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Der Arzt (Die Gartenlaube 1888/48)

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Der Arzt
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 813, 823–824
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[813]

Der Arzt.
Nach dem Oelgemälde von Hans Bachmann.

[823] Der Arzt. (Mit Illustration S. 813.) Eine ernste, eine sehr bedenkliche Miene hat der Herr Doktor heute gemacht! Ach – und wie aufmerksam hatten sie seinen Gesichtsausdruck beobachtet, sehnsüchtig daraus eine Belebung ihrer sinkenden Hoffnung erwartend! Aber nur härtestes Mißgeschick, unabwendliches Unheil steht dort zu lesen. Ja, eine tückische Krankheit ist’s, die das Haupt der Familie, den sorgsamen Ernährer, ergriffen, aber doch war bis heute noch die trostreiche Aussicht vorhanden, daß seine kräftige Natur die schwere Krisis überstehen, daß er zu neuem Leben genesen werde. Heute mußte die Wendung eintreten. Von schmerzlicher Ahnung aufs tiefste niedergeschlagen, folgen Mutter und Gattin dem Arzte, um aus seinem Munde Gewißheit zu erhalten. Die letztere wird schon an der Thür von ihrem Kummer überwältigt und lehnt sich, krampfhaft schluchzend, an den Thürpfosten, da sie kaum sich aufrecht zu erhalten vermag. Auch das kleine Töchterchen, das so früh eine arme Waise werden soll, scheint schon den schmerzlichen Verlust ahnend zu empfinden, der ihm bevorsteht. Nur die Greisin, welche schon so vieles Harte im Leben hat ertragen müssen, ist dem ärztlichen Rathgeber bis zur Straße gefolgt, und wenn auch mit bitterem Schmerze, so doch mit Fassung und Ergebung in das Unvermeidliche erfährt sie nun, daß sie auf das Schlimmste vorbereitet sein müssen, daß keine Hoffnung mehr vorhanden. Mit stiller Resignation horcht sie auf den tröstenden Zuspruch des biederen Arztes, der in der täglichen Erfüllung seines harten Amtes noch nicht das edle Mitgefühl eingebüßt hat, der nicht einseitig nur für die Krankheiten des Körpers ein offenes Auge, nein , der auch für die Schmerzen der Seele ein offenes Herz hat.

Hans Bachmann, der unsern Lesern schon durch sein vortreffliches Bild „Weihnachtssingen“ (siehe „Gartenlaube“ 1887, S. 824 und 825[WS 1]) bekannt [824] ist, bewährt sich in diesem gemüthvollen Bilde der Trauer als ein meisterlicher Darsteller der ernsten Seiten des Lebens. Er hat den Charakter des Volkes seiner Schweizerischen Heimath in seiner ganzen Gemüthstiefe studirt und bringt nun seine unmittelbaren Aufnahmen unverfälscht mit künstlerischer Vollendung zum bildlichen Ausdruck. Das wirkungsvolle Bild fand auf der Berliner Kunstausstellung von 1888 ehrenvolle Erwähnung.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: S. 808 und 809