Der Bär und die Jungfrau
Boleslav, ein Knab’ an Jahren,
Doch ein Mann an Heldentugend,
Fand den Schmuck und Ruhm der Jugend
In dem Kampfspiel der Gefahren.
Wütheten der Böhmen Scharen;
Aber Boleslav, der Knabe,
Macht der Feinde Macht zu Schanden,
Als der Abgott seiner Krieger,
Kehrt er heim als kühner Sieger.
Und auf seinen nächsten Wegen,
Ihm des Dankes Opfer bringend,
Lob- und Siegeslieder singend,
Durch der Jungfrau’n holde Reihen
Zieht bekränzt der hohe Knabe,
Und der Blumen Liebesgabe
Mag ihn fast so hoch erfreuen,
Von den Jungfrau’n alle Eine
Reichet einen Kranz dem Sieger
Mit der Schüchternheit Geberde.
Wunderbar bewegt, wie nimmer,
Küsset er die schöne Dirne,
Nach der Sitte auf die Stirne,
Und ihr Bild folgt ihm auf immer,
Zu des Zobtens Götzensteine
Zieht sie nach der Eltern Willen,
Die, wie Viel’ des Volk’s, im Stillen
Annoch Heiden sind verblieben.
Sich ihr Herz nicht mag erwehren,
Will zum Feste seines Sieges,
Zur Versöhnung langen Krieges,
Alle Heiden noch bekehren,
Und der Jungfrau Eltern fliehen. –
Nach dem Zobtenberge ziehen,
Um dem Zwang’ zu widerstreben,
Sie zum alten Götzenhaine.
Sich das Götzenbild; es schweiget
Seine Kraft im kalten Steine.
Mag die Jungfrau Leben schauen,
Zu des Christengottes Milde.
Eilt hinab, denn lieblich locken
Sie der nächsten Kirche Glocken.
Boleslav war in der Nähe;
Des zerschlag’nen Götzen Trümmer,
Und das Land im Abendschimmer.
Des Gefolges Zug enteilend,
Blickt an einem Felsenrande,
Er hinab zum schönen Lande.
In den Reizen der Gefilde
Strahlt im nicht verlornen Bilde
Der Erinnerung Entzücken,
Aber plötzlich aus den Träumen
Wecket ihn ein Ungeheuer,
Und zum grausen Abenteuer
Ruft ein Bär ihn ohne Säumen.
Ihm, wenn er ihm näher schreitet,
Mit dem Schwerdt den Tod zu bringen:
Gleitet, wie auf Zauberschwingen,
Aus dem Hain die Jungfrau eilend,
Sich der Gier zum Opfer bringend,
Labt sie ihn mit ihrem Blute,
Hoffend, daß der Fürst entrinne.
Schaudert, und mit wildem Muthe
Stürzt er sich dem Kampf entgegen.
Rasch und kühn schwingt er den Degen;
Und das Thier, nach vielen Wunden,
Aber an des Bären Seite
Liegt des Todes edl’re Beute,
Liegt die blutbedeckte, bleiche,
Liegt der Jungfrau holde Leiche.
Hoffend, daß er sie erwecke,
Ruft er sie, ruft er die Seinen,
Die zur Hilfe nun erscheinen.
Und noch regt sich Hauch und Leben,
Nach dem Kreuze zu erheben,
Das der Fürst trägt auf dem Herzen;
Ihre Sehnsucht giebt ein Zeichen,
Daß man ihr den Christus spende.
Auf den Berg ein Priester eben,
Tauf’ und Segen ihr zu reichen. –
Himmelsliebe zu erwerben,
Und ihr Aug’ erlosch auf immer.
In der Liebe Trauer übte
Boleslav des Grabes Weihe;
Thut ein fürstliches Gelübde,
An des Berges höchster Stelle,
Dort, wo Trümmer der Kapelle
Auf des Zobtens Haupt wir schauen,
Ihr ein Denkmal zu erbauen.
Ist des Bären Bild noch heute,
Und dabei die holde Beute,
In dem Steingebild’ zu sehen;
Und die je den Berg besteigen,