De vulgari eloquentia/II. Buch – Elftes Kapitel

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aus: De vulgari eloquentia
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Elftes Kapitel.
Von der Beschaffenheit der Stanze, von der Zahl der Füße und von der Verschiedenheit der Verse, welche in der Dichtung zu gebrauchen sind.


Es scheint uns der Theil, welchen wir Beschaffenheit nennen, der bedeutendste in Rücksicht der Kunst zu sein; denn er betrifft die Eintheilung des Gesanges und das Gewebe der Verse und das Verhältniß der Reime, weswegen dieser der genauesten Behandlung zu bedürfen scheint. Beginnend demnach sagen wir, daß die Stirn mit den Volten und die Füße mit der Sirima oder Schweif, und die Füße mit den Volten in der Stanze sich auf verschiedene Weise verhalten können: denn bisweilen überschreitet die Stirn die Volten an Sylben und Versen, oder kann sie überschreiten, und wir sagen, kann, weil wir diese Beschaffenheit noch nicht gesehen haben, bisweilen kann sie sie an Versen überschreiten und an Sylben übertroffen werden, sodaß, wenn die Stirn fünf Maße[1] hätte, und jede Volte zwei Maße, sowol die Maße der Stirn siebensylbig und die Volti elfsylbig wären. Bisweilen übertreffen die Volti die Stirn an Sylben und Versen, wie in der, welche wir dichteten:

Traggemi della mente Amor la stiva.

Diese viermaßige Stirn war aus drei Hendekasyllaben und Einem Heptasyllaben zusammengesetzt; denn sie konnte nicht in Füße getheilt werden, da die Gleichheit der Verse und der Sylben gefordert wird in den Füßen unter sich und in den Volten unter sich; und wie wir sagen, daß die Volti die Stirn übertreffen an Versen und Füßen, [151] so kann gesagt werden, daß die Stirn in diesen beiden Stücken die Volti übertreffen könne, wie wenn jede von den Volten aus zwei siebensylbigen Maßen und die fünfmaßige Stirn aus zwei Hendekasyllaben und drei Heptasyllaben zusammengesetzt wäre. Bisweilen aber übertreffen auch die Füße den Schweif an Versen und Sylben, wie in jener, welche wir gedichtet haben:

Amor che muovi tua virtù dal cielo,

Bisweilen werden die Füße von der Sirima übertroffen, wie in der, welche wir gemacht haben:

Donna pietosa, e di novella etate.[WS 1]

Und wie wir gesagt haben, daß die Stirn an Versen übertreffen und an Sylben übertroffen werden könne, und umgekehrt, so sagen wir dies von der Sirima. Auch die Füße übertreffen die Volti an Zahl und werden von ihnen übertroffen: denn es können in der Stanze drei Füße und zwei Volti sein, und drei Volti und zwei Füße, und auch durch diese Zahl werden wir nicht begrenzt, daß es nicht erlaubt wäre, mehrere sowol Füße als Volti zugleich zusammenzusetzen. Und was wir von dem Uebertreffen der Verse und Sylben gesagt haben unter Anderem, das sagen wir nun auch von den Füßen und Volten; denn auf dieselbe Weise können sie übertroffen werden und übertreffen. Und es ist nicht zu übersehen, daß wir unter Füßen etwas Anderes als die regelmäßigen Dichter verstehen; denn jene sagen, daß der Vers aus Füßen, wir aber, daß der Fuß aus Versen bestehe, wie dies deutlich genug erhellt. Auch ist nicht zu übrsehen, weil wir es zum zweiten Mal bekräftigen, daß die Füße nothwendigerweise einer von dem andern die Gleichheit der Verse und der Sylben annehmen, weil sonst nicht eine Wiederholung des Gesanges geschehen könnte. Und wir fügen hinzu, daß dasselbe bei den Volten zu beachten sei.





  1. Maß ist Vers, Zeile.

Anmerkungen (Wikisource)