Der Hofjude Lippold

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Autor: Dr. R. R.
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Titel: Der Hofjude Lippold
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aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 676–678
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Der Hofjude Lippold.
Eine Ehrenrettung aus den Archiven.

Der Brandenburger Kurfürst Joachim der Zweite (1535–1571) hatte den im Jahre 1510 aus dem Lande vertriebenen Juden erlaubt, nach der Mark zurückzukehren und dort unter seinem Schutze zu wohnen, natürlich gegen Zahlung eines bedeutenden Schutzgeldes. Obgleich sie so üble Erfahrungen in Brandenburg gemacht hatten, überwog doch bei den Juden die Aussicht auf Ruhe und reichen Gewinn ihre Bedenklichkeit, und Viele schlugen wieder ihren Wohnsitz in Berlin auf.

Rege und außerordentlich scharfsinnig, wie das jüdische Volk vornehmlich im Handel und Geldverkehr ist, erwarben sich die meisten Einwanderer trotz ihrer hohen Abgaben an den Landesherrn bald Vermögen und beherrschten in kurzer Zeit so gut wie vollständig den Handel und den Geldmarkt in Brandenburg. Joachim der Zweite brauchte Geld, viel Geld. Mehr patriotisch als klug, hatte er gleich im Anfange seiner Regierung lebhaft den Kaiser in dessen Türkenkriegen unterstützt und sich dadurch eine bedeutende Schuldenlast aufgeladen und die großartigen Bauten, mit denen der Kurfürst sein Land zu verschönern suchte, verminderten seine Schulden keineswegs; das Schloß in Berlin, die Festung Spandau, Lustschlösser hier und dort zeugen wohl von seinem Kunstsinn und seiner Liebe zum Lande, desto weniger aber von seiner Sparsamkeit im Staatshaushalte, dazu kamen noch die galanten Passionen Joachim’s, die viel Geld verschlangen.

So kam es, daß der Kurfürst bald rathlos vor einem bedeutenden Deficit stand. Finanzminister, denen er die Schuld hätte in die Schuhe schieben und sie dann zum Teufel jagen können, gab es damals noch nicht; er verfiel daher auf ein anderes Mittel. „Wenn die Juden,“ so philosophirte er, „mit so vielem Glück für ihre eigenen Finanzen operiren, warum sollten sie es nicht auch einmal für den Staat können? Eines Versuchs wäre jedenfalls die Sache schon werth.“

Gesagt, gethan! Er hatte Lippold, den ältesten Sohn des nach Berlin übergesiedelten Prager Juden Hluchim, kennen gelernt, einen außerordentlich intelligenten, für seine Zeit wohlgebildeten Mann, der ihm einmal die großen Vortheile aus einander gesetzt hatte, die eine bessere Einrichtung der kurfürstlichen Münze mit sich bringen müßte. In seiner Geldnoth wandte sich jetzt Joachim an diesen Mann, und nach kurzen Unterhandlungen trat der Jude Lippold als Kämmerer und Münzmeister in kurfürstliche Dienste. Ehrgeizig, wie er war, verließ er im Jahre 1558 sein bescheidenes Häuschen in der Stralauer Straße, um seine Wohnung in der kurfürstlichen Münze aufzuschlagen.

Je öfter er dem Kurfürsten aus dringenden Verlegenheiten half, eine um so bedeutendere und einflußreichere Persönlichkeit wurde der Jude Lippold in Berlin, und man kann es ihm nur zur Ehre anrechnen, wenn er den Versuch machte, seinen unglücklichen Glaubensgenossen das Joch, das schwer auf ihnen lag, etwas zu erleichtern. Es gelang seiner Fürsprache beim Kurfürsten, die jährliche Abgabe der Juden im Jahre 1564 um ein Bedeutendes zu erniedrigen, zugleich wohl ein Zeichen dafür, daß seine Finanz- und Münzkünste diesen Ausfall in der Casse seines Herrn offenbar ersetzten, den die übrigen Unternehmungen Joachim’s, sein Einkommen zu vergrößern, namentlich die Goldmacherei, brachten ihm pecunitär nur Schaden, wenn sie auch vieles bisher Unbekannte für die Wissenschaft zu Tage förderten; wir erfahren wenigstens aus den Rechnungen Lippold’s nur von großen Ausgaben die für die Goldmacher und ihre Werkstätten im grauen Kloster aufgewendet wurden, niemals aber von Einnahmen, die aus jener Quelle geflossen wären.

Am Hofe und in der Stadt sah man es nicht nur mit Widerwillen, daß ein Mitglied des jüdischen Stammes zu so hohem Ansehen gelangt war, sondern übertrug auch seinen Haß auf alle Juden; der Pöbel nannte sie grollend nur das „Hamansgesindel“.

Dieser Haß wurde durch Lippold’s allerdings grenzenlosen Hochmuth und seine verletzende Anmaßung noch vermehrt. Er war unklug genug, diese Schwäche selbst hochgestellten Personen des kurfürstlichen Hofes in beleidigender Weise fühlen zu lassen. Freilich schwiegen die hohen Herren und unterdrückten ihren Groll einstweilen, wenn der Jude sie wie Bediente stundenlang im Vorzimmer des Kurfürsten auf Audienz warten ließ; denn wie damals die Verhältnisse lagen, waren sie ohnmächtig gegen den allmächtigen Günstling, zumal sich die meisten von ihnen noch außerdem selbst die Hände dem Juden gegenüber gebunden hatten.

Lippold machte nämlich neben seiner Staatsstellung noch auf eigene Rechnung etwas anrüchige Geschäfte; er hatte ein großartiges Lombardgeschäft etablirt, das schnell zu hoher Blüthe und fabelhafter Ausdehnung gelangt war. Unter den Versatzzetteln, die zum großen Theile noch vorhanden sind, finden wir die ersten Namen adeligen und bürgerlichen Standes; selbst ein Bürgermeister von Berlin ist darunter.

Dazu kam noch Eines: Lippold hatte die Spitze der Bürgerschaft, die damals sehr wohlhabend war, noch bei einer besonderen Gelegenheit schwer verletzt. Der Kurfürst hatte nämlich, um Metall für die Münze herbei zu schaffen, vielleicht auf Lippold’s Rath, den Befehl an die Bürger Berlins ergehen lassen, alle ihre alten Münzen gegen Bezahlung des vollen Werthes abzuliefern. Da aber nur Wenige, namentlich unter den Reicheren, dem Befehle Folge leisteten, so erschien eines Tages plötzlich Lippold in den Häusern von achtzehn der vornehmsten Bürger in Begleitung kurfürstlicher Trabanten, legte den erschrockene Männern den Handbefehl des Kurfürsten vor und erzwang so gegen Schadenersatz die Auslieferung alles vorhandenen gemünzten Geldes älteren und fremden Gepräges. Daß ein so gewaltsamer Eingriff in die Rechte und das Eigenthum ehrlicher Bürger selbst in jenen beschränkten Zeiten des fürstlichen Absolutismus viel Aufregung [677] und böses Blut machte, ist ebenso wenig zu verwundern, wie daß dem Kurfürsten keine Schuld dafür aufgebürdet wurde; desto mehr aber grollte man dem Juden Lippold. Aus Furcht ertrug man das Geschehene zwar schweigend, aber vergessen war ihm nichts; ein Funke, und die furchtbare Gährung der Gemüther gegen ihn kam zum Ausbruch.

Man sollte nun meinen, daß wenigstens die Glaubensgenossen Lippold’s, die ihm so außerordentlich viel verdankten, auch dankbaren Herzens auf seiner Seite gestanden hätten, und doch war dem nicht so. Lippold war zu scharfsichtig und wirklich auch zu treu und energisch im Dienste seines Herrn, als daß er sich bei Einziehung der Judensteuer, welches Geschäft ihm wider seinen Willen aufgetragen worden war, zu allzu großer Nachsicht hätte bestimmen lassen. Härte war ihm fremd; wo er wirklich Noth fand, verfuhr er milde; wie es sich denn bei der späteren Untersuchung ergab, daß er bei dieser Steuererhebung einen Ausfall von einigen hundert Gulden, die er, wie er selbst erklärte, von den ärmsten seiner Brüder nicht hätte eintreiben können, dem Kurfürsten gegenüber aus eigener Tasche gedeckt hatte. Der Haß, der ihn von Seiten der Juden traf, war daher ein vollständig ungerechter; er entsprang aus dem Umstande, daß Lippold’s Liebe zu seiner Nation der Treue gegen seinen Fürsten unbedingt nachstand.

So war das Jahr 1571 gekommen. Am 2. Januar war der Kurfürst auf der Wolfsjagd gewesen, hatte darauf mit seinen Räthen zu Abend gespeist und beim Zubettgehen noch scherzend zu Lippold, der ihn um einige Quittungen für bezahlte Gelder bat, gesagt, ob er selbst nicht die beste Quittung sei? Dann hatte er sich einen Becher Malvasier von demselben als Schlaftrunk reichen lassen und sich schlafen gelegt. Um Mitternacht ward er plötzlich von heftigem Fieber und Beklemmungen geweckt, und ehe sein Leibarzt, Dr. Luther, ein Sohn des großen Dr. Martin Luther, herbei kam, war der Kurfürst eine Leiche. Es ergab sich bei der Leichenschau, daß Joachim eine von der Rose herrührende offene Stelle am Fuße hatte heilen lassen; dieses war die Ursache seines Todes.

Die vertrauten Räthe des Herrschers eilten von dessen Sterbebette bestürzt nach Hause. Sie ahnten Alle, daß es mit ihrer Stellung, mit ihrem Glücke vorbei sei, daß jetzt der schwere Zeitpunkt der Verantwortung an sie herantreten würde. Keiner aber war durch den Todesfall so niedergeschmettert, wie Lippold; denn er wußte, daß er in einer Nacht Alles verloren hatte. Er kannte die Erbitterung seiner Feinde, den Haß und die Strenge des neuen Herrschers, des Kurfürsten Johann Georg. Schon am andern Morgen wurden denn auch die vertrauteste Räthe Joachim’s des Zweiten und der Hofjude Lippold verhaftet, die Ersteren jedoch, da sie sich genügend verantworten konnten und sich auch wohl aus einflußreiche Verwandte stützten, bald aus der Haft entlassen, gegen Lippold dagegen, für den natürlich Niemand sprach, wurde eine Untersuchungscommission von drei Männern eingesetzt, an deren Spitze der Geheime Rath von Arnim stand.

Kaum hatte der Pöbel vernommen, daß der Kurfürst todt und der Jude Lippold verhaftet sei, als der lange heimlich genährte Haß gegen die Juden in unerhörter Wuth offen losbrach. Man plünderte die Synagoge in der Klosterstraße, stürmte die Häuser der reicheren Juden und mißhandelte in rohester Weise alle Mitglieder dieser unglücklichen Gemeinde. Niemand vertheidigte sie gegen die gemeine Brutalität; ihr einziger Beschützer, gegen den sie so oft undankbar gewesen waren, lag ja im Kerker.

Auf Milde und Nachsicht konnte Lippold bei seinen Richtern nicht rechnen; konnte er sich nicht auf die Gerechtigkeit seiner Sache verlassen, so war er unrettbar verloren. Die Richter, welche Johann Georg über den verhaßten Mann eingesetzt hatte, verfuhren zwar rücksichtslos, aber sie waren, wie der Präsident des Gerichtes Arnim, Ehrenmänner nach den Begriffen ihrer Zeit. Mit einer außerordentlichen Genauigkeit untersuchten sie die Rechnungsbücher Lippold’s, die trotz ihrer musterhaften Ordnung nur schwer entziffert werden konnten, da sie hebräisch geschrieben waren; vollständig wurden sie erst durch einen vereidigten Juden enträthselt. Aber Alles, was der Gerichtshof darin fand – und der Geschichtsforscher noch heute darin findet, denn sie sind unversehrt auf die Nachwelt gekommen – war nur das Lob Lippold’s, daß er die Ausgaben des Kurfürsten mit größter Gewissenhaftigkeit, oft sogar mit heftige Aeßerungen der Mißbilligung, wenn sie die Liebschaften desselben betrafen, ausgezeichnet hatte. Nirgends eine Spur von Veruntreuung! Ja, aus den Münzrechnungen ergab sich, daß der Jude noch 1700 Gulden von der Staatskasse zu fordern habe, und Pantel Thumb und der kurfürstliche Kammerknecht Matthias erklärten noch dazu, daß Lippold in ihrer Anwesenheit zu verschiedenen Malen dem Kurfürsten ohne Quittung Geldsummen gegeben habe. Nur eine Summe von 8000 Gulden konnte derselbe nicht mit Quittungen belegen, wobei er behauptete, der Kurfürst habe, so viel er bemerkt habe, die Quittungen ausgestellt, ihm aber trotz seiner Bitten noch nicht ausgehändigt, und wirklich bestätigte sich Lippold’s Aussage vollkommen, denn bei genauer Revidirung der hinterlassenen kurfürstlichen Briefschaften fand man die vermißte Rechnungen in der That quittirt vor.

Der Gerichtshof konnte daher nicht umhin, den Angeklagten von der Beschuldigung der Veruntreuung und Unterschlagung frei zu sprechen. Man entließ ihn demnach zwar aus dem Gefängniß, aber nur um ihn in seinem Hause an der Stralauer-Straße von der Bürgerschaft bewachen zu lassen. Die Versatz-Objecte gab man, so viel es zu ermitteln war, den ehemaligen Besitzern unentgeltlich zurück, ohne dabei auf die Ansprüche Lippold’s Rücksicht zu nehmen. Seitdem lebte er eine Zeit lang ungefährdet für sich.

Eines Tages aber, als er mit seiner Frau in Streit gerathen, hatte diese ihn einen bösen Schelm genannt und ihm vorgeworfen, „er führe mit seinem Zauberbuche allerlei Teufelskünste aus, wofür er längst den Tod verdient hätte“. Kaum hatte die Wache haltenden Bürger, denen dieser Dienst allmählich auch langweilig geworden war, dies vernommen, als sie es sofort dem Kurfürsten hinterbrachten, der nichts Eiligeres zu thun hatte, als ihn wieder in Ketten legen zu lassen und strengeren Richtern zu übergeben.

Die Anklage der Zauberei genügte nach der hochnothpeinlichen Gerichtsordnung Karl’s des Fünften, um Lippold durch die Folter zum Geständnisse zu zwingen, und die Richter glaubten dazu um so berechtigter zu sein, als sie ein hebräisches Buch bei ihm gefunden hatten, das Recepte zur Ausführung von allerlei Kunststücken enthielt.

Unter den furchtbaren Folterqualen gestand der schwächliche Mann bald zu, daß er in Zauberkünsten erfahren sei und durch dieselbe den todten Kurfürsten ganz für sich eingenommen habe. Als man ihn wieder befragte, leugnete er auch nicht, daß er denselben betrogen habe, – obgleich die Richter doch aus den Rechnungsbüchern den augenscheinlichsten Gegenbeweis hatten – namentlich noch letzte Weihnachten um eine schwere goldene Kette. Dieser letzte Punkt ist bezeichnend. Lippold hatte nämlich die Kette vom Kurfürsten zum Einschmelzen erhalten, um Portugaleser zu Geschenken daraus prägen zu lassen. Mit mehreren solchen Münzen hatte Joachim seine Räthe beim Jahreswechsel noch beschenkt, und obwohl die Richter dies wußten, wie aus den Proceßacten deutlich hervorgeht, war doch das eigene Geständniß des Angeklagten für sie genügend zur Verurtheilung auch in dieser Sache. Jetzt entstand bei den Richtern der Gedanke, den Juden auch wegen des plötzlichen Todes seines Herrn peinlich befragen zu lassen, und bald erklärte Lippold, um nur den Qualen zu entgehen, er habe den Kurfürst vergiftet und zwar mit Muskatenöl, Hüttenrauch und Mercurius sublimatus. Wenn wir auch gar nicht das oben erwähnte Urtheil des Dr. Paul Luther bei der Todtenschau hätten, so würde doch jeder vernünftige Mensch, ohne Jurist zu sein, zuerst fragen, ob der Tod des Fürsten für Lippold auch nur im Geringsten vortheilhaft gewesen sei. Diese Frage ist gewiß zu verneinen; denn wir wissen, daß Lippold’s ganze Hoffnung allein auf dem Leben des Kurfürsten beruhte, der allein ihn gegen seine Feinde und vor allen Dingen gegen den Thronfolger schützen konnte.

Trotz alledem verschlossen die Richter ihr Ohr jedem Vernunftgrunde und beriefen sich auf das Gesetz. Als der Jude sein Bekenntniß öffentlich ablegen sollte, leugnete er Alles wieder, worauf ihn aber der Scharfrichter Balzer dermaßen folterte, daß er erst wieder durch Wein zu sich gebracht werden mußte, wofür Balzer von einem „hocherleuchteten Judicum“ sehr gelobt wurde, „daß er seine Sache so gut gemacht habe.“

Natürlich gestand der arme Lippold unter diesen Qualen Alles wieder, was die Richter verlangten. So wurde er denn rechtskräftig zum Tode durch das Rad verurtheilt und nach [678] der Chronik der Kölner Stadtschreiber am 28. Januar 1573 „mit glühenden Zangen gezwackt, darnach von untenauff geredert, volgents geviertelt, vor jedem Thore ein Viertel aufgehenkt, daß Haupt uff S. Georgens Thor gestackt, die Eingeweide sampt seinem Zauberbuche gen Himmel mit Feuer geschicket.“ Als dabei gar eine große Maus unter dem Gerüste hervorrannte, da glaubte man fest, das sei der Teufel, der in Lippold gewohnt und nicht mit habe verbrennen wollen. Das Vermögen Lippold’s wurde vom Kurfürsten für Gerichtskosten eingezogen, der Rest von eintausend Thalern aber der Wittwe gegeben. Sie eilte vor den Thron des damaligen Kaisers Max des Zweiten und bat ihn, für sie beim Kurfürsten zu sprechen.

Max der Zweite war milder als seine Zeit; er schrieb an den Kurfürsten und forderte ihn auf, die Wittwe des Juden nicht ungerecht zu behandeln, aber der Kurfürst antwortete ihm ziemlich kurz, „er wünschte nicht weiter in dieser Sache behelligt zu werden; die Magdalena Lippold habe dem Hingerichteten selbst seine Teufelskünste vorgehalten, und der Jude habe selbst gestanden, daß er den Kurfürsten mit einem darzu sonderlich zugerichteten Trank davongeholfen.“ Die Wittwe bekam nicht ihr verlangtes Recht.

In das Schicksal des unglücklichen Lippold wurden auch die übrigen Juden der Mark hineingezogen; sie mußten zum zweiten Male in diesem Jahrhunderte den Wanderstab ergreifen und Brandenburg verlassen. Es heißt in dem Befehle, „sie trieben doch nur Wucherei (einen andern Broderwerb hatte man ihnen nicht erlaubt), seien Feinde der christlichen Religion, und ein Jude könne ja doch schon von Natur einem Christen nicht hold sein.“

Dr. R. R.