Das Osterei (Anton Ohorn)
Der Lenz ist gekommen, die Erde erwacht,
Vorbei ist der Schlaf und die Winternacht,
Die Blumen sprossen am Bache, im Feld,
Der Himmel ist blau und sonnig die Welt.
In den lachenden Frühlingsmorgen hinaus,
’s bleibt Keiner zurück, selbst der lahme Ger
Trottirt auf einer Schnecke daher.
Sie ziehen schäkernd und singend waldein:
Das kleinste Rinnsal zur tiefen Schlucht,
Zur Keule des Eichbaums zierliche Frucht.
Da ragt es empor aus dem grünen Grund
So riesenhaft und weiß und rund.
Hat Keiner noch solche Eier geseh’n,
Da ruft der Eine: „Ich schlage d’rauf los!“
Er hebt der Eichelkeule Schaft,
Schon splittert die Schale, da wächst der Muth
Auch der andern zaghaften kleinen Brut,
Sie kommen näher, die kühnsten Zwei
Erklimmen mit Mühe sogar das Ei –
Sieht ein großes, behaartes Gesicht heraus,
Mit langen Ohren und weißem Zahn
Und mächtigem Schnurrbart angethan.
Da wird das Entsetzen der Wichtlein groß,
Sie tummeln sich eilig – husch, husch, husch!
Und verschwunden sind sie in Blattwerk und Busch;
Nur Ger im angsterfüllten Drang
Peitscht umsonst seine Mähre zu schnellerem Gang.
Der lustige Schelm, der Osterhas’,
Und sieht den Frühling weit und breit
Und nickt und murmelt: „’s ist wahrlich Zeit!
Es geht ein Wehen wie Osterluft,
Da heißt es, frisch in’s Zeug sich legen
Mit dem buntgefärbten Eiersegen!“ – –
Hei, wie er lustig von dannen springt!
Will hoffen, daß er auch mir etwas bringt.
Anton Ohorn.