Das Pfennig-Magazin/Heft 1

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Titel: Heft 1 vom 4. Mai 1833
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aus: Das Pfennig-Magazin
Herausgeber: Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse
Auflage: 100 000
Entstehungsdatum: 1833
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Das Pfennig-Magazin
der
Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse



No. 1 Erscheint jeden Sonnabend 4.Mai 1833

An Jeden.

Kenntnisse und das Bewußtseyn, in allen Lagen des Lebens unsere Pflicht erfüllt zu haben, sind die einzigen Reichthümer, welche das Schicksal uns auf keine Weise, in keiner Lage des Lebens zu rauben vermag; sie sind der wahrste Trost im Unglücke, die schönste Freude unseres Alters, der reinste Genuß nach mühevoller Arbeit, nach des Tages Last und Hitze. Jene können wir einander mittheilen, sie uns aneignen aus Büchern und den Lehren Erfahrener und Gebildeter, und die Fortschritte unserer Zeit bieten uns überall dazu Hülfsmittel dar; die Erwerbung des Bewußtseyns aber, seine Pflicht als Mensch und Bürger im vollsten Sinne des Wortes gethan zu haben, muß Jedem selbst überlassen bleiben; doch nur der Pflichttreue ist der wirklich Tugendhafte, denn wer, wie so viele Menschen, in selbstbefangener Eitelkeit Tugenden üben will, und seine Pflichten darüber vernachlässigt, gleicht dem leichtsinnigen Vater, der seine Kinder schön kleidet, und sie hungern läßt, oder sie mit kostbaren Leckerbissen nährt, und sich nicht um die Ausbildung ihres Geistes und Herzens kümmert. – Unsere Pflichten zerfallen in zwei Klassen, in die Pflichten gegen uns selbst, und die Pflichten gegen Andere. – Vervollkommnung unseres Selbst ist das Ziel und der Zweck unseres irdischen Daseyns, denn in ewigem Weiterschreiten liegt das Geheimniß der Welt. Wie nahe ist uns daher die Pflicht gelegt, uns Kenntnisse zu erwerben, wie nahe denen, die sich solches Erwerbes bereits erfreuen, ihn ihren Brüdern und Nebenmenschen mitzutheilen, denn weder Talente noch Wissen wurden uns gegeben, um uns selbstsüchtig allein solchen Besitzes zu freuen; wir sind Alle gleich vor Gott, sind alle Gäste an der Tafel des Herrn, sollen uns einträchtlich lieben wie Brüder, und Jeder dem Anderen mittheilen von seinem Überflusse, nach Maaßgabe der Kräfte und der Bedürfnisse des Empfangenden.

Und das eben ist der Zweck unserer Gesellschaft und dieser von ihr besorgten Zeitschrift. Die Verbreitung nützlicher Kenntnisse ist das schönste Geschenk, das man seinem Jahrhunderte machen kann. Wir wollen, nach unseren besten Kräften, mit prüfender Besonnenheit, mit redlichem Willen dafür das Unsere thun. Unermeßlich ist das Reich des Wissens; es umfaßt die ganze Welt; Vergangenheit und Gegenwart, Himmel und Erde, Land und Meer. Unser Streben soll dahin gehen, aus allen diesen Regionen, aus allen diesen Zweigen das Nützlichste und Neueste auszulesen und es auf eine möglichst gefällige Weise, welche Verstand und Phantasie zugleich angenehm beschäftigt, dem freundlichen Leser vorzuführen. Die wichtigsten Entdeckungen und Erfindungen, merkwürdige Naturerscheinungen, große Begebenheiten, interessante Ereignisse, Lebensbeschreibungen berühmter Männer, treffende Lebensregeln, wichtige Erfahrungen, sollen wechselsweise unsere Aufmerksamkeit beschäftigen, und dem Leser wie in einer freundlichen, würdigen Unterhaltung vorgetragen werden. – Zu besserem Verständnisse werden wir überall, wo es nöthig ist, erklärende, sauber gearbeitete Abbildungen hinzufügen, und uns überhaupt bemühen, auf die äußere Gestalt unserer Zeitschrift eben so viel Sorgfalt, wie auf den Inhalt derselben zu verwenden.

Möge die Theilnahme für dieselbe unserem redlichen und ernsten Willen gleichen, dann ernten wir den schönsten Lohn.

Die Moschee des Sultans Achmed zu Konstantinopel.

Die Gotteshäuser der Mahomedaner, in welchen sich dieselben jeden Freitag zum Gebete versammeln, heißen Moscheen. Die hohen Thürme, die an den Seiten des Domes dieser Gebäude emporsteigen, werden Minarets genannt; außen um dieselben laufen Gallerieen, Ringen ähnlich, herum. Hierher begiebt sich täglich fünf Mal der Muetzin, und läßt den feierlichen Ausruf (Ezann) vernehmen, wodurch er die Gläubigen zum Gebete ruft.

Die Moschee Achmed

Die hier dargestellte Moschee ward im Jahre 1610 durch Sultan Achmed gegründet; dieser Fürst betrieb den Bau derselben mit solchem Eifer, daß er in eigener Person jeden Freitag Theil an den Arbeiten nahm. Sie steht auf der Südseite des Atmeidan (Hippodroms, Rennbahn), und ist unter allen Moscheen Konstantinopels und des ganzen osmanischen Reiches die Einzige, welche sechs Minarets hat, d. h. zwei mehr als die Sophienkirche, die Suleimanie, ja selbst als die Moschee des heiligen Hauses der Kaabe zu Mekka. Auf einer erhöheten Terrasse erbauet, besteht sie bloß aus zwei großen Vierecken, von denen Eines die Moschee selbst, das Andere den Vorhof bildet. Dieser mißt von dem auf den Atmeidan führenden Mittelthore bis zu dem gegenüber befindlichen Haupteingange der Moschee 56 Schritte in der Länge und 77 in der Breite. Die Moschee selbst hat 100 Schritte ins Gevierte. Das Auffallendste an derselben sind vier ungeheuere Säulen, von denen jede aus drei Theilen besteht, und die im Vergleiche zu ihrer Länge unverhältnißmäßig dick sind. Der Umfang einer jeden mißt 56 Ellen; sie tragen den Dom und erheben sich von außen an den vier Seiten desselben wie eben so viele Thürmchen. Die Kuppel des großen Domes ist von 4 Hauptkuppeln umgeben, an deren jede zwei kleine ganz runde Kuppeln stoßen, welche [2] gerade hinter den vier ungeheuern Säulen die vier Ecken der Moschee bilden. Diese erscheint also von Außen neunfach gewölbt, gleich dem Dome der neun Himmel nach der Lehre des Koran. Auf beiden Seiten der Moschee rechts und links läuft eine doppelte Gallerie, eine äußere und eine innere, hin, in denen unten Bänke für die Leser des Korans, und oben Schatzgewölbe, zur Bewahrung von Gold und anderen Kostbarkeiten, angebracht sind.

Wegen der schönen Lage am Atmeidan und der überall offenen und freien Verbindungen ist diese Moschee der Schauplatz großer Kirchenfeste und feierlicher Hofaufzüge. Dorthin begiebt sich der Sultan, von seinem ganzen Hofstaate begleitet, an den zwei großen Festen des Beirams (den großen und kleinen Fasten), um das Fastengebet zu verrichten. Von hier aus findet der festliche Auszug der Pilgerkaravane nach Mekka, und die feierliche Versammlung des Hofes und aller Staatsbehörden statt, um das Mewlud oder den Geburtstag des Propheten Mahomed zu feiern.

In der Mitte des Hofes der Moschee ist ein Springbrunnen von Marmor; die Thüren sind von geschlagenem Kupfer. Im Innern der Moschee sind die Mauern al fresco gemalt; man sieht daselbst vergoldete Tafeln mit arabischen Aufschriften hängen. Die Fenster sind von buntem Glase.

Die Minarets sind sehr hoch; von dem Mare di Marmora aus gesehen, macht die Achmed’s einen bewundernswürdigen Eindruck, und gewährt einen herrlichen Genuß. Man geräth in Entzücken, wenn man die Halbkuppeln betrachtet, welche, sich eine auf die andere stützend, stufenweise nach den Gesetzen der Perspektive auf einander folgen, und zuletzt einer leichten Kuppel, an deren Seite sechs zarte Spitzen emporsteigen, Ruhepunkte gewähren.

Anwendung der Zeit in unseren Tagen.

Wer glücklich in der Welt sein Fortkommen finden will, der muß einen weisen Gebrauch von der Zeit zu machen verstehen. Sie ist der Stoff, aus dem das menschliche Leben gewebt ist; verständig in ihrem schnellen Fluge benutzt, gewährt sie Mittel zur Ausbildung des Geistes, zur Ergreifung jedes Vortheils, und zur Vermehrung unseres Wohlstandes. Allenthalben hat sich jetzt die Anzahl der Mitbewerber vermehrt; will man nicht unterliegen, so muß man die Zeit mit Einsicht benutzen. Wer früher aufsteht als Andere, der gewinnt an Gesundheit wie an Glück. Eine Stunde früher als sonst das Bette verlassen, heißt jährlich 15 Tage und 5 Stunden gewinnen. Sind dieß Arbeitstage, so setzen wir uns vor den Langschläfern in großen Vortheil; denn die Zeit ist zum Arbeiten da; sie soll nützlich zugebracht werden; wer jede Stunde weise benutzt, der gewinnt an Wohlstand, wie an Zufriedenheit. Von Jugend auf muß sich der Mensch an zweckmäßige und nützliche Thätigkeit gewöhnen, und wer dieß thut, dem ist Arbeit Lust und Freude. Wer den Geist gehörig ausbildet, der kann nicht müßig gehen; er schafft und wirkt mit Verstand, und läßt seine Zeit nicht ungebraucht verstreichen. In unsern Tagen ist Alles auf Schnelligkeit und Arbeitsamkeit berechnet. Der Kaufmann muß jetzt, innerhalb eines Jahres, weit mehr Waaren umsetzen, wenn er dasselbe zu verdienen wünscht, als er vor 20 Jahren zu thun brauchte; der Landmann muß seinen Acker weit besser anbauen als sonst, wenn er bestehen will; der Gelehrte muß weit mehr und weit umfassendere Kenntnisse besitzen als vormals, aber sie müssen auch gründlich, klar und gemeinnützig seyn. Der Familienvater muß mehr arbeiten und mehr sparen als ehemals, wenn er vorwärts kommen will, und wie kann man nun diesen Zweck anders erreichen, als durch weise Benutzung der Zeit, durch zweckdienlichere Thätigkeit und durch größere Einschränkung im Genusse? Die Zeit ist der Stoff, aus dem sich Glück und Segen auch für unsere Tage zusammenfügen lassen. Sie gewährt vorzüglich die Mittel zu unserm bessern Fortkommen; man schlafe daher weniger, stehe früher auf, arbeite rüstiger und mit mehr Verstand als sonst, und benutze den flüchtigen Augenblick; dann ist das Menschenleben, obschon ein steter Kampf mit Hindernissen und Schwierigkeiten aller Art, doch eine reiche Quelle der Freude, der Zufriedenheit und des Glücks.

Artesische Brunnen und Feuerbrunnen.

Jedermann weiß, daß man, wenn man an gewissen Stellen eine tiefe Öffnung in die Erde macht, wo Niemand je eine Spur von einer Quelle bemerkt hat, endlich zu einer Erdschicht gelangt, wo Wasser im Überflusse vorhanden ist. Bisweilen dringt dieß Wasser mit solcher Heftigkeit hervor, daß es sich als Springbrunnen mehrere Fuß über den Boden erhebt. Die Natur gewährt also von selbst ein glänzendes Schauspiel, welches manchem verschwenderischen Herrscher Millionen gekostet hat. Seit einigen Jahren vermehren sich in Frankreich und im südlichen Deutschlande die artesischen Brunnen, die ihren Namen von der Provinz Artois in Frankreich haben, wo sie seit langen Zeiten gewöhnlich sind. Die Nützlichkeit der artesischen Brunnen besteht nicht allein darin, daß sie reichlich Wasser geben, sondern da dieses aus großer Tiefe kommt, so ist es immer mittler Temperatur, und wohl jedenfalls brauchbarer, als aus den gewöhnlichen Brunnen.

In China giebt es zwar keine artesischen, aber wohl Feuerbrunnen. In dem Bezirke von Kiating-Tau (250 Stunden NOstl. von Canton) findet man in einem Raume von ungefähr 10 Stunden in der Länge, und 4 bis 5 Stunden in der Breite mehrere Salzbrunnen. Jeder etwas wohlhabende Privatmann sucht sich einen Theilhaber, und gräbt sich einen oder mehrere Brunnen, wozu gegen 2 000 Thaler erforderlich sind. Sie graben diese Brunnen nicht, wie wir, sondern erreichen ihren Zweck mit der Zeit, und durch Geduld; sie bringen wenigstens drei Jahre dabei zu. Diese Brunnen haben gewöhnlich eine Tiefe von 15 bis 1800 franz. Fuß, und sind nur 5 bis 6 Zoll breit. Will man Wasser aus einem solchen Brunnen haben, so steckt man eine Bambusröhre hinein, die 80 Fuß lang ist, und an deren Ende sich ein Ventil befindet; wenn sie unten auf dem Boden angelangt ist, so hält sich ein starker Mann ans Seil, und stößt auf die Röhre; bei jedem Stoße öffnet sich das Ventil, und das Wasser steigt in die Höhe. Bei der Verdunstung liefert das Wasser ein Fünftel und drüber, ja bisweilen ein Viertel Salz, das einen sehr beißenden Geschmack hat, und viel Salpeter enthält. Die Luft, welche aus diesem Brunnen kommt, ist leicht entzündbar. Hält man eine Fackel an die Öffnung des Brunnens, wenn die Röhre beinahe mit Wasser angefüllt ist, so entzündet sich eine große Feuergarbe, zwanzig bis dreißig Fuß hoch. Bisweilen thun es die Arbeiter entweder aus Unvorsichtigkeit oder aus Bosheit.

[3] Es giebt Brunnen dieser Art, aus denen man kein Salz bekommt, sondern bloß Feuer, und diese nennt man Feuerbrunnen. Man verschließt die Öffnung des Brunnens mit einem Bambusröhrchen, und leitet die entzündbare Luft wohin man will; man zündet sie mit einem Lichte an, und sie brennt fortwährend. Die Flamme sieht bläulich aus, steigt drei bis vier Zoll hoch, und hat einen Zoll im Durchmesser. Das Gas ist mit Erdpech geschwängert, riecht übel, und giebt einen schwarzen, dicken Rauch; sein Feuer brennt heftiger, als das gewöhnliche Feuer. Die großen Feuerbrunnen befinden sich zu Tsee-lieou-tsing, einem Flecken im Gebirge, an einem kleinen Flusse.

Wozu Ordnung und Pünktlichkeit verhelfen.

Ordnung ist Verstand; wo keine Ordnung in einem Hause herrscht, da ist weder Glück noch Segen, weil es ihm an der erhaltenden und erwerbenden Grundlage gebricht. Unordnung zerstört, was der Fleiß schafft; sie läßt unbenutzt, was die Ordnung Gedeihliches bewirkt. Die Pünktlichkeit ist die Tochter der Ordnung, und gewinnt Vertrauen, weil sie Alles zur rechten Zeit thut. Sie verbindet mit dem Verstande Gewissenhaftigkeit, und beide bringen Wohlstand ins Haus. Der Engländer Scott von Exeter, der beinahe bis in sein 80. Jahr in Geschäften herum reisete, zeichnete sich vorzüglich durch seine Pünktlichkeit und Ordnung aus, und da er mit diesen Tugenden einen emsigen und verständigen Fleiß verband, so erwarb er sich ein großes Vermögen. Wir wollen hier bloß etwas von seiner Pünktlichkeit erwähnen: seit einer langen Reihe von Jahren wußten die Wirthe in Devon und Cornwall, bei denen er einkehrte, genau den Tag, ja selbst die Stunde, wo er bei ihnen eintreffen werde. Kurz vor seinem Tode machte ein Herr in Cornwall eine Reise, und kehrte zu Mittage in einem kleinen Wirthshause zu Port Isaak ein, um da zu essen. Der Aufwärter reichte ihm den Speisezettel, allein es gefiel ihm keines von den Gerichten, welche darauf angeführt waren; da er jedoch sah, daß man eine schöne Ente briet, so wünschte er diese zu haben. Die Ente können Sie nicht bekommen, versetzte der Wirth; sie ist für Hrn. Scott aus Exeter bestimmt. – Ich kenne Hrn. Scott recht wohl, erwiederte der Reisende; er ist nicht in ihrem Hause. – Dieß ist wahr, gab der Wirth zur Antwort, aber vor sechs Monaten war er das letzte Mal hier, und bestellte eine gebratene Ente, die heute Punkt 2 Uhr für ihn bereit stehen sollte. Zu seinem großen Erstaunen sah der Reisende den alten Herrn in’s Wirthshaus treten, und zwar ungefähr fünf Minuten vor der bestimmten Zeit.

Die Taucherglocke.

Die Taucherglocke, deren Gebrauch, obschon ziemlich ausgebreitet, doch in Kurzem sicherlich noch weit mehr zunehmen wird, ist eine neue Eroberung des menschlichen Gewerbfleißes. Schon in frühern Jahrhunderten hat man zahlreiche Versuche angestellt, auf dem Boden des Wassers zu verweilen; allein erst in neuerer Zeit hat die Praxis jene theoretischen Untersuchungen und Versuche, welche man sonst gemacht hatte, anzuwenden verstanden.

Von dieser Taucherglocke hat man bei dem Baue der Brücke von Bordeaux einen glücklichen Gebrauch gemacht, und jetzt sind alle großen französischen Häfen damit versehen. In Cherbourg bedient man sich derselben zur Untersuchung und Beendigung der untern Wände der Becken, welche man zur Aufnahme der Linienschiffe in den Felsen gehauen hat. Mit ihrer Hülfe kann man auf dem Grunde des Wassers fast eben so leicht arbeiten, als auf dem festen Lande unter freiem Himmel; man höhlt Felsen aus, sprengt Minen, nimmt die schwersten Steinblöcke weg und bearbeitet und vermauert sie.

Vor kurzem wurde die englische Fregatte Tetis, auf der sich mehrere Millionen Piaster befanden, von einem Sturme an die Küste von Brasilien geworfen und zerschmettert. Ihre Trümmer, die während des Sturmes zermalmt, zerstreuet und mit Felsenstücken in dem Sande herumgerollt wurden, waren in einer Tiefe von mehr als 30 Fuß begraben. Es trat eine Gesellschaft zusammen, der es gelang, vermittelst der Taucherglocke, aus diesem verworrenen Haufen einen großen Teil des verlorenen Geldes herauf zu holen. Wir wollen hier eine genaue Beschreibung der Taucherglocke mittheilen, welche der Engländer Spalding vervollkommnet hat.

Eine ganz einfache Erfahrung, die Jedermann anstellen kann, wird ihm sogleich eine Einsicht in das Prinzip verschaffen, nach welchem die Taucherglocke eingerichtet ist. Man nehme ein Glas, dessen Inneres trocken ist, tauche es ganz senkrecht ins Wasser und ziehe es so wieder heraus, ohne es so wenig als möglich auf die Seite zu halten. Hier wird man sehen, daß die innern Wände nur in einer gewissen Entfernung von den Rändern des Glases naß geworden sind, und daß sich das Wasser nicht im ganzen Glase ausgebreitet hat; eine Fliege, die man auf dem Boden befestigte, hätte ganz ohne Gefahr untertauchen können. Man denke sich nun das Glas vergrößert, und an die Stelle der Fliege einen Menschen, und man hat die Erklärung der Taucherglocke. Die Luft, welche einen kleinern Raum einnimmt, je tiefer man mit der Glocke hinab kommt, erhält endlich einen so hohen Grad von Springkraft (Elasticität), daß sie das Wasser nicht weiter herein dringen läßt. Jedoch ist es wahr, daß diese verdichtete Luft denjenigen ein höchst unangenehmes Gefühl verursacht, welche noch nicht an diese Spaziergänge unter dem Meere gewöhnt sind, und daß sie bei ihnen Ohrensausen veranlaßt, allein nach kurzer Zeit gewöhnt man sich daran; es giebt Arbeiter, welche es mehrere Stunden lang in einer sehr großen Tiefe aushalten können. Unglücksfälle sind so selten, daß ihre Anzahl nicht die gewöhnlichen Gränzen übersteigt, zwischen denen jedes Menschenleben sich eingeschränkt befindet. Die Furcht kann daher keinen Neugierigen abhalten.

Unsere Abbildung stellt die in England gebräuchliche Taucherglocke vor. ABCD zeigen den Körper der Glocke an, der an vier Seilen aa hängt, welche sich in dem Haken des Hauptschiffsseiles E vereinigen; bb sind die beiden Gewichte, die dazu bestimmt sind, die Öffnung CD der Glocke mit der Oberfläche des Wasser parallel zu halten. Damit die Maschine ins Wasser hinunter gelange, giebt es ein anderes Gewicht F, das man vermittelst eines Klobens nach Belieben auf- und abwinden kann, und das mehrere Zwecke hat. Wenn Eine der Seiten der Glocke beim Hinablassen durch ein Hinderniß aufgehalten würde, so daß das ganze Zubehör umstürzte, so würde das Gewicht F sogleich auf den Grund des Wassers hinabsinken und auf dem Boden ruhen. Das Zubehör, das wieder leichter würde, als die aus ihrer Stelle verdrängte Wassermasse, würde in die Höhe steigen und seinen festen Standort von Neuem einnehmen. Man sieht daher leicht ein, daß dieses Gewicht eine Art von Anker ist, der die Glocke in [4] einer gewünschten Höhe erhält. Oben in der Glocke sind zwei Fenster angebracht, welche mit sehr dicken, flachrunden Gläsern geschlossen sind, die man Linsengläser nennt. G und H sind zwei Luftbehälter, wovon jeder ungefähr 1½ Hektoliter (150 Liters; der Liter ist die Einheit des Faßmaßes) Luft enthält. Vermittelst des Hahns I und der Verbindungsröhren cc kann man nach Belieben die erhitzte und verdorbene Luft herauslassen, und sie durch reine und frische Luft ersetzen. Ist Einer von den Behältern leer, so giebt man dem Fahrzeuge, welches das ganze System unterstützt, durch eine gewisse Anzahl Hammerschläge an die Wände, Nachricht.

Die Taucherglocke


Eine sehr sinnreiche Vervollkommnung, die man Hrn. Spalding zu verdanken hat, gestattet den Tauchern, die Glocke nach Belieben bis an die Oberfläche des Wassers selbst zu heben oder sie irgend wo in der Tiefe zu befestigen.

Eine zweite Glocke, kleiner als die erste, ist über dieser befestigt. Vermittelst der beiden Hähne d und e können die Arbeiter beliebig die Luft aus der obern Glocke heraus-, oder jene aus der untern in sie hineinlassen. Befindet man sich auf dem Grunde des Wasser, so ist der Hahn d auf. Der obere Teil ist voll Wasser, und in diesem Zustande ist das ganze Zubehör ohne das Gewicht F leichter, als eine gleiche Masse Wassers, und wird durch das Hinzuthun dieses Gewichts schwerer. Will man sich empor heben, so drehet man den Hahn e herum. Die Luft der großen Glocke, die sogleich durch jene des Behälters ersetzt wird, dringt in die kleine ein, treibt das Wasser heraus und das ganze Zubehör, nebst dem Gewichte F, wird leichter als eine gleiche Masse Wassers, und fängt an, empor zu steigen.

Man sieht hieraus, daß dieses System gänzlich mit jenem der Fallschirme bei den Luftballons übereinstimmt. Jedoch muß man sich in Acht nehmen, und die Luft nur langsam in die obere Glocke eindringen lassen; denn sonst würde man mit einer solchen Schnelligkeit emporsteigen, daß die Arbeiter von ihren Sitzen geschleudert werden könnten.

Der Laternträger.

Die Laternträger (Fulgora) machen eine besondere Art von Insekten aus, von denen es einige fünfzig Arten giebt, und deren am meisten in die Augen fallendes Kennzeichen die außerordentliche Länge des Kopfes ist. Die Gestalt dieses Teils des Körpers ist bei jeder [5]

Der Laterntraeger

Art verschieden. Einige von diesen zeigen beim Fliegen die Pracht ihrer Farben; jedoch ist die merkwürdigste Art, so zu sagen, sehr bescheiden gekleidet. Ein wenig Grün, etwas Blaßroth, auf einem gräulichen Grunde, zwei große Flecken von einem falben Gelb, dieß ist Alles, was ihre ausgebreiteten Flügel bei Tage zeigen können, aber in der Nacht erhält dieses Insekt einen Vorzug vor allen Andern. Es hat die Quelle eines Lichts in sich, das es nach außen hin in größerer Menge verbreitet, als irgend ein anderer leuchtender Körper von derselben Größe. Jedoch ist man über die Stärke dieses Lichts nicht einig. Einige behaupten, ein einziges Insekt gebe so viel Licht, daß man die kleinste Schrift dabei lesen könne. Ein Augenzeuge, welcher im Anfange des 18. Jahrhunderts den Laternträger von Surinam beschrieben hat, sagt bloß, er halte es nicht für unmöglich, bei dieser Fackel eine holländische Zeitung der damaligen Zeit zu lesen. Endlich fügen unterrichtete Männer, welche sich ziemlich lange in Guiana aufgehalten haben, demjenigen keinen Glauben bei, was man von den leuchtenden Eigenschaften der Fulgora dieses Landes geschrieben hat, weil sie nie etwas dergleichen bemerkt haben. Diese verneinende Behauptung stößt jedoch die Zeugnisse einsichtsvoller Personen nicht um, die das Leuchten dieser Insekten gesehen haben wollen. So z. B. war zu Ende des 17. Jahrhunderts, und zu Anfange des 18. Maria Sibilla Merian, die ausdrücklich nach Surinam reisete, um die Insektenkunde daselbst zu studiren, eine sehr geschickte Zeichnerin; sie sagt von dem Laternträger Folgendes: Die Indianer brachten mir eine Menge von diesen Insekten, welche ich in eine große Schachtel that; diese setzte ich in meine Schlafstube; in der Nacht hörte ich einen außerordentlichen Ton, ich stand auf, verlangte Licht, und als ich dieses erhielt, bemerkte ich, daß der Ton aus der Schachtel mit den Insekten kam, ich machte diese auf und fand, daß die Schachtel ganz in Flammen stand. Vor Schrecken ließ ich dieselbe fallen. Die Gefangenen flogen heraus, und verbreiteten in der ganzen Stube eine lebhafte Helligkeit. Endlich ließ mein Erstaunen nach, die Furcht verschwand, man machte auf die herumfliegenden Laternen Jagd, und that sie wieder in die Schachtel.

Der Laternträger von Surinam leuchtet weit stärker, als unsere Johanniswürmchen, und lebt hauptsächlich von dem Granatapfelbaume, den Europa der neuen Welt geschenkt hat. Dafür könnte Amerika den Ländern Europa’s, in welchen der Granatapfelbaum wächst, den Laternträger zum Geschenke machen. Auch in Europa und China gibt es Laternträger, welche aber dem surinamschen an Glanze nicht gleich kommen.

Der Naturforscher Cüvier.

Der Naturforscher Cuvier

Dieser berühmte Naturforscher ist kein Franzose, sondern streng genommen ein Deutscher. Er ward den 23. August 1769 zu Mümpel[6] gard (Montbelliard) im Elsaß geboren, welche Grafschaft vor der französischen Revolution 1789 dem Hause Würtemberg gehörte. Cüvier hatte mit Einigen der größten Männer der neuern Zeit einerlei Geburtsjahr; denn das Jahr 1769 sah Napoleon, Alexander v. Humboldt, den Herzog von Wellington, Chateaubriand, Canning, den Vicekönig von Ägypten Mehemed Aly u. A. geboren werden.

Von Jugend auf bemerkte man zwei Eigenschaften an ihm, die man sonst nicht immer vereinigt findet: er war sehr wißbegierig und hatte auch viel Lust zu praktischen Geschäften. Im 14. Jahre sieht man ihn auf der Schule zu Mümpelgard den Vorsitz in einer Schülerversammlung führen, und zu Stuttgart legte er sich auf der Akademie vorzüglich auf Kameralien; indessen hegte er schon in seinem zwölften Jahre eine begeisternde Vorliebe für Büffon’s Naturgeschichte, die er zu seiner Lieblingslektüre machte, und deren Abbildungen er nachzeichnete.

Cüvier war arm, und dieser Umstand gewährte ihm keine großen Aussichten zu einem angesehenen Amte im damaligen Herzogthume Würtemberg. Er war daher genöthigt, Stuttgart zu verlassen, noch ehe er seine akademische Laufbahn daselbst vollendet hatte, um eine Hofmeisterstelle bei einer Familie in der Normandie in Frankreich anzunehmen. In dieser Provinz hielt er sich von 1788 bis 1794 auf, wo er die Gelegenheit benutzte, die Seethiere zu studiren. Er war unermüdet thätig; sein Fleiß war besonnen, er forschte allenthalben den Ursachen nach, und ließ keine wichtige Erscheinung vorübergehen, ohne sich zu fragen, woher sie rühre, und wozu sie nütze. Sein Leben ist eben so reich an politischen Ereignissen, als an naturgeschichtlichen Entdeckungen, und wenige Männer haben sich durch Glück, Fleiß, Ordnung und Genie so hoch empor geschwungen als Cüvier.

Im Jahre 1794 war Cüvier, 25 Jahre alt, noch immer bloßer Hauslehrer in der Normandie, als er durch einen Zufall mit einem damals berühmten Ackerbaukundigen, dem Abbé Tessier, in Bekanntschaft gerieth. Dieser brachte ihn in Verbindung mit mehrern Gelehrten zu Paris, und zwei Jahre darauf war Cüvier im Nationalinstitute schon der College der berühmtesten Männer seinem Zeit. Geoffroy St. Hilaire, der späterhin sein Gegner in der Naturgeschichte ward, trug vorzüglich dazu bei, ihm seine glänzende Laufbahn zu eröffnen. „Ich,“ sagte dieser berühmte Gelehrte bei einer feierlichen Gelegenheit, „habe zuerst das Glück gehabt, die gelehrte Welt auf ein Genie aufmerksam zu machen, das sich selbst nicht kannte.“ „Kommen Sie, schrieb ich ihm, kommen Sie und spielen Sie unter uns die Rolle eines andern Linné, eines andern Gesetzgebers der Naturgeschichte.“

Cüvier hat diese Voraussagung gerechtfertigt. Die Klasse der Würmer war ein wahres Chaos, und hiermit fing Cüvier seine Reformen an. Bei diesen ersten Arbeiten legte er den Grund zu einer ganz neuen Eintheilung. Seine Vorlesungen über die vergleichende Anatomie haben in den Naturwissenschaften eine vollständige Umänderung bewirkt. Die vergleichende Anatomie kann als Einer der merkwürdigsten Charakterzüge unserer Zeit angesehen werden; sie dringt in die Geheimnisse der Schöpfung ein, weiset den verschiedenen Teilen, aus denen die Geschöpfe bestehen, ihre Verhältnisse und ihre Merkmale an, erklärt ihre Lage und ihre Gestalt, und giebt Gelegenheit, nach dem Anblicke eines Knochens, z. B. eines Fußknochens, zu bestimmen, ob das Tier, von welchem diese Trümmer herrührt, von Gewächsen oder vom Fleische lebte. Durch diese Wissenschaft ist der Mensch in den Stand gesetzt, nach den kleinsten Bruchstücken die Ordnung, das Geschlecht, die Art und die Größe der Individuen anzugeben. In der Kenntniß fossiler Knochen war Cüvier einheimisch, und er deckte manche Täuschung auf, der man bisher gehuldigt hatte. Was man für versteinerte Menschenknochen hielt, das wies er als Tierknochen nach.

Cüvier besaß ein ungeheueres Gedächtniß; er merkte die trockensten Dinge, und vergaß nichts wieder, was er sich einmal eingeprägt hatte. Unaufhörlich arbeitete er; selbst im Wagen las und schrieb er, und man wird sich nicht wundern, wenn man hört, daß sich im Staatsrathe allein die Zahl der Sachen, die er zu bearbeiten hatte, jährlich bisweilen auf 10 000 belief.

Aber nicht bloß Naturforscher war Cüvier, sondern er verwaltete auch seit 30 Jahren die wichtigsten Staatsämter. Im Jahre 1807 wurde er zu einem der sechs Generalinspektoren des öffentlichen Unterrichts ernannt, und hatte die Aufsicht über die Lyceen zu Bordeaux und Marseille. Während seiner Abwesenheit ernannten ihn seine Collegen im Nationalinstitute zum beständigen Sekretär für die Naturwissenschaften. Im Jahre 1808 stattete er dem Kaiser Napoleon den merkwürdigen Bericht über die Fortschritte der Naturgeschichte seit 1789 ab, und wurde von ihm zum Universitätsrathe auf Lebenszeit ernannt. In den Jahren 1808 und 1811 erhielt er den Auftrag, Akademieen in Italien und Holland einzurichten, und ob er schon Protestant war, so wurde er doch 1813 nach Rom geschickt, um daselbst die Universität zu organisiren; hier erhielt er die Nachricht von seiner Ernennung zum Requetenmeister. Nach Napoleon’s Sturze blieb er immer in Staatsdiensten. Im Jahre 1819 wurde er Präsident der Abtheilung des Innern im Staatsrathe; im Jahre 1824 Großmeister der Universität in Hinsicht der Fakultäten der protestantischen Theologie; im Jahre 1827 bekam er die Leitung der Angelegenheiten des nicht katholischen Gottesdienstes, und im Jahre 1831 ward er Pair von Frankreich.

Bei Zusammenkünften in Amtsgeschäften schien er oft mit etwas Anderem beschäftigt, und war immer etwas zerstreut. Wenn er den Vorsitz führte, so las er bisweilen ein Buch, das mit den zu verhandelnden Geschäften gar nichts zu thun hatte; er sprach stets erst zuletzt; allein oft hatte er in der Sitzung die Anordnung niedergeschrieben, welche der Erfolg der Erörterung seyn sollte. In vertraulichen Gesellschaften besaß er in seinem Benehmen eine Naivetät, welche einen neuen Reiz über die mannigfaltige und anziehende Unterhaltung verbreitete, worin er einen wahrhaft alles umfassenden Geist entwickelte.

Als den 10. Mai Abends ihn die ersten Zeichen der Krankheit befielen, die ihn hinwegraffte, schloß er sogleich, daß es mit ihm vorbei sey. Er äußerte einiges Bedauern, daß er nicht seine angefangenen Arbeiten beendigen könne, aber bald faßte er sich, traf einige Anordnungen über die Herausgabe seiner Werke und gab den 13. Mai 1832 zu Paris seinen Geist auf. An diesem Manne haben die Naturwissenschaften einen unersetzlichen Verlust erlitten; er war der umfassendste Kenner derselben und ihr eifrigster Beförderer.

Die Wüste und das Meer.

Parallele.

Die Wüsten Barka und Sahara in der Berberei bilden eine so ungeheuere, völlig unfruchtbare, aus [7] brennend heißem Sande bestehende Ebene, daß sie in mehrerm Betrachte mit einem Teile des großen Weltmeeres verglichen werden können. So wie es auf diesem an frischem Quellwasser, an allen Nahrungsmitteln fehlt, und der, welcher sich ohne dergleichen auf dasselbe wagt, verhungern und verdursten muß; so ist auch in diesen Wüsten kein Baum, der labende Früchte bietet, kein Tropfen erquickenden Wassers zu finden. Furchtbar treibt der Sturm die Wellen des Oceans, wenn er ihn im tiefsten Grunde bewegt, in die Höhe; und eben so tobt er zu verschiedenen Zeiten des Jahres in diesem Sandmeere, und bewegt es noch schrecklicher für den Wanderer, als dort die Wasserebene. Im Sturme auf dem Meere bleibt noch Hoffnung, sich gerettet zu sehen, beim Sturme in jenen Wüsten schwindet sie aber ganz. Unter ungeheuern Sandbergen, die sich wellenförmig fortbewegen, werden am Ende ganze Karavanen begraben; wo vorher Berge waren, da sieht man nur Ebenen, und wo vorher sich diese ausbreiteten, da sieht man endlich Berge aufgethürmt, die nur eines neuen Orkans warten, um wieder versetzt zu werden. Im Meere giebt es Schlünde und tobende Strudel und Untiefen; auch diese Sandwüsten haben dergleichen, und sie sind dem unvorsichtigen Reisenden oft so gefährlich, als dort dem leichten, zerbrechlichen Fahrzeuge. Nur durch die Magnetnadel, nur durch Hülfe der Gestirne weiß man auf der unermeßlichen Wasserfläche den Weg zum Hafen zu finden; und wie wollte der Wanderer sich aus der Wüste herausarbeiten, wenn ihm nicht diese helfenden Genien vorauseilten? Von Zeit zu Zeit landet der Seefahrer an fruchtbaren Inseln, wo er die Vorräthe ergänzt, für neue Gefahren Muth und Kräfte sammelt und sich von den ausgestandenen Mühseligkeiten erholt. Auch in der Wüste giebt es dergleichen Inseln, Oasen genannt, bewässert von Quellen, die aus kleinen Bergketten entspringen, mit Palmbäumen beschattet, von einem Völkchen bewohnt, das diesen grünen Fleck für die ganze Welt hält. Einige solcher Oasen waren dem grauesten Alterthume bekannt, wie z. B. die, wo Jupiter Ammon verehrt wurde. So wie aber noch jetzt öfters Inseln entdeckt werden, während andere schon von vielen Seefahrern vergeblich aufgesucht wurden, so stößt auch jetzt bisweilen eine Karavane auf eine neue, vorher nie bekannte Oase, oder man sucht umsonst nach solchen, die sonst berühmt waren, je nachdem man vom Wege abkommt, der zur einen oder zur andern führen könnte, und eine neue Richtung einschlagen muß. Die berühmte Oase, wo Jupiter’s Hain stand, ist uns z. B. ganz unbekannt geworden.

Gewisse Winde auf dem großen Weltmeere wehen so beständig, daß sie unter dem Namen der Passatwinde die Abfahrt der Flotten sehr regelmäßig machen. In jenem Sandmeere dienen die Winde nicht zur Beschleunigung der Reisen, sie nützen nie; sie sind nur stets gefährlich, aber ebenfalls ziemlich regelmäßig und von dem, der öfters Reisen durch die Wüsten macht, meist sicher im Voraus aus mancherlei Erfahrungen und Vorzeichen zu bestimmen. Dann rastet die Karavane an dem sichern Orte, wo sie ist, bis der Sturm vorüber brauset und sie nun gefahrlos die Reise fortsetzen kann.

Vor mancherlei gefährlichen Raubthieren muß sich der Seefahrer hüten, die ohne Scheu dem Schiffe folgen und den einzelnen Badenden oder aus dem Fahrzeuge Stürzenden nach dem Leben trachten. In den Wüsten, – wer weiß nicht, wie Löwen und Hyänen und Panther brüllend umherirren, und Jeden, der das Lager der Karavane verlassen wollte, anfallen, ja selbst, vom Hunger gepeinigt, wüthend in die Mitte derselben hineinstürzen und würgen, was und wo sie Beute finden? So sparsam die Kost auf den Schiffen eingetheilt ist, immer wird sie doch gegen die spärliche Provision auf den Reisen in der Wüste das Mahl eines Schwelgers scheinen. Ein wenig Mehl in der hohlen Hand, mit etwas Wasser zusammen gerührt, ein wenig Zwiebel dazu genossen, ist das ganze Abendessen, und muß in der brennendsten Hitze die Kost für den ganzen Tag ausmachen. Wasser auf der See, so kärglich zugemessen, wird doch im Vergleiche mit dem, was hier den Einzelnen zugetheilt wird, eine wahre Verschwendung seyn. Als das französische Heer von St. Acre zurückmarschirte, wurde Jedem eine Feldflasche voll gegeben, die er nun auf einmal leeren, oder für die ganze Reise durch die syrische Wüste aufsparen und eintheilen konnte.

Wie Manches würde sich noch zur Vervollständigung dieser Parallele mittheilen lassen. Schon dieß Wenige zeigt indessen, wie nahe oft Dinge mit einander verwandt sind, welche auf den ersten Anblick fast gar keine Berührungspunkte mit einander zu haben scheinen.

Der Mahagonibaum.

Der Mahagoni (Mahoni, Mahogani) ist ein sehr großer Baum Amerika’s und scheint auf den Erdstrich zwischen den Wendekreisen beschränkt zu seyn, ohne jedoch eine Vorliebe für die dem Äquator am nächsten gelegenen Länder zu zeigen. Man findet Mahagonibäume, deren Stamm nicht weniger als 18 Fuß im Umfange hat, die inwendig vollkommen gesund und von dem schönsten Wachsthume sind. Man bewundert die Größe dieses Riesen der Wälder um so mehr, da er vorzüglich in einem ganz unfruchtbaren Boden zu gedeihen scheint. In den Gebirgen mit blätterigen, gespaltenen Felsen, die sich auflösen, findet man den Mahagoni in Menge; seine langen Wurzeln dringen tief in die Ritzen hinein, wo sie sich ausbreiten, und so dick werden, daß sie die Steine, die sie einkerkern, sprengen und Felsenstürze verursachen; man sieht also, daß selbst der Felsen der fortdauernden und verlängerten Tätigkeit des Gewächses nachgeben muß.

Der Mahagonibaum wächst sehr schnell, und wenn man beim Schlagen dieser Bäume sorgfältiger verführe und diejenigen schonte, welche sich zur Fortpflanzung eignen, so würde man nicht über die Seltenheit und die Teurung dieses Holzes zu klagen Ursache haben, das für unsere Künste einen so hohen Werth hat. Allein man verfährt beim Schlagen dieser Bäume ohne alle Vorsicht; schon vor 1789 lieferten die Wälder von St. Domingo und Jamaika kein Mahagoniholz mehr, und ganz Europa mußte sich aus dem spanischen Amerika damit versorgen. Die Holzhauer verfahren damit eben so wenig ökonomisch, als sie vorsichtig sind; sie roden die Bäume nicht mit den Wurzeln aus, sondern lassen diese in der Erde stecken. Daher geht der ästige Stamm und die starken Wurzeln des Mahagoni für die Verarbeitung dieses Holzes verloren, welche großen Gewinn davon ziehen könnte. Man muß also erwarten, daß das Mahagoniholz immer theuerer werden wird, wenn die Mode der Mahagonigeräthe fortdauert, was wenigstens höchst wahrscheinlich ist. Um sich eine Vorstellung von der Einfuhr dieses Holzes in Europa zu machen, muß man wissen, daß Großbritannien im Jahre 1829 beinahe 24.000 Kubikmeters[1], die unge[8] heuere Ladung von 19.335 Tonnen (die Tonne zu 1000 Kilogrammen) erhielt.

Das Schlagen des Mahagoniholzes wird in den Wäldern Amerikas mit sehr großer Geschicklichkeit betrieben. Man schickt einen Kundschafter auf Entdeckung aus; dieser muß den dem Mahagoni eigenthümlichen Boden besonders untersucht haben, und in den Wäldern, in die er dringt, führt ihn der Anblick der Felsen sicherer, als der Kompaß. Hat er eine den Absichten derer, die ihn

Der Mahagonibaum

aussenden, entsprechende Entdeckung gemacht, so verdoppelt er seine Vorsicht, um sie geheim zu halten; er sucht selbst die Spuren seiner Fußstapfen den Mitbewerbern zu verbergen, die ihm nachspüren könnten, und kehrt auf einem andern Wege zurück, als auf dem, auf welchen er gekommen ist. Wenn die passende Jahreszeit eintritt, so setzen sich die Arbeiter, an Zahl wenigstens 20, bisweilen auch 50 bis 60, in Marsch. Bei ihrer Ankunft an Ort und Stelle beginnen sie damit, daß sie sich Wohnungen machen; ihre Hütten schlagen sie am Ufer eines Stromes auf, und versorgen sich mit allem dem, was ein mehrmonatlicher Aufenthalt erfordert. Hierauf bahnen sie durch Abfälle den Weg, auf welchem sie die geschlagenen Bäume fortschaffen wollen, die sie in ungefähr gleich schwere Blöcke abtheilen. Durch das Feuer schaffen sie Alles aus dem Wege, was diese vorläufige Arbeit ihrer Axt darbietet, es müßte denn ein schiffbarer Fluß in der Nähe seyn, auf dem sie einige Holzstücke fortschaffen könnten, die zum Färben und zum Bauen taugen. Auch legt man die Materialien bei Seite, welche zur Anlegung von Wegen, zur Schlagung von Brücken über Flüsse, zur Verfertigung von Gerüsten, erforderlich sind, um das Holz über Abhänge hinwegzubringen. Die geschlagenen Bäume werden von den Sägern in Blöcke abgetheilt, und dann den Zimmerleuten überlassen, welche sie behauen. Ist man hiermit fertig, so nehmen erst die großen Schwierigkeiten ihren Anfang; denn nun muß man die Lasten fortschaffen, welche sehr oft an Gewicht 5 000 Kilogramme (ein Kilogramm ist so viel als 2 Pfund 5 Quentchen und 49 Gran) übersteigen; aus der Provinz Honduras in der Republik Guatemala hat man sogar einen Block erhalten, der 15 000 Kilogramme wog. Zum Fortschaffen so schwerer Lasten sind dauerhafte Wagen, ein recht fester und glatter Boden, gutes Gespann und geschickte Führer erforderlich. Zu dieser beschwerlichen Arbeit macht man von Ochsen Gebrauch, mit denen man bloß des Nachts fährt, um diese geduldigen Tiere gegen die außerordentliche Sonnenhitze der heißen Zone zu schützen. Man hat sehr viele Arten von Mahagoniholz, es giebt gewässertes, marmorirtes, gemasertes und ganz glattes. Frisch bearbeitet ist die Farbe gelbröthlich; mit der Zeit wird sie sehr braun und endlich ganz schwarz.

Aus diesen einzelnen Umständen ergiebt sich, warum das Mahagoniholz in Europa in einem so hohen Preise steht. Zu jedem Holzschlage muß man einen neuen Weg anlegen, und bisweilen hat ein Baum, von welchem man bloß einen Block bekommt, mehr Arbeit gekostet, als in Europa hundert Bäume von derselben Stärke erfordern. Man darf also nicht hoffen, daß das Mahagoniholz in Europa einst viel wohlfeiler werde, als es heut zu Tage ist. Man muß daher für einen wohlfeilen Stellvertreter sorgen, und es giebt mehrere einheimische Hölzer, die diesem Zwecke entsprechen. Die Kunst vermag hier viel und sie weiß Schönheit mit Dauerhaftigkeit zu vereinigen.

Woche.

4. Mai. Am 2. Mai 1813 war die blutige Schlacht bei Lützen geschlagen worden, die Napoleon gewann, ob er schon bereits auf dem Marsche nach Leipzig begriffen, wo er auf den Nachmittag sein Hauptquartier bestellt hatte. Am 3. brach er von Lützen zur Verfolgung seiner Gegner auf, und den 4. rückte der Marschall Ney mit seinem 36 000 Mann starken Corps Nachmittags um 2 Uhr in Leipzig ein, wo man ihn nicht erwartet hatte. Am heutigen Tage Abends trafen der König von Preußen und der Kaiser von Rußland nach der Schlacht von Lützen wieder in Dresden ein.

Am 5. Mai 1789 versammelten sich die französischen Reichsstände (etats généraux) in Versailles zum ersten Male seit 175 Jahren. Gegen 6 Uhr Abends den 5. Mai 1821 starb der Kaiser Napoleon auf der Insel St. Helena.

Am 6. Mai 1757 fiel die Schlacht bei Prag zwischen dem Könige von Preußen, Friedrich II., und dem Herzoge Karl von Lothringen vor, in welcher der berühmte General Schwerin blieb.

Am 7. Mai 1794 machte Robespierre im französischen Konvente den Antrag, daß die französische Nation das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit der menschlichen Seele anerkennen solle. O der Thorheit!

Am 8. Mai 1800 bombardirte der englische Admiral Keith Genua. Am 9. Mai 1740 wurde der berühmte Komponist Giovanni Pacsiello zu Tarent im Königreiche Neapel geboren; er starb 1816 zu Neapel.

Am 10. Mai 1774 starb Ludwig XV., König von Frankreich, und Ludwig XVI. bestieg den französischen Tron. Am 10. Mai 1813 reisete der König von Sachsen, Friedrich August, von Prag ab, um wieder nach Dresden zurückzukehren.


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