Der Ring, oder die Gründung von Gmünd
Wo heute die blühende Stadt sich erhebt,
Hat stille einst nur ein Waidmann gelebt,
Er durchbürschte den Forst und ernährte davon
Ein theures Weib, einen blühenden Sohn.
Da hatt’ er im Walde bald satt gestreift;
Sein Muth für Kriegesleben erglüht,
Mit dem Herzog von Schwaben in Kampf er zieht.
Erringt mit dem Schwerte da Ruhm und Glück;
Vor Liebesleiden möcht’ er vergeh’n
Um des Kanzlers Töchterlein, das er geseh’n.
Wohl lohnt ihn der Zärtlichen Liebe sogleich;
Doch „wird dem Kanzler, so vornehm und reich,
Zum Eidam einstens auch stehen an?“
Lang grämt’s so im liebenden Herzen ihn sehr,
Und länger erträgt er die Marter nicht mehr,
An Hermengilds Vater hat er schnell sich gewandt,
Und – wehe! da wird ihm der stolze Bescheid:
„Der Freier sich such’ eine schlechte Maid,
Es lebte des Kanzlers Tochter wohl schlecht
Auf ärmlichem Gut mit dem niedrigen Knecht.“
An Edelmanns Hand nur, auf Edelmanns Gut;
Drum sollst du, Verwegner, von hinnen geh’n,
Im Schlosse hier nimmer dich lassen seh’n.“
Das raubte dem Armen Muth und Sinn,
Der Gram nach dem wilden Forste ihn treibt,
Er nirgends rastet und nirgends bleibt.
Da erdröhnte gellender Hörnerklang,
Der Herzog jagte den Wald entlang;
Von Hohenstaufen er kommen war.
Und in dem stürmischen Jagdgewühl
Der Herzogin Hand der Trauring entfiel,
Groß Unheil ahnte die ganze Schaar,
Und da, vergeblichen Suchens müd’,
Der bangende Troß nach Hause zieht,
Folgt Horsa der blutigen Fährt’ noch allein,
Den Gram in der Brust um die Liebste sein.
Schnell stürzt ihn zu Boden sein schwirrender Pfeil;
Was zeigt ihm die Beute? – ein Freudenschrei! –
Der Herzogin Ring auf dem spitzen Geweih!
Nach Staufen gleich mit dem Kleinod er geht,
Mit Gold will ihn lohnen der Gnädigen Hand;
Doch für Edleres war ihm sein Herz entbrannt:
„Nicht, gnädigste Fürstin, für Gold und Gut;
Es schlägt meine Brust für ein jungfräulich Blut,
Doch schenkt mir der Vater sie nimmermehr.“
„D’rum wollt Ihr ein gütiges Wort da verleih’n,
So soll das die höchste Gnade mir seyn!“ –
Sie gelobt und erfüllt es: – des Kanzlers Mund
Zu frommem Dank, wo der Trauring sich fand,
Durch die Fürstin der Dom Sanct Johannis erstand:
Es lichtet der Wald umher sich gemach,
Und die Häuser der Stadt erstehen nach.
- ↑ Nach einer Volkssage.