Eine Biographie Theodor Storms
[823] Eine Biographie Theodor Storms, ein Bild seines Lebens und Schaffens, ist jüngst von Feodor Wehl herausgegeben worden (Altona, Verlag von A. C. Reher). Nicht bloß das Bild des Dichters, auch das des Mannes, des Patrioten, tritt uns in dieser feinsinnigen Schilderung lebendig entgegen. Theodor Storm war ein echter schleswig-holsteinischer und deutscher Patriot – und das sollte dem vorzüglichen Dichter so stimmungsvoller Lebens- und Naturbilder, welche ein so begeistertes Publikum gefunden, nicht vergessen werden.
Selten war ein Dichter so ausschließlich von einem Heimathsgefühl beherrscht, das seiner Dichtung den beseelenden Odem gab. „Schleswig-Holstein,“ sagt Wehl, „suchte er beständig mit der Seele und sie lebte und webte, getrennt von ihm, doch nur in ihm mit allem Denken und Schaffen. Alle seine Geschichten spielen auf seinem Boden. Die Landschaften, die Städte, die Menschen, die darin geschildert werden, gehören alle nach Schleswig-Holstein; Schleswig-Holstein ist das Ein und Alles seiner Muse. Sie ist so schleswig-holsteinisch wie er selbst oder fast noch mehr. Er selbst konnte Schleswig-Holstein verlassen, seine Muse nicht. Sie hing an seiner Scholle und man ist entschieden nicht im Unrecht, wenn man behauptet, sie sei es besonders gewesen, die ihr poetisch die Zunge selbst und sie zum Sprechen gebracht hatte.“ War ja doch auch im Leben Theodor Storm ein echter Patriot; zwar hat er in den Tagen, als die Wogen der schleswig-holsteinischen Bewegung zuerst hochgingen, weder die Waffen noch das große Wort in den Versammlungen geführt, aber aus seiner deutschen Gesinnung nie ein Hehl gemacht. Seiner Freude, seinem Schmerz über die wechselnden Geschicke seines Vaterlandes gab er in markigen und kernhaften Gedichten Ausdruck. Nach der anfänglichen Niederlage der schleswig-holsteinschen Waffen sang er ergreifende Lieder der Klage, welche an Platens Polenlieder erinnern. Der Schluß des einen lautet:
„Und schauen auch vom Thurm und Thore
Der Feinde Wappen jetzt herab,
und rissen sie die Trikolore
Mit wüster Faust von Kreuz und Grab;
Und müssen wir nach diesen Tagen
Von Herd und Heimath bettelnd gehen:
Wir wollen’s nicht zu laut beklagen,
Mag was da muß mit uns geschehn.“
In einem andern Gedicht widmet er den gebliebenen Helden die schwunghaften Strophen:
„und sollte dieser heiße Lebensstreit
Verloren gehn wie euer Blut im Sande
und nur im Reiche der Vergangenheit
Der Name leben dieser schönen Lande:
In eurem Grabe, wenn das Schwert zerbricht,
Liegt deutsche Ehre fleckenlos gebettet;
Beschützen konntet ihr die Heimath nicht,
Doch habt ihr sterbend sie vor Schmach errettet.“