Der Hexenhammer (1923)/Dritter Teil, Zwölfte Frage
Es folgt mit Bezug eben darauf die zwölfte Frage, welche noch mehr erklärt, wie eine Todfeindschaft zu erforschen sei. Siebenter Akt.
Beachte, daß von der Ablegung eines Zeugnisses nur Todfeinde zurückgewiesen werden, wie oben in der fünften Frage berührt worden ist. Eine solche Feindschaft aber aus dem, was im vorhergehenden Kapitel berührt worden ist, zu erklären, möchte dem Richter vielleicht allzu dunkel und schwierig erscheinen, wobei zu beachten, daß der Angezeigte oder dessen Anwalt sich nicht gern bei jener Entscheidung beruhigen möchten, bezüglich des berührten Stoffes, welche Feindschaft eine Todfeindschaft und welche nicht so genannt werde. Daher sind noch andere Mittel zum Ausdruck zu bringen, durch die der Richter zur Erkennung einer solchen Feindschaft gelangen könnte, um so auf keinen Fall einen Unschuldigen zu verdammen, während er jedoch einen Schuldigen mit gebührendem Gerichte bestrafen kann; und mögen auch diese Mittel verklausuliert oder auch hinterlistig sein, so kann der Richter sie doch zum Besten des Glaubens und des Staatswesens anwenden, da auch der Apostel sagt: „Da ich verschlagen war, habe ich sie mit List gefangen“. Im Besonderen werden auch diese Mittel bei solchen Angezeigten angewendet, die öffentlich nicht übel beleumdet oder auch durch irgend ein Indizium der Tat nicht gekennzeichnet sind; mag (sie) auch der Richter gegen alle beliebigen Angezeigten (anwenden können), wenn sie Feindschaften gegen die Angezeigten namhaft machen und durchaus die Namen der Zeugen wissen möchte.
Die erste Art ist die: Es wird nämlich dem Angezeigten oder seinem Advokaten eine Kopie des Prozesses, soweit er seine Partei angeht, gegeben, nämlich von oben nach unten, und die Namen der Angeber oder Anzeiger von der anderen Partei, jedoch nicht in der Reihenfolge, wie sie aussagen, sondern in der Weise, daß der Name des Zeugen, welcher in der Kopie der erste ist, auf dem Zettel der sechste oder siebente ist, und wer der zweite ist, der vorletzte oder letzte wird, und so der Angezeigte (nicht weiß), wer das und wer jenes aussagt und wer der erste oder zweite in seiner Kopie ist. Wenn es soweit ist, (sagt man dem Angeklagten): „Wirst du alle als Feinde angeben oder nicht?“ Gibt er alle an, so wird der Angezeigte um so schneller auf einer Lüge ertappt werden, wenn durch den Richter die Ursache der Feindschaft untersucht werden wird; gibt er aber bestimmte an, dann wird die Ursache der Feindschaft (um so) leichter erforscht werden.
Die zweite Art wäre in ähnlicher Weise (vorzunehmen), wenn dem Advokaten eine Kopie des Prozesses von der einen Partei und die Namen der Angeber von der anderen Partei gegeben würde, unter Hinzufügung noch anderer Äußerlichkeiten, die anderwärts von Hexen angeführt und nicht von den Angebern oder Zeugen ausgesagt worden sind. So wird der Angezeigte nicht mit Sicherheit sagen können, der oder jener sei sein Todfeind, weil er nicht weiß, was es ist, was von jenen gegen ihn ausgesagt worden ist.
Die dritte Art ist die, welche auch oben im fünften Kapitel berührt worden ist. Wenn nämlich der Angezeigte verhört wird, soll er am Ende des zweiten Verhörs, bevor er Verteidigungen verlangt und ihm ein Advokat bestellt wird, gefragt werden, ob er glaube, er habe Todfeinde, die mit Hintansetzung aller Gottesfurcht ihm fälschlich den Schandfleck der Hexenketzerei anhefteten. Nicht gefaßt und vorbereitet, und da er die Bezeugungen der Angeber nicht gesehen hat, antwortet er dann vielleicht, er glaube nicht, solche Feinde zu haben; oder wenn er sagt, ich glaube welche zu haben, dann nennt er sie; und sie werden aufgeschrieben, und auch der Grund der Feindschaft, damit der Richter nachher um so sicherer nachzusehen imstande ist, nachdem eine Kopie des Prozesses und die Namen gesondert übergeben worden sind, nach den Weisen wie oben.
Die vierte Art besteht darin, daß (der Angeklagte) wiederum am Ende des zweiten Verhöres oder Geständnisses, von dem in der sechsten Frage bei dem zweiten Verhör (die Rede ist), bevor ihm Verteidigungen gewährt werden, betreffs der Zeugen, welche schwer gegen ihn ausgesagt haben, auf diese Weise befragt wird: „Kennst du den und den?“ wobei man einen von den Zeugen nennt, der schwere Aussagen gemacht hat; und dann wird sie sagen: „Ja!“ oder „Nein.“ Wenn sie „nein“ sagt, dann wird sie ihn später, wenn man ihr Verteidigungen und einen Advokaten gewährt, nicht als ihren Todfeind hinstellen können, indem sie früher unter Eid das Gegenteil ausgesagt hat, nämlich ihn nicht zu kennen. Wenn sie aber ja sagt, dann soll sie gefragt werden, ob sie weiß oder gehört hat, daß er oder sie selbst etwas gegen den Glauben ausgeführt hat, wie es Hexen gewöhnt sind. Wenn sie ja sagt, ‚er hat das und das getan‘, soll sie gefragt werden, ob er ihr Freund oder Feind ist; sie wird sogleich antworten, Freund, und zwar deshalb, damit man bei seinem Zeugnis stehen bleibe; und dann kann sie ihn in jenem Prozesse nicht als ihren Todfeind durch ihren Advokaten angeben, da sie unter Eid vorher gesagt hat, er sei ihr Freund. Wenn sie aber antwortet, sie wisse nichts von ihm, dann werde sie gefragt, ob er ihr Freund oder Feind ist; sogleich wird sie antworten, Freund, weil es nicht angeht, einen als Feind zu bezeichnen, von dem sie nichts Schlimmes weiß. Sie wird also sagen: „Ich bin sein Freund. Aber trotzdem, wenn ich etwas wüßte, würde ich nicht unterlassen, es zu enthüllen.“ In der und der Sache also wird sie ihn später nicht als Feind hinstellen können; oder sie wird zum mindesten Gründe der Todfeindschaft von Anfang an beibringen; und dann wird dem Advokaten Glauben geschenkt werden.
Die fünfte Art: Es wird nämlich dem Angezeigten oder Advokaten eine Kopie des Prozesses mit Unterdrückung der Namen der Angeber überreicht; und wenn der Advokat ihn über die Einzelheiten belehrt, stellt er Vermutungen auf, wer oder welcher derartiges gegen ihn ausgesagt haben; und häufig kommt (ihm dabei der eine oder andere) zum Bewußtsein. Wenn er dann sagt, der und der ist (mein) Todfeind; ich will es durch Zeugen beweisen, dann hat der Richter zu erwägen, ob er ihn übereinstimmend mit dem Prozeß genannt hat; und weil jener gesagt hat, er wolle es durch Zeugen beweisen, wird er sie prüfen und nach den Ursachen der Feindschaft forschen, nachdem heimlich dazu ein guter Rat von erfahrenen oder alten Leuten zusammengerufen worden ist, bei denen Klugheit wohnt; und wenn er so genügende Ursachen der Todfeindschaft gefunden hat, dann weise er zunächst die Zeugen zurück, und jene (Angeklagte ?) wird entlassen, falls nicht andere Belastungen anderer Zeugen vorliegen. Diese fünfte Art wird als allgemein gebräuchlich angewendet, und in der Tat finden die Hexen schnell aus der Kopie des Prozesses die Männer oder Frauen heraus, die gegen sie ausgesagt haben; und weil sehr selten in einer solchen Sache eine Todfeindschaft gefunden wird, außer der, welche aus ihren bösen Werken hervorgeht, so hat sich der Richter mit Leichtigkeit nach den vorgenannten Arten zu entschließen. Man beachte auch, daß die Angeber häufiger sich persönlich den Hexen zu zeigen und ihnen ins Gesicht zu schleudern wünschen, was ihnen durch Behexungen angetan ist.
Es gibt auch noch eine andere und letzte Art, zu welcher der Richter schließlich zurückkommen kann, wenn die vorgenannten Arten vielleicht von manchen für listig und mit Verschlagenheit angewendet beurteilt werden sollten; besonders die vier ersten. Zur völligen Genugtuung und Beruhigung skrupulöser Geister also und damit dem Richter kein Vorwurf gemacht werde, beachte er, daß, nachdem er auf die vorhergehenden Arten erfahren hat, daß zwischen dem Angezeigten und dem Angeber keine Todfeindschaft besteht, er jedoch dies nach dem Rate der anderen Beisitzer zu dem Ende erschließen will, daß ihm kein Vorwurf gemacht wird, er Folgendes tun möge. Er gebe dem Angezeigten oder dessen Advokaten eine Kopie des Prozesses, jedoch mit Unterdrückung der Namen der Angeber und Anzeiger; und weil er bei der Verteidigung sagt, er habe Todfeinde, und vielleicht verschiedene Gründe der Feindschaft angibt, mögen sie es tatsächlich sein oder nicht, so bringt doch der Richter einen Rat erfahrener Männer jedweder Fakultät (Befähigung) zusammen, wenn er sie bequem haben kann, oder zum mindesten aus vorsichtigen und ehrenwerten Personen jeder Art, weil er dazu nach dem oft zitierten c. statuta gehalten ist, und lasse ihnen den ganzen Prozess unverkürzt und vollständig durch den Notar oder Schreiber vorlesen und lege ihnen die Namen der Zeugen oder Angeber offen vor, jedoch so, daß er alle unter Leistung eines Eides verpflichtet, das Geheimnis zu bewahren; und zwar hat er sie vorher zu fragen, ob sie das tun wollen, weil ihnen sonst auf keinen Fall die Namen vorzulegen sind. Danach sage er, wie er bei der Untersuchung nach einer Feindschaft auf die und die Weise keine habe ergründen können. Jedoch gebe er zu verstehen, es möchte, falls es gut schiene, eins von beiden geschehen: entweder es werde durch den Rat entschieden, welche von den Angebern als Todfeinde zurückzuweisen seien, und wie; oder es sollen drei, vier oder fünf ausgewählt werden, welche in höherem Maße in dem Dorfe oder in der Stadt die Freundschaft oder Feindschaft zwischen dem Angezeigten und den Zeugen kennen und nicht in dem Rate anwesend sind, und ihnen sollen nur die Namen des Angegebenen und der Zeugen, aber nicht die Artikel des Prozesses bekanntgegeben werden; und bei deren Urteil wird man stehen bleiben. Erstens werden sie nicht gut die Zeugen zurückweisen können; – beachte, daß der Richter seine Arten zu inquirieren angewendet hat – zweitens aber wird er sich völlig schuldfrei machen und allen ungünstigen Argwohn von sich abschütteln. Er ist auch gehalten, diese letzte Art zu beobachten, wenn der Angezeigte in einem fremden Orte oder Lande verhaftet worden ist.
Das möge genügen zur Entscheidung bezüglich der Feindschaft.