Das Neueste von der Wünschelrute

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Textdaten
Autor: Walther Kabel
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Titel: Das Neueste von der Wünschelrute
Untertitel:
aus: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 4, S. 223–226
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Erscheinungsdatum: 1912
Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft
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Erscheinungsort: Stuttgart, Berlin, Leipzig
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[223] Das Neueste von der Wünschelrute. – Zu einem der meistumstrittenen Probleme gehören noch immer die geheimnisvollen Wirkungen der Wünschelrute. Es scheint jetzt aber, als ob jene Fachleute, die noch vor kurzem die Wunder der [224] Wünschelrute geradezu als Schwindel oder doch als grobe Selbsttäuschung bezeichneten, allzu vorschnell geurteilt haben. Zum besseren Verständnis des folgenden sei daran erinnert, daß die Wünschelrute seit alters her zur Auffindung von edlen Metallen und wasserreichen Stellen benützt worden ist, und daß hierzu sowohl das Holz der Haselnuß, des Ahorns, der Esche und der Mispel als auch Stäbe aus Metall verwendet wurden.

Vor kurzem hat nun der französische Chemiker Henry Mager, dessen Untersuchungen völlig einwandfrei sind, eine eingehende Abhandlung über dieses Thema veröffentlicht. Mager hat in Paris persönlich mit einem Herrn Louis Probst aus Gujan-Mestras experimentiert, der mit der metallischen Wünschelrute in der Hand imstande ist, verborgene Metalle oder Minerale genau ihrer Art nach zu benennen. Durch diese Versuche ist nachgewiesen, daß es tatsächlich die Ausstrahlungen der Metalle beziehungsweise der Minerale sind, die in der Wünschelrute ein leises Vibrieren hervorrufen, das trotz seiner Feinheit von besonders empfindlichen Handnerven doch bemerkt wird.

Mager schreibt über seine Versuche folgendes. „Erster Versuch: Man nimmt vier Kästen aus Holz oder Pappe; in den ersten legt man ein Fünffrankenstück, in den zweiten zwei Fünffrankenstücke, in den dritten drei, in den vierten vier; diese vier Kästen werden in die vier Ecken des Zimmers gestellt, und der Suchende wird hineingeführt; er soll mit Hilfe der Wünschelrute unterscheiden, in welchem Kasten sich das einzelne Stück, in welchem sich die zwei, drei und vier Fünffrankenstücke befinden, da sich die Strahlungen des ersten ja nur auf kürzere Entfernung bemerkbar machen müssen, während bei dem zweiten diese Entfernung größer, beim vierten Kasten am größten sein müßte. Dieser Versuch ist glänzend gelungen. Ebenso auch der zweite gleicher Art, bei dem man die silbernen Fünffrankenstücke durch kupferne Fünfundzwanzigcentimesstücke ersetzte. Dritter Versuch: Man legt in einen Kasten eine bestimmte Anzahl Zwanzigfrankenstücke aus Gold, ein, zwei, drei, fünf, zehn und so weiter, und bittet den Sucher, anzugeben, wieviel Stücke in die Schachtel hineingelegt worden sind; es gibt dann zwei Wege für ihn: die Methode der Strahlenfelder, [225] da das Strahlenfeld von zwei Stücken größer sein wird als das von nur einem Stück, und die Methode des Wägens, die Beachtung der Stärke des Vibrierens der Wünschelrute, die von mehreren Suchern ausgeübt wird und außerordentlich merkwürdige Resultate ergibt.

Diese drei Versuche, die unbestreitbar zeigen, daß die Ausstrahlungen der beobachteten Körper die Wünschelrute beeinflussen, sind gewiß wunderbar, noch wunderbarer aber der folgende: Legen wir in einen Kasten ein Goldstück, in einen zweiten ein Silberstück, in einen dritten ein Nickelstück und in einen vierten ein Kupferstück; stellen wir diese vier Kästen auf einen Tisch, führen wir den Sucher hinzu und bitten ihn, den Kasten zu bezeichnen, der das Nickel oder das Kupfer enthält. Seine Wünschelruten werden sich nicht täuschen, sie werden das Gold, das Silber, das Nickel und das Kupfer richtig bezeichnen.

Selbst wenn der die metallische Wünschelrute Führende von dem strahlenden Körper durch eine Wand oder eine Mauer getrennt ist, kann der Sucher die ausgesandten Strahlen empfangen und den Körper identifizieren. Ich habe diesem Versuch beigewohnt. Ein Metalldraht wird auf dem Fußboden zwischen einem entfernten Zimmer und dem Zimmer, wo sich der Sucher aufhält, ausgelegt. Wenn man in dem entfernten Zimmer an das Ende des Metalldrahtes ein Stück Metall oder Mineral hält, so prüft der Sucher in dem Zimmer, wo er sich befindet, das andere Ende des Drahtes mit der Wünschelrute und gibt an, welches Metall oder Mineral sich im entfernten Zimmer befindet. Alles dies hat etwas vom Wunder an sich. Es ist phantastisch, es ist unerhört, aber es verdient darum nicht weniger die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt.“

Hiernach kann man jetzt ruhigen Gewissens sagen, daß auch die geheimnisvollen Eigenschaften der Wünschelrute als Entdeckerin von unterirdischen Wasserläufen eine Erklärung gefunden haben. Jedes Grundwasser enthält nämlich in mehr oder weniger starker Beimengung mineralische und metallische Bestandteile. Die Ausstrahlungen dieser Bestandteile durchtränken im Laufe der Zeit den über dem verborgenen Wasserreservoir [226] liegenden Erdboden derart, daß die Wünschelrute an den betreffenden Stellen durch Zuckungen reagiert. Früher glaubte man, daß die elektrischen Erscheinungen des Wassers ein Vibrieren der Wünschelrute hervorriefen. Versuche zeigten jedoch, wie wenig diese Theorie einer schärferen Kritik standhalten konnte. Erst die Magerschen Experimente haben den Fachleuten nun den Weg gewiesen, auf dem einzig und allein das Problem der Wünschelrute zu lösen ist. Wenn auch noch eine ganze Anzahl von Einzelvorgängen bei der Arbeit mit der Wünschelrute einer wissenschaftlichen Klärung bedarf, so ist das Fundament zum Aufbau weiterer Forschungen bereits gegeben.

W. K.