Der Eschepeter

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Autor: Emil K...g
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Titel: Der Eschepeter
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aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 286–286
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Der Eschepeter.

Ob „der Eschepeter“, jener wackere „Schwager“, dem Ludwig Knaus dadurch die Unsterblichkeit sicherte, daß er ihn als Lenker der fürstlichen Karosse auf seinem Gemälde „Der Empfang des Fürsten im Dorfe“ darstellte, auch Viktor von Scheffel zu seinem Gedichte „Der letzte Postillion“ Modell gestanden, vermögen wir zwar nicht anzugeben, möchten es aber fast annehmen, denn so oft wir Scheffel’s Verse lesen, vermeinen wir den leibhaften Eschepeter, jenes Original aus einer vor kaum zwei Jahrzehnten dahingeschwundenen Epoche unserer deutschen Postgeschichte, an unserem geistigen Auge vorübergleiten zu sehen:

„Der Schimmel trabt, die Peitsche schwirrt,
Laut schmettert Posthornton,
Als Geist kommt durch die Luft kutschirt
Ein greiser Postillion.

Fahl glänzt am gelben Sperlingsfrack
Thurn-Taxis’ Wappenknopf.
Er raucht uralten Rauchtabak
Aus seinem Ulmerkopf.

Er raucht und spricht: O Erdenball,
Wie anders schau’st du drein,
Seit ich mit Sang und Peitschenknall
Reichspostdienst that am Rhein!“

Heller noch als seine Gala-Uniform leuchtete des Eschepeter’s rothe Nase. Er war eine der populärsten Persönlichkeiten der vormaligen Residenzstadt Wiesbaden und des ganzen nassauischen Ländchens, das kostbarste Inventarienstück der Post und des Gasthauses zum „Adler“ und Herr und Meister unter den Postillionen. Kind und Kegel in Nah und Fern kannte den Eschepeter, den spiritus familiaris des weiland nassauischen Postenlaufs, das fahrende Genie, dem Nichts gleich kam, sobald es, die Zügel in der Hand, auf dem Bocke thronte und Horn und Peitsche führte. Wollte der Posthalter, Herr Schlichter, einem Extrapostreisenden von hohem Stande eine besondere Ehre erweisen, so kommandirte er den Eschepeter zum Kutschiren. Der Eschepeter war es denn auch, der im Jahre 1864 Louis Napoleon’s Gemahlin, die Kaiserin Eugenie von Frankreich, nach Schwalbach fuhr und – wenn auch nach allen Regeln der Kunst – doch in solcher Karrière dahinjagte, daß von der Ehreneskorte ein Leibgendarm nach dem andern zurückblieb und nachseufzte: „Eschepeter, ich kann nicht mehr!“ Aber auch die Glanzperiode der Postillione ging vorüber.

Nassaus und Thurn-Taxis’ Postherrlichkeit sah er in Trümmer sinken und auf den Ruinen die schwarz-weiß-rothe Postflagge des Norddeutschen Bundes gar lustig flattern.

„Es hatt’ der Siebentagekrieg
Dem Bau den Hals gebrochen,
Und König Wilhelm hatt’ das Wort
Mit Vollmacht ausgesprochen:
‚Dem Fürst Thurn-Taxis thun Wir kund:
Jetzo hat der Norddeutsche Bund
Sein Postregal alleine!‘“ –

Immer mehr pfiff dem Postinstitut der Dampf

„Mit Wunderkraft dazwischen,
Die Eisenbahnen hin und her
Erhielten den Engros-Verkehr
Mit ihrer Windesschnelle.“

Den Zusammenbruch des fränkischen Kaiserthrones und das Erbleichen des Ruhmesschimmers jener Potentatin, deren Gefährt er vordem einmal so meisterhaft nach Schwalbach geleitet, erlebte der alte Rosselenker allerdings nicht mehr, und nicht

„.... den deutschen Riesenkampf
Mit diesen Herrn Franzosen,
Da ernteten viel Ruhm und Ehr
Feldposten, die famosen,
Die brachten Muttergroschen viel
Und allerlei ans rechte Ziel,
Auch Tabak zum Verrauchen.“

Schon vor Ausbruch jener welterschütternden Ereignisse, im Jahre 1868, hatte Eschepeter die Fahrt zur Jenseitsstation, von welcher Niemand zurückkehrt, angetreten, aber Eins hatte der alte würdige Repräsentant seiner Species bei jenen Wandlungen, die er noch miterlebte, bestimmt gefühlt, nämlich daß die Glanzperiode der Schnell- und Extraposten dahin sei, da noch

„Der schmucke, blanke Postillion
Rief mit des Posthorns Zauberton
Zusamm’n die Passagiere.“

Emil K...g.