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Das Osterei (Anton Ohorn)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Anton Ohorn
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Titel: Das Osterei
Untertitel:
aus: Illustrirter Familienschatz: Ein Universum für die Deutsche Familie, Band 14/2., S. 992–993
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Verlag des Illustrirten Familienschatz
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Erscheinungsort: New York
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons = Google-USA*
Kurzbeschreibung:
Siehe auch die Themenseite Ostern
Eintrag in der GND: [1]
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[992]
Das Osterei.


Der Lenz ist gekommen, die Erde erwacht,
Vorbei ist der Schlaf und die Winternacht,
Die Blumen sprossen am Bache, im Feld,
Der Himmel ist blau und sonnig die Welt.

5
Da wandern die Wichtlein aus engem Haus

In den lachenden Frühlingsmorgen hinaus,
’s bleibt Keiner zurück, selbst der lahme Ger
Trottirt auf einer Schnecke daher.

Sie ziehen schäkernd und singend waldein:

10
Zum Felsblock wird ihnen jeder Stein,

Das kleinste Rinnsal zur tiefen Schlucht,
Zur Keule des Eichbaums zierliche Frucht.

Da ragt es empor aus dem grünen Grund
So riesenhaft und weiß und rund.

15
Hei, wie sie erstaunt im Kreise steh’n!

Hat Keiner noch solche Eier geseh’n,

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So blank, so glatt und gar so groß. –

Da ruft der Eine: „Ich schlage d’rauf los!“
Er hebt der Eichelkeule Schaft,

20
Sie saust hernieder mit Wucht und Kraft,

Schon splittert die Schale, da wächst der Muth
Auch der andern zaghaften kleinen Brut,
Sie kommen näher, die kühnsten Zwei
Erklimmen mit Mühe sogar das Ei –

25
Da brechen die Scherben – zur Oeffnung, o Graus!

Sieht ein großes, behaartes Gesicht heraus,
Mit langen Ohren und weißem Zahn
Und mächtigem Schnurrbart angethan.

Da wird das Entsetzen der Wichtlein groß,

30
Sie purzeln durcheinander im Moos,

Sie tummeln sich eilig – husch, husch, husch!
Und verschwunden sind sie in Blattwerk und Busch;
Nur Ger im angsterfüllten Drang
Peitscht umsonst seine Mähre zu schnellerem Gang.

35
Aus dem Ei aber hüpft auf das junge Gras

Der lustige Schelm, der Osterhas’,
Und sieht den Frühling weit und breit
Und nickt und murmelt: „’s ist wahrlich Zeit!
Es geht ein Wehen wie Osterluft,

40
Da giebt es zu schaffen, die Jugend ruft,

Da heißt es, frisch in’s Zeug sich legen
Mit dem buntgefärbten Eiersegen!“ – –
Hei, wie er lustig von dannen springt!
Will hoffen, daß er auch mir etwas bringt.
 Anton Ohorn.