Der Goldbrunnen bei Tautenhain
Der jetzt versandete, schlammige Goldbrunnen im Goldgrunde [355] bei Rüdersdorf war ehedem silberhell, daß man bis auf seinen Grund sehen konnte und die Sage berichtet von ihm, er enthalte flimmernde Goldkörner, von denen schon mancher Glückliche einige gefunden habe. Ein alter welscher, zerlumpter Mausefallenhändler hat sich um Johannis immer dort zu schaffen gemacht, und ein Jeder wußte von ihm, daß er hier Gold hole und in seiner Heimath in Italien ein steinreicher Mann war. Nun sah einmal der Tautenhainer Förster einst dort in der Nähe eine schöne weiße Hirschkuh weiden und wollte eben auf sie schießen, siehe da verwandelte sie sich in diesen selbigen Mausefallenhändler und weil ihm der Förster die Goldausbeute nicht gönnte, lief er auf ihn zu, ließ ihn barsch an und warf ihn endlich, als er keine Antwort erhielt, mit einem Holzscheite zu Boden, sodaß der Getroffene für todt liegen blieb. Im Hause aber überkam den Jähzornigen die Reue und weil es ihm keine Ruhe ließ, machte er sich selbst auf, um in Italien nach dem Mausefallenhändler zu forschen, was aus ihm geworden sei. Er brauchte nicht weit zu gehen, denn schon vor dem Dorfe kam ihm eine Wolke in den Weg, die ihn aufnahm und nach Venedig zu dem Todtgeglaubten hintrug. Der war aber sehr kostbar gekleidet und hieß den Verlegenen trotz seiner noch verbundenen Stirn freundlich willkommen. Er sagte ihm auch, er werde nicht wiederkommen, denn der Brunnen müsse auf hundert Jahre versiechen. Uebrigens ward der Förster sehr gut aufgenommen und als er Nachts in einem schönen Bette entschlafen war, erwachte er früh Morgens in seiner Wohnung zu Tautenhain und hatte einen Sack voll Gold bei sich liegen, er blieb aber nicht daselbst, sondern zog fort aus dem Dorfe.