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Der Blitz

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Textdaten
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Autor: Heribert Rau
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Titel: Der Blitz
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 535–537
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[535]
Der Blitz.
(1764.)

Geendet ist der Streit;
Des Krieges Furie schweiget,
Aus Schutt und Asche steiget
In junger Herrlichkeit,

5
Begrüßt durch Jubellieder,

Der Phönix Friede nieder.

Was mit Barbarenwuth,
Der Schande unbekümmert,
Auch Frankreichs Haß zertrümmert,

10
Strebt nun mit neuem Muth,

In Teutschlands schönsten Gauen
Der Teutsche aufzubauen.

So aus dem Schutt empor
Ist in den Pfälzer Landen

15
Auch Heidelberg erstanden.

Es will Karl Theodor
Dort allen Glanz entfalten,
Noch heut den Einzug halten.

[536]

Der Tag ist drückend schwül;

20
Kein Lüftchen will sich regen,

Kein Blättchen sich bewegen.
Ein ängstliches Gefühl,
Ein wunderbares Bangen
Hält Mensch und Thier umfangen.

25
Da kommt in finstrer Pracht

Am fernen Himmelsbogen
Allmählig hergezogen
Die dichte Wolkennacht,
Auf ihren schwarzen Schwingen

30
Verderben herzubringen.


Wie düster liegt das Schloß –
Gleich einem ries’gen Drachen,
Den Thalgrund zu bewachen –
Der Finsterniß im Schooß.

35
Wie ragen seine hohen

Thürme mit stolzem Drohen! –

Jetzt bricht das Wetter aus,
Und wie aus Höllenrachen
Ertönt des Donners Krachen,

40
Der Stürme wild Gebraus!


Doch wehe! welch ein Schlag!
Welch Feuermeer! – Es zischet
Rasch Blitz auf Blitz und mischet
Die Nacht mit lichtem Tag.

45
Hört ihr! es wimmert Sturm!

Es steht das Schloß in Flammen!
Schon stürzt es dort zusammen
Nah bei dem Glockenthurm.

Wie wild der Sturmwind schnaubt,

50
Und aller Hülf’ zum Hohne
[537]

Drückt er die Flammenkrone
Der stolzen Burg auf’s Haupt.[1]

Es ist um sie geschehen –
Die Zinnen sind gefallen,

55
Verödet stehn die Hallen,

Gepeitscht von Windesweh’n.

Du trotztest kühn der Zeit
Gefräß’gem Ungeheuer,
Nun hat des Himmels Feuer,

60
Zerstört die Herrlichkeit.


Träum’ sanft! – In Todesnacht,
Bist selbst du noch erhaben,
Wirst noch die Nachwelt laben
Mit deiner alten Pracht!

Heribert Rau.

  1. Die Feigheit des Stadtcommandanten, General Heidersdorf hatte im Orleans’schen Erbfolgekriege Stadt und Schloß Heidelberg den Franzosen in die Hände gespielt. Festungswerke, Thürme und die Neckarbrücke wurden gesprengt und Stadt und Schloß in Brand gesteckt. Das Glück war für Heidelberg dahin. Zwar ließen die Kurfürsten Johann Wilhelm und Karl Philipp, Stadt, Schloß und Brücke wieder herstellen, da jedoch Letzterer wegen der Kirche zum heiligen Geist mit den Bürgern in Streit gerieth, verlegte er sofort seine Residenz von Heidelberg nach Mannheim, wo er das neue Schloß und die Jesuitenkirche bauen ließ. Sein Nachfolger Karl Theodor besuchte an einem heitern Frühlingstage die verödeten Hallen des Sitzes seiner Vorgänger. Das Geläute der Glocken, eine über den Schloßberg wallende Procession, die Erinnerung an die vergangene Herrlichkeit und der Zauber der malerischen Umgebungen machten einen solchen Eindruck auf ihn, daß er sich entschloß, den Kurfürstlichen Sitz hier wieder aufzuschlagen. Schon war Alles zu seinem Empfange festlich bereit, als am 24. Juni 1764 der Blitz alle vom Kriege noch verschont gebliebenen wohnlichen Reste zertrümmerte und verbrannte. Karl Theodor, der sehr abergläubisch war, hielt dies für einen warnenden Fingerzeig Gottes, und wagte nicht, das Schloß wieder aus seinem Schutte zu erheben.
    (Siehe Baader’s „Sagen der Pfalz etc.“ Seite 102).