Der Einzug Gustav Adolf’s in Nürnberg

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Autor: Marcus Schüßler
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Titel: Der Einzug Gustav Adolf’s in Nürnberg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 444–445, 459
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[444–445]

Aus der Jubiläums-Kunstausstellung in Berlin:
Die alte Schau mit der Sebalduskirche zur Zeit des Einzuges Gustav Adolf’s in Nürnberg 1632. Nach dem Oelgemälde von Paul Ritter.
Photographie im Verlag von Franz Hanfstängl in München.

[459] Der Einzug Gustav Adolf’s in Nürnberg. (Mit Illustration S. 444. und 445.) Schwere Prüfungen brachte der dreißigjährige Krieg über die ehemalige Reichsstadt Nürnberg. Fortgesetzt zogen feindliche Truppen durch das Gebiet der protestantischen Stadt, welches sich bis an die Oberpfalz erstreckte. Die Kommandeure erhielten neben den von ihnen auferlegten schweren Kriegssteuern noch reiche Geschenke, um den Ausschreitungen ihrer barbarischen Truppen gegenüber den Unterthanen der Stadt außerhalb deren Ringmauern nach Möglichkeit Einhalt zu thun. Aber obwohl der Nürnberger Rath dem Herzoge von Friedland die Summe von 100000 Gulden für das Versprechen gezahlt hatte, sein Heer nicht durch das Terrain der Stadt marschiren zu lassen, so respektirten die Wallensteiner dieses Abkommen doch nicht besonders, und Opfer auf Opfer mußte seitens der Stadt gebracht werden, um ihre Unterthanen nur einigermaßen vor Raub und Plünderung zu schützen. So gab der Rath den hervorragendsten Schatz Dürer’scher Kunst, den die Stadt von ihrem größten Sohne besaß: die jetzt in der Pinakothek zu München befindlichen vier Apostel, dem Kurfürsten Maximilian I. von Bayern im Jahre 1627 auf sein wiederholtes Drängen hin, um das ausgesogene nürnbergische Gebiet von Truppendurchzügen verschont zu sehen. Die Noth der Stadt nahm mit jedem folgenden Jahre zu; das Landvolk flüchtete in Massen, Schutz begehrend, in die sicheren Mauern der Stadt. So standen die Sachen, als im Jahre 163l der zur Rettung der Protestanten herbeigeeilte König Gustav Adolf von Schweden seinen Siegeslauf durch Deutschland hielt. Von den nur noch wenige Stunden von Nürnberg entfernten Heerscharen Tilly’s bedroht, sandte der Rath der Stadt Hilfe suchend den Patricier Jobst Christoph Kreß mit mündlicher Instruktion an den König nach Obernburg bei Aschaffenburg, der ihn auf das Huldvollste empfing und der Stadt seinen vollen Beistand zusicherte mit der Mahnung, treu zum evangelischen Wesen zu halten. Am 20. März 1632 traf das schwedische Heer, 40000 Mann stark, bei Fürth ein, und Tags darauf hielt, von dem Rathe feierlich empfangen, der König seinen Einzug in Nürnberg unter dem unbeschreiblichen Jubel der Bevölkerung.

Diesen Moment hat der Künstler Paul Ritter als Staffage seines Architekturbildes gewählt. An der Spitze des Zuges sehen wir sechs schwedische Trompeter und einen Heerespauker. Inmitten des Platzes vor der Kirche steht, des Winkes des Königs gewärtig, der Hofmarschall Bernulph von Crailsheim[1], der, wie die Chronik sagt, durch sein einnehmendes Wesen Aller Herzen für sich gewann. Die ritterliche Gestalt des Königs auf seinem weißen Schlachtroß ist von einer Gruppe adeliger Damen und junger Patricier umgeben, die in ihm den Retter der Stadt begrüßen. Die Bürger erheben die Hand zum Schwur der Treue, und liebliche Kinder reichen dem Könige Sträuße und streuen ihm Blumen. Ringsum tönt der Jubel; Hüte werden geschwungen und in die Luft geworfen, und aus den teppichbehangenen Fenstern der Häuser wehen von zarten Händen weiße Tücher. Ein lahmer Greis wird auf einem Wagen herbeigefahren; auch er will den König sehen und sich an seinem Anblick ergötzen. Aber auch Feinde der protestantischen Sache waren in der Stadt. Einen Italiener Namens Benedikt Savioli ließ dieserhalb der Rath heimlich überwachen, und der städtische Spruchsprecher und Hochzeitlader Wilhelm Weber, welcher Spottlieder auf den König sang, wurde seines Amtes entsetzt. Diese Beiden hat der Künstler, rechts in der Ecke an einem Wagen stehend, dargestellt. Im Zuge, zur Linken des Königs, befindet sich der entthronte König von Böhmen, Friedrich von der Pfalz, ihm folgen Herzog August, Pfalzgraf zu Sulzbach, Markgraf Karl von Baden-Durlach, ein Herzog von Holstein, dann eine große Anzahl Officiere und Adeliger. Den Schluß bilden schwedische Dragoner mit einer Standarte, die ein gespaltenes blutrothes Kreuz und einen Todtenkopf mit kreuzweise gelegten Knochen, als Sinnbild menschlicher Vergänglichkeit, zeigt.

Der König nahm sein Absteigequartier im Hause des Patriciers Wilhelm Imhof auf dem Egidienplatz, woselbst ihm der Rath vier Karthaunen, ein schönes Pferd (Rothschimmel) und zwei Pokale von Silber, in Gestalt eines Himmels- und Erdglobus zum Geschenk machte.

Was die Architektur des Ritter’schen Bildes anbelangt, so ist das in der Mitte desselben befindliche Gebäude, die alte Schau, eine Perle gothischer Baukunst, leider nicht mehr vorhanden. Es wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts abgebrochen und an seiner Stelle steht jetzt die Militärhauptwache, ein dem damaligen Stile entsprechendes, nüchternes, schmuckloses Gebäude. Das „Schau-Ambt der löblichen Stadt Nürnberg“, wie die Inschrift des Gebäudes lautete, war aber die Probestätte der Arbeiten des Nürnbergischen Kunstfleißes, und gar manches Werk des berühmten Goldschmieds Wenzel Jamnitzer mag dort den Stempel auf echten Metallgehalt empfangen haben. Einen prächtigen Anblick gewähren auf dem Bilde der im Jahre 136l vollendete Ostchor der St. Sebalduskirche und die im Westen sichtbaren schlanken Thürme derselben.

Das Gemälde befindet sich gegenwärtig auf der Jubiläums-Ausstellung in Berlin und ist Eigenthum des Fabrikbesitzers Emil Seitz in Nürnberg. Der Künstler ließ es sich nicht nehmen, den ebenso bescheidenen wie trefflichen Mann, der eine große Sammlung von Gemälden der besten Künstler der Neuzeit sein eigen nennt, rechts in der Ecke des Bildes mit seiner Tochter in der Tracht damaliger Zeit zur Darstelluag zu bringen. Dem Meister Paul Ritter aber, den man mit Recht als den hervorragendsten Architekturmaler Deutschlands bezeichnet, wünschen wir, daß es ihm beschieden sein möge, noch viele derartige Werke zu schaffen! Marcus Schüßler. 


  1. Da von Bernulph von Crailsheim ein authentisches Bildniß nicht vorhanden ist, so hat der Künstler einen Nachkommen desselben, den jetzigen bayerischen Staatsminister Krafft Freiherrn von Crailsheim, an des Ersten Stelle portraitirt.