Der Hexenhammer (1923)/Dritter Teil, Achtundzwanzigste Frage
Achtundzwanzigste Frage. Über die Art, über eine (Angeklagte) das Urteil zu fällen, die gestanden hat, aber, wenn auch bußfertig, doch rückfällig ist.
Die neunte Art, einen Glaubensprozeß zu beenden und das Urteil zu fällen, ist es, wenn der wegen ketzerischer Verkehrtheit Angezeigte nach sorgfältiger Erörterung der Werte des Prozesses zusammen mit dem guten Rate (im Recht Erfahrener) als der Ketzerei geständig und bußfertig, aber wirklich rückfällig befunden wird; und das ist der Fall, wenn der Angezeigte selbst gerichtlich vor dem Bischof oder dem Richter gesteht, daß er schon einmal alle Ketzerei abgeschworen habe, und dies gesetzmäßig so befunden wird, und daß er später an die und die Ketzerei oder Irrlehre geglaubt hat; oder daß er im besonderen die Ketzerei abgeschworen hat, nämlich die der Hexen, und später zu ebenderselben zurückgekehrt ist, aber dann einem gesunderen Rate anhangend bereut, katholisch glaubt und zur Einheit der Kirche zurückkehrt. Einem solchen nämlich sind, wenn er demütigst bittet, die Sakramente der Buße und des Abendmahls nicht zu verweigern; aber wie sehr er auch bereut, ist er nichtsdestoweniger als rückfällig dem weltlichen Arme zu übergeben, um mit der letzten Sühne getroffen zu werden. Das wird aber so verstanden, wenn befunden wird, daß er als in Ketzerei ertappt oder als der Ketzerei heftig, nicht aber nur leicht verdächtig abgeschworen hat.
Bezüglich eines solchen aber ist folgende Praktik zu beobachten. Nachdem nämlich im ebenso reifen wie gut verdauten Rate der Erfahrenen geschlossen und, wenn es nötig sein sollte, wiederholt festgestellt worden ist, daß der vorgenannte Angezeigte von Rechtswegen rückfällig ist, soll der Bischof oder Richter zu dem im Kerker eingeschlossenen genannten rückfälligen Angezeigten zwei oder drei rechtschaffene Männer schicken und zwar besonders fromme oder Kleriker, Eiferer des Glaubens, die dem Rückfälligen nicht verdächtig noch unangenehm, sondern vertraut und angenehm sind. Diese sollen bei ihm eintreten, zur passend gewählten Stunde, und zu ihm von der Verachtung der Welt und dem Elend des gegenwärtigen Lebens und den Freuden und dem Ruhme des Paradieses reden. Dies vorausgeschickt sollen sie ihm schließlich im Auftrage des Bischofs oder des Richters andeuten, daß er dem zeitlichen Tode nicht entrinnen könne; deshalb solle er für das Heil seiner Seele sorgen und Bestimmungen über das Geständnis seiner Sünden und über die Entgegennahme des Sakramentes des Abendmahles treffen. Jene sollen ihn häufig besuchen und ihn zur Bußfertigkeit und auch zur Geduld anleiten, indem sie ihn nach Kräften in der katholischen Wahrheit derart bestärken, daß sie ihn fleißig beichten und ihm, wenn er demütig bittet, das Sakrament des Abendmahls reichen lassen; denn derartige Sakramente sind solchen nicht zu verweigern, nach c. super eo, de haer. l. VI.
Nach Empfang dieser Sakramente, wodurch jener zum Heile wohl bereit ist, sollen nach dem Urteil des Vorgenannten zwei oder drei Tage später, an denen er durch die vorgenannten Männer im katholischen Glauben bestärkt und zur Geduld angeleitet wird, der Bischof oder an seiner Stelle der Richter dem Landvogt des Ortes oder der Macht des weltlichen Gerichtshofs auftragen, daß er an dem und dem Platze oder an der und der Stelle, jedoch außerhalb der Kirche, mit seiner Schar erscheine, um von ihrem Forum einen gewissen Rückfälligen zu übernehmen, den der Bischof und Richter selbst ihm übergeben werden; und daß er nichtsdestoweniger an dem festgesetzten oder vorhergehenden Tage frühmorgens durch die Stadt oder den Ort hindurch an den Stellen oder in den Straßen, an denen (auch) andere Bekanntmachungen durch Ausrufen allgemein stattzufinden pflegen, öffentlich ausrufen lasse, daß an dem und dem Tage und zu der und der Stunde an der und der Stelle der Prediger für den Glauben eine Predigt halten und der Bischof und die anderen Richter einen gewissen in die ketzerische Verkehrtheit Zurückverfallenen verdammen werden, indem sie ihn dem weltlichen Arme übergeben.
Hier ist aber zu erwägen, daß, wenn derjenige, der so rückfällig ist, in heilige Rangordnung eingesetzt oder sonst ein Priester oder von der Umschattung irgend eines Ordens oder einer Religion gebräunt ist, er vorher, ehe er übergeben wird, der Vorrechte jedes kirchlichen Ranges zu entkleiden ist; und so jeglichen kirchlichen Amtes beraubt, werde er dem Gutdünken der weltlichen Macht zur Bestrafung mit der gebührenden Ahndung überlassen, wie es im c. ad abolendam, § praesenti de haer. (heißt).
Wenn also ein solcher von seinen Rangordnungen zu degradieren und (dann erst) dem weltlichen Gerichtshof zu überlassen ist, rufe der Bischof die Prälaten und frommen Männer seiner Diözese zusammen, weil zwar nicht einst, jedoch jetzt der Bischof allein mit den Prälaten und anderen frommen und erfahrenen Männern seiner Diözese einen in heilige Rangordnungen Eingesetzten degradieren kann, wenn er dem weltlichen Arme zu überlassen oder für seine ketzerische Verkehrtheit auf Lebenszeit einzumauern ist, nach c. quoniam, de haer. l. VI. Wenn aber der vorher festgesetzte Tag herankommt, an welchem der Rückfällige, falls er in heilige Rangordnungen eingesetzt gewesen ist, zu degradieren und dem weltlichen Arme zu übergeben, wenn er ein Laie gewesen, zu überlassen ist; während sich zur Anhörung des endgiltigen Urteils auf irgend einem Platze oder Orte außerhalb der Kirche das Volk zusammenschaart, der Inquisitor eine Rede hält und der Rückfällige selbst dort auf eine hohe Stelle hingestellt wird, während der weltliche Gerichtshof zugegen ist, falls der Rückfällige zu degradieren ist, soll der Bischof, in priesterliche Gewänder gekleidet, unter Beistand der Prälaten seiner Diözese den zu Degradierenden, der vor ihm steht, gekleidet und vorbereitet, als wenn er in seinem Range ministrieren sollte, von seinem Range degradieren, wobei er mit dem höheren Range anfängt und so schrittweise bis zum untersten; und wie sich der Bischof bei der Verleihung eines Ranges der dazu von der Kirche eingesetzten Worte bedient, so kann er sich bei der Degradierung bei jeder Wegnahme, des Meßgewandes, der Stola und bei dem übrigen gewisser Worte bedienen, die den ersteren entgegengesetzt sind.
Nachdem diese Degradierung vollbracht ist, die in der Weise vorzunehmen ist, nach welcher sie von Rechtswegen oder der Gewohnheit entsprechend vorzunehmen ist, soll der Offizial dem Notar oder einem frommen Manne oder Kleriker auftragen, daß er das Urteil verlese, welches Urteil, mag der Rückfällige ein Laie oder ein degradierter Kleriker sein, nach der Art folgenden Wortlautes gefällt werden soll:
„Wir N. N., durch die göttliche Barmherzigkeit Bischof der und der Stadt und Richter in den der Hoheit des und des Herrn Untertanen Ländern, in der Beachtung nach gesetzmäßiger Belehrung, daß du N. N. aus dem und dem Orte der und der Diözese vor uns (— falls es so gewesen ist; oder, falls anders, vor dem und dem Bischof und den und den Richtern) wegen der und der ketzerischen Verkehrtheit oder den und den Ketzereien (— es werde namhaft gemacht —) angezeigt worden bist, in welchen Ketzereien, wie gesetzmäßig In Erfahrung gebracht worden ist, du nach eigenem Geständnis ertappt und auch durch Zeugen überführt worden warst, und daß du in ihnen so und so lange Zeit mit verhärtetem Gemüte verharrt hattest (— es werde gesagt, wie es damit war —), aber später, einem gesunderen Rate anhangend, jene Ketzereien an dem und dem Orte öffentlich abgeschworen, in der gewohnten Form der Kirche geleugnet und widerrufen hast, weswegen die vorgenannten, Bischof und Inquisitor, in dem Glauben, du seist wahrhaftig zum Schoße der heiligen Kirche Gottes zurückgekehrt, dich von dem Spruch der Exkommunikation, von der du gefesselt gehalten wurdest, lossprachen und dir, wenn du nur mit aufrichtigem Herzen und in nicht geheucheltem Glauben zur Einheit der heiligen Kirche zurückgekehrt wärest, eine heilsame Pönitenz auferlegt haben. Aber nach allem oben genannten und nach Ablauf so vieler Jahresläufte bist du uns jetzt neuerlich wiederum angezeigt worden, daß du wiederum in solche abgeschworene Ketzereien (— sie sollen namhaft gemacht werden —) verfallen bist. Wiewohl wir von dir derlei mit Mißfallen gehört haben, sind wir doch, da die Gerechtigkeit uns dazu zwingt, dazu verschritten, zu untersuchen, die Zeugen zu vernehmen, dich zu laden und unter Eid zu verhören, wie nicht minder alles und jedes zu tun, was wir nach den kanonischen Bestimmungen tun mußten. Da wir nun gewiß gegenwärtige Sache mit dem gebührenden Ende abschließen wollten, haben wir einen feierlichen Rat von sowohl in der theologischen Fakultät als auch im kanonischen und bürgerlichen Recht Erfahrenen sich versammeln heißen, und nachdem in und über allen und jeden Handlungen und Verhandlungen ein ebenso reifer als gut verdauter Rat der Vorgenannten abgehalten, die Werte des Prozesses besehen und sorgfältig erörtert und alles mit gleicher Wagschale abgewogen ist, wie es zu geschehen (die Gerechtigkeit) verlangte, haben wir gesetzmäßig sowohl durch Zeugen als durch dein eigenes, gerichtlich entgegengenommenes Geständnis gefunden, daß du in die abgeschworenen Ketzereien zurückverfallen bist. Denn wir haben gefunden, daß du das und das gesagt oder getan hast. (Es werde alles ausgeführt.) Deshalb haben wir dich auch verdientermaßen nach dem Rate Vorgenannter für rückfällig gehalten und halten dich dafür, gemäß den kanonischen Bestimmungen, was wir beklagend berichten und berichtend beklagen.
Aber weil du auf unsere und rechtschaffener (anderer) katholischer Männer Belehrung hin mit Eingebung der göttlichen Gnade wiederum zu dem Schoße der Kirche und zu der Wahrheit eben ihres Glaubens zurückgekehrt bist, indem du die vorgenannten Irrtümer und Ketzereien verwünschtest, katholisch glaubtest und den katholischen Glauben bekanntest, haben wir dich zur Entgegennahme der von dir demütig erbetenen kirchlichen Sakramente der Buße und des Abendmahls zugelassen. Aber da die Kirche Gottes nichts mehr hat, was sie in dir und an dir noch weiter tun könnte, nachdem sie sich so barmherzig gegen dich verhalten hat, wie wir eben gesagt haben, und du sie gemißbraucht hast, indem du in die abgeschworenen Ketzereien (zurück) verfallen bist, deswegen urteilen wir, der Bischof und vorgenannte Richter, sitzend vor dem Tribunal in der Weise urteilender Richter, indem die hochheiligen Evangelien vor uns liegen, damit im Angesichte Gottes unser Urteil ergehe und unsere Augen die Billigkeit sehen, indem wir Gott allein und die unzerbrechliche Wahrheit des heiligen Glaubens und die Ausrottung der ketzerischen Verkehrtheit vor Augen haben, von dir, N. N., an diesem Ort und Tage und zu dieser Stunde, die dir im Voraus zur Anhörung des endgültigen Urteils bestimmt worden sind, daß du in Wahrheit in die ketzerische Verkehrtheit zurückverfallen bist, wenn du auch bußfertig bist; und als einen in Wahrheit in diese Zurückverfallenen verwerfen wir dich von unserem geistlichen Forum und lassen dich dem weltlichen Arme übergeben sein. Wir bitten jedoch auch nachdrücklich den genannten weltlichen Gerichtshof, daß er an dir seinen Spruch so mäßigen möge, daß er diesseits von Blutvergießen und Todesgefahr bleibt.“ Und indem so der Bischof und seine Beisitzer zurücktreten, soll der weltliche Gerichtshof seines Amtes walten.
Es ist zu bemerken: Wiewohl der Bischof und Inquisitor im höchsten Maße eifrig darauf bedacht sein müssen, für sich sowohl als auch durch andere zu bewirken, daß der Rückfällige bereut und zum katholischen Glauben sich bekenne, so sollen sie doch, nachdem er bereut hat und im Rate beschlossen worden ist, daß, wenn er auch bereut, er nichtsdestoweniger in Wahrheit rückfällig und als solcher dem weltlichen Arme zu übergeben ist, selber persönlich es ihm nicht kundtun, daß er mit einem solchen Urteilsspruch zu büßen ist. Denn das Gesicht des Richters schreckt den zu Verurteilenden, und jenes Worte bewegen den zu Büßenden eher zur Unbußfertigkeit als zur Geduld; und daher sollen sie ihn weder von da an noch vor dem Urteilsspruche noch nachher vorführen lassen, daß er nicht gegen sie im Herzen erregt werde, wovor man sich in einem solchen Falle, wo es sich um Leben und Tod handelt, besonders sorgfältig hüten muß. Man schicke vielmehr, wie gesagt ist, einige rechtschaffene Männer zu ihm, besonders fromme oder Kleriker, die ihm nicht unangenehm, sondern angenehm sind, die ihm das bevorstehende Urteil und den über ihn zu verhängenden Tod anzeigen, ihn im Glauben bestärken, zur Geduld ermahnen und nach (Fällung) des Urteils sich zu ihm gesellen, ihn trösten, mit ihm beten und von ihm nicht weggehen, bis er den Geist seinem Schöpfer zurückgegeben hat. Sie seien also vorsichtig und gewarnt, daß sie nichts tun oder sagen, um dessentwillen der Rückfällige mit dem Tode zuvorkommt, so daß sie selbst unrichtig werden und von dort, von wo sie ein Verdienst hätten wegnehmen sollen, mit sich Strafe und gleichermaßen Schuld wegtragen.
Es ist auch zu erwägen, daß solche Urteile auf Auslieferung jemandes an den weltlichen Gerichtshof nicht an einem festlichen oder heiligen Tage noch auch in der Kirche, sondern außerhalb (dieser) auf irgend einem Platze zu geschehen pflegen, weil es ein Urteil ist, welches zum Tode führt, und es anständiger ist, daß (Delinquent davon) an einem Werkeltage und außerhalb der Kirche getroffen wird, da der Festtag und die Kirche dem Herrn geweiht sind.