Der Feiglesbaum
Ein Mädichen von achtzehn Jahren,
Die hatt’ einmal zwei Lieb.
Der eine war ein Reitknecht,
Der andre ein Kaufmannssohn.
Ein' Ring von achtzehn Graden,
Den hat er ihr geschenkt.
Drauf hat der Kaufmannssohn sein Felleisen gepackt, hat sich auf sein Pferd gesetzt und hat eine große Reise durch die ganze Welt gemacht, der Reitknecht aber hat sich unter der Zeit um des Mägdeleins Liebe beworben, und hat sie glücklichermaßen geheirathet.
Und als sie saßen beim Mahle,
Da kam ein fremdes Gast.
Was soll'n wir Dir einschenken,
Ein Gläslein kühlen Wein?
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Ihr braucht mir nichts einschenken,
Ich schenk' mir selber ein.
Ein Tänzlein mit der Braut
Ist mir wohl schon erlaubt?
Drauf hat er sich gedreht,
Mit ihr zum Fenster 'naus.
Und drunten tief im Thale,
Da steht ein Feiglesbaum.
Da hat er sie zerrissen,
Zu lauter feurige Flamm'.
So gehts, wenn zwei ein Mädichen lieben,
Das thut gar selten ein gut;
Da haben wir's gesehen,
Was falsche Liebe thut.