Kanonen bespickten Wall umgewandelt worden, hinter welchem sich außerdem die Befestigungswerke des Balkan erbeben. Die Lage beider Armeen, der russischen wie der türkischen, bezeichnet man wohl am besten in der Art, daß jede stark genug ist, um einen Angriff der andern mit Erfolg abzuwehren; keine aber stark genug, um einen Angriff mit Aussicht auf Erfolg zu unternehmen. So dürfte es wenigstens zur Stunde noch sein. Sollte gleichwohl von der einen oder andern Seite ein Uebergang über die Donau versucht werden, so würde Widdin für jeden der streitenden Theile noch den günstigsten Punkt bieten. Von anderen Uebergangspunkten ist Bregowa hart an der Grenze Serbiens, Islas, Giurgevo, Silistria, Hirsova und Braila, zu erwähnen. Wahrscheinlicher ist es jedoch, daß der ganze an der Donau ausbrechende Krieg, der hier in kurzer Zusammenstellung aufgeführten Hindernisse wegen, wozu namentlich auch die vorgerückte, der Kriegführung höchst ungünstige Jahreszeit kommt, auf Vorpostengefechte und Scharmützel beschränkt bleiben wird. Größeren Anschein gewinnt es dagegen, daß in Asien, wo das bei Erzerum unter Abdi Pascha zusammengezogene türkische Heer ziemlich so stark wie die Donauarmee ist, der ernstlichere Kampf zwischen den feindlichen Parteien entbrennt. Dort steht man sich in ziemlich freier Ebene gegenüber und der von Feinden Rußlands wimmelnde Kaukasus ist nicht weit.