Das deutsche Lagerbier in den Vereinigten Staaten

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Autor: R. D.
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Titel: Das deutsche Lagerbier in den Vereinigten Staaten
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 636
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[636] Das deutsche Lagerbier in den Vereinigten Staaten. Vor nicht langer Zeit hielten die Brauer der nordamerikanischen Union ihre Jahresversammlung zu Chicago im Staate Illinois ab. Die Zusammenkunft war äußerst zahlreich besucht und gab nicht nur der deutschen, sondern auch der englisch-amerikanischen Presse zu recht erbaulichen Betrachtungen Anlaß.

Vor etwa einem Vierteljahrhundert hatte das Bier in den Vereinigten Staaten nur sehr wenige Freunde; es gab dort auch verhältnißmäßig nicht viele Brauereien; man importirte aber ziemlich stark schweres englisches Bier (Ale) und gab diesem entschieden den Vorzug vor dem einheimischen Gebräu. Bei alledem aber gehörte die nordamerikanische Union nicht zu den biertrinkenden Ländern; denn das nationale Getränk war dort der Whiskey. Jetzt ist dies wesentlich anders geworden; die Brauereien sind an Zahl und Größe so gewachsen, daß die Vereinigten Staaten nächst Großbritannien und Deutschland von allen Ländern der Welt das meiste Bier produciren. Dieser Umschwung datirt seit etwa 25 bis 30 Jahren, das heißt seit der Zeit, wo die Einwanderung aus Deutschland größere Dimensionen annahm.

Zunächst waren es allerdings vorzugsweise die Deutschen, welche gern und viel Bier tranken; bald aber gewöhnten sich auch die Amerikaner daran. Man überzeugte sich in Amerika davon, daß das deutsche Lagerbier nicht nur billig und wohlschmeckend, sondern, mäßig genossen, auch heilsam und nicht berauschend ist. Auch gewannen die eingeborenen Amerikaner den freundlich und gemüthlich eingerichteten Bierstuben und den schattigen Gärten, wo man sich bei einem Glase Bier niederlassen und einer leidlich guten Musik zuhören konnte, Geschmack ab; das Stehenbleiben an den Schenktischen und das schnelle Niedergießen des Whiskeys kam entschieden in Abnahme. In nicht zu langer Zeit wurde es denn auch von den unparteiischen Amerikanern anerkannt, daß die Einführung des Lagerbiers den übermäßigen Genuß des Whiskeys und des Branntweins überhaupt wesentlich eingeschränkt und die Nüchternheit gefordert habe. Die eingefleischten Mäßigkeitsapostel allerdings, deren Zahl jenseits des Oceans bekanntlich nicht gering ist und die in den Gesetzgebungen einzelner Unionsstaaten zeitweise sogar in der Mehrheit sind, zeigen sich auch als bittere Gegner des Lagerbieres und bekämpfen dessen Genuß mit aller Macht. Dafür mehren sich aber andauernd die Stimmen in der englisch-amerikanischen Presse, welche dem Lagerbier das Wort reden und dasselbe als ein angenehmes und gesundes Getränk dem Whiskey und jeder Branntweinssorte gegenüber empfehlen.

Ganz besonders fällt hier indeß auch der Umstand in's Gewicht, daß die officielle Statistik dargethan hat, daß die Einnahmen der Vereinigten Staaten durch das Anwachsen der Production und der Consumtion des Bieres bedeutend zugenommen haben. Im Jahre 1870 wurden in der Union 203,813,096 Gallonen gegohrner Getränke producirt, zehn Jahre später, 1880, aber schon 413,760,410 Gallonen: bei weitem das Meiste hiervon war einfaches Bier und Lagerbier. Trotz alledem stehen die Vereinigten Staaten bis jetzt hinsichtlich der Bierproduction noch weit hinter England und Deutschland zurück, senden doch diese Staaten noch immer massenhaft Bier über den Ocean, und zwar mehr als 1 Million Gallonen jährlich. Nachgelassen hat allerdings der Import fremder Biere bedeutend, sodaß 1880 zwei Drittel Bier weniger importirt wurde, als im Jahre 1873. Das amerikanische Bier ist auch der Qualität nach viel besser geworden, weshalb die Nachfrage nach fremdem geringer wurde. Im Jahre 1880 wurde nur noch für 683485 Dollars Bier aus Europa importirt, und das meiste davon kam aus Baiern. Im Vergleich zu England ist aber die nordamerikanische Union noch immer kein starkes Biertrinkerland; denn die Engländer consumiren von ihrem schweren Biere jährlich die enorme Summe von 82 Gallonen per Kopf; dagegen kommen weder Deutschland noch Amerika auf.

R. D.