Der Jungfernsprung auf dem Oybin
Chr. A. Pescheck, der Oybin bei Zittau. Zittau u. Leipz. 1792. 8. S. 25 sq. Büsching, Volkssagen S. 179 sq. Poet. beh. v. Ziehnert Bd. II. S. 47. sq. u. Segnitz Bd. II. S. 54. sq. Novell. beh. in: Sagen u. Abentheuer vom Oybin. Zittau u. Lpz. 1801. 8., b. Lyser, Abendl. 1001 Nacht Bd. X. S. 115 XIV. S. 223. u. Winter in der Const. Z. 1854. Nr. 207.
Der Oybin, ein bienenkorbförmiger 208 Ellen hoher [227] Sandsteinfelsen, berühmt durch seine herrliche Ruine, hat unter andern Merkwürdigkeiten auch eine Felskluft, die man den Jungfernsprung nennt. Man erzählt drei verschiedene Sagen von der Entstehung dieses Namens. Im Jahre 1601, dem Tage Johannes des Täufers, als eine große Menge Menschen aus Zittau und den benachbarten Dörfern der Gewohnheit nach den Oybin besuchte, befand sich unter ihnen ein rasches Mädchen, die mit ihren Gespielinnen auch an diesem Orte sich umsah. Man scherzte, und jenes Mädchen wagte es auf eine Wette, über diese Kluft wegzusetzen. Damals trugen noch die meisten Frauenzimmer, auch die von Stande, Pantoffeln. Im Springen nun glitschte ihr Fuß aus dem glatten Pantoffel und sie fiel hinunter. Da sie aber nach damaliger Sitte einen tüchtigen Steif- oder Reifrock anhatte, der sie vor dem schnellen Falle schützte, so ward sie durch Hülfe desselben herniedergeschoben und vollendete diese ansehnliche Tour von ohngefähr 40 Fuß Tiefe ganz ohne Nachtheil.
Die zweite Geschichte erwähnt eines Jägers, der ein züchtiges Mädchen brünstig verfolgte. Sie flüchtete sich hinter die Kirche, der Jäger ihr nach. Sie lief athemlos weiter, gelangte an die Schlucht, sprang muthig herab ihre Tugend zu retten und kam auch glücklich von dannen.
Die tritte Sage schreibt eben diese heroische That einer Nonne zu, die von einem Mönche verfolgt wurde, und um ihre Ehre zu retten, diese gefährliche Luftreise machte.