Das Thermometer in der Familie

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Autor: Dr. Livius Fürst
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Titel: Das Thermometer in der Familie
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aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 654–658
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Das Thermometer in der Familie.

Offener Brief an eine Mutter.

Täuscht mich mein Gedächtniß nicht, sehr geehrte Frau, so kamen Sie, als ich Ihr Kind vor etwa acht Tagen zum ersten Male einer plötzlichen fieberhaften Erkrankung wegen besuchte, mir mit den besorgten Worten entgegen: ‚Ich glaube, meine Kleine hat Fieber!‘ Und als ich, leider im Augenblicke kein Krankenthermometer bei mir führend, Sie fragte, ob Sie nicht im Besitze eines solchen seien, äußerten Sie: ‚Das kenne ich gar nicht; aber ich habe ein Badethermometer!‘ – Außer demselben brachten Sie, mit zitternder Hand, von Ihrem Schreibtisch noch ein aus einem kleinen Marmor-Obelisken befestigtes elegantes Stubenthermometer herbei. Beides konnte ich, zu Ihrem Befremden, für diesen Zweck nicht brauchen, allein nach annähernder Taxation des Fiebers und unter Berücksichtigung der übrigen Krankheitssymptome ließ sich immerhin eine treffende Diagnose stellen, und ich ordnete alles Nöthige an. Dabei sprach ich den Wunsch aus, Sie möchten sich ein gutes Krankenthermnometer anschaffen, nannte Ihnen die Bezugsguelle und erkärte mich bereit, Sie im Gebrauche des Instrumentes zu unterwerfen.

Wie Sie mir gegen Abend bereits das Thermometer zurecht gelegt hatten, mit Gelehrigkeit und Eifer meiner kurzen Erkärung lauschten und die Anwendung, sowie das Ablesen der Temperatur verfolgten, wie geschickt und genau Sie es dann zu den Ihnen angegebenen Stunden selbst wiederholten und den Befund notirten – mit Vergnügen erinnere ich mich, trotzdem es für Sie recht schwere Stunden am Krankenbette des eigenen Kindes waren, Ihrer Lehrzeit. Von Tag zu Tag wuchs Ihre Sicherheit. Klar entrollte sich Ihnen das Bild der allerdings ernsten Erkrankung; mit dem Gange der Fiedercurve schwanke zwar auch Ihr Herz mit zwischen Furcht und Hoffen, aber beides war nicht übertrieben, sondern durch die Erkenntniß in maßvollen Schranken gehalten. Es war an Stelle unbestimmter, in Extremen sich bewegender Gefühle die bestimmte ernste Ruhe der Beobachtung jeder Nüance des Krankheitsverlaufs, gewissermaßen das Verständnis für Ihre Aufgabe am Bettchen der kleinen Tochter gekommen. Wenn ich an die Pünktlichkeit denke, mit der Sie zur rechten Zeit, bei richtiger Fieberhöhe das abkühlende Bad genau nach Vorschrift bereiteten, wie sich an dies Verfolgen des Fiebers zugleich eine erhöhte Genauigkeit in Beachtung sonstiger Krankheitszeichen, ein richtiges Handhaben der Diät und Pflege schloß – sagte ich mir: Jede Mutter ist doch, von Haus aus, das Muster einer Krankenpflegerin! Und als Sie mir zum ersten Mal freudestrahlend mit der stark herabgegangenen Temperaturcurve entgegenkamen (denn auch solche zu zeichnen hatten Sie rasch begriffen und Ihre Zeichenmappe längst bei Seite gelegt, um nur diese ernsten bedeutungsvollen Linien mit geübter Hand zu Papier zu bringen), da wußte ich, daß Sie für die Thermometrie gewonnen waren. ‚Dies war die Krisis! Nicht wahr?‘ flüsterten Sie an jenem Morgen und suchten in meinen Augen die Antwort zu lesen. Ich vertröstete Sie auf den Abend; und als dieser nur geringe Steigerung brachte, auch am andern Morgen die Temperatur mäßig blieb, während zugleich die kleine Patientin überhaupt offenbar wohler sich befand, waren Sie über Ihre neugewonnenen Kenntnisse der Krankenbeobachtung und der Krankenpflege seelenvergnügt, ja Sie wären am liebsten gleich selbst als Apostel dafür aufgetreten.

‚Wenn Sie mir für meine entfernt wohnende Schwester eine kurze Schilderung dessen geben könnten, was Sie mich persönlich gelehrt haben, ich wäre Ihnen ungemein dankbar. Sie hat ebenfalls keine Kinder und von allen diesen so wichtigen Dingen so wenig Ahnung, wie ich sie hatte.‘

Ihre Schwester, sehr geehrte Frau? Sagen Sie lieber Ihre Schwestern, das heißt die meisten Frauen und Jungfrauen sind in gleicher Lage wie Sie.

‚Um so segensreicher würde hier eine Belehrung sein.‘

Sie haben Recht und im kleinen Kreise suche ich täglich die Kenntniß der Thermometrie zu verbreiten, wodurch ich schon manchen Nutzen gestiftet zu haben glaube. Jedoch über diesen Kreis hinaus reicht mein Wort nicht.

‚Aber das geschriebene Wort, von einem Weltblatte verbreitet über die fernsten Lande, bei Arm und Reich, zumal in das Haus, in die Familie getragen!‘

Diesen Einwurf mußte ich gelten lassen, und ich versprach Ihnen einen offenen Brief über die Bedeutung des Thermometers in der Familie.

Sie sehen, daß ich mein Versprechen nicht vergessen habe. In der Sommerfrische, fern von meiner Wirkungsstätte, greife ich zur Feder und sende eine Art „Weltpostbrief“, dessen Entstehung Sie am besten kennen, heim; dort wird er in der Presse seine Auferstehung feiern, und das geflügelte Rad wird dann das Weitere übernehmen. Von den Kinderstuben unserer Heimath bis nach denen der andern Halbkugel unserer Erde ist freilich ein weiter Weg, und verschieden sind die nationalen und geographischen Verhältnisse, Klima und Sitte, Lebensweise und Comfort. Aber [655] der menschliche Organismus unterliegt denselben Bedingungen und die liebevolle Mühe, ein Kind gesund zu erhalten, ist im Herzen dortiger Frauen nicht minder lebendig. Man spricht nur zu einer unbekannten, ungezählten Gemeinde, in einem unermeßlichen Auditorium, dessen gewölbte Decke der Sternenhimmel ist, und doch im Grunde nur zu des Kindes Mutter, zu der sorglichen Schwester desselben, zu seiner mütterlichen Freundin oder treuen Pflegerin – kurz zur ‚Frau‘!

Soll ich eine sehr gelehrte Miene annehmen? Soll ich Ihnen eine systematische, gründliche Abhandlung schreiben? Nein! Erschrecken Sie nicht! Ich will lieber verständlich auch für die ‚Nicht-Aerztin‘ sein und mich noch rechtzeitig daran erinnern, daß die Gesundheits- und Krankenpflege volksthümliche Verbreitung finden müssen, wenn sie dem Volke nützen, in Fleisch und Blut desselben übergehen sollen. Allerdings ist, und zwar mit Recht, das Popularisiren theoretischer Wissenschaften bei Fachmännern verpönt, denn es erzeugt Verwirrung, Halbwissen, Selbstüberhebung. Hingegen ist es, wie jeder Vernünftige zugeben muß, Pflicht, die Kenntniß dessen zu verbreiten, was dazu dienen kann, das Erkranken zu verhüten, rechtzeitig zu erkennen und correct zu beobachten.

Vermeidet man dabei, zu sehr in’s Einzelne zu gehen und den Laien zu selbstständigen Diagnosen bestimmter Krankheitsformen, zum eigenmächtigen Eingreifen zu verleiten – dann bleibt man in den Grenzen, welche eingehalten werden müssen, um die Erkenntniß nicht zu einem zweischneidigen Schwerte werden zu lassen.

Folgen Sie mir im Geiste in die Kinderstube eines wohlgeordneten Hausstandes. An einer schattigen Stelle vor dem Fenster ist ein Thermometer befestigt, und die sorgliche Mutter wirft des Morgens, ehe die größeren Kinder zur Schule gehen, die kleineren angekleidet werden, einen prüfenden Blick auf dasselbe. In Verbindung mit der Windrichtung, die sich nach dem Fluge des Rauches gegenüber befindlicher Schornsteine (gute Windfahnen mit feststehender Angabe der Himmelsgegend sind leider Seltenheiten) zu beurtheilen gelernt hat, weiß sie jetzt, daß ein Ostwind weht und daß heute nur 6° R. sind.

Sie kleidet die Kinder dem entsprechend, ermahnt das Eine, auf dem Schulwege den Mund hübsch zuzuhalten, und läßt das Andere, das etwas empfindlich ist, erst Mittags in’s Freie, wo einige Grade mehr in der Luft sind. Im Hochsommer wird sie, wenn das Quecksilber schon Vormittags eine ungewöhnliche Höhe erreicht hat, die Kleinen, um sie vor Sonnenstich zu schützen, erst bei beginnender Abendkühle wieder hinauslassen. Tritt ein greller Temperaturwechsel ein – und ein solcher ist oft viel gefährlicher als anhaltend hohe oder niedere Temperatur – dann wird es ihr Auge nach eher gewahr als ihr Gefühl. Der treue Warner, das Thermometer, spricht eine stille, aber bestimmte Sprache, seine Zahlen reden, und wer sie beachtet, schützt sich, vor Allem aber die viel empfindlicheren Kinder, vor manchem Ungemach. Und nicht blos zu Haus, auch auf Reisen ist es ein guter Berather, zumal auf Bergen oder an der See, wo Wärme und Kälte oft unerwartet schnell sich ablösen.

Sehen wir uns jetzt in der Kinderstube um! Da hängt an der Wand das Badethermometer in seiner bekannten Holzhülse. Es ist jetzt gerade ‚außer Diensten‘, das heißt es versieht gegenwärtig – wie zum eigenen Vergnügen die Stelle eines Stubenthermometers. Wir haben einen kalten Wintermorgen, das Thermometer verkündet uns, daß, nachdem das abendliche Feuer im Ofen längst erloschen, die normale Temperatur (15 bis 16° R.) bei weitem nicht mehr vorhanden ist. Die Zimmerluft ist 10 bis 11°, also für das Kleine dort in der Wiege zu empfindlich, selbst für das Größere mit seinem Katarrh. Rasch ‚etwas‘ heizen. Es giebt dienstbare Geister, zumal vom Lande, welche diesem ‚etwas‘ eine große Ausdehnung geben; ihre dicke Haut, ihr mangelhaftes Urtheil und ungeschultes Gefühl läßt sie nie dazu kommen, kalt, kühl, lau, warm und heiß richtig zu unterscheiden. Nach einer Stunde betritt die Mutter wieder den Raum. Sie glaubt ihren Augen nicht zu trauen. ‚Zwanzig Grad!‘ ruft sie aus und macht sich daran, den Fehler der Ueberheizung durch Oeffnen eines Nebenzimmers wieder auszugleichen.

Ein Kind hat kühle Händchen und Füßchen – die Mutter sieht, daß die Temperatur des Zimmers zu niedrig ist. Ein Kind hat Fieberhitze, und der Arzt hat kühles Verhalten angeordnet; eine kurze Beobachtung des Thermometers und die Mutter kühlt die von der Sonne schon zu sehr erwärmte Stube durch Sprengen, durch aufgehängte nasse Laken u. dergl. m. ab, schließt die Jalousien und erniedrigt die Temperatur um 2° R., eine Mühe, die sich rasch lohnt, indem das bis dahin unruhige Kind in einen sanften Schlummer sinkt. Bald ist es am Ofen zu heiß, am Fenster zu kalt – das Thermometer giebt zuverlässige Auskunft und lehrt, sich nicht mit unbestimmten Vorstellungen zu begnügen.

Jetzt naht die Badestunde. Das Thermometer wandert in die beretts halb gefüllte Badewanne, und während noch kaltes oder warmes Wasser zugegossen wird, bewegt man es, um die wärmeren und kälteren Partien des Wassers besser zu mischen, hin und her, zeitweilig den Stand des Quecksilbers beobachtend. Sie wissen, geehrte Frau, wie verschieden warm die Kinder zu baden gewöhnt sind oder von Jugend auf zu baden gewöhnt werden, wissen aber auch, daß man nicht über 28° R. hinausgeht, auch wohl für gewöhnlich nicht unter 26° R. abwärts. Diese Grenzen durch bloßes Schätzen mit dem Ellbogen (dem üblichen Thermometer mancher Kinderwärterinnen) oder mit der Hand zu bestimmen, ist wenig zuverlässig, ja kaum möglich.

Eine gewissenlose Kinderfrau, die vom Thermometer nichts verstand, soll auf die Frage, woran sie erkenne, ob das Bad zu heiß oder zu kalt sei, die Antwort gegeben haben: ‚Wird das Kind roth, so ist das Bad zu heiß, wird es blau, so ist das Bad zu kalt.‘

Wenn das auch nur ein grausamer Scherz ist, so ist er doch aus dem Leben gegriffen.

Vor einer Reihe von Jahren starben in der Praxis einer bestimmten Hebamme einer ostdeutschen Stadt zahlreiche Kinder: sie erlagen einer Art Starrkrampf. Die räthselhafte Epidemie wurde erst durch die Medicinalbehörde aufgeklärt, deren Nachforschung der Nachweis gelang, daß die Frau die Neugeborenen ohne Badethermometer, nach bloßer Abschätzung der Badewärme, viel zu heiß gebadet hatte.

Oft genug kommt in einzelnen Fällen Aehnliches vor. Zumal aber eignet sich nicht für jedes Kind ein und dieselbe Temperatur des Bades; ein blutarmes, schwächliches wird nicht so kühles Wasser vertragen, wie ein vollsaftiges, robustes Kind, dem dies wohltuend und angenehm ist. Und wie sollte man die ärztlichen Verordnungen bezüglich der Badewärme, der abkühlenden Bäder bei Fieber befolgen, ohne die Grade genau abmessen zu können? Nur Zahlen sind hier maßgebend und beweisend, nur sie geben die Bürgschaft exacten Handelns.

Ich sehe Sie im Geiste verständnißinnig lächeln; denn jetzt taucht vor Ihnen die Erinnerung auf an die schweren, zum Glück nun gut verlaufenen Tage, in denen Sie sich so rasch die Fiebermessung angeeignet und mit dem Krankenthermometer vertraut gemacht haben. Dieses, ein feiner gearbeitetes Thermometer, ist nach Celsius in 100° (vom Null- bis zum Siedepunkte) eingeteilt; da jedoch die Körpertemperatur, auf deren Messung es in diesem Falle nur ankommt, selbst in krankhaften Zuständen nicht unter 33,5° C. zu sinken und nicht über 42,0° C. zu steigen pflegt, so ist beim Krankenthermometer alles, was unter und über diesen Grenzen ist, im Grunde unnötig. Deshalb sehen Sie eben gerade diesen Theil der Scala sorgfältig ausgeführt und jeden Grad noch in Zehntel eingeteilt. Denn bei Messungen von solcher Bedeutung kommt es auf Bruchteile eines Grades an, die man entsprechend dem Stande der dünnen, feinen Quecksilbersäule entweder mit bloßem Auge oder mit einer Loupe ablesen muß.

Nicht jedes Krankenthermometer, welches man in einem Geschäft kauft, ist excact genug gearbeitet. Erkundigen Sie sich deshalb bei Ihrem Hausarzt nach einer Quelle besonders zuverlässiger Instrumente und lassen Sie, wenn Sie besonders sicher gehen wollen, das gewählte Thermometer noch controlliren. Das eine geht vielleicht 2/10 Grad zu hoch, das andere 3/10 zu tief, ein anderes bedarf in seiner oberen, das andere in seiner unteren Partie einer Correctur, die Sie sich dann auf das Glas mit einritzen lassen. Diese Differenz bei jedem Befund mit zu- oder abzurechnen, ist kinderleicht und giebt Ihren Beobachtungen den Werth größter Genauigkeit. Aber auch ohne diese Vorsichtsmaßregel wird es immer schon verdienstlich sein, ein Thermometer aus guter Werkstatt gut benutzen zu lernen, und das Instrument genügt (nach Jürgensen), wenn es bei wiederholter Messung der Achselhöhlentemperatur bei einer gesunden Person, eine Stunde nach dem Frühstück, ungefähr 37,0 zeigt.

[656] Mit dem Thermometer vertraut, wird eine Mutter nicht mehr nöthig haben, zu sagen: ‚Ich glaube, mein Kind hat Fieber!‘ An die Stelle des Vermuthens, des bangen Zweifelns tritt das Wissen, die Bestimmtheit. Freilich läßt sich hier nicht das Wesen des Fiebers, die Lehre vom Wärmehaushalt des Körpers und seiner krankhaft erhöhten Wärmebildung erläutern; ich habe dies in einem mit vielen Abbildungen versehenen Werke ‚Das Kind und seine Pflege im gesunden und kranken Zustande‘, zweite Auflage (Leipzig, J. J. Webers ausführlich, in Verbindung mit der Lehre von den Krankheitszeichen des Kindes und der Lehre von der Krankenpflege, erörtert. Sie wissen jedoch, und das muß hier genügen, daß der menschliche Körper eine Normal-Temperatur besitzt, die allerdings zwischen 36,5° und 37,5° C. schwankt, aber doch im Wesentlichen in diesen Grenzen bleibt. Auch dürfen Sie getrost, besonders beim Kinde, noch eine Temperatur von 36,0 und 38,0 als ziemlich normal betrachten, ohne sich Bedenken hinzugeben. Nur was darunter oder darüber ist, das ist als verdächtig anzusehen und ernster zu nehmen.

Nach aufwärts zu pflegt man ein Steigen bis 38,5 als ‚leichte Fieberbewegung‘, bis 39,5 als ‚mäßiges Fieber‘, bis 40,5 als ‚beträchtliches Fieber‘ zu bezeichnen. Höchstes Fiebers ist ein Ansteigen der Körperwärme bis etwa 42,0. Sinkt andererseits die Temperatur bis auf 35,0 so ist dies ein ‚mäßiger Verfall‘. Ein Sinken bis auf 33‚5° C. deutet auf ‚tiefen Verfall‘.

Daß über 42,0° der Körper die Fieberhitze kaum erträgt, unter 33,5 die Lebensenergie sinkt, werden Sie sich ohne Weiteres selbst sagen. Solche Extreme hält eben der Organismus nicht lange aus.

Machen wir nun die Probe und messen wir die Hautwärme des Kindes. Ist es noch klein, das heißt in den ersten Lebensjahren, so bietet die Achselhöhle noch zu wenig Raum für das Quecksilbergefäßchen des Thermometers. Sie legen deshalb das Kindchen auf die Seite, etwa wie Sie es vom Klystier-Geben schon gewöhnt sind, und führen, nachdem Sie das längliche, cylindrische Quecksibergefäßchen (runde sind nicht empfehlenswerth) mit Mandelöl bestrichen haben, vorsichtig etwa 4 Centimeter weit in den Mastdarm ein. Freilich muß dieser erst von etwaigem Inhalt durch ein laues Wasserkystier befreit sein. Jetzt ist das Quecksilber, rings von Schleimhaut umgeben, im Inneren des Körpers und Sie werden, da diese Messung deshalb ziemlich schnell und genau zu bewirken ist, nach 5 Minuten (nach der Uhr gesehen!) wohl kaum noch ein Steigen des Quecksilbers bemerken. Wenn Sie 2 oder 3 Mal in Zeiträumen von je einer halben Minute bestätigt finden, daß die Temperatur sich gleich bleibt, lesen Sie mit Sorgfalt die ganzen Grade und die kleinen Zehntelstriche ab, nehmen das Thermometer vorsichtig heraus und reinigen es sofort, um es dann, in seiner Holzhülse, wieder an einen sicheren Platz zu legen.

Den Befund notiren Sie, unter Angabe der Zeit der Messung, in ein Büchlein, nicht auf ein loses Blatt; z. B.: am 6. October früh 7 Uhr – 38,8.

Bei manchen Krankenthermometern sind die ganzen Grade blos in Fünftel, bei manchen in Zehntel eingeteilt. Ersteres geschieht nur, um das Ablesen zu erleichtern, weil das Auge durch 4 kleine Theilstriche nicht so leicht, wie durch 9, zu Irrthümern veranlaßt wird. Natürlich bedeuten bei einer Eintheilung in Fünftel die kleinen Striche nur die geraden Zehntel(2/10, 4/10, 6/10, 8/10; die ungeraden Zehntel fehlen, doch können Sie dieselben ja ohne Schwierigkeit sich abzählen. Werfen Sie einen Blick auf beifolgendes vergrößert dargestelltes Stück einer solchen Thermometerscala! 39,1 würde sich zwischen 39,0 und dem ersten kleinen Strich, 39,3 zwischen dem ersten und zweiten Strich befinden. In diesem Falle ist das Quecksilber zwischen dem zweiten und dritten Strich stehen geblieben; Sie notiren also 39,5. Daneben sehen Sie ein Stück eines in Zehntel eingeteilten Krankenthermometers; hier zählen Sie einfach vom letzten ganzen Grad, also im vorliegenden Falle von 38,0 an, aufwärts; Sie zählen 8 Striche, notiren daher als das Ergebniß Ihrer Messung 38,8.

Sie sehen, die Sache ist sehr einfach. Sie erfordert nur Geduld, Sorgfalt und ein etwas scharfes Auge, die bekannten Requisiten für jede excacte Beobachtung. Ungeduld, welche es nicht erwarten kann, den Befund abzulesen und das Thermometer herauszunehmen, ist eine schlechte Eigenschaft; denn meist ist der Zeitpunkt, in dem das Quecksilber zur Ruhe kommt, noch nicht erreicht und darum der Befund ungenau. Allerdings scheinen sich die vorgeschriebenen Minuten der erwartungsvoll gespannten Beobachterin endlos auszudehnen, und auch das Kind wird ab und zu unruhig, und man hat alle Mühe, es zu verhüten, daß es sich herumwälzt, das Thermometer abbricht oder sich zu sehr aufregt. Aber Ueberredung, gutes Festhalten und Selbstbeherrschung und nun sorgfältig genau ablesen! Denken Sie an diese Hauptbedingung, und, wenn es zu dunkel oder Ihr Auge nicht scharf genug ist, gilt es, ein Stümpfchen Licht und ein Vergrößerungsglas bereit halten, um gerade die dem Arzte erwünschten Zehntel gut zu erkennen.

Bei einem größeren Kinde (natürlich auch beim Erwachsenen) genügt das Einlegen des Thermometers in die am bequemsten zugängliche Achselhöhle, deren Haut man sorgsam abtrocknet. Beachten Sie hierbei nur, geehrte Frau, daß das Quecksilbergefäßchen überall von der Haut umgeben sei, nirgends von Luft oder Leibwäsche, und halten Sie 10 Minuten den Arm sanft gebeugt und angedrückt, während Sie die teilweise entblößte Brust leicht bedecken.

‚Zehn Minuten?‘ fragen Sie mich. Allerdings, meine sehr gelehrige Schülerin. Die äußere Haut ist stets, selbst wenn sie ‚im Fieber glüht‘, noch einige Zehntel kühler, als das Innere des Körpers; die an letzterer gefundene Temperatur ist also im Grunde nicht ganz der des Körpers entsprechend und die Mastdarm-Temperatur ein wenig genauer. Doch mögen Sie die Differenz ruhig vernachlässigen, wenn Sie nur die Achselhöhlen-Temperatur nicht eher ablesen, als bis das Thermometer einige Minuten lang gleichen Stand gezeigt hat; denn etwas Zeit ist hier zu Gewinnung eines sicheren Resulutates nöthig.

Auch hier ist der Befund genau abzulesen, so lange das Thermometer noch in der Achsel liegt. Sie – als nunmehrige Kennerin – werden fast ungläubig lächeln, wenn ich Ihnen berichte, daß Neulinge zuweilen mit dem aus der Achselhöhle genommenen Thermometer erst nach dem Fenster gehen, um dort, bei besserem Lichte, den Quecksilberstand (der ja inzwischen schnell gesunken ist) abzulesen. Das dürfte man sich höchstens bei einem sogenannten Maximal-Thermometer erlauben, dessen Quecksilber in Folge einer sinnreichen Einrichtung fest auf dem höchsten Punke stehen bleibt und noch nach Stunden das Ablesen ermöglicht. Für Ihren gewöhnlichen Gebrauch bedürfen Sie dieses etwas subtilen, leicht aus der Ordnung kommenden Instrumentes nicht.

So messen Sie nun, wenn Ihnen Ihr Arzt keine anderen Zeiten vorgeschrieben hat, früh 7 Uhr, Mittags 1 Uhr, Abends 7 Uhr und so fort und notiren sich den Befund recht übersichtlich, stets unter Angabe des Datums. Der Tag der Fieberbeobachtung beginnt und endet mit den Glockenschlägen der Mitternacht, ganz wie der Tag, nach dem die Eisenbahnen rechnen. Die Frühmessung und Abendmessung sind es nun, auf die es hauptsächlich ankommt. Ist schon die Temperatur des gesunden Menschen nicht ganz feststehend, sondern früh einige Zehntel niedriger, als Abends, sodaß sie gewissermaßen eine leichte Wellenlinie darstellt, so ist dieser Unterschied bei Fieber viel greller, und es bleiben weder die Höhen der Morgen- noch die der Abendtemperatur sich gleich. Hebungen und Senkungen kommen, wenn man sich die gefundenen Temperaturen graphisch darstellt, in großer Mannigfaltigkeit, aber doch bei einzelnen Krankheiten in bestimmten Formen zum Vorschein. –

‚Graphisch darstellen! Bitte nicht so gelehrt, lieber Doctor!‘ höre ich Sie jetzt, und zur rechten Zeit, mich ermahnen. Und dennoch sind wir schon mitten in der Erklärung eines Begriffs, der Ihnen vielleicht auch noch nicht vorgestellt war: ‚Temperatur-Curve‘. Sie haben doch gewiß schon jene räthselhaften Wellenlinien in Veröffentlichungen der Meteorologen, der Statistiker etc. gesehen, welche das, was in Zahlen gefunden wurde und erst Vorstellungen nöthig macht, bildlich, für das Auge sofort und viel klarer übersehbar darstellen. In ähnlicher Weise können Sie sich die mit dem Krankenthermometer gefundenen Zahlen auf ein [657] Gitterwerk übertragen, welches Sie ohne Schwierigkeit sich auf einem Blatte Querfolio mit Bleistift und Lineal selbst herstellen können, wenn Sie es nicht vorziehen, es sich in sauberer Herstellung fertig zu kaufen.[1] Sie nehmen schon Ihr halbvergessenes Zeichenmaterial hervor, und bereits liegt ein halbirter Bogen Schreibpapier vor Ihnen ausgebreitet! Nun denn, machen Sie sich die Temperaturtabelle selbst; das ist jedenfalls, wenn man sie erst kennen lernen will, nützlicher.

Sie werden aus dem beifolgenden stark verkleinerten Schema, das Ihnen als Vorlage dienen mag, sich leicht zurechtfinden.

Links sehen Sie in senkrechter Richtung das Abbild eines Theiles der Celsius-Scala, welche, damit man nicht durch zu viele Theilstriche irre wird, nur in Fünftel getheilt ist. Die ganzen Grade gehen als stärkere, die Thellstriche als dünnere horizontale Linien weiter. Ferner sehen Sie abwechselnd stärkere und dünnere senkrechte Linien. Die stärkeren bedeuten Mitternacht, die dünnen Mittag. Zwei stärkere Linien umschließen einen ganzen Krankheitstag. Die Morgenzeit wird also zwischen die starke und dünne Linie, die Abendzeit umgekehrt zwischen die dünne und starke Linie fallen.

Universal-Thermometer.

Sie bemerken früh, daß ein Ihnen anvertrautes Kind mit Unwohlsein und etwas Hitze erwacht, und die Messung ergiebt Ihnen 38,4. Diesen Befund tragen Sie zunächst in Ihr Notizbuch ein und gleichzeitig markiren Sie ihn auf der Temperaturtabelle an richtiger Stelle (mit Tinte) durch einen Punkt. Mittag ein Uhr messen Sie wieder. Sie finden 38,8 und markiren sich auch dies. Ihre Hoffnung, daß Bettruhe und entsprechendes Verhalten diese offenbar erhöhte Temperatur wieder ausgleichen würde, hat sich nicht erfüllt; Sie finden Abends 39,6 und ein Blick auf die mit Lineal hergestellte Verbindung dieser drei durch Messung gefundenen Punkte zeigt Ihnen deutlich ein Ansteigen der Körperwärme. Sie werden nicht zögern, einen Arzt zu Rathe zu ziehen, und wenn Sie ihm lediglich diese Beobachtungen mittheilen, ohne sich ein Urtheil über die Deutung derselben zu erlauben, wird er von diesen objektiven Wahrnehmungen, die ihm die Diagnose sehr erleichtern können, angenehm berührt sein und sich freuen, wenn die Notizen gewissenhaft fortgesetzt werden. Das Entsetzliche für den Arzt sind nur die ihm von halbunterrichteten Müttern entgegengebrachten, natürlich meist falschen Diagnosen, die übertriebenen Aeußerungen mancher Frauen, ganz besonders bezüglich des Fiebers. Vergessen Sie darum nicht, daß selbst hohe Fiebersteigerung bei Kindern schnell vorübergehend und sehr bedeutungslos sein kann und daß zuweilen von geringfügigen Störungen gerade das Kind eine scheinbar stürmische Vermehrung der Körperwärme erfährt, die sich ebenso schnell wieder ausgleicht.

Im vorliegenden Falle finden Sie die kleine Patientin am anderen Morgen nicht fieberfrei; die Temperatur ist nur wenig gesunken; sie hat die Norm nicht erreicht. Ihr Arzt constatirt dies bei dem Morgenbesuche; er verordnet das Nöthige, und Sie haben ihm durch die vorherige Messung Zeit und Mühe gespart. Bis zum Abend ist die Temperatur noch höher gestiegen, bis auf 40,3. Jetzt hat der Arzt ein Bad von 26° R. angeordnet, das nach und nach durch Zugießen von kaltem Wasser bis auf 20° R. abgekühlt werden soll, worauf dann zum Schluß noch eine Uebergießung von 16° R. über Hinterkopf und Nacken des fieberhaft aufgeregten Kindes stattfinden sollte. Sie befolgen dies getreulich und sehen zu Ihrer Freude, wie die Temperatur alsbald und am andern Morgen dauernd wesentlich herabgegangen ist, wie sie – und das ist maßgehend – am Abend nicht wieder gestiegen, sondern zur Norm zurückgekehrt ist, um sich aldann nur noch in deren Grenzen zu bewegen.

Nicht immer verläuft ein Fieber so rasch und günstig, wie Sie es bei diesem ziemlich harmlosen Debut erlebt haben. Zuweilen bewegt es sich wochenlang in hohen Regionen und zeigt nur geringen, morgendlichen Abfall oder steile Thäler und Erhebungen. Manchmal fällt es in langsamen Stufen allmählich ab, manchmal sinkt es rasch bis zur Norm oder selbst unter dieselbe – das Bild der sprichwörtlich gewordenen „Krisis“.

Diese Curve hat natürlich bei jeder fieberhaften Krankheit, wie Wechselfieber, Masern, Scharlach, Pocken, Lungenentzündung, Halsentzündungen etc., einen ziemlich gesetzmäßigen Verlauf, der aber bei jedem Menschen Verschiedenheiten darbietet. Aha! Jetzt sehe ich förmlich, wie Sie das Ohr spitzen – denn nun, denken Sie, kommt die Hauptsache! Jetzt werde ich lernen, wie ich aus der Temperaturcurve erkennen kann, welche Krankheit ich vor mir habe.

Leider muß ich so ungalant sein, Ihnen diesen Wunsch zu versagen. Der Laie soll ‚nicht mit dem Feuer spielen‘, das heißt: er soll nicht über das hinaus wollen, was ihm frommt. Ueberlassen Sie die Beurtheilung, die Deutung Ihrer Beobachtungen vertrauensvoll und bescheiden dem auf wissenschaftlichem Boden stehenden Arzt und bedenken Sie, welche Summe von Fleiß, welche Unzahl von Beobachtungen dazu gehört hat, ehe Kliniker und Aerzte wie Bärensprung, Traube und Wunderlich die Lehre von der Krankenthermometrie wissenschaftlich begründen, Andere, wie Ziemssen, Thomas, Jürgensen, Liebermeister, Bartels, Obernier, sie weiter ausbauen konnten. Was solche Fachmänner zum Theil als Hauptaufgabe ihrer Thätigkeit betrachteten, dies einem Nichtarzte im Handumdrehen beibringen zu wollen, wäre eine sinn- und zwecklose Profanation. Bedenken Sie ferner, daß die Wärmemessung ja nur ein kleiner Theil der Fieber- und Krankenbeobachtung ist und daß man ihre Ergebnisse nur im Zusammenhange mit allen anderen Symptomen richtig würdigen kann, wozu nur der Arzt befähigt ist.

Gewiß werben Sie darnach einsichtsvoll Ihre Hand davon lassen, ein gefährliches Spiel mit Ihnen nur halbverständlichen wissenschaftlichen Mitteln zu wagen.

Bleiben Sie bei der Uebung in der Technik der Thermometrie, in dem Gebrauche des Thermometers, und Sie werden schon sehr Vieles und sehr Ersprießliches leisten.

Der Wunsch, diese Kenntniß und Fertigkeit in immer weitere Kreise, zumal von Frauen, zu tragen, erfüllt wohl jeden Arzt. Was mich betrifft, so habe ich mich bemüht, dem Uebelstande, daß ein Krankenthermometer nach Celsius in so wenigen Familien vorhanden ist, meist nur ein Stuben- oder Badethermometer nach Réaumur, durch Angabe eines neuen Thermometers abzuhelfen, das, ohne theurer und größer als ein Krankenthermometer zu sein, doch zugleich für Luft-, Stuben,- und Bademessung leicht verwendbar ist. Ich habe das kleine nützliche Instrument, das auf der ‚Hygiene-Ausstellung‘ zum ersten Male an die Oeffentlichkeit trat und das jeder geschickte Thermometerfabrikant herstellen kann (vorschriftsmäßig vorräthig ist es bei R. H. Paulcke in Leipzig), wegen seiner vielfachen Verwendbarkeit, die allen Zwecken der häuslichen Gesundheit- und Krankenpflege dient, ‚Universal-Thermometer‘ getauft, um dem Kinde einen Namen zu geben.

Wollen Sie wissen, wie es aussieht und verwendet wird? Sehr gern! Beistehend eine bildliche Darstellung! Sie sehen zunächst ein Krankenthermometer vor sich, welches Sie auf den ersten Blick wohl nicht von dem üblichen unterscheiden werden. In Wirklichkeit besteht der Unterschied darin, daß die Quecksilbersäule, etwa von 34,0° C. aufwärts bis 43,0° C. dünner, darunter und darüber dicker ist. Dadurch rücken innerhalb dieser Grenzen die Grade aus einander und gestatten Eintheilung in Zehntel. 37,5° ist mit einem rothen, 36,5° mit einem blauen Strich markirt, da [658] diese beiden Zahlen die Grenzen der normalen Temperatur angeben.

Links von der Quecksilbersäule finden Sie die Eintheilung nach Celsius (für Krankenmessung), rechts die nach Réaumur (für Luft-, Stuben,- und Badetemperatur noch immer die volksthümlichste Eintheilung) durchgeführt, letztere natürlich, wie immer üblich, nur in ganzen Graden. Durch die verschiedene Dicke der Quecksilbersäule wurde es erreicht, dem Thermometer, ohne es ungebührlich zu verlängern, die Verwendbarkeit für alle die erwähnten Zwecke zu ermöglichen und es so recht eigentlich zu einem Haus- und Familienthermometer zu machen. Wenn es Ihnen als Wasserthermometer dienen soll, brauchen Sie es nur von oben in die daneben abgebildete Holzhülse zu stecken, und das Badethermometer ist fertig. Dies wurde dadurch erleichtert, daß der sanft in der Mitte befindliche Griff der Holzhülse nach rückwärts verlegt wurde. Darnach ließ sich oben eine Oeffnung (o) zum Einsetzen des Thermometers anbringen, ohne daß Charniere oder Haken, die dann rosten, oder complicirte Schrauben oder Pflöcke, welche verquellen, nöthig geworden wären. Das Wasser umspült bequem das Thermometer (bei den Oeffnungen FF), und die aus einem Stücke Holz höchst einfach hergestellte Hülse dient, wenn sie nach dem Gebrauche abgetrocknet ist, wieder dazu, das Thermometer an der Wand aufzuhängen, wenn man die Temperatur der Außen- und Stubenluft bestimmen will. Als gute Hausfrau werden Sie nach dem Kostenpunkte fragen. Gewiß wird es Sie befriedigen, wenn Sie hören, daß dies eine Thermometer mit seiner Hülse, das 3 andere Thermometer ersetzt, nur halb so viel kostet, wie die letzteren, die man sich wohl unter 6 Mark nicht beschaffen könnte.

Also ein Hinderniß, das Thermometer immer weiter in Familienkreisen einzubürgern, die Kenntniß seines Werthes und seiner Anwendung zu verallgemeinern, besteht wahrlich nicht. Wollen Sie als Pionnier mit dafür wirken? Sie werden es nicht bereuen; bald werden Sie sich und Anderen dadurch Beruhigung, bald Gewißheit verschaffen. Sie werden sich überzeugen, daß da, wo Kinder im Hause sind, das Thermometer in den guten Tagen der Gesundheit ein treuer Freund, Warner und Berather, in den schlimmen Zeiten der Krankheit aber ein zuverlässiger Gehülfe ist, immer aber zu ersten Beobachtungen anleitet und das angeborene Talent der Frau zu sorgsamer Krankenpflege weckt. Sie werden sich selbst eine Genugthuung, dem Arzte eine wesentliche Unterstützung gewähren, wenn Sie im Thermometriren geübt sind.

Und nun zum Lebewohl den Wunsch: Möge es Ihnen erspart bleiben, in Sorgen und Kummer von der neuen, ernsten Kunst Gebrauch zu machen; möge aber, wenn Unvermeidliches an Sie herantritt, Ruhe, Sammlung und Fassung Ihnen nicht fehlen! - Jedoch bei Zeiten an’s Werk, nicht erst im Augenblicke der Noth und Verlegenheit. Denken Sie an des alten Gellert Worte:

‚Im Unglück lern’ an’s Glück, im Glück an’s Unglück denken.‘

Und damit - Gott befohlen! Ihr sehr ergebener

Dr. L. Fürst

  1. In Leipzig hat der Lithograph Fritzsche, Langestraße, solche Tabellen vorräthig.