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Das Liedchen von der Reue (1827)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Wasserfahrt Buch der Lieder (1827) An eine Sängerin »
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Textdaten
Autor: Heinrich Heine
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Titel: Das Liedchen von der Reue
Untertitel:
aus: Buch der Lieder, Junge Leiden, Romanzen, S. 79–81
Herausgeber:
Auflage: 1
Entstehungsdatum: 1817–1821
Erscheinungsdatum: 1827
Verlag: Hoffmann und Campe
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Hamburg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans der Ausgabe 1827 auf den Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[79]

XV.

Das Liedchen von der Reue.

     Herr Ulrich reitet im grünen Wald,
Die Blätter lustig rauschen.
Er sieht eine holde Mädchengestalt
Durch Baumeszweige lauschen.

5
     Der Junker spricht: Wohl kenne ich

Dies blühende, glühende Bildniß,
Verlockend stets umschwebt es mich
In Volksgewühl und Wildniß.

     Zwei Röslein sind die Lippen dort,

10
Die lieblichen, die frischen;

Doch manches häßlich bitt’re Wort
Schleicht tückisch oft dazwischen.

     Drum gleicht dies Mündlein gar genau
Den hübschen Rosenbüschen,

15
Wo gift’ge Schlangen wunderschlau

Im dunkeln Laube zischen.

     [80] Dort jenes Grübchen wunderlieb
In wunderlieben Wangen,
Das ist die Grube, worein mich trieb

20
Wahnsinniges Verlangen.


     Dort seh’ ich ein schönes Lockenhaar
Vom schönsten Köpfchen hangen;
Das sind die Netze wunderbar,
Womit mich der Böse gefangen.

25
     Und jenes blaue Auge dort,

So klar, wie stille Welle,
Das hielt ich für des Himmels Pfort’,
Doch war’s die Pforte der Hölle. –

     Herr Ulrich reitet weiter im Wald,

30
Die Blätter rauschen schaurig.

Da sieht er von fern eine zweite Gestalt,
Die ist so bleich, so traurig.

     Der Junker spricht: O Mutter dort,
Die mich so mütterlich liebte,

35
Der ich mit bösem Thun und Wort

Das Leben bitterlich trübte!

     [81] O, könnt ich dir trocknen die Augen naß,
Mit der Gluth von meinen Schmerzen!
O, könnt ich dir röthen die Wangen blaß

40
Mit dem Blut aus meinem Herzen!


     Und weiter reitet Herr Ulerich,
Im Wald beginnt es zu düstern,
Viel seltsame Stimmen regen sich,
Die Abendwinde flüstern.

45
     Der Junker hört die Worte sein

Gar vielfach wiederklingen.
Das thaten die spöttischen Waldvöglein,
Die zwitschern laut und singen:

     Herr Ulrich singt ein hübsches Lied,

50
Das Liedchen von der Reue,

Und hat er zu Ende gesungen das Lied,
So singt er es wieder auf’s Neue.